Legal Lexikon

Arrestatorium

Begriff und rechtliche Einordnung des Arrestatoriums

Als Arrestatorium wird die rechtliche Anordnung im Rahmen einer Forderungspfändung bezeichnet, die sich an den sogenannten Drittschuldner richtet. Der Drittschuldner ist die Person oder Stelle, die dem eigentlichen Schuldner eine Leistung schuldet, etwa eine Bank bei einem Guthaben oder ein Arbeitgeber beim Arbeitslohn. Das Arrestatorium untersagt dem Drittschuldner, an den Schuldner zu zahlen oder auf andere Weise über die gepfändete Forderung zu verfügen. Dadurch wird die Forderung des Schuldners bis zur weiteren Entscheidung „eingefroren“ und für den Zugriff des betreibenden Gläubigers gesichert.

Das Arrestatorium ist Teil des hoheitlichen Vollstreckungsakts bei der Pfändung von Forderungen. Es wirkt zusammen mit dem Inhibitorium, das sich an den Schuldner richtet und diesem Verfügungen über die gepfändete Forderung untersagt. Beide Anordnungen bezwecken die Sicherung und spätere Verwertung der Forderung zugunsten des Gläubigers. Das Arrestatorium ist von einem eigenständigen Sicherungsarrest zu unterscheiden, der als vorläufige Sicherungsmaßnahme Vermögenswerte allgemein sichern kann; das Arrestatorium ist demgegenüber die konkrete Zahlungsverfügungssperre gegenüber dem Drittschuldner in der Forderungspfändung.

Funktionsweise im Ablauf der Forderungspfändung

Beteiligte Personen und Rollen

– Gläubiger: betreibt die Zwangsvollstreckung in eine Forderung des Schuldners.
– Schuldner: hat eine Forderung gegen einen Dritten (z. B. Lohnanspruch, Kontoguthaben).
– Drittschuldner: schuldet dem Schuldner die Leistung (z. B. Arbeitgeber, Bank, Mieter des Schuldners).

Entstehung des Arrestatoriums

Das Arrestatorium entsteht mit Erlass und Zustellung des Pfändungsakts an den Drittschuldner. Ab Zugang dieser Anordnung ist dem Drittschuldner die Zahlung an den Schuldner untersagt. In bestimmten Konstellationen kann bereits vor Erlass des eigentlichen Pfändungsbeschlusses eine Vorpfändung veranlasst werden. Sie enthält eine vorläufige Zahlungs- und Verfügungsbeschränkung mit zeitlich begrenzter Bindungswirkung, die durch den nachfolgenden Pfändungsbeschluss gesichert werden muss.

Wirkungen gegenüber dem Drittschuldner

Mit Wirksamwerden des Arrestatoriums darf der Drittschuldner nicht mehr an den Schuldner leisten. Er erhält ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Schuldner und muss die Forderung für die spätere Verwertung bereithalten. Zahlungen oder sonstige Verfügungen entgegen der Anordnung sind rechtlich unwirksam gegenüber dem Gläubiger und können Haftungsfolgen auslösen.

Wirkungen gegenüber dem Schuldner

Das Arrestatorium richtet sich zwar an den Drittschuldner, wirkt aber faktisch auch gegenüber dem Schuldner, weil dessen Zugriff auf die Forderung blockiert ist. Parallel verbietet das Inhibitorium dem Schuldner eigene Verfügungen über die gepfändete Forderung (z. B. Abtretungen). Zusammen verhindern beide Anordnungen eine Vermögensverschiebung zum Nachteil der Gläubigerbefriedigung.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Haftungsrisiken des Drittschuldners

Leistet der Drittschuldner trotz Arrestatorium an den Schuldner, kann er dem Gläubiger gegenüber so behandelt werden, als hätte er die pfändbare Leistung noch inne. In der Folge kann er bis zur Höhe des pfändbaren Betrags in Anspruch genommen werden. Der Drittschuldner trägt damit das Risiko, bei Missachtung der Anordnung doppelt zu zahlen.

Erfüllungswirkung und Verzug

Eine Zahlung an den Schuldner nach Wirksamwerden des Arrestatoriums hat keine schuldbefreiende Wirkung mehr. Der Drittschuldner darf und muss die Leistung zurückhalten, bis eine klare Weisung zur Auszahlung an den Gläubiger oder eine anderweitige Klärung vorliegt. Ein Verzug gegenüber dem Schuldner tritt wegen der Leistungsverweigerungsbefugnis grundsätzlich nicht ein.

Dauerschuldverhältnisse und periodische Leistungen

Bei laufenden Zahlungen, etwa Arbeitslohn oder Mieten, erfasst das Arrestatorium regelmäßig die künftigen, fällig werdenden Beträge im Rahmen des Pfändungsumfangs. Bei Arbeitsentgelt sind gesetzliche Pfändungsgrenzen zu beachten. Bei Bankguthaben wirkt das Arrestatorium als Auszahlungssperre; besondere Schutzmechanismen, wie Freibeträge bei Kontopfändungen, bleiben unberührt.

Abgrenzungen und verwandte Begriffe

Arrestatorium vs. Inhibitorium

Arrestatorium: Zahlungsverbot an den Drittschuldner. Inhibitorium: Verfügungsverbot an den Schuldner. Beide wirken zusammen, um die Forderung zugriffsfest zu machen.

Arrestatorium vs. Sicherungsarrest

Der Sicherungsarrest ist eine eigenständige vorläufige Maßnahme zur Sicherung von Vermögenswerten. Das Arrestatorium ist demgegenüber Bestandteil der Forderungspfändung und konkretisiert das Zahlungsverbot gegenüber dem Drittschuldner.

Arrestatorium in der Vorpfändung

Die Vorpfändung ermöglicht eine vorläufige Sicherung durch Mitteilung an den Drittschuldner und den Schuldner. Sie bewirkt eine zeitlich befristete Sperre, die die spätere Pfändung vorbereitet. Das endgültige Arrestatorium entsteht mit dem nachfolgenden Pfändungsakt.

Dauer, Aufhebung und Rangfragen

Beginn und Ende der Bindung

Die Bindungswirkung beginnt mit Zustellung an den Drittschuldner. Sie endet durch Aufhebung, Erledigung der Pfändung, vollständige Befriedigung des Gläubigers oder durch Wegfall der Forderung. Bei Vorpfändungen endet die vorläufige Sperre, wenn nicht rechtzeitig ein vollwertiger Pfändungsakt nachfolgt.

Rang bei mehreren Pfändungen

Pfändungen derselben Forderung können nacheinander eintreffen. Der Rang bestimmt sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der wirksamen Bindung beim Drittschuldner. Der Rang ist maßgeblich dafür, in welcher Reihenfolge Gläubiger aus der Forderung befriedigt werden.

Aufhebung, Erledigung und Änderungen

Das Arrestatorium entfällt, wenn die Pfändung aufgehoben wird, die Forderung nicht (mehr) besteht, ein Freigabebeschluss ergeht oder die Vollstreckung insgesamt endet. Änderungen, etwa der Umfang pfändbarer Beträge, können sich aus späteren Entscheidungen oder geänderten tatsächlichen Grundlagen ergeben.

Praktische Ausprägungen

Kontopfändung

Bei einer Kontopfändung untersagt das Arrestatorium der Bank, Auszahlungen an den Schuldner vorzunehmen. Das Guthaben wird blockiert, soweit es vom Pfändungsakt erfasst ist. Schutzmechanismen wie pfändungsfreie Beträge wirken daneben.

Lohnpfändung

Beim Arbeitsentgelt richtet sich das Arrestatorium an den Arbeitgeber. Er darf den pfändbaren Teil des Lohns nicht mehr an den Arbeitnehmer auszahlen. Unpfändbare Bestandteile bleiben ausgenommen. Der Arbeitgeber hält die Beträge zur späteren Auskehr bereit.

Sonstige Forderungen

Auch andere Forderungen, etwa Mietforderungen des Schuldners gegen Dritte, Ansprüche auf Auskehr von Kautionen oder Auszahlungsansprüche aus Versicherungen, können erfasst sein. Das Arrestatorium wirkt jeweils als Zahlungsverbot an den leistungspflichtigen Dritten.

Dokumente und Mitwirkungspflichten

Drittschuldnererklärung

Nach Zugang einer Pfändung hat der Drittschuldner in der Regel Auskunft zu geben, ob und in welcher Höhe eine Forderung besteht, ob Einwendungen oder Ansprüche Dritter entgegenstehen und ob weitere Pfändungen vorliegen. Diese Erklärung dient der Klärung, in welchem Umfang eine Verwertung möglich ist.

Informations- und Schweigepflichten

Der Drittschuldner hat sachlich richtige Angaben zu machen und die gepfändete Forderung zu sichern. Gleichzeitig ist zu beachten, dass nur die zur Durchführung der Pfändung erforderlichen Informationen weitergegeben werden. Gegenüber dem Schuldner kann er sich auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet Arrestatorium in einfachen Worten?

Das Arrestatorium ist ein behördlich angeordnetes Zahlungsverbot an den Drittschuldner. Es verpflichtet den leistungspflichtigen Dritten, nicht mehr an den Schuldner zu zahlen, damit der Gläubiger auf die Forderung zugreifen kann.

Wen bindet das Arrestatorium?

Es bindet den Drittschuldner, also denjenigen, der dem Schuldner eine Leistung schuldet. Indirekt wirkt es auch gegenüber dem Schuldner, weil dessen Zugriff auf die Forderung gesperrt ist.

Ab wann wirkt das Arrestatorium?

Die Wirkung beginnt mit der Zustellung der Anordnung an den Drittschuldner. Ab diesem Zeitpunkt darf er nicht mehr an den Schuldner leisten.

Was passiert bei einer Zahlung trotz Arrestatorium?

Eine Zahlung an den Schuldner ist gegenüber dem Gläubiger unwirksam. Der Drittschuldner kann bis zur Höhe des pfändbaren Betrags so behandelt werden, als hätte er nicht gezahlt, und dadurch finanziell in Anspruch genommen werden.

Gilt das Arrestatorium auch für laufende Zahlungen wie Lohn oder Miete?

Ja. Bei periodischen Leistungen erfasst das Arrestatorium regelmäßig die künftig fällig werdenden Beträge im pfändbaren Umfang. Schutzgrenzen, etwa beim Arbeitsentgelt, bleiben bestehen.

Wie verhält es sich bei mehreren Pfändungen derselben Forderung?

Trifft mehr als eine Pfändung ein, richtet sich die Reihenfolge der Befriedigung nach dem Rang, der grundsätzlich vom Zeitpunkt der Bindung beim Drittschuldner abhängt.

Wie endet die Wirkung des Arrestatoriums?

Die Wirkung endet insbesondere durch Aufhebung oder Erledigung der Pfändung, durch vollständige Befriedigung des Gläubigers oder wenn die gepfändete Forderung nicht mehr besteht.

Ist ein Arrestatorium dasselbe wie ein Sicherungsarrest?

Nein. Der Sicherungsarrest ist eine allgemeine vorläufige Sicherungsmaßnahme. Das Arrestatorium ist die konkrete Zahlungsverfügungssperre im Rahmen einer Forderungspfändung gegenüber dem Drittschuldner.