Legal Lexikon

Aufwendungen


Begriff und allgemeine Definition von Aufwendungen

Aufwendungen sind ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht und finden insbesondere im Schuld-, Bereicherungs- und Sachenrecht breite Anwendung. Sie bezeichnen freiwillige Vermögensopfer, die zum Zwecke einer Angelegenheit gemacht werden. Aufwendungen sind von Ausgaben zu unterscheiden, da es sich bei ersteren stets um Vermögenseinbußen handelt, die in Zusammenhang mit einer bestimmten Person oder Sache stehen. Die rechtliche Bedeutung von Aufwendungen erschließt sich insbesondere aus ihrer Abgrenzung zum Begriff des Schadens sowie aus ihrer Relevanz für verschiedene Anspruchsgrundlagen.

Gesetzliche Grundlagen von Aufwendungen

Aufwendungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) begegnet der Begriff „Aufwendungen“ in unterschiedlichen Vorschriften, insbesondere in §§ 670, 683, 684, 685, 687, 695, 697 und 994 ff. BGB.

  • § 670 BGB (Ersatz von Aufwendungen):

Bei Geschäftsbesorgungen ohne vertragliche Vereinbarung (z. B. Auftrag oder durch Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB) hat der Beauftragte oder Geschäftsführer Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die er zum Zwecke der Ausführung getätigt hat, soweit die getätigten Aufwendungen erforderlich waren.

  • §§ 683, 684, 685 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag):

Der Geschäftsführer kann Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die er zum Zwecke der Geschäftsführung gemacht hat, soweit sie dem Interesse und wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen.

  • §§ 994 ff. BGB (Eigentümer-Besitzer-Verhältnis):

Gibt ein Besitzer dem Eigentümer eine Sache zurück, so kann er unter gewissen Umständen Ersatz für getätigte Verwendungen und Aufwendungen beanspruchen, insbesondere solche, die zur Erhaltung, Verbesserung oder Wiederherstellung der Sache geführt haben.

Aufwendungen im Steuerrecht

Im Steuerrecht werden Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bezeichnet, soweit sie zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen (§ 4 Abs. 4, § 9 EStG). Der Begriff der Aufwendungen ist insoweit wirtschaftlich auszulegen und umfasst sämtliche Ausgaben, die mit der Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte in Zusammenhang stehen.

Abgrenzung: Aufwendungen, Verwendungen und Schäden

Ein wesentlicher rechtlicher Aspekt besteht in der präzisen Abgrenzung der Aufwendungen von anderen, ähnlich gelagerten Begriffen.

  • Verwendungen sind spezielle Aufwendungen am Gegenstand, durch die dessen Wert erhalten oder erhöht wird (z.B. Reparaturen am Haus).
  • Schaden bezeichnet demgegenüber die unfreiwillige Minderung des Vermögens infolge eines schädigenden Ereignisses.

Maßgeblich für die Einordnung als Aufwendung ist der freiwillige Charakter, der direkte Bezug zur betreffenden Angelegenheit sowie, insbesondere bei Ersatzansprüchen, die Erforderlichkeit der Maßnahme.

Arten der Aufwendungen und ihre rechtliche Behandlung

Notwendige und nützliche Aufwendungen

Im Sachenrecht wird zwischen notwendigen und nützlichen Aufwendungen unterschieden:

  • Notwendige Aufwendungen: Diese waren erforderlich, um die Sache zu erhalten oder zu schützen (z.B. Reparatur einer defekten Heizung).
  • Nützliche Aufwendungen: Diese stellen keinen Erhaltungsaufwand dar, haben aber den Wert oder die Brauchbarkeit erhöht (z.B. Einbau eines zusätzlichen Fensters).

Die Abgrenzung ist maßgeblich für die Frage, ob und in welchem Umfang Aufwendungsersatz verlangt werden kann und ob spezielle Anspruchsvoraussetzungen (ggf. für nützliche Aufwendungen Einwilligung des Eigentümers) erfüllt sein müssen.

Verlorene Aufwendungen

Aufwendende Handlungen, die ohne den erwarteten Erfolg bleiben, werden als verlorene Aufwendungen bezeichnet. Im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruchs sind auch sie grundsätzlich ersatzfähig, sofern sie objektiv zur Ausführung erforderlich waren, selbst wenn sie tatsächlich keinen Nutzen erbracht haben.

Übernommene und eigene Aufwendungen

Ein weiterer rechtlich relevanter Aspekt ist die Abgrenzung eigener Aufwendungen von solchen, die auf Weisung oder im Interesse eines anderen getragen wurden (z.B. im Rahmen einer Geschäftsbesorgung oder GoA). Die Tragung fremder Aufwendungen setzt besondere Anspruchsgrundlagen voraus.

Voraussetzungen und Umfang des Aufwendungsersatzes

Voraussetzungen

Ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen setzt regelmäßig voraus:

  1. Bestehen eines Rechtsverhältnisses (z.B. Auftrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, Besitzkonstellationen)
  2. Vornahme freiwilliger Vermögensopfer zum Zwecke der Angelegenheit
  3. Erforderlichkeit der Aufwendung für die betreffende Angelegenheit
  4. Interesse und Wille des Anspruchsgegners (bei GoA)

Umfang des Ersatzes

Der Ersatzanspruch erstreckt sich nur auf die erforderlichen und angemessenen Aufwendungen. Angemessenheit beurteilt sich nach objektiven Kriterien. Luxusausgaben oder übermäßige Kosten können als nicht erforderlich abgelehnt werden. Zinsverlust und entgangener Gewinn fallen regelmäßig nicht unter ersatzfähige Aufwendungen, sondern ggf. unter Schadensersatz.

Einschränkungen

Bestimmte Aufwendungen sind kraft Gesetzes von der Ersatzpflicht ausgenommen, etwa sittenwidrige, widerrechtliche oder gegen das Gesetz verstoßende Maßnahmen.

Praktische Bedeutung und Anwendungsgebiete

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Im Rahmen der GoA kann der Geschäftsführer Ersatz von Aufwendungen verlangen, wenn diese im Interesse und wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn vorgenommen wurden. Dies fördert das rechtsgeschäftsähnliche Tätigwerden für einen anderen, nimmt jedoch zugleich eine Risikoverteilung vor.

Besitzrechtliche Verwendungsansprüche

Der gutgläubige oder unverklagte Besitzer kann bei Rückübertragung einer Sache unter Umständen Ersatz für darauf getätigte Verwendungen (auch nützliche) geltend machen. Rechtsgrundlage sind die §§ 994 ff. BGB, die detaillierte Regelungen für die Ersatzfähigkeit der Aufwendungen treffen.

Schadensersatz und Aufwendungsersatz

Bei bestimmten Vertragsverletzungen besteht der Anspruch des Gläubigers neben dem eigentlichen Schadensersatz auch auf Ersatz frustrierter Aufwendungen (§§ 249 ff. BGB), sofern diese im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Vertragserfüllung erbracht wurden und nutzlos geblieben sind.

Zusammenfassung und Bedeutung im Rechtsalltag

Der Begriff der Aufwendungen ist im deutschen Zivil- und Steuerrecht ein vielschichtiges Element zur Bestimmung der Folgen vermögenswirksamer Handlungen im Interesse oder im Auftrag eines anderen. Die differenzierte Behandlung nach Art, Erforderlichkeit und Rechtsgrundlage sichert die ausgewogene Berücksichtigung schützenswerter Interessen und schafft – insbesondere durch die klare Abgrenzung zum Schadensersatz – notwendige Rechtssicherheit. Die Kenntnis und das Verständnis dieses Begriffs sind für die rechtskonforme Behandlung zahlreicher Anspruchskonstellationen in der zivilrechtlichen Praxis unverzichtbar.

Häufig gestellte Fragen

Wie werden Aufwendungen rechtlich von Ausgaben abgegrenzt?

Im rechtlichen Kontext, insbesondere im Rechnungswesen und Steuerrecht, ist die Unterscheidung zwischen Aufwendungen und Ausgaben von großer Bedeutung. Aufwendungen sind der gesamte Werteverzehr eines Unternehmens innerhalb einer Abrechnungsperiode, der zu einer Verringerung des Eigenkapitals führt, ohne dass hierbei zwingend ein Abfluss liquider Mittel vorliegen muss. Ausgaben hingegen beziehen sich ausschließlich auf den tatsächlichen Abfluss von Zahlungsmitteln bzw. Geldvermögen. Beispielsweise kann eine Aufwendung entstehen, wenn Waren aus dem Lager entnommen und verbraucht werden, ohne dass im gleichen Moment eine Zahlung erfolgt. Umgekehrt könnte eine Ausgabe, wie die Begleichung einer bereits gebuchten Verbindlichkeit, in einem späteren Zeitraum zu keinem erneuten Aufwand führen, weil der Aufwand bereits beim Leistungsbezug erfasst wurde. Das Handelsgesetzbuch (HGB) und die Steuergesetzgebung verlangen deshalb, dass Unternehmen klare Nachweise und eine sachgerechte Zuordnung im Rahmen ihrer Buchführung vornehmen, um Verwechslungen auszuschließen und die periodengerechte Erfolgsermittlung sicherzustellen.

Gibt es gesetzliche Vorgaben zur Erfassung von Aufwendungen?

Ja, gesetzliche Vorgaben zur Erfassung von Aufwendungen finden sich vor allem im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere den §§ 238 ff. HGB, die die Buchführungspflicht und die Grundlagen ordnungsmäßiger Buchführung regeln. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB ist dabei das Realisationsprinzip sowie das Prinzip der periodengerechten Abgrenzung zu beachten, was bedeutet, dass Aufwendungen in jene Periode einzustellen sind, in der sie wirtschaftlich verursacht wurden. Für Kapitalgesellschaften und bestimmte Personengesellschaften gelten weitergehende Regelungen, wie Ausweis- und Gliederungsvorschriften in den §§ 266 und 275 HGB. Des Weiteren kann für steuerliche Zwecke das Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 EStG), abweichende Vorschriften zur Erfassung und zeitlichen Zuordnung von Aufwendungen enthalten. Die Vorschriften dienen der Transparenz und Vergleichbarkeit der Berichterstattung sowie der Vermeidung von Manipulationen.

Welche Arten von Aufwendungen werden rechtlich unterschieden?

Rechtlich und buchhalterisch wird zwischen verschiedenen Arten von Aufwendungen differenziert. Wichtige Kategorien sind betriebliche und neutrale Aufwendungen. Betriebliche Aufwendungen entstehen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, etwa Material-, Personal- und Abschreibungsaufwand und werden zur Ermittlung des Betriebsergebnisses herangezogen. Neutrale Aufwendungen hingegen stehen nicht im direkten Zusammenhang mit dem eigentlichen Betriebszweck und werden weiter unterschieden in periodenfremde (z.B. Nachzahlungen aus Vorjahren), außerordentliche (z.B. Verluste durch Schadensfälle) und betriebsfremde Aufwendungen (z.B. Spenden oder Aufwendungen für vermietete Immobilien bei einem Produktionsbetrieb). Rechtliche Maßstab hierfür ist die Zweckbestimmung und die Zuordnung zum betrieblichen Tätigkeitsfeld, was sich insbesondere auf die steuerliche Behandlung auswirken kann.

Welche rechtlichen Konsequenzen kann eine fehlerhafte Erfassung von Aufwendungen haben?

Die fehlerhafte oder unsachgemäße Erfassung von Aufwendungen kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Nach § 238 ff. HGB besteht die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchführung, Verstöße hiergegen können nach § 283b StGB als Steuer- oder Bilanzdelikte strafrechtlich verfolgt werden, beispielsweise im Fall von Bilanzfälschung oder unrichtiger Darstellung der Vermögenslage. Darüber hinaus kann bei fehlerhafter oder verspäteter Erfassung das Finanzamt Zuschätzungen vornehmen oder Nachzahlungen und Säumniszuschläge verhängen. In schwerwiegenden Fällen, etwa bei Insolvenz oder bei der Einleitung eines Strafverfahrens, kann eine fehlerhafte Buchführung zu einer zivilrechtlichen und strafrechtlichen Haftung der Geschäftsleitung führen. Zudem entfällt bei nicht ordnungsgemäßer Erfassung von Betriebsausgaben deren steuerliche Anerkennung, wodurch Steuererstattungen versagt werden können.

Welche Nachweispflichten bestehen hinsichtlich der Aufwendungen?

Nach den gesetzlichen Anforderungen an die Buchführungspflichtigen, insbesondere nach § 257 HGB und § 147 der Abgabenordnung (AO), müssen sämtliche die Aufwendungen belegenden Unterlagen wie Rechnungen, Belege, Verträge, Buchungsunterlagen und sonstige beweisrelevante Dokumente geordnet aufbewahrt werden. Die Mindestaufbewahrungsfristen betragen je nach Dokumentenart 6 oder 10 Jahre. Für steuerliche Zwecke sind die Nachweise so zu führen, dass sie für einen sachverständigen Dritten jederzeit nachvollziehbar und prüfbar sind (GoBD – Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff). Eine Verletzung dieser Nachweispflichten kann dazu führen, dass Aufwendungen steuerlich nicht anerkannt werden oder zu einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Finanzverwaltung führen.

Können alle betrieblichen Aufwendungen steuerlich geltend gemacht werden?

Nicht alle betrieblichen Aufwendungen sind im steuerlichen Sinne abzugsfähig. Zwar gilt grundsätzlich das Maßgeblichkeitsprinzip (§ 5 Abs. 1 EStG), jedoch existieren zahlreiche steuerrechtliche Einschränkungen. So sind beispielsweise nicht abzugsfähig: Repräsentationsaufwendungen, unangemessene Bewirtungskosten (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG), Geldstrafen, bestimmte Betriebsausgaben, die unter § 4 Abs. 5 und § 5 EStG fallen oder Aufwendungen, die einen privaten Charakter haben. Darüber hinaus besteht für einige Aufwendungen lediglich ein teilweiser Betriebsausgabenabzug (z.B. für Geschenke an Geschäftspartner ist der Betrag auf 35 Euro jährlich und Empfänger beschränkt). Ausschlaggebend ist stets die betriebliche Veranlassung und die Angemessenheit des Aufwandes im Verhältnis zur betrieblichen Tätigkeit. Die Finanzverwaltung prüft, ob der Aufwand nach objektiven Kriterien betrieblich begründet ist und alle Nachweise ordnungsgemäß erbracht werden.

Gibt es besondere Regelungen für die zeitliche Abgrenzung von Aufwendungen?

Für die zeitliche Zuordnung von Aufwendungen gelten im deutschen Recht insbesondere das Prinzip der periodengerechten Abgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) und die Vorschriften über Rechnungsabgrenzungsposten (§ 250 HGB). Aufwendungen sind der Periode zuzurechnen, in der sie wirtschaftlich verursacht wurden, unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung. Im Fall von Vorauszahlungen sind aktive oder passive Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Das Steuerrecht folgt ähnlichen Regeln, insbesondere im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs. Bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung hingegen werden Aufwendungen grundsätzlich zum Zeitpunkt des Abflusses erfasst („Abflussprinzip“, § 11 EStG), lediglich für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurz vor oder nach dem Jahreswechsel gezahlt werden, gelten Ausnahmevorschriften zur periodenrichtigen Zuordnung. Diese Regelungen dienen einer möglichst zutreffenden wirtschaftlichen Erfolgsermittlung für das jeweilige Geschäftsjahr.