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Aufhebung der Kosten


Begriff und Bedeutung der Aufhebung der Kosten

Die Aufhebung der Kosten ist ein rechtswissenschaftlicher Terminus, der im Kontext gerichtlicher Verfahren und Kostenentscheidungen von zentraler Bedeutung ist. Sie beschreibt eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung, infolge derer die unter Prozessbeteiligten entstandenen Kosten – regelmäßig die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten – teilweise oder vollständig gegeneinander aufgehoben werden. Dies führt dazu, dass jede Partei die eigenen Kosten selbst trägt und keine Kostenerstattung von der Gegenseite verlangen kann.

Im Folgenden werden Begriff, rechtliche Grundlagen, Anwendungsbereiche, Abgrenzungen zu ähnlichen Begriffen sowie die praktischen Auswirkungen einer solchen Kostenentscheidung detailliert erläutert.


Rechtsgrundlagen der Aufhebung der Kosten

Zivilprozessrecht (Zivilprozessordnung – ZPO)

Im deutschen Zivilprozessrecht ist die Regelung der Kostenaufhebung insbesondere in § 91a ZPO und § 92 ZPO verankert. Hierbei wird zwischen verschiedenen Fallkonstellationen unterschieden, die eine Kostenaufhebung rechtfertigen können:

  • § 91a ZPO (Erledigung der Hauptsache): Nach einvernehmlicher Erledigung des Rechtsstreits kann das Gericht eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen treffen, wobei die Kosten auch gegeneinander aufgehoben werden können.
  • § 92 ZPO (Teilweiser Obsiegen und Unterliegen): Wenn beide Parteien teilweise unterliegen, kann das Gericht die Kosten gegeneinander aufheben, etwa indem es ausspricht, dass jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen hat.
  • § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (Klagerücknahme): Auch bei Rücknahme der Klage oder sonstiger Erledigungstatbestände kann eine teilweise oder vollständige Kostenaufhebung erfolgen.

Verwaltungsprozessrecht (Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO)

Im Verwaltungsverfahren ist die Aufhebung der Kosten insbesondere in § 161 VwGO vorgesehen. Dort kann das Verwaltungsgericht im Falle einer übereinstimmenden Erledigterklärung nach billigem Ermessen über die Kostentragungspflicht, also auch über eine etwaige Aufhebung der Kosten, entscheiden.

Arbeitsgerichtsbarkeit (Arbeitsgerichtsgesetz – ArbGG)

Im Arbeitsgerichtsprozess erstreckt sich die Besonderheit, dass grundsätzlich jede Partei ihre eigenen Kosten selbst zu tragen hat (vgl. § 12a ArbGG). Eine explizite Kostenaufhebung wird aus diesem Grund oftmals nicht gesondert ausgesprochen, ist aber im Rahmen einvernehmlicher Erledigungsfälle und vergleichsweiser Regelungen dennoch möglich.


Voraussetzung und Verfahren der Kostenaufhebung

Voraussetzungen

Die gerichtliche Aufhebung der Kosten setzt regelmäßig eine besondere prozessuale Konstellation oder einen Ermessensspielraum des Gerichts voraus. Typische Fälle sind:

  • Wegefall des Rechtsschutzinteresses durch Hauptsacherledigung
  • Vergleich oder Einigung während des Verfahrens
  • Teilweises Obsiegen und Unterliegen beider Parteien

Maßgeblich ist eine Billigkeitsentscheidung unter Würdigung des Prozessverlaufs und des Erfolgsrisikos im Verfahren.

Verfahren

Die Kostenaufhebung erfolgt regelmäßig durch gerichtlichen Beschluss. In dem Tenor wird vermerkt, dass „die Kosten des Verfahrens werden aufgehoben“ oder „werden gegeneinander aufgehoben“. Die Entscheidung kann von einer Anfechtung bzw. Beschwerde abhängig sein, sofern diese zulässig ist.


Abgrenzung zu ähnlichen Kostenregelungen

Kostenkompensation

Die Kostenkompensation bezeichnet im Wesentlichen das gleiche Ergebnis wie die Aufhebung der Kosten. Beide Begriffe werden häufig synonym genutzt. Im Unterschied dazu steht jedoch die Kostenverteilung, bei der einzelnen Parteien anteilig Kosten auferlegt würden.

Kostenüberbürdung und Kostentragungspflichten

Während bei der Kostenüberbürdung eine Partei auch die Kosten der Gegenseite zu tragen hat, wird durch die Aufhebung eine gegenseitige Erstattungspflicht ausgeschlossen. Jede Partei verbleibt mit ihren eigenen Kosten.

Keine Kostenentscheidung

In sehr seltenen Ausnahmefällen unterbleibt eine Kostenentscheidung gänzlich. In diesem Fall greifen gesetzliche Grundsätze, die im jeweiligen Verfahrensrecht geregelt sind.


Auswirkungen und Rechtsfolgen der Aufhebung der Kosten

Kostenerstattungsfähigkeit

Die entscheidende Rechtsfolge der Aufhebung der Kosten liegt darin, dass die Möglichkeit der Kostenerstattung entfällt. Die Parteien können keine Erstattung der eigenen mit dem Verfahren verbundenen Kosten durch die Gegenseite beanspruchen. Dies betrifft sowohl Gerichtskosten als auch notwendige Auslagen.

Bedeutung für die Praxis

Insbesondere für Parteien, die einen Prozess wirtschaftlich abwägen, ist die Kostenaufhebung von erheblicher Relevanz. Sie beeinflusst das prozessuale Verhalten, etwa die Bereitschaft zum Vergleich oder das Eingehen unnötiger Risiken.

Wirkung auf Dritte

Eine Kostenaufhebung wirkt ausschließlich inter partes, d.h. zwischen den am Verfahren beteiligten Parteien. Dritte, wie zum Beispiel Zeugen oder Sachverständige, bleiben hiervon grundsätzlich unberührt und erhalten ihre Vergütung unabhängig von der Kostentragung unter den Parteien.


Ausschluss und Einschränkung der Aufhebung der Kosten

Gesetzlich zwingende Kostentragung

In gewissen Verfahren (z.B. bestimmte sozialrechtliche oder familienrechtliche Verfahren) kann das Gesetz eine zwingende Kostenverteilung vorsehen, die eine vollständige Aufhebung der Kosten ausschließt.

Billigkeitserwägungen

Das Gericht hat bei der Kostenaufhebung einen Ermessensspielraum, der durch die Umstände des Einzelfalls, das Maß des Obsiegens und Unterliegens sowie das Verhalten der Parteien im Prozess eingeschränkt wird.


Literatur und weiterführende Hinweise

Umfassende Darstellungen zur Kostenaufhebung finden sich in den Kommentierungen zur Zivilprozessordnung und den einschlägigen Prozessordnungen, etwa in:

  • Zöller, ZPO. Kommentar zur Zivilprozessordnung.
  • Kopp/Schenke, VwGO. Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung.
  • Schwab/Weth, ArbGG. Kommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz.

Zusammenfassung

Die Aufhebung der Kosten ist eine differenzierte kostenrechtliche Entscheidung mit vielfältigen praktischen Konsequenzen. Sie stellt sicher, dass keine Partei verpflichtet ist, die Kosten der anderen zu tragen, und kommt regelmäßig im Zusammenhang mit einvernehmlicher Erledigung oder teilweisem Obsiegen und Unterliegen zur Anwendung. Die gesetzliche Ausgestaltung und die Auswirkungen der Kostenaufhebung sind in den jeweiligen Prozessordnungen im Detail geregelt und haben zentrale Bedeutung für die Strategie und das Kostenrisiko im gerichtlichen Verfahren.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Aufhebung der Kosten vorliegen?

Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung der Kosten orientieren sich grundsätzlich an den jeweiligen Vorschriften des Zivil-, Verwaltungs- oder Strafprozessrechts. In Deutschland finden sich die maßgeblichen Regelungen insbesondere in der Zivilprozessordnung (ZPO), der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sowie der Strafprozessordnung (StPO). Eine Aufhebung der Kosten setzt in der Regel voraus, dass das Gericht eine ausführliche Interessen- und Sachverhaltsabwägung vornimmt. Gemäß § 91a ZPO beispielsweise kann das Gericht nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien die Kosten des Rechtsstreits ganz oder teilweise aufheben, sofern dies unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands billig erscheint. Die Kostenaufhebung ist regelmäßig dann geboten, wenn die Erfolgsaussichten unsicher oder zwischen den Parteien gleichverteilt waren oder eine Partei einen Anlass zur Klage gegeben, aber später das Klagebegehren anerkannt hat. In Verwaltungsverfahren ergibt sich aus § 161 Abs. 2 VwGO, dass das Gericht bei Erledigung der Hauptsache über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach Ermessen entscheiden kann. Ausschlaggebend ist stets eine sorgfältige Prüfung des jeweiligen Einzelfalls und eine nachvollziehbare gerichtliche Entscheidungsbegründung. Weiterhin dürfen keine gesetzlichen Ausschlussgründe für eine Kostenaufhebung vorliegen.

In welchen Verfahren kommt es typischerweise zu einer Aufhebung der Kosten?

Die Aufhebung der Kosten ist vor allem in Verfahren relevant, in denen die Parteien etwa einen Vergleich schließen, der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt wird, oder besondere Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen. Besonders häufig kommt die Kostenaufhebung in Zivilverfahren vor, etwa nach § 91a ZPO bei übereinstimmender Erledigungserklärung. In verwaltungsgerichtlichen Verfahren kann das Gericht nach § 161 VwGO über die Kosten aufheben, wenn sich die Streitsache erledigt hat und keine Partei eindeutig obsiegt oder unterliegt. Im Arbeitsrecht kann die Kostenaufhebung im Lichte des § 46 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) in Verbindung mit § 91a ZPO ebenfalls relevant werden. In Strafverfahren sind Konstellationen denkbar, in denen beispielsweise das Verfahren eingestellt und beschlossen wird, dass Kosten nicht zu erheben sind. Überdies können auch in familien- oder sozialgerichtlichen Verfahren besondere Billigkeitsgründe eine Kostenaufhebung rechtfertigen.

Welche Rechtsmittel stehen gegen eine Entscheidung über die Aufhebung der Kosten zur Verfügung?

Gegen Entscheidungen, die ausschließlich die Kosten betreffen, ist gemäß § 99 Abs. 1 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft, sofern der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. In verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist nach § 158 VwGO gegen die Kostenentscheidung die Beschwerde zulässig, sofern noch ein Rechtsmittel gegen die Hauptsache zur Verfügung steht oder die gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind. Im Übrigen ist in Familiensachen nach § 117 FamFG die Beschwerdemöglichkeit vorgesehen. Die Zuständigkeit richtet sich in der Regel nach der gerichtlichen Instanz, die die Kostenentscheidung getroffen hat. Zu beachten ist, dass die Überprüfungskompetenz des Beschwerdegerichts sich zumeist auf die Billigkeits- und Ermessensprüfung erstreckt; eine vollständige Neuentscheidung wird grundsätzlich nur insoweit getroffen, wie das Gericht sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt oder relevante Gesichtspunkte außer Acht gelassen hat.

Wer trägt die Beweislast für die Voraussetzungen der Kostenaufhebung?

Die Beweislast für Tatsachen, die eine Kostenaufhebung rechtfertigen, liegt grundsätzlich bei der Partei, die sich auf die entsprechenden Billigkeitsgründe beruft. Dies bedeutet, dass eine Partei, die geltend macht, eine Kostenaufhebung sei beispielsweise wegen unklarer Erfolgsaussichten, eines Vergleichs oder gegenseitigen Nachgebens angezeigt, diese Umstände substantiiert darlegen und gegebenenfalls beweisen muss. Dem Gericht obliegt dann im Rahmen der Ermessensentscheidung eine eigenständige Tatsachen- und Interessenabwägung, wobei die vorgetragenen und gegebenenfalls bewiesenen Umstände gewürdigt werden. Diese Darlegungspflicht umfasst sämtliche zur Entscheidungsfindung relevanten Umstände, wie etwa die frühere Rechtslage, die tatsächliche Streitlage oder das Prozessverhalten der Beteiligten.

Inwieweit kann ein außergerichtlicher Vergleich die Kostenaufhebung beeinflussen?

Ein außergerichtlicher Vergleich kann erheblichen Einfluss auf die Kostenaufhebung nehmen, wobei grundsätzlich das Prinzip der Vertragsfreiheit Anwendung findet. Die Parteien haben die Möglichkeit, im Rahmen eines Vergleichs ausdrücklich individuelle Vereinbarungen über die Kostentragung zu treffen und damit die gesetzliche Regelung abzuändern oder zu konkretisieren. Wird in einem außergerichtlichen Vergleich keine Regelung bezüglich der Kosten getroffen, verbleibt es in der Regel bei den gesetzlichen Vorschriften, also der Kostentragung gemäß § 91 ZPO beziehungsweise den vergleichbaren Regelungen in anderen Verfahrensordnungen. In gerichtlichen Vergleichsprotokollen wird häufig festgehalten, dass „die Kosten gegeneinander aufgehoben werden“, was als Kostenaufhebung im engeren rechtlichen Sinne zu verstehen ist. In diesen Fällen trägt jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und die Gerichtskosten zur Hälfte.

Gibt es Fälle, in denen eine Kostenaufhebung ausgeschlossen ist?

Eine Kostenaufhebung ist durch gesetzliche Vorgaben in bestimmten Fällen ausgeschlossen. Dies betrifft insbesondere solche Verfahren, bei denen zwingend eine einseitige Kostenlast vorgesehen ist, etwa in speziellen Unterhaltsverfahren, bei Verfügungs- oder Eilverfahren, oder wenn eine Partei in voller Kenntnis aller Umstände einen aussichtslosen Rechtsstreit geführt hat. Ebenso ist die Kostenaufhebung ausgeschlossen, wenn das Gesetz eine zwingende Kostenfolge vorsieht, wie beispielsweise im Rahmen von § 91 ZPO, wenn eine Partei in vollem Umfang obsiegt. Weiterhin ist in manchen Verfahren, etwa bei bestimmten familiengerichtlichen Verfahren, durch Spezialgesetze oder gerichtliche Praxis eine Kostenaufhebung ausgeschlossen oder eingeschränkt zulässig. Auch missbräuchliches Verhalten einer Partei kann einer Kostenaufhebung entgegenstehen, etwa wenn eine Partei bewusst unzutreffende Angaben gemacht oder das Verfahren verzögert hat.

Wie wirkt sich eine Aufhebung der Kosten auf die Gerichtskosten aus?

Die Aufhebung der Kosten bezieht sich nicht nur auf die außergerichtlichen Kosten der Parteien, sondern auch auf die Gerichtskosten. Bei einer Kostenaufhebung trägt jede Partei die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst, während die Gerichtskosten in der Regel geteilt werden. Dies findet sich etwa in § 91a Abs. 2 ZPO, wonach das Gericht die Kosten anteilig aufheben kann. Bei einer vollständigen Kostenaufhebung werden die Gerichtskosten regelmäßig zu gleichen Teilen zwischen den Parteien verteilt. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist dann ausdrücklich auf die Kostenaufhebung Bezug zu nehmen, um eine fehlerhafte Festsetzung zu vermeiden. Bei mehreren Parteien kann das Gericht eine differenzierte Regelung treffen, etwa eine Kostenaufhebung nur zwischen bestimmten Beteiligten. Zu beachten ist, dass die Kostenaufhebung keine Auswirkungen auf Dritte hat, sondern nur zwischen den Verfahrensbeteiligten gilt.