Legal Wiki

Wiki»Legal Lexikon»Steuerrecht»Antragsveranlagung

Antragsveranlagung

Begriff und Grundprinzip der Antragsveranlagung

Die Antragsveranlagung ist die Festsetzung der Einkommensteuer auf Antrag, wenn für eine Person keine gesetzliche Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht. Sie eröffnet insbesondere Arbeitnehmenden, deren Einkommen bereits durch den Lohnsteuerabzug erfasst wurde, die Möglichkeit, eine Veranlagung durchzuführen, damit das Finanzamt die Jahressteuer für das betreffende Jahr endgültig feststellt.

Die Antragsveranlagung führt zu einer vollständigen Überprüfung des betreffenden Veranlagungsjahres. Sie beschränkt sich nicht auf einzelne Positionen, sondern umfasst sämtliche steuerlich relevanten Sachverhalte, die für den Jahresausgleich bedeutsam sind.

Abgrenzung zur Pflichtveranlagung

Im Gegensatz zur Pflichtveranlagung besteht bei der Antragsveranlagung keine vorab feststehende Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Sie wird nur auf ausdrücklichen Antrag durchgeführt. Sobald der Antrag gestellt ist, erfolgt die Veranlagung jedoch nach den gleichen Regeln wie bei einer Pflichtveranlagung. Das Ergebnis kann sowohl zu einer Steuererstattung als auch zu einer Nachzahlung führen.

Rechtsnatur und Zweck

Die Antragsveranlagung ist ein Verwaltungsverfahren zur abschließenden Ermittlung der individuellen Jahressteuerschuld. Sie dient dazu, Abweichungen zwischen dem unterjährigen Steuerabzug (z. B. Lohnsteuer) und der Jahressteuer auszugleichen und dabei die im Einzelfall maßgeblichen Verhältnisse zu berücksichtigen.

Wer kommt für eine Antragsveranlagung in Betracht?

Grundsätzlich kommt die Antragsveranlagung für Personen in Betracht, die im betreffenden Jahr keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung hatten. Typischerweise betrifft dies Arbeitnehmende, deren steuerpflichtige Einkünfte vollständig dem Lohnsteuerabzug unterlagen und bei denen keine besonderen Konstellationen vorlagen, die eine Pflichtveranlagung auslösen würden.

Abgrenzung typischer Pflichtgründe

Liegt einer der häufigen Pflichtgründe vor, scheidet die Antragsveranlagung als freiwillige Option aus; dann ist eine Steuererklärung abzugeben. Zu solchen Pflichtgründen zählen etwa:

  • bestimmte Kombinationen von Lohnsteuerklassen oder die Anwendung eines Faktors,
  • gleichzeitiger Bezug von Arbeitslohn von mehreren Arbeitgebern,
  • beachtliche Nebeneinkünfte neben dem Arbeitslohn,
  • der Bezug von Lohnersatzleistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen,
  • Konstellationen, in denen unterjährige Freistellungen oder Freibeträge zu einer Über- oder Untererfassung geführt haben.

Fristen und Ablauf

Fristen

Die Antragsveranlagung ist regelmäßig innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres möglich. Die Frist endet in der Regel am 31. Dezember des vierten Jahres nach dem Veranlagungsjahr. Nach Fristablauf ist eine Veranlagung auf Antrag grundsätzlich nicht mehr vorgesehen.

Einreichung und Verfahrensgang

Die Antragsveranlagung wird durch Einreichen einer Einkommensteuererklärung beim zuständigen Finanzamt initiiert. Das Finanzamt prüft die Angaben und erlässt einen Einkommensteuerbescheid. Gegen den Bescheid stehen die üblichen Rechtsbehelfe innerhalb der einschlägigen Fristen offen. Der Bescheid kann zu einer Erstattung, einer Nullfestsetzung oder einer Nachzahlung führen.

Rücknahme und Bindungswirkung

Der Antrag auf Veranlagung kann grundsätzlich bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids zurückgenommen werden. Mit Eintritt der Bestandskraft ist der Antrag bindend. Eine Teilveranlagung allein für einzelne Positionen findet nicht statt; Gegenstand ist stets das gesamte Veranlagungsjahr.

Wirkungen und Reichweite der Antragsveranlagung

Erstattung oder Nachzahlung

Das Ergebnis der Antragsveranlagung hängt von der individuellen Jahressteuer ab. Ist der unterjährige Steuerabzug höher als die endgültig festgestellte Steuer, erfolgt eine Erstattung. Ist er niedriger, kann eine Nachzahlung entstehen. In bestimmten Fällen können Erstattungen oder Nachzahlungen verzinst werden, wenn gesetzliche Zinszeiträume überschritten sind.

Berücksichtigung von Aufwendungen und Freibeträgen

Im Rahmen der Veranlagung werden Aufwendungen, Pauschalen, Freibeträge und weitere steuerlich relevante Sachverhalte nach den allgemeinen Regeln berücksichtigt. Dies kann die endgültige Steuerlast beeinflussen. Die Prüfung erfolgt umfassend für das jeweilige Jahr.

Zusammenveranlagung und Einzelveranlagung

Bei Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern kann eine Antragsveranlagung je nach persönlicher Situation einzeln oder gemeinsam erfolgen. Ist einer der Beteiligten aus anderen Gründen verpflichtet, wird insgesamt veranlagt; die Wahl der Veranlagungsart richtet sich dann nach den allgemeinen Grundsätzen.

Sonderkonstellationen

Kapitalerträge und Veranlagungswahlrecht

Für Kapitalerträge, die grundsätzlich einem besonderen Steuerabzug unterliegen, besteht ein eigenständiges Wahlrecht zur Einbeziehung in die Veranlagung. Durch die Einbeziehung kann die Jahressteuer abweichend vom Abzug ermittelt werden. Dieses Wahlrecht ist unabhängig davon zu sehen, ob im Übrigen eine Antragsveranlagung als Arbeitnehmer vorliegt oder eine Pflichtveranlagung besteht.

Lohnersatzleistungen und Progression

Der Bezug bestimmter Lohnersatzleistungen kann die Jahressteuer beeinflussen. In vielen Fällen begründet der Bezug solcher Leistungen eine Pflichtveranlagung. Liegt keine Pflicht vor, kann die Auswirkung im Rahmen einer Antragsveranlagung ermittelt werden. Maßgeblich ist stets die Gesamtsicht auf das Veranlagungsjahr.

Verlustverrechnung und -vortrag

Verluste können im Veranlagungsverfahren festgestellt und nach Maßgabe der allgemeinen Regeln mit anderen Einkünften verrechnet oder in andere Jahre übertragen werden. Die Antragsveranlagung kann damit Auswirkungen auf die Verlustnutzung in Folgejahren haben, sofern die Voraussetzungen vorliegen.

Verhältnis zu anderen Verfahrensaspekten

Auch bei der Antragsveranlagung kommen die allgemeinen Regeln zur Festsetzung, vorläufigen Festsetzung, Änderung und Berichtigung zur Anwendung. Rechtsbehelfe gegen den Steuerbescheid sind in den üblichen Fristen möglich. Die Prüfung durch die Finanzverwaltung kann Unterlagenanforderungen und Sachverhaltsaufklärungen umfassen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Antragsveranlagung

Was bedeutet Antragsveranlagung?

Die Antragsveranlagung ist die auf Antrag durchgeführte Einkommensteuerveranlagung für Personen ohne gesetzliche Abgabepflicht. Sie dient dazu, die endgültige Jahressteuer festzusetzen und Abweichungen gegenüber dem unterjährigen Steuerabzug auszugleichen.

Wer kann eine Antragsveranlagung nutzen?

Sie kommt insbesondere für Arbeitnehmende in Betracht, deren Einkünfte vollständig dem Lohnsteuerabzug unterlagen und bei denen keine Umstände vorliegen, die eine Pflichtveranlagung auslösen. Ob dies im Einzelfall zutrifft, richtet sich nach den gesamten Verhältnissen des betreffenden Jahres.

Bis wann ist eine Antragsveranlagung möglich?

Regelmäßig ist eine Antragsveranlagung bis zum 31. Dezember des vierten Jahres nach dem betroffenen Kalenderjahr zulässig. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Veranlagung auf Antrag grundsätzlich nicht mehr vorgesehen.

Kann eine Antragsveranlagung zurückgenommen werden?

Die Rücknahme ist im Allgemeinen bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids möglich. Nach Eintritt der Bestandskraft ist der Antrag bindend und kann nicht mehr zurückgenommen werden.

Führt eine Antragsveranlagung immer zu einer Erstattung?

Nein. Das Ergebnis kann eine Erstattung, eine Nullfestsetzung oder eine Nachzahlung sein. Maßgeblich ist die endgültige Jahressteuer im Vergleich zum bereits erfolgten Steuerabzug.

Ist eine Antragsveranlagung auch bei Kapitalerträgen möglich?

Für Kapitalerträge besteht ein gesondertes Wahlrecht zur Einbeziehung in die Veranlagung. Dadurch kann die Jahressteuer abweichend vom bereits vorgenommenen Steuerabzug ermittelt werden.

Welche Auswirkungen hat die Antragsveranlagung auf zusammen veranlagte Ehegatten oder Lebenspartner?

Die Veranlagung kann gemeinsam oder einzeln erfolgen. Liegt bei einem Beteiligten eine Pflichtveranlagung vor, wird insgesamt veranlagt. Die Wahl der Veranlagungsart folgt den allgemeinen Grundsätzen.

Entstehen bei der Antragsveranlagung Zinsen oder Säumniszuschläge?

Erstattungen und Nachzahlungen können nach allgemeinen Regeln verzinst werden, wenn gesetzliche Zinszeiträume überschritten sind. Säumniszuschläge knüpfen an Zahlungsverzögerungen gegenüber festgesetzten Fälligkeiten an und richten sich nach den üblichen Verfahrensgrundsätzen.