Legal Lexikon

Artenschutz


Definition und Bedeutung des Artenschutzes

Artenschutz beschreibt sämtliche Maßnahmen und Rechtsvorschriften zur Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt auf Ebene von Tier- und Pflanzenarten. Im rechtlichen Sinne umfasst der Begriff gesetzliche Regelungen, Verwaltungspraxis sowie internationale Abkommen, die den Schutz gefährdeter sowie nicht gefährdeter Arten und deren Lebensräume gewährleisten. Artenschutz ist eng mit den Zielen des Naturschutzes verbunden, dessen Aufgabe es ist, das Gleichgewicht natürlicher Lebensgemeinschaften zu bewahren.

Rechtliche Grundlagen des Artenschutzes in Deutschland

Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Das zentrale Rechtsdokument zum Artenschutz in Deutschland ist das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Nach § 1 BNatSchG dient das Gesetz dem Schutz der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten sowie ihrer natürlichen Lebensräume. Das BNatSchG enthält sowohl Vorschriften zum generellen Schutz aller wildlebenden Arten (§§ 39-42 BNatSchG) als auch besondere Regelungen für bestimmte besonders und streng geschützte Arten (§§ 7 Abs. 2 Nr. 13-14, § 44 BNatSchG).

Zentrale Regelungen beinhalten:

  • das Verbot der Tötung, Verletzung, Störung oder Entnahme besonders geschützter Arten (§ 44 BNatSchG),
  • das Besitzverbot und das Vermarktungsverbot für bestimmte Arten,
  • den Schutz von Fortpflanzungs- und Ruhestätten,
  • die Verpflichtung zur Erstellung von Artenhilfsprogrammen.

Verwaltungsvorschriften und Landesrecht

Neben dem Bundesnaturschutzgesetz existieren ergänzende Verordnungen, insbesondere die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV). Ferner erlassen die Bundesländer eigenständige Vorschriften, die zusätzliche Schutzmaßnahmen oder spezifische Regelungen für regionale Vorkommen festlegen. Die Behörden der Bundesländer sind regelmäßig für die Durchführung der artenbezogenen Schutzbestimmungen zuständig.

Internationales und europäisches Artenschutzrecht

Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD)

Das 1992 in Rio de Janeiro verabschiedete Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) ist das international wichtigste Grundsatzdokument für den Artenschutz. Die Vertragsstaaten, darunter Deutschland und die Europäische Union, verpflichten sich zum Erhalt der Artenvielfalt, zur nachhaltigen Nutzung ihrer Bestandteile und zur gerechten Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung genetischer Ressourcen.

Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES)

Ein weiteres grundlegendes Abkommen ist das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, CITES). CITES regelt den internationalen Handel mit bedrohten wildlebenden Tieren und Pflanzen durch ein abgestuftes Kontrollsystem mittels Anhängen mit unterschiedlichem Schutzniveau. In der Europäischen Union erfolgt die Umsetzung durch die Verordnung (EG) Nr. 338/97 und die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 865/2006.

Berner und Bonner Konvention

  • Die Berner Konvention (Übereinkommen zum Schutz der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume) verpflichtet die Konventionsstaaten zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in Europa.
  • Die Bonner Konvention (Convention on the Conservation of Migratory Species of Wild Animals, CMS) adressiert den Schutz wandernder wildlebender Tierarten auf internationaler Ebene.

Artenschutz im europäischen Recht

Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie)

Die Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) ist das zentrale Rechtsinstrument zum Schutz wildlebender Arten und ihrer Lebensräume in der Europäischen Union. Ziel ist insbesondere der Erhalt oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands streng geschützter Arten (Anhänge II, IV und V) sowie ihrer Lebensräume. Die Umsetzung erfolgt primär durch das Natura-2000-Netzwerk, einem europaweiten Netzwerk geschützter Gebiete.

Vogelschutzrichtlinie

Die Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) setzt Standards für Schutz, Management und Überwachung sämtlicher natürlich vorkommender Vogelarten in der Europäischen Union sowie für die Ausweisung von EU-Vogelschutzgebieten.

Umsetzung und Durchsetzung des Artenschutzrechts

Genehmigungen, Ausnahmen und Befreiungen

Artenschutzrechtliche Verbote gelten grundsätzlich ausnahmslos. Es bestehen jedoch Ausnahmeregelungen, sofern zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen und keine anderweitigen Lösungen möglich sind (§ 45 Abs. 7 BNatSchG). Die Entscheidung über Ausnahmegenehmigungen obliegt den Naturschutzbehörden. Typische Fallgruppen umfassen Infrastrukturmaßnahmen, Forschungsvorhaben oder Maßnahmen zur Erhaltung der betreffenden Art.

Kontrolle und Sanktionen

Die Einhaltung artenschutzrechtlicher Pflichten wird durch die Naturschutzbehörden kontrolliert. Verstöße gegen zentrale Vorschriften des Artenschutzrechts stellen ordnungswidrige Handlungen oder Straftaten dar (§§ 69-71 BNatSchG) und können mit Bußgeldern bis hin zu Freiheitsstrafen geahndet werden.

Bedeutung in Planungs- und Zulassungsverfahren

Im Rahmen von Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren (z. B. Bauvorhaben, Infrastrukturprojekte) ist die Einhaltung der Vorgaben des Artenschutzes regelmäßig zu prüfen. Bestehen artenschutzrechtliche Konflikte, sind Maßnahmen zur Vermeidung, Minimierung oder zum Ausgleich der Beeinträchtigungen vorzusehen.

Schutzkategorien und Listen im Artenschutz

Rote Liste der bedrohten Arten

Die „Rote Liste“ ist ein Verzeichnis, das den Gefährdungsstatus einzelner Arten auf nationaler und internationaler Ebene dokumentiert. Sie bildet eine fachliche Grundlage für die rechtliche Einstufung und Aufnahme von Arten in besondere Schutzregime.

Besondere und streng geschützte Arten

Im deutschen Recht wird zwischen besonders und streng geschützten Arten unterschieden. Die Listen hierzu finden sich in der Bundesartenschutzverordnung sowie im Anhang A und B der EG-Artenschutzverordnung.

Zusammenfassung

Artenschutz ist ein umfassender Rechtsbereich, der auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene durch weitreichende Verträge, Richtlinien und Gesetze umgesetzt wird. Er umfasst den Schutz und die nachhaltige Nutzung wildlebender Tier- und Pflanzenarten in ihrem natürlichen Lebensraum. Die gesetzlichen Vorgaben dienen dazu, die biologische Vielfalt zu erhalten, den Bestand gefährdeter Arten zu sichern und die Nutzung genetischer Ressourcen global gerecht zu regeln. Die Einhaltung artenschutzrechtlicher Vorgaben ist in zahlreichen Planungsprozessen obligatorisch und Verstöße können erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Durchsetzung von Artenschutzgesetzen in Deutschland zuständig?

Die Durchsetzung der Artenschutzgesetze in Deutschland obliegt verschiedenen Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene. Primär ist auf Bundesebene das Bundesamt für Naturschutz (BfN) für überwachende und koordinierende Aufgaben, insbesondere im Zusammenhang mit der Umsetzung internationaler Artenschutzabkommen wie dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES), zuständig. Auf Landesebene sind die jeweiligen Landesumweltämter und unteren Naturschutzbehörden zuständig. Ihre Aufgaben umfassen unter anderem die Kontrolle des Umgangs mit geschützten Arten, die Bearbeitung von Ausnahmegenehmigungen und die Überwachung von Handel, Einfuhr und Ausfuhr von geschützten Arten. Die Polizei und der Zoll übernehmen Vollzugsaufgaben, beispielsweise bei der Überwachung des internationalen Artenhandels. Im Falle von Verstößen können Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren eingeleitet werden, bei denen auch die Staatsanwaltschaften eingebunden sind. Die Koordination zwischen den Behörden erfolgt durch gesetzlich festgelegte Melde- und Berichtspflichten sowie regelmäßig stattfindende Behördenabstimmungen.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen den Artenschutz?

Verstöße gegen Artenschutzbestimmungen werden in Deutschland abhängig von der Schwere des Delikts als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sieht sowohl Bußgelder als auch Freiheits- oder Geldstrafen vor. Ordnungswidrigkeiten, z. B. unrechtmäßiges Fangen, Töten oder der Besitz geschützter Arten, können mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro belegt werden. Bei besonders schweren Verstößen, wie dem gewerbsmäßigen Handel oder wiederholten Verstößen, sind Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren möglich. Strafverschärfend wirkt sich insbesondere die Zugehörigkeit der betroffenen Art zu besonders oder streng geschützten Arten (nach Anhang A der EU-Verordnung oder dem Anhang I des CITES-Übereinkommens) aus. Die Strafverfolgungsbehörden können außerdem geschützte Tiere, Pflanzen oder daraus hergestellte Produkte einziehen und vernichten lassen.

Gibt es gesetzliche Ausnahmen vom Artenschutz und wie werden diese erteilt?

Ausnahmen vom Artenschutz sind gesetzlich streng reglementiert und im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sowie in einschlägigen EU-Verordnungen geregelt. Diese Ausnahmen können in bestimmten Fällen erteilt werden, beispielsweise zu wissenschaftlichen Zwecken, zur Wiedereinbürgerung bedrohter Arten oder wenn überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen. Die Genehmigung hierfür erfolgt in der Regel durch die zuständigen Naturschutzbehörden der Länder. Vor Erteilung der Ausnahme wird geprüft, ob Alternativen bestehen, die weniger eingriffsintensiv sind, und ob die Ausnahme mit dem Schutzziel vereinbar ist. Die Ausnahme ist grundsätzlich zu dokumentieren und mit konkreten Auflagen zu versehen, um negative Auswirkungen auf die Bestände möglichst gering zu halten. Im Europäischen Kontext sind zusätzlich die Bestimmungen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) zu beachten.

Welche Rolle spielt das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) im deutschen Recht?

Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) bildet die völkerrechtliche Grundlage für den internationalen Handel mit gefährdeten Tier- und Pflanzenarten. Deutschland hat das Übereinkommen ratifiziert und die Vorgaben in nationales Recht umgesetzt, u. a. durch das Bundesnaturschutzgesetz und die Bundesartenschutzverordnung. Dadurch sind CITES-Bestimmungen unmittelbar bindend. Für die Ein- und Ausfuhr geschützter Arten und ihrer Produkte sind gesonderte Genehmigungen und Bescheinigungen notwendig, die beim Bundesamt für Naturschutz beantragt werden. Die Kontrolle erfolgt bei der Grenze durch den Zoll. Die Missachtung von CITES-Vorschriften führt zu denselben empfindlichen Sanktionen wie nationale Verstöße. Darüber hinaus ist Deutschland verpflichtet, regelmäßig Berichte über den Vollzug und die Einhaltung der CITES-Regelungen an das CITES-Sekretariat der Vereinten Nationen zu übermitteln.

Welche Anforderungen gelten für die Haltung und Zucht geschützter Arten?

Wer in Deutschland besonders oder streng geschützte Arten halten oder züchten will, muss eine Vielzahl rechtlicher Anforderungen erfüllen. Zunächst bedarf es einer gesetzlichen Meldepflicht gegenüber der zuständigen Naturschutzbehörde. Für manche Arten ist zudem eine gesonderte Haltungsgenehmigung erforderlich, deren Erteilung an bestimmte Mindestanforderungen hinsichtlich artgerechter Unterbringung, Pflege und Schutz vor Entweichen geknüpft ist. Der Nachweis der rechtmäßigen Herkunft (z. B. durch Kaufbeleg, CITES-Bescheinigung) muss jederzeit erbracht werden können. Bei der Zucht ist sicherzustellen, dass die Tiere oder Pflanzen legal erworben und in geeigneter Weise nachgezogen wurden, ohne Naturbestände zu beeinträchtigen. Verstöße gegen diese Pflichten können zum Entzug der Haltungserlaubnis, zur Beschlagnahmung der Tiere oder Pflanzen sowie zu empfindlichen Bußgeldern führen.

Müssen Funde oder Beobachtungen von geschützten Arten gemeldet werden?

In vielen Fällen besteht eine gesetzliche Meldepflicht bei Funden oder Beobachtungen streng geschützter Arten. Diese Pflicht richtet sich in Deutschland insbesondere an Behörden, Wissenschaftler oder Personen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit (z. B. Bauvorhaben, Umweltprüfungen) auf entsprechende Tier- oder Pflanzenarten stoßen. Die Meldung erfolgt in der Regel an die zuständigen Naturschutzbehörden oder spezielle Artenschutzdatenbanken der Länder. Der Hintergrund der Meldepflicht ist die bessere Erfassung und Kontrolle der Vorkommen geschützter Arten zur Sicherstellung und Verbesserung des rechtlichen Schutzes. Privatpersonen sind zur Meldung nicht immer verpflichtet, können jedoch zur Förderung des Artenschutzes ebenfalls Meldungen vornehmen. Daten aus diesen Meldungen werden anonymisiert für Schutzkonzepte und Monitoring verwendet.

Wie wird rechtskonform mit Fundstücken geschützter Arten (z. B. Federn, Geweihen, Muschelschalen) umgegangen?

Der Besitz von Fundstücken streng oder besonders geschützter Arten, darunter Federn, Geweihe, Muschelschalen oder Teile geschützter Pflanzen, unterliegt in Deutschland strengen Regelungen. Grundsätzlich ist der Besitz nur erlaubt, wenn ein Nachweis über die rechtmäßige Herkunft erbracht werden kann und keine Aufnahmepflicht in die Besitz- oder Handelsverbote der einschlägigen Gesetze greift. Viele geschützte Arten unterliegen, selbst nach natürlichem Tod oder Ablösung im Lebensraum, einem Besitzverbot. Es empfiehlt sich, Funde unmittelbar der zuständigen Naturschutzbehörde anzuzeigen und nicht eigenmächtig zu entwenden oder zu verwerten. Die Behörde entscheidet im Einzelfall über einen möglichen Verbleib beim Finder, meist unter Auflagen. Bei Verstößen drohen Bußgelder oder gar strafrechtliche Konsequenzen.