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Arbeitnehmerkündigung


Begriff und rechtliche Einordnung der Arbeitnehmerkündigung

Die Arbeitnehmerkündigung ist die einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung eines Arbeitnehmers, das bestehende Arbeitsverhältnis, also das Schuldverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, zu beenden. Das Kündigungsrecht steht dabei dem Arbeitnehmer unabhängig davon zu, ob Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder individuelle Arbeitsverträge besondere Regelungen zur Kündigung enthalten. Die Arbeitnehmerkündigung stellt einen zentralen Mechanismus im deutschen Arbeitsrecht dar und unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der Arbeitgeberkündigung, etwa hinsichtlich der Einhaltung besonderer Form- oder Begründungserfordernisse.

Gesetzliche Grundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Die maßgeblichen Vorschriften für Arbeitnehmerkündigungen finden sich vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch, namentlich in den §§ 620 ff. BGB. Nach § 623 BGB bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Schriftform. Eine mündliche oder elektronische Kündigung ist demnach unwirksam.

Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Das Kündigungsschutzgesetz regelt im Wesentlichen den Schutz vor Kündigungen durch den Arbeitgeber. Für die Arbeitnehmerkündigung gelten die Schutzmechanismen des KSchG grundsätzlich nicht. Dennoch können in Einzelfällen tarifvertragliche oder einzelvertragliche Regelungen die Arbeitnehmerkündigung einschränken, zum Beispiel durch längere Kündigungsfristen.

Sonderregelungen

In Einzelfällen bestehen besondere Regelungen, etwa bei schwerbehinderten Menschen (§ 168 SGB IX), Schwangeren und Müttern im Mutterschutz (§ 17 MuSchG) sowie bei Arbeitnehmern in Elternzeit (§ 18 BEEG). Diese Regelungen beziehen sich allerdings vorrangig auf das Netzwerk des besonderen Kündigungsschutzes gegen eine Kündigung durch den Arbeitgeber, selten auf die Arbeitnehmerkündigung selbst.

Formvorschriften und Zugang der Kündigung

Schriftformerfordernis

Nach § 623 BGB ist die Schriftform unabdingbar. Die Kündigung muss persönlich unterzeichnet sein; eine einfache E-Mail, Fax oder SMS sind unwirksam. Der Zugang der Erklärung beim Arbeitgeber ist entscheidend für die Berechnung der Kündigungsfrist. Der Zugang ist erfolgt, wenn die Kündigungserklärung so in den Machtbereich des Arbeitgebers gelangt, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

Kündigung durch Vertretung

Eine Kündigung kann auch durch einen bevollmächtigten Vertreter ausgesprochen werden. Bei Übergabe durch einen Boten ist zu beachten, dass dieser lediglich Überbringer der Originalurkunde ist.

Kündigungsfristen

Gesetzliche Kündigungsfrist

Die ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich an die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 BGB gebunden. Hiernach kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden. Abweichende Fristen aus Tarifverträgen oder Arbeitsverträgen sind zu beachten, sofern sie den gesetzlichen Anforderungen standhalten.

Verlängerte Kündigungsfristen

Im Gegensatz zur Arbeitgeberkündigung verlängern sich die Kündigungsfristen für den Arbeitnehmer nicht tariflich oder gesetzlich mit längerer Betriebszugehörigkeit – eine Ausnahme hiervon kann nur durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vorgesehen sein.

Individuelle Absprachen

Verkürzungen der Kündigungsfrist sind nur innerhalb der gesetzlichen Mindestfristen und im Rahmen von tariflichen Regelungen zulässig (§ 622 Abs. 5 BGB). Eine Vereinbarung, die zu einer Unterschreitung der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist führt, ist unwirksam.

Fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer

Voraussetzungen

Nach § 626 BGB kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der wichtige Grund muss so gravierend sein, dass dem Arbeitnehmer eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Typische wichtige Gründe sind erhebliche Vertragsverstöße durch den Arbeitgeber, etwa ausbleibende Lohnzahlungen, gravierende Verstöße gegen Arbeitsschutz, Diskriminierung oder sexuelle Belästigung.

Frist zur Erklärung

Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes erfolgen (§ 626 Abs. 2 BGB). Die Angabe von Gründen ist im Kündigungsschreiben nicht zwingend notwendig, kann aber zu Beweiszwecken sinnvoll sein.

Rechtsfolgen der Arbeitnehmerkündigung

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Mit Zugang der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung und Ablauf der jeweiligen Frist endet das Arbeitsverhältnis. Ab diesem Zeitpunkt entfallen die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten (Arbeitsleistung, Vergütungszahlung), während Nebenpflichten – wie Verschwiegenheit oder Herausgabe von Arbeitspapieren – zum Teil weiterbestehen können.

Arbeitspapiere und Zeugnis

Nach Ausspruch der Kündigung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Arbeitszeugnis (§ 109 GewO). Darüber hinaus stehen dem Arbeitnehmer Lohnabrechnungen, die Ausstellung einer Arbeitsbescheinigung (§ 312 SGB III) sowie ggf. die Rückgabe überlassener Gegenstände zu.

Besonderheiten und Sonderfälle

Kündigung während Krankheit und Urlaub

Eine Arbeitnehmerkündigung ist auch während der eigenen Arbeitsunfähigkeit oder während des Urlaubs möglich. Für den Zugang der Kündigung ist aber sicherzustellen, dass der Arbeitgeber die Erklärung erreicht.

Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Kündigt ein Arbeitnehmer selbst, kann die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld (§ 159 SGB III) verhängen, da Eigenkündigungen als Herbeiführung der Arbeitslosigkeit gewertet werden. Eine Sperrzeit wird jedoch nicht verhängt, wenn für die Eigenkündigung ein wichtiger Grund vorliegt, etwa eine nachweislich unzumutbare Beschäftigung.

Fazit

Die Arbeitnehmerkündigung ist eine zentrale Möglichkeit für Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Die Einhaltung von Form- und Fristvorgaben ist dabei zwingend erforderlich. Für eine wirksame Beendigung bedarf es einer schriftlichen Kündigung und Beachtung aller maßgeblichen arbeitsvertraglichen und gesetzlichen Regelungen. Arbeitnehmer sollten die Konsequenzen einer Eigenkündigung, insbesondere bezogen auf soziale Absicherung und arbeitsrechtliche Ansprüche, sorgfältig abwägen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Frist muss ein Arbeitnehmer bei einer Kündigung einhalten?

Die gesetzliche Kündigungsfrist für Arbeitnehmer ist in § 622 Abs. 1 BGB geregelt. Danach können Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats kündigen. Individuelle Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können jedoch abweichende, meist auch längere Fristen vorsehen, die jedoch für den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht länger sein dürfen als für den Arbeitgeber (vgl. § 622 Abs. 6 BGB). In der Probezeit – maximal sechs Monate – beträgt die Kündigungsfrist gemäß Gesetz zwei Wochen. Wird die gesetzliche oder vertragliche Kündigungsfrist nicht eingehalten, kann die Kündigung als sogenannte „fristlose Kündigung“ gewertet werden, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. Fehlt ein solcher Grund, ist die Kündigung als ordentliche Kündigung mit der einzuhaltenden Frist wirksam, sodass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der Frist endet.

In welcher Form muss die Kündigung durch den Arbeitnehmer erfolgen?

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer muss gemäß § 623 BGB zwingend schriftlich erfolgen; eine E-Mail, ein Fax oder eine mündliche Kündigung genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen. Das Schriftformerfordernis bedeutet, dass das Kündigungsschreiben eigenhändig vom Arbeitnehmer unterschrieben werden muss. Eine elektronische Form, also beispielsweise eine Unterschrift per PDF oder E-Mail, ist ausdrücklich ausgeschlossen. Geht die Kündigung nicht schriftlich zu, ist sie rechtlich unwirksam und entfaltet keine Wirkung. Es empfiehlt sich darüber hinaus, ein weiteres, unterschriebenes Exemplar als Nachweis aufzubewahren oder die Übergabe der Kündigung vom Arbeitgeber quittieren zu lassen.

Muss der Arbeitnehmer Gründe für die Kündigung angeben?

Nach deutschem Arbeitsrecht ist der Arbeitnehmer bei einer Eigenkündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Kündigungsschreiben zu nennen. Die Angabe eines Kündigungsgrundes ist für die Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich. Nur in Ausnahmefällen, insbesondere bei der fristlosen Kündigung nach § 626 BGB, kann es sinnvoll oder notwendig sein, einen Grund zu nennen, damit der Arbeitgeber die Berechtigung zur fristlosen Auflösung nachvollziehen kann. Allerdings kann das Fehlen eines Grundes bei einer ordentlichen Kündigung Nachteile beim Bezug von Leistungen nach dem SGB III (Arbeitslosengeld) haben, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Sperrzeit.

Ab wann gilt die Kündigung als zugegangen?

Eine Arbeitnehmerkündigung wird nach § 130 BGB wirksam, sobald sie dem Arbeitgeber zugeht. Der Zugang ist dann erfolgt, wenn das Kündigungsschreiben so in den Machtbereich des Arbeitgebers gelangt ist, dass unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist, also beispielsweise beim Empfangspersonal, im Briefkasten oder beim Vorgesetzten während der Bürozeiten. Die bloße Absendung des Kündigungsschreibens genügt nicht. Kommt es auf ein bestimmtes Datum an, sollte die Kündigung persönlich übergeben und der Empfang quittiert oder sie notfalls per Einwurfeinschreiben verschickt werden.

Kann der Arbeitnehmer seine Kündigung widerrufen?

Ein Widerruf der ausgesprochenen Kündigung durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht möglich, sobald die Kündigung dem Arbeitgeber zugegangen ist. Nach Zugang entfaltet die Kündigung ihre rechtliche Wirkung und führt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der Kündigungsfrist. Ein Rücktritt oder Widerruf ist rechtlich ausgeschlossen. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn der Arbeitgeber einer Rücknahme ausdrücklich zustimmt und einvernehmlich ein Fortbestehen oder eine Neubegründung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird. Anderenfalls muss ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer bleiben möchte.

Welche Auswirkungen kann eine Eigenkündigung auf das Arbeitslosengeld haben?

Kündigt ein Arbeitnehmer selbst, ist die Agentur für Arbeit gemäß § 159 SGB III häufig berechtigt, eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu verhängen. Dies ist meist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund beendet hat. Die Sperrzeit beträgt im Regelfall zwölf Wochen. Nur wenn ein wichtiger Grund vorliegt, wie z. B. unzumutbare Arbeitsbedingungen, Mobbing oder gesundheitliche Gründe, die auch nachgewiesen werden müssen, kann eine Sperrzeit vermieden werden. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seinen nachvollziehbaren Grund bei Antragsstellung anzugeben und ggf. zu dokumentieren.

Ist eine Arbeitnehmerkündigung auch während Krankheit möglich?

Eine Kündigung durch den Arbeitnehmer ist auch während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit uneingeschränkt möglich. Das Kündigungsrecht wird durch die Erkrankung nicht berührt. Die Kündigung muss jedoch form- und fristgerecht eingereicht werden, damit sie wirksam wird. Besteht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit, besteht unter Umständen ein Anspruch auf Krankengeld ab dem ersten Tag nach Ende des Arbeitsverhältnisses, da der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mit Beendigung der Anstellung endet.