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Auflösung einer Gesellschaft


Begriff und rechtliche Einordnung der Auflösung einer Gesellschaft

Die Auflösung einer Gesellschaft bezeichnet im deutschen Zivil- und Gesellschaftsrecht das formelle Ende des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses mit dem Ziel der anschließenden Abwicklung (Liquidation) und Beendigung der Gesellschaft. Die Auflösung ist somit ein Rechtsvorgang, der die Gesellschaft in einen neuen Status überführt, jedoch nicht unmittelbar zu deren Erlöschen führt. Vielmehr beginnt mit der Auflösung die Liquidation, in der das Gesellschaftsvermögen verwertet und nach Begleichung etwaiger Verbindlichkeiten an die Gesellschafter verteilt wird.

Rechtsgrundlagen

Die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften zur Auflösung einer Gesellschaft finden sich in den unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen der Gesellschaftsformen:

  • §§ 723 ff. BGB für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
  • §§ 131 ff. HGB für die offene Handelsgesellschaft (OHG)
  • §§ 161 ff. HGB für die Kommanditgesellschaft (KG)
  • §§ 60 ff. GmbHG für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
  • §§ 262 ff. AktG für die Aktiengesellschaft (AG)
  • Weiterführende Spezialvorschriften für Genossenschaften, Partnerschaftsgesellschaften und andere Rechtsformen

Die gesetzlichen Bestimmungen werden häufig durch individuelle Regelungen im Gesellschaftsvertrag ergänzt oder modifiziert.


Gründe (Auflösungsgründe)

Die Gründe, welche eine Auflösung der Gesellschaft auslösen können, sind gesetzlich wie auch vertraglich bestimmt. Wesentliche Auflösungsgründe sind:

Gesetzliche Auflösungsgründe

Ablauf der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Zeit

Endet die im Vertrag festgelegte Dauer der Gesellschaft, tritt die Auflösung kraft Gesetzes ein, sofern im Vertrag keine anderweitigen Regelungen vorgesehen sind.

Beschluss der Gesellschafter

Die Gesellschafter können jederzeit einen Auflösungsbeschluss fassen, sofern die gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Quoren und Formvorschriften eingehalten werden. Dies ist der häufiger gewählte Weg der freiwilligen Beendigung.

Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Die Insolvenz der Gesellschaft stellt stets einen gesetzlichen Auflösungsgrund dar, da die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt auf die Beendigung ihrer Geschäfte und die Verwertung des Vermögens ausgerichtet ist.

Gerichtliche Entscheidung

Ein Gericht kann auf Antrag eines Gesellschafters oder einer befugten Instanz die Auflösung der Gesellschaft anordnen. Gründe hierfür können schwerwiegende Pflichtverletzungen oder das unzumutbare Festhalten an der Gesellschaft sein.

Weitere gesetzliche Auflösungsgründe

Je nach Rechtsform bestehen weitere spezielle Auflösungsgründe, etwa der Wegfall sämtlicher Gesellschafter, die Verwirklichung oder Unmöglichkeit des Gesellschaftszwecks oder behördliche Maßnahmen.

Gesellschaftsvertragliche Auflösungsgründe

Im Gesellschaftsvertrag können darüber hinaus individuell ausgestaltete Auflösungsgründe festgelegt werden, etwa das Ausscheiden bestimmter Gesellschafter, Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele oder Eintritt bestimmter Ereignisse.


Rechtsfolgen der Auflösung

Mit Eintritt der Auflösung beginnt die Phase der Liquidation (Abwicklung), welche verschiedene rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Eintritt der Liquidationsphase

Die Gesellschaft bleibt auch nach der Auflösung weiterhin existent, wird jedoch mit dem Zusatz „i.L.“ (in Liquidation) geführt. Sie ist nur noch auf die Abwicklung der laufenden Geschäfte, Einziehung von Forderungen, Begleichung von Verbindlichkeiten und die Verteilung des verbleibenden Gesellschaftsvermögens gerichtet.

Fortbestehen der Gesellschaft

Weder die Rechtsfähigkeit noch der Name der Gesellschaft endet mit der Auflösung. Die Gesellschaft bleibt zum Zwecke der Liquidation erhalten und weiterhin im Handelsregister eingetragen, bis das Verfahren abgeschlossen ist und die Löschung vollzogen werden kann.

Bestellung der Liquidatoren

Die Abwicklung wird von Liquidatoren vorgenommen, die entweder im Gesellschaftsvertrag bestimmt oder durch Beschluss der Gesellschafter (bzw. im Insolvenzfall durch das Gericht) eingesetzt werden. Sie vertreten die Gesellschaft während der Liquidation rechtlich und wirtschaftlich.

Aufgaben der Liquidatoren

Die Liquidatoren haben folgende wesentliche Aufgaben:

  • Durchführung der laufenden Geschäfte, die zur Beendigung erforderlich sind
  • Beitreibung offener Forderungen und Begleichung laufender Verbindlichkeiten
  • Veräußerung des Gesellschaftsvermögens
  • Erstellung einer Liquidationseröffnungsbilanz und gegebenenfalls weitere Rechnungslegungspflichten
  • Verteilung des verbleibenden Vermögens an die Gesellschafter nach Abschluss aller Verbindlichkeiten (Auseinandersetzungsanspruch)

Beendigung der Gesellschaft nach Liquidation

Mit Abschluss der Liquidationsphase erfolgt die endgültige Beendigung und Löschung der Gesellschaft.

Schlussrechnung und Restvermögensverteilung

Nach Ende der Liquidation fertigen die Liquidatoren eine Schlussrechnung an. Ein eventuell verbliebenes Überschussvermögen wird entsprechend dem Gesellschaftsvertrag bzw. den gesetzlichen Vorgaben unter den Gesellschaftern verteilt.

Löschung im Register

Im Falle registerpflichtiger Gesellschaften (etwa GmbH, AG, OHG, KG) erfolgt die Anmeldung der Beendigung und die endgültige Löschung im Handelsregister.

Nachabwicklung (Nachtragsliquidation)

Tauchen nach der Löschung im Handelsregister noch Vermögenswerte auf oder werden nachträglich Verbindlichkeiten festgestellt, kann eine sog. Nachtragsliquidation durchgeführt werden, zu deren Zweck ein Liquidator bestellt wird.


Besondere Aspekte und Konstellationen

Unterschied zwischen Auflösung und Beendigung

Die Auflösung markiert lediglich den Übergang von der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in die Liquidationsphase; die endgültige Beendigung der Gesellschaft tritt erst mit Abschluss der Liquidation ein.

Gesellschaftsformen ohne Liquidationsverfahren

Einzelne Gesellschaftsformen, etwa die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), können im Einzelfall ohne formelles Liquidationsverfahren beendet werden, wenn kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist.

Insolvenzspezifische Besonderheiten

Im Insolvenzverfahren gelten abweichende Zuständigkeiten und Verfahren; hier nimmt der Insolvenzverwalter die Aufgaben des Liquidators wahr und das Insolvenzrecht geht dem Gesellschaftsrecht vor.


Bedeutung der Auflösung in der Unternehmenspraxis

Die ordnungsgemäße Auflösung einer Gesellschaft ist von zentraler Bedeutung, um Haftungsfragen zu klären, eine geordnete Vermögensverteilung zu gewährleisten und die rechtlich korrekte Beendigung von Verträgen und sonstigen Rechtsverhältnissen zu sichern. Fehlerhafte oder fehlerhafte Abwicklung kann zu Haftungsrisiken für Gesellschafter und Liquidatoren führen.


Literatur und weiterführende Informationen

  • Baumbach/Hueck, GmbHG. Kommentar zum GmbH-Gesetz
  • Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht
  • Münchener Kommentar, HGB
  • Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Dieses Lexikon-Lehrstück bietet eine umfassende, rechtlich fundierte Übersicht zur Auflösung von Gesellschaften in Deutschland. Es werden sämtliche relevanten gesellschaftsrechtlichen Aspekte, Spezialvorschriften und Folgen dieses Vorgangs erläutert, sodass der Beitrag als ausführliche Informationsquelle für Unternehmen und Gesellschafter dienen kann.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Durchführung der Gesellschaftsauflösung zuständig?

In der Regel obliegt die Durchführung der Auflösung einer Gesellschaft den gesetzlichen Vertretern, meist den Geschäftsführern oder dem Vorstand, sofern die Gesellschaftsverträge nichts Abweichendes bestimmen. Nach dem formellen Auflösungsbeschluss haben die Vertreter die Aufgabe, die Abwicklung zu organisieren und durchzuführen, was unter anderem die Anmeldung der Auflösung zum Handelsregister sowie die Bestellung von Abwicklern umfasst. Diese Abwickler übernehmen fortan die Geschäftsführung, treten an die Stelle der bisherigen Organe und vertreten die Gesellschaft im Außenverhältnis. Ihre Pflichten reichen von der Beendigung laufender Geschäfte und der Realisierung des Gesellschaftsvermögens bis hin zur Befriedigung der Gläubiger und der Erstellung einer Liquidationsschlussbilanz. Gibt es keinen ausdrücklichen Abwicklerbeschluss, gelten nach Gesetz (§ 146 Abs. 1 HGB; § 273 AktG) in der Regel die bisherigen gesetzlichen Vertreter als Abwickler, wobei im Gesellschaftsvertrag oder durch Gesellschafterbeschluss hiervon abgewichen werden kann. In bestimmten Fällen, etwa bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, übernimmt der Insolvenzverwalter diese Aufgaben.

Welche rechtlichen Schritte sind nach der Beschlussfassung zur Auflösung erforderlich?

Nach der wirksamen Beschlussfassung zur Auflösung einer Gesellschaft sind verschiedene rechtliche Schritte einzuleiten. Zunächst muss der Beschluss über die Auflösung umgehend zur Eintragung in das Handels- beziehungsweise Vereinsregister angemeldet werden. Die Anmeldung hat insbesondere den Namen, den Sitz der Gesellschaft, das Datum der Auflösung sowie die Namen und Wohnsitze der Abwickler zu enthalten. Ferner sind die Abwickler zur Veröffentlichung des Auflösungsvorgangs verpflichtet, um Gläubigern Gelegenheit zur Anmeldung ihrer Ansprüche zu geben (sogenannter Gläubigeraufruf). Dieser Gläubigeraufruf ist gesetzlich vorgeschrieben und erfolgt meist im Bundesanzeiger. Anschließend erfolgt die Liquidation, worunter insbesondere die Abwicklung des Gesellschaftsvermögens, die Beendigung laufender Geschäfte sowie das Einziehen offener Forderungen und die Begleichung von Verbindlichkeiten zu verstehen ist. Nach Ablauf der gesetzlichen Sperrfrist – in der Regel ein Jahr ab Veröffentlichung der Auflösung – ist das restliche Gesellschaftsvermögen zu verteilen, sofern alle Gläubiger befriedigt oder gesichert sind. Abschließend muss die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister beantragt werden.

Wie erfolgt die Gläubigerbefriedigung im Rahmen der Liquidation?

Im Rahmen der Liquidation einer Gesellschaft stellt die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger einen zentralen rechtlichen Schritt dar. Die Liquidatoren sind verpflichtet, alle bekannten Gläubiger individuell zu benachrichtigen und öffentlich (meist über den Bundesanzeiger) einen Gläubigeraufruf zu veranlassen. Während der Sperrfrist ist das Gesellschaftsvermögen insbesondere dafür zu verwenden, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu erfüllen – das bedeutet, bestehende Schulden sind zu begleichen, künftig fällige Verpflichtungen sind sicherzustellen (durch Sicherheitsleistungen), und Rückstellungen für etwaige ungewisse Verpflichtungen sind zu bilden. Erst wenn sämtliche Verbindlichkeiten getilgt oder problemlos sichergestellt sind, darf der verbleibende Liquidationserlös an die Gesellschafter verteilt werden. Wenn Gläubigerforderungen erst nach Ablauf der Sperrfrist geltend gemacht werden, haften die Gesellschafter eventuell anteilig nach Maßgabe ihres erhaltenen Liquidationsanteils.

Welche Melde- und Publizitätspflichten bestehen im Auflösungsverfahren?

Das deutsche Gesellschaftsrecht sieht umfangreiche Melde- und Publizitätspflichten im Zusammenhang mit der Gesellschaftsauflösung vor. Die Auflösung und die Bestellung der Abwickler müssen unverzüglich zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und veröffentlicht werden. Darüber hinaus besteht die Pflicht, im Bundesanzeiger die Auflösung bekannt zu machen und die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen aufzufordern. Während der Liquidationsphase sind sämtliche Änderungen, beispielsweise eine Änderung der Abwickler, ebenfalls zur Eintragung und Veröffentlichung zu bringen. Am Ende der Liquidation ist die Schlussrechnung aufzustellen und den Gesellschaftern bekanntzugeben; zudem muss die Beendigung der Liquidation und der Antrag auf Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister erfolgen. Die Publizität gewährt Rechtssicherheit für Beteiligte und Dritte.

Welche Rechtsfolgen hat die Auflösung einer Gesellschaft für laufende Verträge?

Mit der Auflösung einer Gesellschaft treten grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf bestehende Verträge ein. Die Gesellschaft bleibt rechtsfähig, aber ihr Geschäftszweck beschränkt sich auf die Abwicklung (Liquidation). Laufende Verträge sind grundsätzlich fortzusetzen, soweit sie zur Durchführung der Liquidationshandlung erforderlich sind. Allerdings sind Verträge, die nicht mehr dem Zweck der Liquidation dienen, gegebenenfalls zu kündigen oder zu beenden. Insbesondere Dauerschuldverhältnisse können durch die Liquidatoren regelmäßig unter Einhaltung vertraglicher und gesetzlicher Fristen gekündigt werden. Neuverträge dürfen die Abwickler nur noch abschließen, wenn sie zur ordnungsgemäßen Beendigung und Abwicklung der Gesellschaftsgeschäfte dienen. Jede darüber hinausgehende Verpflichtung ist unzulässig und könnte eine Haftung der Liquidatoren begründen.

Wie werden Steuerpflichten während und nach der Auflösung behandelt?

Auch nach der Auflösung bleibt eine Gesellschaft steuerpflichtig, solange sie als „Abwicklungsgesellschaft“ fortbesteht. Das bedeutet, dass u. a. Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und eventuell Einkommenssteuer weiterhin anfallen, solange noch gesellschaftliche Aktivitäten (insbesondere Liquidationshandlungen) durchgeführt werden. Es entstehen zusätzliche steuerliche Pflichten, wie eine Liquidationseröffnungsbilanz sowie laufende Liquidationsbilanzen und steuerliche Schlussbilanzen zum Abschluss der Liquidation. Die Gesellschaft bleibt so lange steuerlich existent, bis sie vollständig aus dem Handelsregister gelöscht wurde. Erst mit der Löschung erfolgt die steuerliche Abmeldung. Verbleibendes Vermögen, das an die Gesellschafter ausgeschüttet wird, kann unter bestimmten Umständen steuerpflichtig sein (z. B. Kapitalertragsteuer).

Was ist bei der Löschung der Gesellschaft aus dem Handelsregister zu beachten?

Die endgültige Löschung aus dem Handelsregister markiert das rechtliche Ende der Gesellschaft. Die Löschung kann erst beantragt werden, nachdem alle Liquidationshandlungen beendet, sämtliche Gläubiger befriedigt und das Restvermögen verteilt wurden. Die Liquidatoren müssen dafür die Liquidationsschlussbilanz erstellen und die Beendigung der Liquidation gegenüber dem Registergericht glaubhaft machen. Die Anmeldung zur Löschung muss von allen Abwicklern unterzeichnet und notariell beglaubigt werden. Nach § 74 GmbHG bzw. § 157 HGB ist auch zu versichern, dass keine Rechtsstreitigkeiten mehr anhängig sind oder gesichert wurde, dass deren Ausgang die Löschung nicht hindert. Mit Eintragung der Löschung erlischt die Gesellschaft als Rechtsträger; nur mit Bezug auf etwaige Nachwicklungen (wie spätere Forderungsanmeldungen) kann unter bestimmten Umständen eine Nachtragsliquidation angeordnet werden.