Legal Lexikon

Arrest


Begriff und Rechtsnatur des Arrests

Der Arrest ist ein Rechtsbegriff aus dem Zivilprozessrecht und Strafprozessrecht, welcher die gerichtliche Anordnung einer Sicherungsmaßnahme zur vorläufigen Sicherung von Geldforderungen oder bestimmten beweglichen Sachen bezeichnet. Arrest dient im Wesentlichen der Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs, insbesondere dann, wenn die spätere Zwangsvollstreckung ohne Sicherungsmaßnahme gefährdet wäre. In Deutschland und Österreich stellt der Arrest ein eigenständiges Sicherungsverfahren mit spezifischer rechtlicher Struktur dar.

Arrest im deutschen Recht

Zivilprozessualer Arrest

Zweck und Arten des Arrests

Im deutschen Zivilprozessrecht ist der Arrest hauptsächlich in §§ 916 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es handelt sich um eine Form des einstweiligen Rechtsschutzes und dient dazu, die künftige Durchsetzung eines privaten Anspruchs abzusichern. Hierbei werden zwei Hauptarten unterschieden:

  • Sicherungsarrest: Sicherung einer Geldforderung, um zu verhindern, dass der Schuldner Vermögen beiseiteschafft und damit eine spätere Vollstreckung verhindert wird.
  • Arrest zur Sicherung eines Anspruchs auf Herausgabe einer beweglichen Sache oder eines bestimmten Gegenstands: Sichert den Anspruch des Gläubigers auf Herausgabe oder Leistung eines bestimmten Gegenstands.

Voraussetzungen des Arrests

Gemäß § 916 ZPO sind zwei zentrale Voraussetzungen zu prüfen:

  1. Arrestanspruch: Glaubhaftmachung eines materiell-rechtlichen Anspruchs durch den Antragsteller.
  2. Arrestgrund: Gefahr, dass ohne die sofortige Anordnung des Arrests die Forderung durch den Schuldner vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

Es muss keine endgültige Überzeugung des Gerichts bestehen; vielmehr genügt die Glaubhaftmachung durch Urkunden, eidesstattliche Versicherungen oder andere Beweismittel.

Verfahren und Durchführung

Der Arrest wird auf Antrag vom zuständigen Gericht angeordnet. Er kann vor oder während eines Hauptprozesses beantragt werden. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung („in camera“) ergehen, insbesondere bei Eilbedürftigkeit. Das Gericht erlässt dann einen Arrestbefehl, der die Anordnung und Art der Sicherungsmaßnahme konkretisiert.

Die Vollziehung erfolgt meist durch Pfändung beweglichen Vermögens oder durch Verfügungsverbote hinsichtlich bestimmter Gegenstände bzw. Forderungen. Der Antragsteller muss den Arrest binnen eines Monats (ab Verkündung oder Zustellung des Arrestbefehls) vollziehen; andernfalls verliert die Maßnahme ihre Wirksamkeit (§ 929 ZPO).

Rechtsmittel und Schutz des Antragsgegners

Gegen den Arrestbefehl steht dem Betroffenen die sofortige Beschwerde zu (§ 793 ZPO). Zudem kann der Schuldner eine Aufhebung oder Abänderung des Arrestes beantragen, insbesondere wenn sich die Voraussetzungen nachträglich ändern.

Das Gericht kann die Anordnung des Arrests von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, um Schäden beim Gegner im Falle unberechtigter Anordnung ausgleichen zu können.

Arrest im Strafprozessrecht

Im Strafprozessrecht bezeichnet der Arrest eine Form der vorläufigen Sicherung von Vermögenswerten (§§ 111b ff. StPO). Ziel ist es, die spätere Einziehung von Gegenständen, Vermögenswerten oder Geldbeträgen zu sichern, die mutmaßlich aus einer Straftat stammen oder zur Begehung einer Straftat verwendet werden sollten.

Die Maßnahme kann sowohl gegen den Beschuldigten als auch gegen Dritte ergehen, und umfasst die Sicherstellung, Pfändung oder Eintragung im Grundbuch. Sie wird insbesondere bei Vermögensabschöpfung und zur Absicherung eventueller Geldstrafen oder Wertersatzforderungen eingesetzt.

Arrest im internationalen und europäischen Recht

Europäischer Arrestbefehl

Der Begriff Arrest findet im europäischen Rechtsraum im Rahmen des Europäischen Haftbefehls Anwendung. Obwohl hier primär die Freiheitsentziehung (Haft) im Vordergrund steht, existieren vergleichbare Sicherungsmechanismen zur Sicherung von Vermögensabschöpfung, etwa im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 zur Einführung eines Europäischen Kontenpfändungsbeschlusses.

Arrest im österreichischen Recht

In Österreich ist das Arrestverfahren ähnlich wie in Deutschland ausgestaltet und in den §§ 378 ff. Exekutionsordnung (EO) geregelt. Es dient ebenfalls der Sicherung von Geldforderungen und bestimmten Ansprüchen durch gerichtliche Anordnung, bevor ein Urteil in der Hauptsache ergeht beziehungsweise vollstreckt werden kann.

Arrest in der Schweiz

Auch das Schweizer Recht kennt mit dem Arrest (Art. 271 ff. SchKG) eine institutive Maßnahme der Sicherung von Geldforderungen, insbesondere gegen Schuldner im Ausland, mit teils abweichender Verfahrensweise und Bedeutung für grenzüberschreitende Sachverhalte.

Abgrenzung zu verwandten Sicherungsmaßnahmen

Der Arrest ist in erster Linie auf Geldforderungen bzw. bestimmte Herausgabeansprüche beschränkt. Im Gegensatz dazu sichern einstweilige Verfügungen im Zivilprozessrecht in der Regel andere Ansprüche, beispielsweise auf Unterlassung oder Vornahme einer Handlung. Die Pfändung im Mahnverfahren oder die Sicherstellung bei Gefahr im Verzug stellen weitere verwandte, jedoch teils abweichende Instrumente dar.

Bedeutung und praktische Anwendung

Der Arrest ist ein zentrales Instrument zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken bei drohender Verschiebung oder Vernichtung von Vermögenswerten. Er bietet Anspruchsberechtigten eine Möglichkeit, ihre Rechte im Vorfeld eines Hauptverfahrens wirksam zu sichern. Wegen seines eingriffsintensiven Charakters sind die gesetzlichen Voraussetzungen eng auszulegen, und Gerichte prüfen Anträge stets mit besonderer Sorgfalt.

Rechtsfolgen und Beendigung des Arrests

Der Arrest bleibt bis zur Aufhebung durch das Gericht, Erledigung des Hauptanspruchs oder Zeitablauf (bei fehlender Vollziehung) bestehen. Bei endgültiger Abweisung des gesicherten Anspruchs ist der Arrest aufzuheben. Im Falle missbräuchlicher Vollziehung steht dem zu Unrecht in Anspruch genommenen Gegner ein Schadenersatzanspruch gegen den Antragssteller zu.


Literaturhinweis:

  • Zöller, ZPO, aktuelle Auflage, § 916 ZPO
  • MüKo, ZPO, §§ 916 ff.
  • Stein/Jonas, ZPO, Arrest und einstweilige Verfügung

Weiterführende Quellen:

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für den Erlass eines Arrests vorliegen?

Für den Erlass eines Arrests nach deutschem Recht müssen grundsätzlich zwei zentrale Voraussetzungen vorliegen: der sogenannte Arrestanspruch und der Arrestgrund. Der Arrestanspruch ist der geltend gemachte Anspruch, für dessen Sicherung der Arrest beantragt wird, etwa ein Zahlungsanspruch. Der Arrestgrund hingegen umfasst die Notwendigkeit der Sicherung, also die begründete Besorgnis, dass ohne den Arrest die Vollstreckung des gerichtlichen Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 917 Abs. 2, § 936 ZPO). Hierzu muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass beispielsweise Vermögensverschiebungen, Zahlungsverweigerung oder Verschleierungen durch den Antragsgegner drohen. Die Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel durch Vorlage von Urkunden, Eidesstattlichen Versicherungen oder Zeugen. Liegen beide Voraussetzungen vor, kann das Gericht den Arrest im Rahmen einer summarischen Prüfung anordnen.

Welche Arten des Arrests gibt es im deutschen Rechtssystem?

Das deutsche Recht unterscheidet prinzipiell zwischen dem dinglichen und dem persönlichen Arrest (§ 916 ff. ZPO). Beim dinglichen Arrest wird das gesamte Vermögen oder bestimmte Vermögensgegenstände des Antragsgegners zur Sicherung des Anspruchs „arrestiert“, also beispielsweise Konten gepfändet oder Grundstücke mit einer Sicherungshypothek belastet. Ziel ist es, Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern und so eine spätere Zwangsvollstreckung zu ermöglichen. Der persönliche Arrest hingegen richtet sich auf die Beschränkung der persönlichen Freiheit des Schuldners, ist aber seit Inkrafttreten des Grundgesetzes nur noch sehr eingeschränkt möglich und in der Praxis selten. Er kommt meist nur noch in speziellen Konstellationen wie im Bereich des Unterhaltsrechts zur Anwendung.

Wie lange gilt ein Arrest und wie kann er aufgehoben werden?

Ein Arrest bleibt grundsätzlich so lange bestehen, bis entweder der zugrunde liegende Sicherungszweck entfällt, der Arrest durch eine rechtskräftige Entscheidung aufgehoben wird, oder das Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist. Der Arrest ist von vorläufiger Natur; wird die ihm zugrundeliegende Forderung im Hauptsacheverfahren nicht bestätigt, kann der Betroffene die Aufhebung des Arrests bei Gericht beantragen (§ 926 ZPO). Auf Antrag des Schuldners ist auch eine Hinterlegung oder Sicherheitsleistung möglich, die den Arrestzweck erfüllt und so zur Aufhebung des Arrestes führen kann (§ 923 ZPO). Zudem besteht mit § 942 ZPO ein sofortiges Rechtsmittel gegen den Arrestbeschluss, sodass eine Überprüfung durch das Beschwerdegericht möglich ist.

Welche Risiken bestehen für den Antragsteller eines Arrests?

Der Antragsteller eines Arrests trägt das Risiko, dass sich der Arrest im Nachhinein als unberechtigt herausstellt. In diesem Fall ist er nach § 945 ZPO verpflichtet, dem Arrestgegner jeden aus der Vollziehung des Arrests entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt unabhängig von einem Verschulden des Antragstellers, sodass schon eine objektiv unberechtigte Sicherungsmaßnahme zu einer Schadensersatzpflicht führen kann. Die Haftung umfasst auch Schäden, die durch Wertverluste, Geschäftsbehinderungen oder Imageschäden beim Arrestgegner entstehen. Deshalb ist Sorgfalt bei der Antragstellung sowie eine genaue Prüfung der Arrestvoraussetzungen für den Antragsteller essenziell.

Wie läuft das Arrestverfahren ab?

Das Arrestverfahren ist grundsätzlich als einstweiliges Rechtsschutzverfahren ausgestaltet und zeichnet sich durch besondere Eilbedürftigkeit aus. Der Antrag auf Erlass eines Arrests kann sowohl schriftlich als auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden (§ 922 ZPO). Das Gericht prüft im Wege einer summarischen, also vorläufigen, Würdigung der Sach- und Rechtslage, ob die Voraussetzungen des Arrests glaubhaft gemacht wurden. Die Entscheidung kann ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners im Wege einer sogenannten „Arrestordnung ohne mündliche Verhandlung“ erfolgen, um den Überraschungseffekt zu wahren (§ 922 Abs. 1 S. 1 ZPO). Nach der Anordnung ist dem Antragsgegner der Arrestbeschluss zuzustellen; anschließend muss der Arrest zügig – meist binnen eines Monats – vollzogen werden (§ 929 Abs. 2 ZPO).

Wie unterscheidet sich der Arrest von anderen Sicherungsmaßnahmen, insbesondere der einstweiligen Verfügung?

Der Arrest dient primär der Sicherung von Vermögensansprüchen, insbesondere Geldforderungen, während die einstweilige Verfügung vor allem auf die Sicherung von Ansprüchen gerichtet ist, die keine Geldforderungen betreffen – etwa Unterlassungs-, Herausgabe- oder Handlungsansprüche (§ 935 ff. ZPO). Formal ähneln sich beide Instrumente in Bezug auf Eilbedürftigkeit, summarische Prüfung und Rechtsmittelfähigkeit. Im Unterschied zur einstweiligen Verfügung erfordert der Arrest jedoch regelmäßig keinen Verfügungsanspruch, sondern einen Arrestanspruch sowie den konkreten Arrestgrund. Zudem lassen sich mit dem Arrest Vermögenswerte umfassender sichern, was gerade bei drohender Vermögensverschiebung von entscheidender Bedeutung ist.

Welche Kosten fallen im Zusammenhang mit dem Arrest an?

Die Kosten eines Arrestverfahrens setzen sich aus den Gerichtsgebühren, den Auslagen sowie den Anwaltskosten zusammen. In der Regel werden die Gerichtsgebühren nach dem Wert des Arrestanspruchs auf Grundlage des Gerichtskostengesetzes (GKG) berechnet. Hinzu kommen die Kosten für die Vollziehung des Arrests, beispielsweise durch den Gerichtsvollzieher, sowie etwaige Sicherheiten, die hinterlegt werden müssen (z.B. Prozessbürgschaft). Im Fall einer unberechtigten Arrestanordnung können dem Antragsteller zudem erhebliche weitere Kosten durch Schadensersatzforderungen entstehen. Bei erfolgreichem Arrest trägt grundsätzlich der Verurteilte die Kosten des Verfahrens, wobei gerichtliche Entscheidungen hierzu im Rahmen der Kostenfestsetzung erfolgen (§ 91 ZPO).