Legal Lexikon

Arrestgericht


Definition und Begriffsentstehung des Arrestgerichts

Das Arrestgericht ist eine im deutschen Zivilprozessrecht verwendete Bezeichnung für dasjenige Gericht, das für den Erlass und die Entscheidung über Sicherungsmaßnahmen in Arrestverfahren zuständig ist. Arrestverfahren dienen der vorläufigen Sicherung von Geldforderungen oder Ansprüchen auf Herausgabe bestimmter Sachen durch den sogenannten Arrest (§§ 916 ff. Zivilprozessordnung – ZPO). Der Begriff „Arrestgericht“ beschreibt dabei nicht ein eigenständiges Gericht im institutionellen Sinne, sondern die funktionale Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts für Arrestsachen.

Rechtsgrundlagen für das Arrestgericht

Zivilprozessordnung (ZPO)

Die gesetzlichen Grundlagen für das Arrestverfahren und damit auch für das Arrestgericht finden sich in §§ 916 bis 934 ZPO. Diese Regelungen bestimmen sowohl die Voraussetzungen und den Ablauf eines Arrestverfahrens als auch die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Arrestgerichts.

Sachliche Zuständigkeit

Nach § 802 ZPO sowie § 23 Nr. 2 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) ist für Arrestsachen wie auch für einstweilige Verfügungen in der Regel das Amtsgericht zuständig, soweit die Parteien nicht in eine höhere Instanz verwiesen sind, etwa wegen des Werts der Hauptsache. In besonderen Fällen kann auch das Landgericht zuständig sein.

Örtliche Zuständigkeit

Die örtliche Zuständigkeit des Arrestgerichts richtet sich nach § 919 ZPO. Demnach ist im Allgemeinen entweder das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich der Gegner des Arrestantrags oder der Gegenstand des Arrestes befindet. Je nach Art des Arrests – mobiler oder Forderungsarrest – kann sich die Zuständigkeit unterschiedlich ergeben.

Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten

Das Arrestgericht ist primär dem Zivilrecht zuzuordnen, hat aber Berührungspunkte mit dem Vollstreckungsrecht, internationalem Recht und teilweise auch mit europarechtlichen Vorschriften, insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten.

Aufgaben und Befugnisse des Arrestgerichts

Das Arrestgericht nimmt im Arrestverfahren verschiedene zentrale Aufgaben wahr:

Entscheidung über den Arrestantrag

Das Gericht prüft die Zulässigkeit und Begründetheit des Arrestantrags. Hierbei wird insbesondere geprüft, ob ein Arrestanspruch und ein Arrestgrund vorliegen, wie es §§ 916, 917 ZPO fordern. Handelt es sich um einen Geldarrest oder einen dinglichen Arrest, werden unterschiedliche Voraussetzungen und Sicherungszwecke beachtet.

Anordnung und Ausgestaltung des Arrestes

Das Arrestgericht erlässt den Arrest entweder im Beschlussweg (§ 922 ZPO) oder in dringenden Fällen durch einstweilige Anordnung auch ohne vorherige Anhörung des Gegners (§ 926 ZPO). Es bestimmt Inhalt, Umfang sowie Sicherungsmittel und kann auch Auflagen erteilen.

Vollziehung und Aufhebung

Der vom Arrestgericht erlassene Arrest ist vom Antragsteller innerhalb einer bestimmten Frist zu vollziehen (§ 929 ZPO). Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Vollziehung des Arrestes sowie etwaiger Anträge auf Aufhebung, Änderung oder Umwandlung des Arrestes liegen ebenfalls in der Zuständigkeit des Arrestgerichts.

Entscheidung über Gegenanträge

Das Arrestgericht entscheidet auch über etwaige Widersprüche des Betroffenen und über Anträge auf Abwendung des Arrestes durch Sicherheitsleistung (§ 923 ZPO).

Zustellung, Rechtsmittel und Zuständigkeitswechsel

Zustellung des Arrestbeschlusses

Das Arrestgericht sorgt für die ordnungsgemäße Zustellung des Arrestbeschlusses an die Parteien, damit dieser wirksam werden und vollzogen werden kann.

Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Arrestgerichts

Gegen Beschlüsse des Arrestgerichts können je nach Fallkonstellation Rechtsmittel, insbesondere die sofortige Beschwerde (§ 924 ZPO), eingelegt werden. Zuständig für die Entscheidung über das Rechtsmittel ist das nächsthöhere Gericht.

Zuständigkeitswechsel

Mitunter kann nach Durchführung eines Arrestverfahrens ein Zuständigkeitswechsel erforderlich werden, etwa wenn die Hauptsacheklage zu einem anderen Gericht gehört (§ 942 ZPO). Auch insoweit gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung.

Arten von Arresten

Sicherungsarrest

Der Sicherungsarrest dient der Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. Das Arrestgericht entscheidet hierbei, ob ein hinreichender Grund für die richterliche Anordnung vorliegt, dass das Vermögen des Schuldners beschlagnahmt wird.

Dinglicher Arrest

Der dingliche Arrest wird angeordnet, um Ansprüche auf Herausgabe bestimmter Sachen zu sichern. Auch hierbei ist das Arrestgericht für die Entscheidung über Form und Umfang der Maßnahmen zuständig.

Arrestgericht im internationalen Kontext

Bei grenzüberschreitenden Arrestverfahren, etwa bei Beklagten mit Wohnsitz im Ausland oder Gegenständen in anderen Ländern, orientiert sich die Zuständigkeit des Arrestgerichts an den internationalen Zuständigkeitsvorschriften, wie etwa der Brüssel Ia-Verordnung oder nationalen Vorschriften über die internationale Rechtshilfe.

Besonderheiten und Rechtsschutzmöglichkeiten

Mündliche Verhandlung und Eilbedürftigkeit

Das Arrestgericht kann nach pflichtgemäßem Ermessen eine mündliche Verhandlung anordnen (§ 922 Abs. 1 ZPO). In dringenden Fällen kann jedoch der Arrest auch ohne Anhörung der Gegenseite erlassen werden.

Schadensersatzpflicht bei unberechtigtem Arrest

Wird ein zu Unrecht erlassener Arrest durch das Arrestgericht angeordnet und erweist sich nachträglich als ungerechtfertigt, so haftet der Antragsteller nach § 945 ZPO gegebenenfalls zum Ersatz des durch die Maßnahme entstandenen Schadens.

Literatur und weiterführende Hinweise

Als weiterführende Literaturquellen bieten sich an:

  • Kommentare zur Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere zu den §§ 916 ff. (z.B. Zöller, Musielak/Voit)
  • einschlägige Fachliteratur zum vorläufigen Rechtsschutz
  • aktuelle Rechtsprechung der Obergerichte

Zusammenfassung

Das Arrestgericht ist ein zentrales Organ im Rahmen des deutschen Zivilprozessrechts, das für die Anordnung, Ausgestaltung, Kontrolle und Aufhebung von Arrestmaßnahmen zur Sicherung von im Prozess geltend gemachten Ansprüchen zuständig ist. Seine Aufgaben erstrecken sich von der Prüfung der Rechtsgrundlagen bis hin zur Entscheidung über Rechtsmittel und besonderen Verfahrensfragen, wobei stets die Wahrung der Interessen aller Verfahrensbeteiligten zu gewährleisten ist. Die genaue Kenntnis der Zuständigkeitsregeln, Verfahrensvorschriften und Rechtsschutzmöglichkeiten ist für eine erfolgreiche Arrestdurchsetzung und die Wahrung rechtlicher Sicherheit von entscheidender Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist für die Anordnung des Arrests zuständig?

Die Zuständigkeit für die Anordnung eines Arrests liegt gemäß den §§ 919 Absatz 1, 802 ZPO grundsätzlich beim Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der gewöhnliche Aufenthaltsort des Antragsgegners befindet. Alternativ kann ein Antrag auch beim Gericht der Hauptsache gestellt werden, sofern ein entsprechendes Verfahren bereits anhängig ist. In dringenden Fällen ist zudem das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich das zu arretierende Vermögen oder Gegenstand befindet. Für bestimmte Arrestgegenstände wie Bankguthaben kann auch das Gericht zuständig sein, an dem die betreffende Bank ihren Sitz oder eine Niederlassung hat. Es ist zu beachten, dass der zuständige Richter in einem summarischen Verfahren vorläufig über den Antrag entscheidet, wobei der Anspruchsteller vor allem die Dringlichkeit des Arrestes darlegen und glaubhaft machen muss.

Wie wird das Arrestverfahren eingeleitet und wie läuft es ab?

Das Arrestverfahren wird grundsätzlich durch einen schriftlichen Antrag eingeleitet, der die Anspruchsbegründung, den Arrestanspruch sowie den Arrestgrund und die Darlegung der Dringlichkeit enthalten muss (§ 920 Abs. 2 ZPO). In eiligen Fällen ist auch eine mündliche Antragstellung möglich. Der Antragsteller muss seine Ansprüche sowie die zu sichernde Forderung und die Voraussetzungen für die Anordnung eines Arrestes substantiiert glaubhaft machen, beispielsweise durch eidesstattliche Versicherungen oder sonstige Belege und Dokumente. Im weiteren Verlauf prüft das Gericht in einem summarischen Prüfungsverfahren, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Arrests vorliegen. Ein mündliches Verhandlungsverfahren ist nicht zwingend, aber möglich, insbesondere wenn der Antragsgegner angehört werden soll. Nach erfolgreichem Antrag erlässt das Gericht einen Arrestbefehl, der sofort vollziehbar ist, gegebenenfalls sogar ohne vorherige Anhörung des Gegners (ex-parte).

Welche Sicherungsmöglichkeiten bietet das Arrestgericht?

Das Arrestgericht verfügt über verschiedene Möglichkeiten zur Sicherung der Ansprüche des Gläubigers. Hierzu gehört insbesondere der dingliche Arrest, der darauf abzielt, das Vermögen des Schuldners zu beschlagnahmen und so für eine spätere Vollstreckung zu sichern (§ 930 ZPO). Dies kann sowohl bewegliche Sachen, Immobilien als auch Rechte und Forderungen betreffen. Der persönliche Arrest, der mit der Festsetzung von Haft zur Sicherung eines Anspruchs verbunden ist, ist demgegenüber äußerst selten und in Deutschland nahezu bedeutungslos. Das Gericht kann zudem Auflagen erteilen, etwa die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung durch den Antragsteller, um den Antragsgegner vor unberechtigten Nachteilen zu schützen (§ 921 Satz 2 ZPO). Darüber hinaus bestimmt das Gericht die Art der Vollziehung des Arrests, die regelmäßig durch den Gerichtsvollzieher durchgeführt wird.

Besteht ein Rechtsschutz gegen die Anordnung des Arrestes?

Dem Antragsgegner stehen verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung, um sich gegen einen Arrestbefehl zur Wehr zu setzen. Zunächst kann er nach Zustellung des Arrestbefehls Widerspruch beim zuständigen Gericht einlegen (§ 924 ZPO), woraufhin eine mündliche Verhandlung stattfindet. Dabei werden sowohl die Voraussetzungen für den Arrest als auch neue Tatsachen geprüft, wobei der summarische Charakter des Verfahrens erhalten bleibt. Der Arrestbefehl kann ganz oder teilweise aufgehoben oder abgeändert werden. Zusätzlich kann der Arrestgegner beim Beschwerdegericht eine sofortige Beschwerde einlegen (§ 793 ZPO), sofern der Arrestbefehl ohne mündliche Verhandlung erlassen wurde. Ferner kann er im Rahmen des Widerspruchs eine Sicherheitsleistung zur Abwendung des Arrestes anbieten, sodass die Vollziehung ausgesetzt wird.

Welche Fristen sind im Arrestverfahren zu beachten?

Im Arrestverfahren gelten spezifische Fristen, die sowohl für den Antragsteller als auch für den Antragsgegner relevant sind. Nach Erlass des Arrestbefehls muss dieser gemäß § 929 Abs. 2 ZPO innerhalb eines Monats vollzogen werden, andernfalls verliert er seine Wirksamkeit. Der Arrestvollzug erfolgt üblicherweise durch den Gerichtsvollzieher. Für den Antragsgegner besteht keine besondere Frist zur Einlegung des Widerspruchs, jedoch sollte dieser „unverzüglich“ nach Kenntnisnahme des Arrestes erfolgen, um nachteilige Folgen zu vermeiden. Darüber hinaus muss der Arrestgläubiger innerhalb einer bestimmten Frist die Hauptsacheklage erheben, wenn dies im Arrestbefehl angeordnet wurde (§ 926 ZPO), sonst kann der Arrest aufgehoben werden.

Welche Rolle spielt die Glaubhaftmachung im Arrestverfahren?

Im Arrestverfahren ist die Glaubhaftmachung ein zentrales Erfordernis, das sich aus dem summarischen Charakter des Verfahrens ergibt. Der Antragsteller muss sowohl den behaupteten Anspruch (Arrestanspruch) als auch das Bedürfnis nach Sicherung (Arrestgrund) nach Maßgabe des § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft machen. Dies bedeutet, dass keine vollständige Beweisführung notwendig ist, sondern dass es ausreicht, überwiegende Wahrscheinlichkeit anhand von geeigneten Beweismitteln, wie etwa eidesstattlichen Versicherungen, Urkunden oder Zeugenbestätigungen, darzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung sind dabei niedriger als im Hauptsacheverfahren, was der Eilbedürftigkeit des Arrestverfahrens geschuldet ist. Gleichzeitig ist das Gericht verpflichtet, die Vorlage der Unterlagen zu prüfen und können im Einzelfall ergänzende Nachweise anfordern.

Wie ist das Verhältnis des Arrestgerichtes zum Hauptsachegericht?

Das Arrestgericht ist ausschließlich für die Anordnung und Prüfung der Voraussetzungen eines Arrestes im Rahmen des Eilverfahrens zuständig. Es entscheidet nicht über den verfolgten materiell-rechtlichen Anspruch in der Hauptsache, sondern trifft lediglich eine vorläufige Regelung zur Sicherung. In der Praxis ist das Arrestgericht jedoch häufig auch das Hauptsachegericht, etwa wenn beim zuständigen Gericht bereits eine Klage anhängig ist oder der Antragsteller diese parallel zur Arrestanordnung einreicht. Die Anordnung des Arrestes durch das Arrestgericht hat keinerlei Präjudizwirkung für das Hauptsacheverfahren, das vollständig unabhängig geführt wird. Das Hauptsachegericht ist nicht an die rechtliche Bewertung des Arrestgerichts gebunden, sondern prüft den Sachverhalt umfassend und endgültig.