Begriff und Zweck der Anrufungsauskunft
Die Anrufungsauskunft ist ein behördliches Verfahren im Steuerrecht, das vorrangig Fragen zur Lohnsteuer klärt. Arbeitgeber und Beschäftigte können damit vorab oder zu einem bereits verwirklichten Sachverhalt eine verbindliche Einschätzung der Finanzverwaltung zur lohnsteuerlichen Behandlung einholen. Ziel ist Rechtssicherheit für die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer sowie die einheitliche Anwendung der steuerlichen Regeln im Lohnzahlungsprozess.
Rechtsnatur und Abgrenzung
Bindungswirkung
Die Anrufungsauskunft entfaltet Bindungswirkung gegenüber der Lohnsteuerstelle der Finanzverwaltung und betrifft die Pflicht zur korrekten Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer. Sie bindet insbesondere die Verwaltung im Verhältnis zum Arbeitgeber für den konkret geschilderten Sachverhalt. Für die Einkommensteuerveranlagung der betroffenen Person hat sie grundsätzlich keine unmittelbare Bindungswirkung. Die Auskunft ist stets auf den mitgeteilten Sachverhalt beschränkt; weichen die tatsächlichen Umstände ab, entfällt die Bindungswirkung.
Abgrenzung zu anderen Vorabklärungen
Im Unterschied zu einer allgemeinen Auskunft oder unverbindlichen Information handelt es sich bei der Anrufungsauskunft um eine förmliche, mit Bindungswirkung für den Lohnsteuerabzug verbundene Stellungnahme. Sie unterscheidet sich von anderweitigen Vorabentscheidungen dadurch, dass sie allein auf den Lohnsteuerabzug zielt und keine umfassende Festlegung zur endgültigen Einkommensteuer herbeiführt.
Antragsberechtigte und Zuständigkeit
Wer kann eine Anrufungsauskunft beantragen?
Antragsberechtigt sind Arbeitgeber sowie Beschäftigte. Arbeitgeber nutzen die Anrufungsauskunft, um die korrekte lohnsteuerliche Behandlung von Vergütungen, Zuschüssen oder Sachzuwendungen sicherzustellen. Beschäftigte können sie in Bezug auf die sie betreffenden Lohnsachverhalte anrufen, beispielsweise zur Einordnung bestimmter Vorteile aus dem Arbeitsverhältnis.
Zuständiges Finanzamt
Zuständig ist regelmäßig das Finanzamt, das für den Lohnsteuerabzug des Arbeitgebers verantwortlich ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die Beurteilung dort erfolgt, wo die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer administrativ angesiedelt ist.
Zulässiger Inhalt und typische Fragestellungen
Gegenstand sind konkrete Fragen zum Lohnsteuerabzug in Bezug auf einen bestimmten, genau beschriebenen Sachverhalt. Die Auskunft kann sowohl künftig geplante als auch bereits verwirklichte Fallgestaltungen betreffen.
Typische Themen
- Einordnung von Geld- und Sachzuwendungen als steuerpflichtiger Arbeitslohn oder steuerbegünstigter Vorteil
- Anwendung von Steuerbefreiungen oder Pauschalierungsmöglichkeiten im Lohnsteuerabzug
- Bewertung und Behandlung von Vorteilen wie Dienstwagen, Verpflegung, Unterkunft oder Rabatten
- Lohnsteuerliche Behandlung von Reisekosten, Umzugskosten, Fortbildungsleistungen oder Bonusprogrammen
- Auswirkungen von Mehrfachbeschäftigungen oder Entsendungen auf den Lohnsteuerabzug
Verfahren und Form
Form und Inhalt des Antrags
Der Antrag erfolgt in der Praxis schriftlich. Er enthält eine vollständige und in sich stimmige Darstellung des Sachverhalts sowie die konkrete lohnsteuerliche Fragestellung. Häufig werden zusätzlich interne Unterlagen beigefügt, die den Sachverhalt belegen oder erläutern. Die Entscheidung bezieht sich ausschließlich auf den vorgetragenen Sachverhalt und dessen steuerliche Würdigung im Lohnsteuerabzug.
Ablauf, Bearbeitungsdauer und Ergebnis
Nach Eingang des Antrags prüft die Finanzverwaltung die Unterlagen, kann Rückfragen stellen und erteilt anschließend eine schriftliche Auskunft. Eine verbindliche Frist zur Bearbeitung ist nicht vorgegeben; die Dauer richtet sich nach Komplexität und Auslastung. Das Ergebnis wird in der Regel als begründete Stellungnahme mit Bindungswirkung für den Lohnsteuerabzug mitgeteilt.
Gebühren, Kosten und Veröffentlichungen
Für die Anrufungsauskunft werden üblicherweise keine Gebühren erhoben. Veröffentlichungen erfolgen nicht; es handelt sich um eine einzelfallbezogene Einschätzung für den konkret vorgetragenen Sachverhalt.
Dauer, Änderung und Widerruf
Geltungsdauer
Die Anrufungsauskunft wirkt grundsätzlich für den dargelegten Sachverhalt und den darin beschriebenen Zeitraum. Sie kann von der Behörde zeitlich begrenzt werden.
Änderung, Widerruf und Vertrauensschutz
Eine Änderung oder ein Widerruf ist möglich, insbesondere bei unzutreffender Sachverhaltsdarstellung, geänderter Rechtsauffassung oder veränderten tatsächlichen Verhältnissen. Die Wirkung bezieht sich im Regelfall auf die Zukunft. Hält der Arbeitgeber die Auskunft beim Lohnsteuerabzug ein, werden nachteilige Folgen für den Arbeitgeber üblicherweise vermieden; die individuelle Steuerfestsetzung des Beschäftigten bleibt davon unberührt.
Wirkung gegenüber Arbeitgeber und Beschäftigten
Auswirkungen auf die Lohnabrechnung
Die Anrufungsauskunft gibt dem Arbeitgeber Rechtssicherheit für die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer im konkreten Fall. Sie ist auf den Lohnsteuerabzug beschränkt und entfaltet keine allgemeine Vorwirkung für andere Sachverhalte.
Verhältnis zur späteren Veranlagung
Die Anrufungsauskunft beeinflusst die spätere Einkommensteuerveranlagung der betroffenen Person nicht unmittelbar. Die Finanzverwaltung kann im Rahmen der Veranlagung eine eigenständige Beurteilung vornehmen. Abweichungen können zu Erstattungen oder Nachforderungen beim Beschäftigten führen, ohne dass dies die Bindungswirkung der Auskunft für den Arbeitgeber rückwirkend aufhebt.
Verhältnis zu Prüfungen und anderen Instrumenten
Die Anrufungsauskunft steht neben Außenprüfungen im Bereich der Lohnsteuer. Sie dient der Vorabklärung und kann spätere Auseinandersetzungen im Rahmen einer Prüfung reduzieren. Gegenüber anderen Instrumenten zur Vorababsicherung unterscheidet sie sich durch ihren engen Anwendungsbereich auf den Lohnsteuerabzug und die fehlende Bindung für die Einkommensteuerveranlagung.
Datenschutz und Vertraulichkeit
Die im Verfahren übermittelten Informationen unterliegen dem Steuergeheimnis. Die Verwendung der Daten erfolgt zum Zweck der Entscheidung über die lohnsteuerliche Behandlung des konkret geschilderten Sachverhalts.
Häufig gestellte Fragen
Was ist eine Anrufungsauskunft?
Es handelt sich um eine förmliche, mit Bindungswirkung für den Lohnsteuerabzug verbundene Stellungnahme der Finanzverwaltung zu einem genau beschriebenen Sachverhalt aus dem Arbeitsverhältnis. Sie dient der Klärung, wie der Arbeitgeber die Lohnsteuer korrekt einbehalten und abführen soll.
Wer darf eine Anrufungsauskunft beantragen?
Antragsberechtigt sind Arbeitgeber und Beschäftigte. Arbeitgeber nutzen das Verfahren zur Absicherung der Lohnabrechnung; Beschäftigte können Fragen zu der sie betreffenden lohnsteuerlichen Behandlung vorbringen.
Welche Themen eignen sich für eine Anrufungsauskunft?
Gegenstand sind lohnsteuerliche Einzelfragen, etwa die Einordnung von Geld- oder Sachzuwendungen, die Anwendung von Steuerbefreiungen, die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung, die Bewertung von Vorteilen wie Dienstwagen oder die Behandlung von Reise- und Umzugskosten.
Wie verbindlich ist die Anrufungsauskunft?
Sie bindet die Finanzverwaltung im Bereich des Lohnsteuerabzugs für den konkret beschriebenen Sachverhalt. Für die persönliche Einkommensteuerveranlagung der betroffenen Person entfaltet sie keine unmittelbare Bindung.
Gilt die Anrufungsauskunft auch für die Einkommensteuerveranlagung?
Nein. Die Auskunft ist auf den Lohnsteuerabzug beschränkt. Im Rahmen der späteren Veranlagung kann die Finanzverwaltung den Sachverhalt eigenständig beurteilen.
Welche Kosten entstehen?
Für die Anrufungsauskunft werden in der Praxis keine Gebühren erhoben. Zusätzliche Kosten können sich lediglich aus dem internen Aufwand für die Sachverhaltsdarstellung und Kommunikation ergeben.
Kann eine Anrufungsauskunft widerrufen oder geändert werden?
Ja. Eine Anpassung ist möglich, insbesondere bei geänderten tatsächlichen Umständen, einer neuen Rechtsauffassung oder unvollständiger oder unzutreffender Sachverhaltsdarstellung. Wirkungen betreffen regelmäßig die Zukunft.
Welches Finanzamt ist zuständig?
Zuständig ist im Regelfall das Finanzamt, das den Lohnsteuerabzug des Arbeitgebers verwaltet. Dadurch wird die Beurteilung an der Stelle getroffen, an der die Lohnsteuer administriert wird.