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Ausbringen von Pflanzen und Tieren


Ausbringen von Pflanzen und Tieren – Rechtliche Grundlagen und Regelungen

Das Ausbringen von Pflanzen und Tieren ist ein zentraler Begriff im Umwelt-, Natur- und Artenschutzrecht. Darunter versteht man die absichtliche Freisetzung, Ansiedlung oder Aussaat von Pflanzen, Tieren oder Mikroorganismen in die Umwelt, insbesondere in Ökosysteme, in denen diese Arten zuvor nicht heimisch waren oder aus denen sie entfernt wurden. Das Ausbringen umfasst sowohl gebietsfremde (neophytische/neozooische) als auch gentechnisch veränderte Organismen und wird durch zahlreiche nationale und internationale Regelungen erfasst und gesteuert.

Begriff und Anwendungsbereich

Das Ausbringen von Pflanzen und Tieren ist ein rechtlich definiertes Handeln, das insbesondere in einschlägigen Gesetzen wie dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), dem Gentechnikgesetz (GenTG) sowie im Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) geregelt ist. Der Anwendungsbereich der Vorschriften erstreckt sich auf:

  • Wildlebende, gebietsfremde und heimische Pflanzen und Tiere
  • Gentechnisch veränderte Organismen (GVO)
  • Pflanzliche und tierische Organismen in agrarischer und forstlicher Nutzung

Unterschied zwischen Ausbringen, Einführen und Verbringen

Während das Einführen den grenzüberschreitenden Transport beschreibt, bezeichnet das Verbringen die Verlagerung innerhalb eines Staatsgebietes. Das Ausbringen meint hingegen die Freisetzung in die Umwelt, unabhängig von der Herkunft.

Gesetzliche Regelungen in Deutschland

Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bildet die zentrale gesetzliche Grundlage zum Ausbringen von Pflanzen und Tieren. § 40 BNatSchG regelt explizit das Ausbringen gebietsfremder Arten. Demnach ist es verboten, Pflanzen und Tiere nicht heimischer Arten ohne Genehmigung in die freie Natur auszubringen, um die heimische Artenvielfalt und Ökosysteme zu schützen. Zulässig ist ein Ausbringen nur nach einer Prüfung im Genehmigungsverfahren unter Beteiligung der Naturschutzbehörde.

Anforderungen nach § 40 BNatSchG
  1. Genehmigungspflicht: Ausbringen bedarf einer behördlichen Genehmigung.
  2. Risikobewertung: Prüfung auf mögliche nachteilige Auswirkungen auf heimische Ökosysteme.
  3. Überwachung: Mögliche Auflagen zur Kontrolle und Nachbeobachtung
  4. Straf- und Bußgeldvorschriften: Rechtswidriges Ausbringen kann straf- oder bußgeldbewehrt sein.

Gentechnikgesetz (GenTG)

Das GenTG regelt das gezielte Ausbringen gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt (§§ 14 ff. GenTG). Eine geplante Freisetzung ist anzeigepflichtig und unterliegt strengen Zulassungsbedingungen, die eine umfassende Sicherheitsbewertung voraussetzen. Zu den Pflichten zählt:

  • Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung
  • Dokumentations- und Meldepflichten
  • Langfristige Überwachung der Freisetzungsflächen
  • Vorgeschriebene Schutzauflagen

Pflanzenschutzgesetz (PflSchG)

Im Pflanzenschutzgesetz wird das Ausbringen von Pflanzen sowie von biologischen und chemischen Pflanzenschutzmitteln geregelt. Für die Verwendung von biologischen Schädlingsbekämpfern, zu denen auch bestimmte Tierarten zählen können, gelten Melde-, Zulassungs- und Aufzeichnungspflichten.

Tierschutzgesetz (TierSchG) und Bundesjagdgesetz (BJagdG)

Das TierSchG und das BJagdG enthalten ergänzende Bestimmungen zum Aussetzen oder Wiederaussetzen von Tieren, wie beispielsweise das Verbot, Tiere auszusetzen, wenn deren Wohlergehen nicht gewährleistet werden kann (§ 3 TierSchG). Das BJagdG verbietet das eigenmächtige Aussetzen oder Einbürgern wildlebender Tiere ohne behördliche Genehmigung (§ 28 BJagdG).

Europarechtliche und internationale Vorgaben

EU-Verordnung Nr. 1143/2014 über invasive gebietsfremde Arten

Die EU-Verordnung regelt die Prävention und das Management invasiver gebietsfremder Arten. Sie verlangt von den Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Kontrolle, Beseitigung oder Eindämmung solcher Arten und enthält ein umfassendes Verbot des Ausbringens ohne vorherige Erlaubnis und Risikoprüfung.

Cartagena-Protokoll zu biotechnologischer Sicherheit

Das Cartagena-Protokoll (UN-BioSicherheitsprotokoll) verpflichtet die Vertragsstaaten, dass der grenzüberschreitende Verkehr und das Ausbringen von GVO nur auf Grundlage einer vorherigen Umweltverträglichkeitsprüfung und eines Informationsaustausches erfolgen darf.

Zweck und Schutzziele der Regelungen

Ziel der gesetzlichen Regelungen zum Ausbringen von Pflanzen und Tieren ist in erster Linie der Schutz und Erhalt natürlicher Ökosysteme, die Wahrung der Artenvielfalt und die Gefahrenabwehr vor schädlichen Umweltauswirkungen durch nicht heimische oder gentechnisch veränderte Organismen. Spezifisch geschützt werden sollen:

  • Die biologische Vielfalt gemäß Biodiversitätskonvention
  • Die Funktionsfähigkeit der Naturhaushalte
  • Die Gesundheit von Mensch und Tier

Verfahren, Zuständigkeiten und Durchsetzung

Genehmigungs- und Anzeigeverfahren

Wer Pflanzen oder Tiere ausbringen will, hat ein formales Antragsverfahren zu durchlaufen. Die zuständige Naturschutzbehörde prüft unter Beteiligung weiterer Fachstellen die Voraussetzungen. Bei GVO bedarf es einer gesonderten Zulassung. Verstöße werden von den zuständigen Ordnungsbehörden geahndet und können mit Bußgeldern oder sogar Freiheitsstrafen belegt werden.

Überwachung, Kontrolle und Sanktionen

Zur Durchsetzung der Regelungen existieren Kontrollmechanismen und Überwachungspflichten für Ausbringende. Bei unrechtmäßigem Ausbringen sind behördliche Maßnahmen, wie Rückführung, Beseitigung oder Anordnung von Nachsorgepflichten, vorgesehen.

Sonderfälle und Ausnahmen

In bestimmten Fällen kann das Ausbringen nach behördlicher Einzelfallprüfung gestattet werden, beispielsweise für Forschungszwecke, zur Wiederansiedlung gefährdeter Arten oder im Rahmen von Naturschutzprojekten. Jede Ausnahme bedarf einer sorgfältigen Risikoabwägung und ist in der Regel mit strengen Auflagen versehen.

Zusammenfassung

Das Ausbringen von Pflanzen und Tieren ist ein umfassend geregelter Rechtsbegriff, dessen Vorschriften dem Schutz von Ökosystemen, der biologischen Vielfalt und der Umwelt dienen. Die rechtlichen Anforderungen reichen von strengen Genehmigungs- und Kontrollpflichten bis hin zu spezialgesetzlichen Regelungen in den Bereichen Naturschutz, Gentechnik- und Pflanzenschutzrecht. Diese Gesetze tragen dazu bei, negative ökologische, ökonomische und gesundheitliche Folgen des Ausbringens von nicht heimischen oder gentechnisch veränderten Arten zu vermeiden.

Häufig gestellte Fragen

Welche Genehmigungen sind für das Ausbringen nicht heimischer Pflanzen- oder Tierarten erforderlich?

Die Einführung oder Freisetzung nicht-heimischer Arten unterliegt in Deutschland strengen rechtlichen Vorgaben. Nach § 40 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bedarf das Ausbringen von Pflanzen- oder Tierarten, die im betreffenden Gebiet nicht heimisch sind, grundsätzlich der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Naturschutzbehörde. Diese Genehmigung soll sicherstellen, dass durch das Einbringen keine nachteiligen Auswirkungen auf die heimische Artenvielfalt, deren Lebensräume oder das gesamte Ökosystem entstehen. Besondere Bedeutung hat dabei die Europäische Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 über invasive gebietsfremde Arten, die einen verbindlichen Rechtsrahmen aufstellt. Neben den naturschutzrechtlichen Regelungen können je nach Art und Nutzungsvorhaben weitere Genehmigungen nach dem Tierseuchenrecht, Pflanzenschutzrecht oder bei landwirtschaftlicher Nutzung nach dem Landwirtschaftsrecht relevant werden. Wer ohne notwendige Genehmigung Pflanzen oder Tiere ausbringt, handelt ordnungswidrig und muss mit erheblichen Bußgeldern rechnen.

Welche Verbote bestehen hinsichtlich des Ausbringens gebietsfremder Arten?

Es besteht ein grundsätzliches Verbot, invasive gebietsfremde Arten in die Natur freizusetzen. Grundlage hierfür sind das Bundesnaturschutzgesetz sowie die EU-Verordnung 1143/2014, durch die eine „Unionsliste invasiver gebietsfremder Arten“ geführt wird. Arten, die auf dieser Liste stehen, dürfen weder gehalten, gezüchtet, transportiert, in Verkehr gebracht, genutzt, getauscht, noch in die Umwelt freigesetzt werden. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit oder können sogar strafrechtlich verfolgt werden. Darüber hinaus existieren auch für andere (nicht als invasiv eingestufte) gebietsfremde Arten hohe Hürden: Es ist immer eine vorherige Risikobewertung durchzuführen, um mögliche Folgen für biologische Vielfalt und menschliche Gesundheit zu bewerten.

Wer ist im Schadensfall haftbar, wenn durch das Ausbringen negative Umweltauswirkungen verursacht werden?

Die Haftung für Schäden, die durch das Ausbringen von Pflanzen und Tieren entstehen, trifft in erster Linie die für das Ausbringungsvorhaben verantwortliche Person oder Organisation. Nach § 40 BNatSchG kann die Naturschutzbehörde Maßnahmen zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verlangen, steht zudem ein Schaden an einem Gemeingut (z.B. an geschützten Arten oder Lebensräumen) im Raum, kann auch eine Kostenübernahme für Kompensations- und Sanierungsmaßnahmen angeordnet werden. Darüber hinaus kommt gemäß § 29 Umwelt-Schadensgesetz (USchadG) eine verschuldensunabhängige Haftung bei Schäden an bestimmten Schutzgütern in Betracht.

Gilt das Ausbringen zu wissenschaftlichen oder Versuchszwecken als Ausnahme?

Für wissenschaftliche Zwecke kann in besonderen Ausnahmefällen eine Genehmigung für das Ausbringen nicht heimischer Pflanzen- oder Tierarten erteilt werden. Hierbei sind jedoch strenge Auflagen und Voraussetzungen zu erfüllen, um sicherzustellen, dass keine nachhaltigen Beeinträchtigungen der heimischen Natur entstehen. Die zuständige Behörde fordert in der Regel ein detailliertes Ausbringungskonzept, ein Monitoring sowie Notfallpläne zur Wiedereinfanggung oder Beseitigung ausgebrachter Individuen. Vorhaben müssen zudem mit den einschlägigen Regelungen des Tierschutzrechts und des Pflanzenschutzgesetzes abgestimmt sein.

Welche Dokumentationspflichten bestehen beim Ausbringen von Pflanzen und Tieren?

Alle Genehmigungen zum Ausbringen setzen umfangreiche Dokumentations- und Berichtspflichten voraus. Nach § 40 BNatSchG und weiteren einschlägigen Verordnungen sind die Art, Anzahl, Herkunft, der genaue Ort und Zeitpunkt der Ausbringung sowie ggf. Ergebnisse von Risikobewertungen und Monitorings lückenlos zu erfassen und der zuständigen Behörde auf Anforderung vorzulegen. Bei Forschungsprojekten ist zusätzlich eine kontinuierliche Berichterstattung über Ergebnisse und eventuelle Abweichungen zum geplanten Ablauf verpflichtend.

Welche weiteren Vorschriften außerhalb des Naturschutzrechts sind zu beachten?

Abseits des Naturschutzrechts greifen zahlreiche weitere Rechtsgrundlagen: Im Falle von Tieren können tierschutzrechtliche (z.B. Tierschutzgesetz), tierseuchenrechtliche (z.B. TierGesG) und gegebenenfalls jagdrechtliche (Bundesjagdgesetz) Vorschriften gelten. Für Pflanzen sind das Pflanzenschutzgesetz und bei beabsichtigtem Anbau unter Umständen das Saatgutverkehrsgesetz relevant. Ferner sind Regelungen zum Schutz des Bodens und des Wassers (Wasserhaushaltsgesetz, Bodenschutzgesetz) zu beachten. Bei grenzüberschreitendem Transport greifen zudem zoll- und artenschutzrechtliche Bestimmungen (wie das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, CITES).

Welche Sanktionen können bei Verstößen gegen die rechtlichen Vorgaben verhängt werden?

Bei rechtswidrigem Ausbringen von Pflanzen und Tieren drohen empfindliche Sanktionen. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht für Ordnungswidrigkeiten Bußgelder von bis zu 50.000 Euro vor. In besonders schweren Fällen, etwa wenn durch das Ausbringen erhebliche Schäden an bedeutenden Ökosystemen verursacht werden, kann gemäß § 329 Strafgesetzbuch (StGB) sogar eine Freiheitsstrafe verhängt werden. Zusätzlich kann die Behörde anordnen, auf eigene Kosten den früheren Zustand wiederherzustellen oder Folgeschäden zu beseitigen.