Begriff und Wesen der Anstalten des öffentlichen Rechts
Eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AdöR) ist eine mit öffentlichen Aufgaben betraute Organisation beziehungsweise Einrichtung, die durch Gesetz oder auf Grundlage eines Gesetzes errichtet wird. Sie ist eine eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts und dient vorrangig der Erfüllung bestimmter, vielfach dem Gemeinwohl dienender Aufgaben im öffentlich-rechtlichen Sinne. Im deutschen Rechtssystem nehmen Anstalten des öffentlichen Rechts eine bedeutende Stellung innerhalb der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen ein.
Rechtsgrundlagen und Rechtsnatur
Abgrenzung zu anderen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen
Die Anstalt des öffentlichen Rechts ist von anderen öffentlich-rechtlichen Organisationsformen, insbesondere der Körperschaft und der Stiftung des öffentlichen Rechts, abzugrenzen:
- Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. Gemeinden, Kammern): Sie sind mitgliedschaftlich organisiert; die Rechtsstellung der Mitglieder ist zentral.
- Stiftungen des öffentlichen Rechts: Sie verfügen über ein zweckgebundenes Vermögen zur dauerhaften Erfüllung eines öffentlichen Zwecks.
- Anstalten des öffentlichen Rechts: Sie sind benutzerbezogen organisiert und auf die Erbringung bestimmter Dienstleistungen oder Aufgaben für eine Vielzahl von Nutzern ausgelegt.
Gesetzliche Grundlagen
Die Errichtung, Organisation und Aufsicht einer Anstalt des öffentlichen Rechts werden in der Regel durch ein Gesetz des jeweiligen Bundeslandes, des Bundes oder auf kommunaler Ebene geregelt. Das öffentliche Recht, insbesondere das Verwaltungsrecht, ist maßgebliche Grundlage für die Rechtsstellung und Handlungsfähigkeit von Anstalten des öffentlichen Rechts.
Typische Regelungsbereiche sind:
- Gründung und Zweckbestimmung
- Rechtsfähige Stellung als juristische Person
- Organisationsstruktur und Organe
- Aufsicht und Steuerungsmechanismen
- Finanzierung und Wirtschaftsführung
Merkmale und Struktur der Anstalt des öffentlichen Rechts
Rechtspersönlichkeit und Selbstständigkeit
Anstalten des öffentlichen Rechts besitzen eigene Rechtspersönlichkeit. Sie handeln selbstständig, können klagen und verklagt werden, besitzen eigenes Vermögen und haften für eigene Verbindlichkeiten. Die Anstaltsgewalt ermöglicht die Ausgestaltung des Verhältnisses zu ihren Nutzern, insbesondere durch die Erlassung von Satzungen und die Festsetzung von Benutzungsbedingungen.
Übertragene Aufgaben
AdöRs erfüllen Aufgaben im öffentlichen Interesse, wie sie vom Gesetzgeber festgelegt wurden. Darunter fallen etwa Aufgaben im Bildungswesen (z.B. Hochschulen), in der Daseinsvorsorge (z.B. Rundfunkanstalten, Sparkassen, Krankenhäuser) oder in anderen öffentlichen Einrichtungen (z.B. Bundesagentur für Arbeit).
Organisation und Organe
Die interne Organisation wird durch eine individuelle Satzung sowie durch gesetzliche Vorgaben geregelt. Typische Organe einer Anstalt sind:
- Vorstand oder Direktor (geschäftsführendes Organ)
- Verwaltungsrat oder Aufsichtsrat (kontrollierendes Organ)
- oft Vertreter der Träger- oder Nutzerseite
Die Struktur kann je nach Aufgabenstellung und Landesrecht variieren. Die interne Willensbildung und Verwaltung obliegen ausschließlich der Anstalt, unterliegt jedoch meist der Rechtsaufsicht einer übergeordneten Stelle.
Benutzerbeziehung und Anstaltsverhältnis
Die rechtliche Beziehung zwischen der AdöR und den Nutzern wird als Anstaltsverhältnis bezeichnet. Sie ist durch ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis geprägt. Die Zugangs- und Nutzungsbedingungen ergeben sich aus der Satzung, aus Gesetzen oder Verwaltungsakten.
Merkmale des Anstaltsverhältnisses:
- Gleichbehandlung aller Benutzer nach Maßgabe der Satzung
- Öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis
- Möglichkeit der Gestaltung durch Verwaltungsvorschriften
Steuerung und Aufsicht
Rechtsaufsicht und Fachaufsicht
Die Anstalt des öffentlichen Rechts unterliegt der Rechtsaufsicht durch die zuständige Behörde. Ziel ist die Sicherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Je nach gesetzlicher Regelung kann daneben auch eine Fachaufsicht über die sachliche und inhaltliche Ausführung der Aufgaben ausgeübt werden. Die Trägeranstalt unterliegt dabei keinen direkten Weisungen bezüglich der täglichen Geschäftsführung, sofern nicht ausdrücklich durch Gesetz vorgesehen.
Wirtschaftliche Kontrolle
Die Wirtschaftsführung der AdöR unterliegt gewissen öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen, so etwa der Haushaltswirtschaft, dem öffentlichen Vergaberecht und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Häufig besteht eine externe Prüfungspflicht durch staatliche Prüfungsorgane oder Rechnungshöfe.
Finanzierung
Die Finanzierung von Anstalten des öffentlichen Rechts erfolgt durch:
- Zuweisungen und Zuschüsse öffentlicher Mittel (Haushaltsmittel der Trägerkommune, des Landes oder Bundes)
- Eigene Einnahmen (z. B. Entgelte, Gebühren, Beiträge)
- Sondermittel (etwa durch Stiftungen oder Drittmittel)
Insbesondere bei Gebührenerhebungen ist das Kostendeckungsprinzip maßgeblich.
Beispiele für Anstalten des öffentlichen Rechts
Beispiele für typische AdöR auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene sind:
- Rundfunkanstalten (z.B. ARD, ZDF, Deutschlandradio)
- Bundesagentur für Arbeit
- Hochschulen und Universitäten (zum Teil als AdöR organisiert)
- Sparkassen
- Krankenkassen
- Berufsgenossenschaften
- Öffentliche Bibliotheken
- Abfallwirtschaftsbetriebe
Je nach Bundesland oder Aufgabenfeld kann die Organisationsform variieren.
Bedeutung im öffentlichen Sektor
Anstalten des öffentlichen Rechts sind wichtige Institutionen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Durch ihre organisatorische und wirtschaftliche Selbstständigkeit können sie flexibel und effektiv ihren gesetzlich übertragenen Auftrag erfüllen, ohne der unmittelbaren Verwaltungshierarchie unterworfen zu sein.
Sie tragen oft entscheidend zur Daseinsvorsorge, sozialen Sicherung, Infrastruktur und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Gemeinwesens bei. Die Ausgestaltung als öffentlich-rechtliche Anstalt gewährleistet gemeinwohlorientiertes, rechtsstaatliches und transparentes Handeln.
Literatur und weiterführende Quellen
- Maurer, Hartmut: Allgemeines Verwaltungsrecht, München: C.H. Beck (diverse Auflagen)
- Schmidt-Aßmann, Eberhard: Verwaltungsrechtliche Organisationslehre, Berlin: De Gruyter
- BVerfG, Urteil vom 11.09.2007 – 2 BvF 1/05 („Rundfunkfinanzierungsurteil“)
- Diverse Gesetze auf Bundes- und Landesebene (z.B. Hochschulgesetze, Sparkassengesetze)
Dieser Beitrag erläutert umfassend die rechtlichen Grundlagen, die Struktur und die praktische Bedeutung der Anstalt des öffentlichen Rechts als zentrales Element des deutschen Verwaltungs- und Organisationsrechts.
Häufig gestellte Fragen
Welche Organe und Gremien sind typischerweise in Anstalten des öffentlichen Rechts vorgesehen und wie werden sie gebildet?
Anstalten des öffentlichen Rechts verfügen regelmäßig über spezifische Leitungs- und Aufsichtsgremien, deren Zusammensetzung und Aufgaben durch das jeweilige Errichtungsgesetz oder die Satzung festgelegt werden. Zentrale Organe sind häufig ein Vorstand oder ein Direktorium, das für die laufende Geschäftsführung und die Vertretung der Anstalt nach außen zuständig ist. Daneben existiert meist ein Aufsichtsgremium, oft als Verwaltungsrat, Aufsichtsrat oder ähnlich bezeichnet, dem Kontroll- und Überwachungsaufgaben sowie mitunter die Festlegung strategischer Leitlinien obliegen. Die Mitglieder dieser Gremien werden in der Regel vom Träger (z. B. Bund, Länder, Gemeinden) entsandt, können aber auch aus verschiedenen Interessengruppen stammen, wie z. B. Arbeitnehmer- oder Nutzervertreter. Art und Verfahren der Bestellung, Amtsdauer und Abberufung richten sich nach dem jeweiligen Spezialgesetz oder der Satzung der Anstalt. Mitunter sieht das Gesetz zusätzlich ein beratendes Organ, wie einen Beirat, vor, der Expertise einbringt, aber keine Entscheidungsbefugnis besitzt.
Inwieweit unterliegen Anstalten des öffentlichen Rechts der Rechtsaufsicht oder Fachaufsicht staatlicher Stellen?
Anstalten des öffentlichen Rechts stehen regelmäßig unter der Rechtsaufsicht der zuständigen staatlichen Körperschaften, beispielsweise des Bundes, eines Landes oder einer Kommune. Im Rahmen der Rechtsaufsicht wird überprüft, ob die Anstalt bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben das geltende Recht einhält. Teilweise kann darüber hinaus eine Fachaufsicht ausgeübt werden, die sich auf eine kontrollierende Einflussnahme in inhaltlichen und fachlichen Angelegenheiten erstreckt, soweit dies im Errichtungsgesetz vorgesehen ist. Die genaue Ausgestaltung und Intensität der jeweiligen Aufsicht richten sich nach dem gesetzlich übertragenen Aufgabenbereich der Anstalt, ihrer organisatorischen Selbstständigkeit und dem Maß der staatlichen Bindung. Die Aufsicht wird durch konkrete Maßnahmen wie Weisungen, Beanstandungen von Beschlüssen, die Bestellung von Beauftragten oder die Genehmigung wichtiger Entscheidungen ausgeübt.
Wie erfolgt die Finanzierung von Anstalten des öffentlichen Rechts und unterliegen sie der Haushaltskontrolle?
Die Finanzierung von Anstalten des öffentlichen Rechts variiert nach ihrer Aufgabenstellung und ihrer gesetzlichen Grundlage. Häufig erfolgt sie durch Zuschüsse oder Umlagen ihrer Trägerkörperschaften, durch Gebühren und Entgelte für von ihnen erbrachte Dienstleistungen (sog. Kostendeckungsprinzip) oder auch durch eigene Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung, soweit dies zulässig ist. Anstalten, denen hoheitliche Aufgaben übertragen wurden, verfügen regelmäßig über ein eigenes Haushaltsrecht, sind aber vielfach verpflichtet, einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der der Genehmigung durch das zuständige Aufsichtsgremium bedarf. Zudem unterliegen sie der Prüfung durch staatliche Rechnungshöfe oder ähnliche Kontrollinstanzen, die die Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung überwachen.
In welchem Umfang dürfen Anstalten des öffentlichen Rechts hoheitliche Befugnisse ausüben?
Anstalten des öffentlichen Rechts können als Träger öffentlicher Gewalt auch hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, sofern ihnen dies durch Gesetz ausdrücklich übertragen wurde. Dies ist beispielsweise bei Rundfunkanstalten, Sozialversicherungsträgern oder Universitäten der Fall. Die ihnen übertragenen Hoheitsbefugnisse erstrecken sich auf den Erlass von Verwaltungsakten, die Erhebung von Gebühren, den Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge oder die Durchführung von Verwaltungsverfahren. Die Anstalt handelt dabei im Rahmen des ihr gesetzlich zugewiesenen Wirkungskreises und unterliegt dem Verwaltungsverfahrensrecht und eventuell dem Verwaltungsprozessrecht, sodass Betroffene gegen ihre Maßnahmen Rechtsbehelfe einlegen können.
Welche Besonderheiten bestehen bezüglich der Haftung von Anstalten des öffentlichen Rechts?
Anstalten des öffentlichen Rechts haften grundsätzlich wie juristische Personen des öffentlichen Rechts für Schäden, die in Ausübung ihrer Aufgaben verursacht werden. Die Haftung richtet sich dabei nach den Vorschriften des Staatshaftungsrechts und umfasst typischerweise die Amtshaftung gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, wenn Beschäftigte der Anstalt in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes handeln. Für privatrechtliches Handeln (zum Beispiel bei Vertragsabschlüssen oder im Rahmen wirtschaftlicher Aktivitäten) gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsvorschriften. Insoweit ist die Anstalt selbst Trägerin der Rechte und Pflichten und haftet unmittelbar; eine Behördenhaftung der Anstalt gegenüber Dritten ist somit gegeben.
Inwieweit gelten für Anstalten des öffentlichen Rechts das öffentliche Beschaffungsrecht und das Vergaberecht?
Anstalten des öffentlichen Rechts sind als sog. öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts eingestuft, sofern sie nicht rein privatrechtlich tätig werden. Sie unterliegen daher grundsätzlich den Vorschriften des öffentlichen Beschaffungsrechts, insbesondere dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie der Vergabeverordnung (VgV) und weiteren spezialgesetzlichen Regelungen. Dies verpflichtet sie insbesondere dazu, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge transparente und diskriminierungsfreie Vergabeverfahren durchzuführen, die sowohl nationale als auch europarechtliche Vorgaben einhalten. Die praktische Umsetzung wird durch interne Zuständigkeitsregeln und spezifische Beschaffungsordnungen gesteuert.
Können Anstalten des öffentlichen Rechts eigene Satzungen erlassen und welche rechtlichen Grenzen bestehen hierbei?
Viele Anstalten des öffentlichen Rechts besitzen Satzungsautonomie, d. h. sie haben das Recht, eigenständig Satzungen zu erlassen, um ihre innere Organisation, das Dienstrecht, Gebührenordnungen oder andere selbstverwaltete Angelegenheiten zu regeln. Die Satzung stellt eine untergesetzliche Norm dar und kann nur im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung, wie sie im Errichtungs- oder Spezialgesetz vorgesehen ist, erlassen werden. Satzungen dürfen höherrangigem Recht nicht widersprechen und bedürfen häufig der Genehmigung oder Anzeige gegenüber der Aufsicht. Rechtsmittel gegen Satzungsinhalte sind je nach Regelungsgehalt und Betroffenheit im Verwaltungsrechtsweg zulässig.