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Ansammlung, unerlaubte


Begriff und Allgemeine Definition der unerlaubten Ansammlung

Die unerlaubte Ansammlung ist ein im öffentlichen Ordnungsrecht sowie im Versammlungsrecht verwendeter Begriff, der sich auf das Zusammentreffen mehrerer Personen im öffentlichen Raum ohne behördliche Erlaubnis oder entgegen gesetzlicher Vorschriften bezieht. Unerlaubte Ansammlungen sind von spontanen Zusammenkünften sowie von gesetzlich geschützten Versammlungen abzugrenzen. Sie werden rechtlich insbesondere dann relevant, wenn sie geeignet sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu beeinträchtigen oder bestehende Melde- und Genehmigungspflichten missachtet werden.

Rechtsgrundlagen der unerlaubten Ansammlung

Ordnungsrechtliche Regelungen

Im öffentlichen Ordnungs- und Polizeirecht ist die unerlaubte Ansammlung häufig Gegenstand von Eingriffsbefugnissen zur Gefahrenabwehr. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich in den Polizeigesetzen der Länder, insbesondere im Zusammenhang mit der Abwehr drohender Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung (§§ 14, 15 PolG NRW, vergleichbare Vorschriften in anderen Bundesländern).

Versammlungsrechtliche Abgrenzung

Das Versammlungsgesetz (VersG) regelt das Recht auf Versammlungsfreiheit, sieht allerdings vor, dass für bestimmte Versammlungen ein Anmeldeerfordernis besteht (§ 14 VersG). Fehlt eine ordnungsgemäße Anmeldung einer Versammlung, so kann diese als „unerlaubte Versammlung“ gelten. Davon abzugrenzende unerlaubte Ansammlungen sind insbesondere Zusammenkünfte, die keinen versammlungsrechtlichen Charakter aufweisen oder bewusst zur Umgehung rechtlicher Vorschriften durchgeführt werden.

Strafrechtliche Relevanz

Das Strafgesetzbuch sieht im Zusammenhang mit unerlaubten Ansammlungen keine expliziten Straftatbestände vor, jedoch können Begleittaten wie Landfriedensbruch (§ 125 StGB) oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) im Umfeld unerlaubter Menschenansammlungen verwirklicht werden.

Voraussetzungen und Merkmale einer unerlaubten Ansammlung

Personenanzahl und Öffentlichkeit

Eine Ansammlung im rechtlichen Sinne erfordert zumindest das Zusammentreffen mehrerer Personen an einem bestimmten Ort mit zeitlicher Überschneidung. Während der genaue Schwellenwert von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich definiert sein kann, werden häufig Gruppen von mindestens drei bis fünf Personen als Ansammlung gewertet. Grundlage ist stets ein Bezug zum öffentlichen Raum.

Fehlen der Erlaubnis oder Anzeige

Die Unerlaubtheit einer Ansammlung liegt vor, wenn für das Zusammenkommen eine Genehmigung, Anzeige oder Anmeldung erforderlich ist, diese jedoch nicht vorgenommen wurde. Im Unterschied zu privaten Feierlichkeiten oder rein zufälligen Treffen genügt bei bestimmten Anlässen bereits der objektive Tatbestand der Nichterfüllung formaler Vorgaben.

Zweck und Verhalten

Unerlaubte Ansammlungen erhalten besondere Relevanz, wenn von ihnen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht oder sie objektiv geeignet sind, rechtlich geschützte Interessen wie den Straßenverkehr, den Schutz Dritter oder die Aufrechterhaltung der Ordnung zu gefährden.

Rechtliche Folgen unerlaubter Ansammlungen

Polizeirechtliche Maßnahmen

Bei Vorliegen einer unerlaubten Ansammlung sind Ordnungsbehörden bzw. die Polizei berechtigt, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu ergreifen. Die Bandbreite reicht von Platzverweisen über Aufenthaltsverbote und Beschlagnahmen bis hin zur Auflösung der Ansammlung unter Anwendung unmittelbaren Zwangs (§§ 9, 10 PolG NRW; §§ 8, 11 ASOG Berlin u. a.).

Beispielhafte Maßnahmen:

  • Ansprache der Teilnehmer mit der Aufforderung zur Auflösung
  • Feststellung der Identität der Personen
  • Wegweisungen und Platzverweise
  • Im Einzelfall Ingewahrsamnahme zur Verhinderung weiterer Verstöße

Bußgelder und Ordnungswidrigkeiten

In vielen Polizeigesetzen und kommunalen Regelungen ist die Teilnahme an einer unerlaubten Ansammlung oder das Nichtbefolgen polizeilicher Anweisungen als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet. Geldbußen sowie die Kostenerstattung für polizeiliche Maßnahmen können verhängt werden (§ 118 OWiG i. V. m. landesrechtlichen Vorschriften).

Zivilrechtliche Aspekte

Daneben können sich zivilrechtliche Ansprüche ergeben, wenn durch eine unerlaubte Ansammlung bei Dritten Schäden entstehen, zum Beispiel infolge einer Verkehrsbehinderung oder Störung betrieblicher Abläufe.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Versammlung im Sinne des Grundgesetzes

Eine Versammlung ist nach Art. 8 GG ein „Zusammenkommen mehrerer Personen zur gemeinsamen Meinungsbildung oder -äußerung“. Die Abgrenzung zur unerlaubten Ansammlung erfolgt nach dem Zweck der Zusammenkunft und dem Bestehen versammlungsrechtlicher Schutzmechanismen.

Zufällige Menschenansammlungen

Nicht unter den Begriff der unerlaubten Ansammlung fallen zufällige Menschenansammlungen, wie beispielsweise Verkehrsunfälle, bei denen Passanten spontan zusammenkommen. Hier fehlt es zumeist an einem gemeinsamen Zweck oder einer dahinterstehenden Absicht.

Zweckgemeinschaften

Vorübergehende Zweckgemeinschaften, etwa im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen, sind von unerlaubten Ansammlungen regelmäßig abzugrenzen, sofern ein vorrangig organisierter, genehmigter oder rechtlich zulässiger Zweck vorliegt.

Sonderfälle und aktuelle Entwicklungen

Infektionsschutzrechtliche Regelungen

Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurde die rechtliche Bedeutung unerlaubter Ansammlungen durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) erweitert: Zahlreiche Verordnungen verboten Menschenansammlungen über eine bestimmte Personenanzahl hinaus und knüpften bei Verstößen empfindliche Bußgelder an sogar relativ kleine Gruppengrößen. Unerlaubte Ansammlungen wurden so insbesondere für Zwecke des Infektionsschutzes relevant.

Fußballspiele und Großveranstaltungen

Auch im Zusammenhang mit Großveranstaltungen, insbesondere im Umfeld von Fußballspielen, kommt der Begriff der unerlaubten Ansammlung zum Tragen, wenn sich beispielsweise Fan-Gruppen ohne Genehmigung oder entgegen Sicherheitsauflagen im öffentlichen Raum zusammenfinden.

Literaturquellen und weiterführende Hinweise

  • Polizeigesetze des Bundes und der Länder (PolG, ASOG, SOG u.a.)
  • Versammlungsgesetz (VersG)
  • Strafgesetzbuch (StGB)
  • Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)
  • Infektionsschutzgesetz (IfSG)
  • Kommentierung: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts

Zusammenfassung:
Die „unerlaubte Ansammlung“ ist ein zentrales Instrument des öffentlichen Ordnungsrechts und dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit, der Gefahrenabwehr sowie der Aufrechterhaltung von Ordnung im öffentlichen Raum. Ihre rechtlichen Merkmale, Abgrenzungen und Rechtsfolgen ergeben sich vorrangig aus den Polizeigesetzen der Länder, werden jedoch auch durch das Versammlungsrecht, das Strafrecht und aktuelle Sondersituationen wie den Infektionsschutz ergänzt. Die genaue rechtliche Einordnung variiert je nach Einzelfall, örtlichen Vorschriften und dem spezifischen Gefahrenpotenzial der jeweiligen Ansammlung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Vorliegen einer unerlaubten Ansammlung gegeben sein?

Eine unerlaubte Ansammlung liegt im rechtlichen Sinne dann vor, wenn sich mehrere Personen im öffentlichen Raum zu einem bestimmten Zweck zusammenfinden, ohne dass für diese Zusammenkunft die erforderliche Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegt. Die Voraussetzungen hierfür sind in den jeweiligen Versammlungsgesetzen geregelt, die sich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene unterscheiden können. In Deutschland regelt das Grundgesetz in Artikel 8 das Versammlungsrecht und sieht vor, dass unter freiem Himmel grundsätzlich eine Anmeldepflicht besteht. Sobald der zuständigen Ordnungsbehörde eine solche Versammlung nicht oder nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde, handelt es sich um eine „unerlaubte“ oder illegale Ansammlung. Zu beachten ist weiterhin, dass eine Ansammlung auch dann unerlaubt sein kann, wenn sie zwar keine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes darstellt, aber gegen andere ordnungsrechtliche Bestimmungen verstößt, beispielsweise das Polizei- oder Ordnungsrecht des jeweiligen Bundeslandes.

Welche gesetzlichen Folgen kann eine unerlaubte Ansammlung nach sich ziehen?

Die Teilnahme an einer unerlaubten Ansammlung kann vielfältige rechtliche Folgen für die Teilnehmer haben. So besteht insbesondere die Gefahr der Auflösung der Ansammlung durch die Ordnungskräfte. Rechtsgrundlagen hierfür finden sich im Versammlungsgesetz (§ 15 VersammlG) sowie in den Landesgesetzen, nach denen die Polizei oder Ordnungsbehörden befugt sind, unerlaubte Versammlungen zu beenden und deren Teilnehmer zum Verlassen des Ortes aufzufordern. Kommen die Teilnehmer dieser Aufforderung nicht nach, können zwangspolizeiliche Maßnahmen wie Platzverweise, Gewahrsamnahmen oder die Anwendung unmittelbaren Zwangs erfolgen. Zusätzlich können Ordnungswidrigkeitenanzeigen oder sogar strafrechtliche Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (§ 26 VersammlG) eingeleitet werden.

Welche Rolle spielen polizeiliche Befugnisse bei unerlaubten Ansammlungen?

Polizeiliche Befugnisse sind bei unerlaubten Ansammlungen weitreichend. Sie erlauben den Einsatz von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bis hin zur Anwendung unmittelbaren Zwangs. Nach den jeweiligen Polizeigesetzen und dem Bundesversammlungsrecht ist die Polizei berechtigt, unerlaubte Ansammlungen festzustellen, Personalien aufzunehmen, Verkehrswege zu sperren und auch Gewahrsamsnahmen auszusprechen. Bei Störungen der öffentlichen Sicherheit kann sie eine Versammlung auflösen oder verhindern, sofern eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Die gesetzlichen Grundlagen hierzu finden sich sowohl im Versammlungsgesetz (§§ 13-15 VersammlG) als auch im Polizei- und Ordnungsrecht der Länder. Außerdem können im Zusammenhang mit Demonstrationen auch weitere Schutzmaßnahmen wie Kontrollen und Absperrungen ergriffen werden, was ein weitreichendes Eingreifen in Grundrechte wie das Recht auf freie Bewegung zur Folge haben kann.

Müssen alle Ansammlungen im öffentlichen Raum behördlich genehmigt werden?

Nicht jede Ansammlung im öffentlichen Raum bedarf einer behördlichen Genehmigung. Das Versammlungsgesetz unterscheidet zwischen genehmigungsfreien privaten Treffen und genehmigungspflichtigen Versammlungen. Während spontane Zusammenkünfte ohne einen bestimmten politischen Zweck keine behördliche Erlaubnis benötigen, müssen sogenannte Versammlungen unter freiem Himmel, bei denen eine gemeinschaftliche Meinungsbekundung im Vordergrund steht, spätestens 48 Stunden vor Beginn angezeigt werden. Sonderfälle sind Spontanversammlungen, für die eine kurzfristige Anzeige manchmal rechtlich zulässig ist, wenn der Anlass kurzfristig und unvorhersehbar ist. Dennoch entfällt die Pflicht zur Anzeige und Genehmigung niemals vollständig, da immer eine nachträgliche Verantwortung und gegebenenfalls auch Sanktionen erfolgen können.

Welche Straf- oder Ordnungsmaßnahmen drohen Organisatorinnen und Teilnehmerinnen?

Sowohl Organisatorinnen als auch Teilnehmerinnen einer unerlaubten Ansammlung können mit verschiedenen Sanktionen belegt werden. Organisatoren drohen insbesondere Bußgelder wegen der fehlenden Anzeige oder Anmeldung sowie bei Zuwiderhandlungen gegen Auflagen der Behörde (§§ 20, 21 VersammlG). Für Teilnehmer kann das unerlaubte Verbleiben bei einer aufgelösten Versammlung als Ordnungswidrigkeit gewertet werden, die mit einem Verwarngeld, Bußgeld oder im Einzelfall sogar mit Gewahrsam geahndet wird. Bei verschärften Umständen, wie etwa dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder Landfriedensbruch, drohen zudem strafrechtliche Konsequenzen. Der Einzelfall entscheidet stets darüber, wie streng die Behörden die bestehenden Regelungen anwenden.

Gibt es Ausnahmen, etwa bei Spontanversammlungen oder Eilversammlung?

Ja, das Gesetz kennt Ausnahmen für Spontan- und Eilversammlungen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine kurzfristige, nicht geplante Versammlung als sogenannte Spontanversammlung anerkannt werden, wenn ein unvorhersehbares Ereignis eine unmittelbare Reaktion der Bevölkerung erforderlich macht. In diesen Fällen kann die sonst üblichen 48-Stunden-Anmeldefrist entfallen; stattdessen muss die Anzeige der Behörden „unverzüglich“ nachgeholt werden, soweit dies möglich ist. Die Behörden bewerten hierbei jedoch individuell, ob die Voraussetzungen einer tatsächlichen Spontan- oder Eilversammlung vorliegen, und können im Zweifel die Ansammlung dennoch auflösen, sollte eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehen oder die Grundsätze der Rechtsordnung verletzt werden.