Legal Lexikon

Aufgebot


Begriff und rechtliche Bedeutung des Aufgebots

Das Aufgebot ist ein Rechtsinstitut, das eine öffentlich-rechtliche Bekanntmachung oder Aufforderung bezeichnet, durch welche Beteiligte sowie Dritte zur Anmeldung von Rechten, Einwendungen oder Ansprüchen in einem gesetzlich geregelten Verfahren aufgefordert werden. Ziel des Aufgebotsverfahrens ist die Klärung von Rechtsverhältnissen oder die Beseitigung unbekannter Rechte an einer Sache, Forderung oder Urkunde. Das Verfahren ist insbesondere aus dem deutschen Zivilrecht und dem Grundbuchwesen bekannt, wird jedoch auch in anderen Rechtsgebieten praktiziert.


Rechtsgrundlagen des Aufgebots

Gesetzliche Regelungen

Das Aufgebotsverfahren ist in verschiedenen Gesetzen normiert, insbesondere:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): §§ 946 ff. BGB (beispielsweise Eigentumserwerb an beweglichen Sachen),
  • Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG): (z.B. Verschollenheitsgesetz, Grundbuchbereinigung)
  • Gesetz über das Aufgebotsverfahren (AufgebG): regelt allgemeine Verfahrensvorschriften,
  • Zivilprozessordnung (ZPO): für einzelne spezialgesetzliche Aufgebotsverfahren.

Anwendungsbereiche im Überblick

Das Institut des Aufgebots wird hauptsächlich in folgenden rechtlichen Zusammenhängen genutzt:

  • Verlust und Kraftloserklärung von Wertpapieren, Urkunden und Zahlungsmitteln,
  • Aufgebot unbekannter Gläubiger im Insolvenzverfahren,
  • Aufgebot von Erben und Nachlassgläubigern,
  • Verschollenheitsverfahren,
  • Grundbuchangelegenheiten (Löschung unrechtsmäßiger oder unklarer Einträge).

Das Aufgebotsverfahren im Detail

Sinn und Zweck des Aufgebots

Ein Aufgebotsverfahren dient der Bereinigung und Sicherung der Rechtslage, insbesondere wenn Sachverhalte durch den Verlust von Urkunden, unbekannte Beteiligte oder Unklarheiten belastet sind. Hierdurch sollen rechtssichere Entscheidungen ermöglicht und die Rechte gutgläubiger Dritter geschützt werden. Häufig sind Aufgebotsverfahren Voraussetzung für weitere rechtserhebliche Handlungen, etwa die Erlangung neuer Wertpapiere oder die Umschreibung von Eigentum im Grundbuch.

Ablauf des Aufgebotsverfahrens

Das Verfahren ist im deutschen Recht in mehreren Schritten ausgestaltet:

  1. Antrag auf Aufgebot:

Der Antragsteller stellt beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Durchführung des Aufgebots. Der Antrag muss den bezeichneten Gegenstand (z.B. ein verlorenes Wertpapier oder Grundstück) sowie die betroffenen Rechte und Beteiligten umfassen.

  1. Erlass des Aufgebots:

Nach Prüfung der Antragsvoraussetzungen erlässt das Gericht das Aufgebot. Dieses enthält eine Aufforderung an alle Betroffenen, ihre Rechte innerhalb einer bestimmten Frist geltend zu machen.

  1. Öffentliche Bekanntmachung:

Das Aufgebot wird öffentlich, meist im Bundesanzeiger sowie örtlichen Bekanntmachungsorganen publiziert. Die Veröffentlichung sichert, dass auch unbekannte Berechtigte die Möglichkeit der Anmeldung erhalten.

  1. Anmeldung der Rechte:

Innerhalb der im Aufgebot genannten Frist können Rechte angemeldet werden. Das Gericht prüft die eingegangen Anmeldungen auf ihre Berechtigung.

  1. Ausschlussentscheidung (Ausschlussurteil, Kraftloserklärung):

Nach Ablauf der Anmeldefrist erlässt das Gericht eine Entscheidung, mit der nicht angemeldete oder nicht nachgewiesene Rechte ausgeschlossen werden. Bei Urkunden kann dies in eine sogenannte Kraftloserklärung münden.


Typische Aufgebotsverfahren in der Praxis

Kraftloserklärung verlorener oder abhanden gekommener Urkunden

Verliert eine Person eine Urkunde (z.B. ein Sparbuch, grundbuchmäßiges Dokument, Inhaberschuldverschreibung), kann mithilfe eines Aufgebotsverfahrens mittels Kraftloserklärung die Urkunde für ungültig erklärt werden. Damit verhindert das Recht, dass Dritte aus einer verloren gegangenen oder gestohlenen Urkunde Ansprüche geltend machen, und ermöglicht die Ausstellung eines Ersatzdokuments.

Aufgebot im Grundbuchverfahren

Im Immobilienrecht dient das Aufgebot der Bereinigung des Grundbuchs. Kommen beispielsweise alte Rechte nicht mehr nachweisbar vor, können diese Rechte durch Aufgebotsverfahren gelöscht werden, sofern keine berechtigten Gegenansprüche innerhalb der Frist angemeldet werden. Dadurch fördert das Aufgebotsverfahren die Rechtssicherheit bei immobilienrechtlichen Transaktionen.

Verschollenheitsverfahren

Im Fall der Verschollenheit kann das Gericht auf Antrag mittels eines Aufgebotsverfahrens die Todeserklärung einer Person vornehmen. Hierbei werden etwaige Personen mit Rechten oder Ansprüchen durch das Aufgebot aufgefordert, sich zu melden. Mit Ablauf der Frist erfolgt eine gerichtliche Entscheidung.


Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Zuständigkeit und Gericht

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich in der Regel nach dem Wohnsitz des Antragstellers, dem Sitz des betreffenden Gegenstandes (z.B. Lage des Grundstücks) oder der Aufbewahrung der Urkunde. In der Regel sind Amtsgerichte zuständig, in Einzelfällen auch spezielle Kammern für Aufgebotsangelegenheiten.

Verfahrenskosten

Das Aufgebotsverfahren ist im Regelfall kostenpflichtig. Die Gebühren richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und bemessen sich häufig am Wert des Gegenstands oder Rechts, das Gegenstand des Aufgebots ist.

Rechtsmittel

Gegen die ausschließende Entscheidung (Ausschlussurteil oder Kraftloserklärung) stehen in der Regel die allgemeinen Rechtsbehelfe offen, etwa die Beschwerde nach FamFG. Die Rechtskraft der Entscheidung tritt erst mit Ablauf der Beschwerdefrist ein.


Rechtliche Wirkung des Aufgebots und der Ausschlussentscheidung

Durch das Aufgebot samt Ausschlussentscheidung (beispielsweise Kraftloserklärung einer Urkunde) werden bisher unbekannte oder nicht angemeldete Rechte endgültig ausgeschlossen. Die Entscheidung wirkt gegenüber jedermann und schafft Sicherheit über die Rechtslage. Wer innerhalb der Frist seine Rechte nicht geltend macht, verliert sie unwiderruflich, es sei denn, die Entscheidung wird im zulässigen Rechtsmittelweg aufgehoben.


Abgrenzung zu anderen Verfahrensarten

Das Aufgebot ist von anderen Bekanntmachungsverfahren, wie etwa der öffentlichen Zustellung, abzugrenzen. Während das Aufgebot die aktive Aufforderung an bestimmte Personengruppen zur Anmeldung von Rechten betrifft, dient die öffentliche Zustellung der Ersatzzustellung gerichtlicher Dokumente an nicht auffindbare Beteiligte.


Rechtsfolgen bei Versäumnis der Anmeldung im Aufgebot

Wer als Beteiligter innerhalb der Aufgebotsfrist seine Rechte nicht geltend macht oder nachweist, verliert diese Rechte nach Ausschluss. Ausnahmen können sich bei nachgewiesenen Hindernissen oder aus besonderen gesetzlichen Regelungen ergeben, sind jedoch selten und eng begrenzt.


Quellen und weiterführende Literatur

  • §§ 946 ff. BGB
  • Gesetz über das Aufgebotsverfahren (AufgebG)
  • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Gesetzbuch für freiwillige Gerichtsbarkeit (FamFG)
  • Bundesanzeiger-Rechtsgrundlagen der öffentlichen Bekanntmachung
  • Kommentierungen in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch; Münchener Kommentar zum BGB; Staudinger, BGB

Hinweis: Dieser Artikel dient der Information über das Rechtsinstitut des Aufgebots und bildet dessen vielseitige Anwendung und rechtliche Grundlagen umfassend ab.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Aufgebot wirksam beantragt werden kann?

Ein wirksamer Aufgebotsantrag erfordert die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen, die je nach Art des Aufgebotsverfahrens variieren können (z.B. Aufgebot zur Kraftloserklärung von Urkunden, Nachlassaufgebot etc.). Generell muss der Antragsteller ein berechtigtes Interesse am Verfahren nachweisen, was z.B. durch Eigentumsnachweis oder Beleg eines Gläubigerinteresses geschehen kann. Der Antrag muss beim zuständigen Gericht eingereicht werden und sämtliche formal erforderlichen Angaben enthalten, etwa die genaue Bezeichnung der aufzubietenden Urkunde, die glaubhaft zu machenden rechtlichen Umstände und ggf. Nachweise für den Besitzverlust bzw. das rechtliche Interesse. Zudem sieht das Gesetz gewöhnlich die Zahlung einer Gerichtsgebühr vor, ohne deren Entrichtung das Verfahren nicht betrieben wird. Die Einhaltung der Formvorschriften, wie die schriftliche Antragstellung, ist zwingend. Bei fehlenden oder mangelhaften Unterlagen kann das Gericht Nachbesserungen verlangen oder den Antrag ablehnen.

Welche Folgen hat ein Aufgebotsverfahren im rechtlichen Sinne?

Ein eingeleitetes Aufgebotsverfahren führt primär dazu, dass Rechte und Ansprüche im Zusammenhang mit dem aufzubietenden Gegenstand (etwa einer Urkunde, einem Grundpfandrecht oder einer Erbschaftsposition) innerhalb einer gesetzten Frist angemeldet werden müssen. Anderenfalls sieht das Gesetz die Rechtsfolge der Ausschließung dieser Rechte oder deren Kraftloserklärung vor (§ 439 BGB für Urkundenaufgebot, § 1970 BGB für Nachlassaufgebot). Das bedeutet, dass nach Fristablauf Ansprüche, die nicht angemeldet wurden, entweder vollständig erlöschen oder – im Falle von Urkunden – eine Kraftloserklärung erfolgt. Diese Rechtswirkungen treten jedoch erst mit einem gerichtlichen Ausschlussbeschluss oder einer gerichtlichen Kraftloserklärung ein, welche wiederum eigenständige Anfechtungsrechte Dritter auslösen können.

Wer ist im Aufgebotsverfahren zur Anmeldung seiner Rechte verpflichtet?

Zur Anmeldung verpflichtet sind im rechtlichen Sinne all jene Personen, die Rechte oder Ansprüche an dem Gegenstand des Aufgebotes geltend machen können. Dies betrifft beispielsweise Eigentümer, Inhaber von Grundpfandrechten oder Forderungsgläubiger, bei Nachlassaufgeboten auch Nachlassgläubiger. Das Gericht legt in seiner Aufgebotsverfügung fest, inwieweit und in welcher Form die Berechtigten ihr Recht anmelden müssen (z.B. durch Vorlage von Nachweisen). Die Nichtanmeldung zur gesetzten Frist führt regelmäßig zu weitgehenden Rechtsverlusten, insbesondere zur Ausschließung vom Verfahren oder dem Untergang der Rechte.

Wie erfolgt die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots und welche Bedeutung hat sie?

Die öffentliche Bekanntmachung ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Wirksamkeitserfordernis (vgl. § 435 BGB, § 187 FamFG). Das Aufgebot muss dabei in den amtlichen Bekanntmachungsblättern, zum Teil auch über das Internet oder andere festgelegte Kanäle veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung informiert alle potenziell Betroffenen über das Verfahren und die Anmeldefrist. Ohne diese öffentliche Bekanntmachung entfaltet das Aufgebot keine rechtsverbindlichen Wirkungen gegenüber Dritten, weil nur auf diesem Wege Dritte die Möglichkeit zur Wahrnehmung ihrer Rechte erhalten. Das Datum der Veröffentlichung ist zugleich für den Fristbeginn maßgeblich.

Welche Schutzmechanismen bestehen für Dritte im Aufgebotsverfahren?

Das Aufgebotsverfahren sieht verschiedene rechtliche Schutzmechanismen für Dritte vor. Zu diesen zählen vor allem das Recht zur Anmeldung eigener Ansprüche innerhalb der Aufgebotsfrist, die Möglichkeit, gegen Ausschluss- und Kraftloserklärungsbeschlüsse Rechtsmittel (wie Beschwerde oder Einspruch) einzulegen, sowie die umfassende öffentliche Bekanntmachung, die sicherstellen soll, dass jeder potenziell Betroffene Kenntnis vom Verfahren erlangen kann. Zudem prüft das Gericht in der Regel die Anmeldungen sachlich und rechtlich genau und kann bei begründeten Zweifeln die weitere Beweisaufnahme anordnen.

Kann gegen die Entscheidung im Aufgebotsverfahren ein Rechtsmittel eingelegt werden?

Ja, gegen Entscheidungen des Gerichts im Rahmen des Aufgebotsverfahrens, insbesondere gegen den Ausschlussbeschluss oder die Kraftloserklärung, können Rechtsmittel eingelegt werden. Zuständig ist dabei in der ersten Instanz das Amtsgericht, Rechtsmittel werden meist beim Landgericht bzw. dem Oberlandesgericht eingelegt, abhängig vom jeweiligen Einzelfall und der Verfahrensart. Die Fristen und Formerfordernisse ergeben sich aus den einschlägigen Verfahrensgesetzen (z. B. FamFG, ZPO). Das Rechtsmittel hat vielfach aufschiebende Wirkung, sodass die Entscheidung bis zu einer abschließenden Klärung nicht wirksam wird. Der Rechtsschutz für ausgeschlossene Rechteinhaber bleibt damit temporär gewahrt.

Welche Kosten entstehen bei einem Aufgebotsverfahren und wer trägt sie?

Die Gebühren für das Aufgebotsverfahren richten sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) beziehungsweise den jeweiligen Kostenordnungen der Verfahrensart. Meist fällt für die Einleitung ein Pauschalbetrag an, der sich am Gegenstandswert orientiert. Hinzukommen Auslagen für Bekanntmachungen, Veröffentlichungen oder sonstige gerichtliche Maßnahmen. Kostenschuldner ist regelmäßig der Antragsteller, wobei das Gericht im Endbeschluss die endgültige Kostenverteilung festlegt. Unter bestimmten Voraussetzungen, etwa bei Nachlassaufgeboten, können die Kosten auch zur Masse gezogen werden. Drittbeteiligte müssen für die Anmeldung eigener Rechte in der Regel keine eigenen Gerichtsgebühren zahlen, es sei denn, ihr Antrag löst zusätzliche Amtshandlungen aus.