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Anhängigkeit

 

Definition und Begriffserklärung von Anhängigkeit

Der Begriff „Anhängigkeit“ bezeichnet im rechtlichen Kontext den Zustand eines Verfahrens- oder Rechtsstreits, sobald dieser formal bei einer zuständigen Stelle, beispielsweise Gericht oder Behörde, eingeleitet wurde und dort zur Entscheidung ansteht. Sobald eine Klage, ein Antrag oder eine andere Verfahrensschrift bei einer solchen Stelle eingegangen ist und damit die Bearbeitung eröffnet wurde, gilt das Verfahren als „anhängig“.

Formelle Definition

Formell betrachtet beginnt die Anhängigkeit mit dem ordnungsgemäßen Eingang einer Klage oder eines Antrags bei einer Behörde oder einem Gericht, unabhängig davon, ob dieses Verfahren bereits förmlich angenommen, registriert oder dem Gegner zugestellt wurde.

Verständliche Definition

Laienverständlich ausgedrückt bedeutet Anhängigkeit, dass eine Angelegenheit offiziell einer staatlichen Stelle, etwa einem Gericht, zur Entscheidung vorgelegt wurde und diese Stelle über den Sachverhalt befinden muss.


Allgemeine Bedeutung und Relevanz der Anhängigkeit

Der Begriff Anhängigkeit spielt insbesondere im deutschen Verfahrensrecht eine zentrale Rolle. Er markiert den Beginn eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens, hat aber auch prozessuale Auswirkungen auf etwaige Fristen, Zuständigkeiten und das weitere Verfahren. Anhängigkeit unterscheidet sich von der „Schwebelage“ oder von der bloßen rechtlichen Möglichkeit, beispielsweise einen Antrag zu stellen.

Funktionen im Rechtssystem

  • Schutz vor Doppelverfahren (Rechtshängigkeit)
  • Fristenberechnung
  • Verfahrensfortgang
  • Bindungswirkung für Parteien

Die Kenntnis über den Eintritt der Anhängigkeit ermöglicht beteiligten Personen und Stellen die Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten, beispielsweise durch Einlegungen von Rechtsmitteln, Anträgen oder durch Geltendmachung von Einreden.


Rechtliche Besonderheiten und gesetzliche Regelungen

Zentrale Regelungen zur Anhängigkeit

Die Anhängigkeit ist in unterschiedlichen Verfahrensordnungen gesetzlich geregelt. Zu den wichtigsten Vorschriften zählen:

  • Zivilprozessordnung (ZPO)

– § 253 Abs. 1, § 261 ZPO (Klage, Rechtshängigkeit und Verfahren)

  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)

– § 81, § 90 VwGO (Klageerhebung)

  • Strafprozessordnung (StPO)

– § 151 StPO (Anklageerhebung)

  • Finanzgerichtsordnung (FGO)

– § 63 FGO (Klageerhebung, Zuständigkeit)

Diese Regelungen legen jeweils fest, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Moment eine Sache vor einer Gerichts- oder Verwaltungsstelle als anhängig gilt.

Unterschied zur Rechtshängigkeit

Der Begriff „Anhängigkeit“ muss von der so genannten „Rechtshängigkeit“ unterschieden werden. Während die Anhängigkeit mit Einreichung der Klageschrift beginnt, tritt die Rechtshängigkeit beispielsweise im Zivilprozess erst mit Zustellung der Klageschrift an den Beklagten ein (§ 261 Abs. 1 ZPO). Beide Begriffe stehen also in einem engen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang, entfalten aber unterschiedliche Wirkungen.


Typische Kontexte der Anhängigkeit

Zivilrechtliche Verfahren

In zivilrechtlichen Streitigkeiten markiert die Anhängigkeit den Zeitpunkt, zu dem die Klage bei Gericht eingereicht wird. Ab diesem Moment läuft für das Gericht und die Parteien das formale Verfahren, Fristen beginnen zu laufen und gewisse prozessuale Wirkungen setzen ein (z. B. Hemmung der Verjährung).

Verwaltungsverfahren

Auch im Verwaltungsrecht wird mit der Anhängigkeit eines Verfahrens der formale Beginn des Verwaltungsprozesses markiert. Ein Beispiel ist ein Widerspruchsverfahren gegen einen Behördenbescheid, das ab Eingang des Widerspruchs als anhängig gilt.

Strafverfahren

Im Strafrecht beginnt die Anhängigkeit mit der Anklageerhebung bei einem Strafgericht oder mit der Beantragung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft. Die Rechte und Pflichten aller Verfahrensbeteiligten richten sich ab diesem Zeitpunkt nach dem Stand des Verfahrens.

Wirtschaft und Alltag

Der Begriff findet in abgewandelter Form auch in wirtschaftlichen oder alltäglichen Zusammenhängen Anwendung. Beispielsweise kann von anhängigen Patentanmeldungen, Insolvenzverfahren oder Verwaltungsverfahren gesprochen werden, sobald diese offiziell bei der zuständigen Stelle eingebracht wurden.


Gesetzliche Vorschriften und Verfahrensarten

Zivilprozessordnung (ZPO)

Beginn der Anhängigkeit

Gemäß § 253 Abs. 1 ZPO wird ein Zivilrechtsstreit anhängig, sobald die Klageschrift bei Gericht eingereicht ist.

Wirkungen der Anhängigkeit

Zu den wichtigsten Folgen zählen unter anderem:

  • Hemmung der Verjährung des Anspruchs (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB)
  • Gerichtliche Bindung an die Streitsache
  • Möglichkeit verfahrensrechtlicher Anträge durch beide Parteien

Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)

Die VwGO sieht die Anhängigkeit mit Klageerhebung (mindestens der Einreichung der Klageschrift) vor. Auch hier sind mit der Anhängigkeit verschiedene Verfahrensrechte und insbesondere Fristenwahrungen verknüpft.

Strafprozessordnung (StPO)

Nach § 151 StPO ist das Verfahren mit „Erhebung der öffentlichen Klage“ anhängig. Zu diesem Zeitpunkt übernimmt das zuständige Gericht die Prozessführung, während zuvor die Staatsanwaltschaft Ermittlungen vornimmt.

Finanzgerichtsordnung (FGO)

Im finanzgerichtlichen Verfahren entsteht die Anhängigkeit mit Einreichung der Klageschrift gemäß § 63 FGO.


Auswirkungen und Folgeerscheinungen der Anhängigkeit

Hemmung der Verjährung

Ein wesentliches Element der Anhängigkeit besteht darin, dass mit Beginn des Verfahrens unter bestimmten Voraussetzungen die Verjährung des zur Entscheidung stehenden Anspruchs gehemmt wird. Wurde etwa eine Klage ordnungsgemäß eingereicht, läuft die Verjährungsfrist nicht weiter.

Prozessuale Bindungswirkung

Mit Eintritt der Anhängigkeit sind sowohl die Parteien als auch das Gericht oder die Behörde an das Verfahren gebunden. Änderungen oder Erweiterungen des Streitgegenstandes sowie die Rücknahme von Anträgen unterliegen nun bestimmten gesetzlichen Anforderungen.

Unzulässigkeit von Parallelverfahren

Durch die Anhängigkeit kann ein erneutes Verfahren über denselben Streitgegenstand („doppeltes Verfahren“) unzulässig sein.


Häufige Problemstellungen und Besonderheiten im Zusammenhang mit Anhängigkeit

Im Zusammenhang mit dem Eintritt und Bestehen von Anhängigkeit treten regelmäßig folgende Herausforderungen auf:

  • Unklare Zuständigkeit: Zweifel an der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts oder der Behörde
  • Abgrenzungsfragen: Wann ist von Anhängigkeit bzw. Rechtshängigkeit zu sprechen?
  • Verzögerungen: Verzögerter Eingang von Klagen oder Anträgen, insbesondere bei Fristwahrung
  • Mehrfache Verfahren: Eröffnung paralleler Verfahren wegen Unkenntnis über bestehende Anhängigkeiten
  • Formfehler: Nicht ordnungsgemäße Einleitung des Verfahrens oder fehlende Unterlagen, die die Anhängigkeit verhindern oder verteuern

Typische Anwendungsbeispiele

Eine Aufzählung typischer Konstellationen, in denen der Begriff Anhängigkeit eine Rolle spielt:

  • Einreichen einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht
  • Widerspruch gegen einen Steuerbescheid beim Finanzamt
  • Antragstellung auf einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht
  • Einleitung eines Mahnverfahrens
  • Klage auf Zahlung im Zivilrechtsstreit

Übersicht: Wichtige Aspekte der Anhängigkeit

Zusammenfassend lassen sich die wichtigsten Gesichtspunkte der Anhängigkeit wie folgt darstellen:

  • Beginn: Die Anhängigkeit beginnt mit Einreichung eines förmlichen Antrags (meist Klage, oft auch Antrag) bei einem sachlich und örtlich zuständigen Gericht oder einer Behörde.
  • Rechtliche Folgen: Hemmung der Verjährung, Bindungswirkung, Festlegung der Sach- und Rechtslage für das Verfahren, ggf. Beginn von Fristen
  • Unterscheidung: Die Anhängigkeit markiert lediglich das prozessuale „Stadium vorher“ gegenüber der weitergehenden Rechtshängigkeit.
  • Anwendungsbereiche: Zivil-, Verwaltungs-, Straf- und Finanzgerichtsverfahren, daneben auch in spezifischen Wirtschaftszweigen wie Patent- und Markenrecht, Insolvenzrecht oder Verwaltungsrecht
  • Problemstellungen: Unklare Zuständigkeiten, Fristversäumnisse, parallele Verfahren, Abgrenzung zur Rechtshängigkeit

Zusammenfassung und Bedeutung der Anhängigkeit

Anhängigkeit ist ein zentraler Begriff des Prozessrechts und kennzeichnet das offizielle Einleiten eines rechtlichen Verfahrens bei Gericht oder Behörde. Sie stellt die Grundlage für die weitere Bearbeitung des Streitfalls dar und ist mit zahlreichen rechtlichen Konsequenzen verbunden, insbesondere in Bezug auf Fristen, Verjährung und Zuständigkeiten. Die genaue Unterscheidung zur Rechtshängigkeit sowie das korrekte Handling des Eintritts von Anhängigkeit sind vor allem für alle am Verfahren Beteiligten von Bedeutung: Parteien, Gerichte, Behörden und sonstige Verfahrensbeteiligte.

Die Kenntnis über die Anhängigkeit und deren rechtlichen Auswirkungen ist insbesondere für Personen relevant, die einen Anspruch geltend machen, gegen Entscheidungen vorgehen oder Teil eines förmlichen Verfahrens werden wollen. Fehler im Umgang mit der Anhängigkeit können unter Umständen zum Verlust von Rechten oder zur Unzulässigkeit von Verfahren führen.


Hinweis: Für die genaue Bestimmung der Folgen der Anhängigkeit im Einzelfall sind die jeweiligen prozessualen Vorschriften der zuständigen Verfahren maßgeblich. Die Beachtung von Fristen, Formvorschriften und Zuständigkeiten sollte stets sichergestellt werden.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet der Begriff „Anhängigkeit“ im rechtlichen Kontext?

Im rechtlichen Kontext bezeichnet „Anhängigkeit“ den Zustand eines gerichtlichen Verfahrens, sobald eine Klage, ein Antrag oder ein sonstiges Rechtsschutzbegehren bei einem Gericht oder einer Behörde eingereicht wurde. Ab diesem Zeitpunkt gilt das Verfahren als anhängig, bis über den jeweiligen Rechtsstreit rechtskräftig entschieden wurde oder das Verfahren anderweitig beendet wird.


Ab wann beginnt und wann endet die Anhängigkeit eines Verfahrens?

Die Anhängigkeit beginnt mit Eingang der Klageschrift, des Antrags oder eines Schriftsatzes bei dem zuständigen Gericht oder der zuständigen Behörde. Sie endet, sobald das Verfahren durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossen, zurückgenommen oder anderweitig erledigt wurde.


Welchen rechtlichen Unterschied gibt es zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit?

Die Begriffe „Anhängigkeit“ und „Rechtshängigkeit“ werden häufig synonym verwendet, bezeichnen jedoch unterschiedliche Verfahrensstadien. Die Anhängigkeit entsteht bereits mit der Einreichung der Klage oder des Antrags bei Gericht. Die Rechtshängigkeit tritt in Zivilverfahren hingegen erst mit der Zustellung der Klage an den Beklagten ein und löst bestimmte Rechtswirkungen aus, etwa in Bezug auf Verjährungshemmung und die Bindung des Streitgegenstands.


Welche Bedeutung hat die Anhängigkeit für das weitere Verfahren?

Mit Eintritt der Anhängigkeit sind bereits bestimmte Verfahrensregeln zu beachten, wie etwa das Verbot der anderweitigen Rechtshängigkeit und die Bindung an das angerufene Gericht. Zudem können bereits vor der Rechtshängigkeit einzelne prozessuale Handlungen und Anträge gestellt werden. Die Anhängigkeit ist somit Grundlage für den Fortgang und die Wirksamkeit des gerichtlichen Verfahrens.


Kann ein Verfahren trotz Anhängigkeit beendet werden, ohne dass eine Entscheidung in der Sache ergeht?

Ja, ein anhängiges Verfahren kann beispielsweise durch Rücknahme der Klage oder des Antrags, durch Vergleich oder durch Erledigung der Hauptsache beendet werden. In solchen Fällen endet die Anhängigkeit, ohne dass das Gericht eine inhaltliche Entscheidung über den Streitgegenstand trifft.


Welche Auswirkungen hat die Anhängigkeit auf die Verjährung eines Anspruchs?

Die Anhängigkeit eines Verfahrens kann auf den Lauf der Verjährungsfrist Einfluss haben. In Zivilverfahren wird die Verjährung jedoch in der Regel erst mit Rechtshängigkeit – also mit Zustellung der Klage – gehemmt. Die bloße Anhängigkeit (Eingang der Klage) allein reicht hierfür grundsätzlich nicht aus.


Gibt es Unterschiede der Anhängigkeit in verschiedenen Verfahrensarten?

Ja, die genaue Bedeutung und die verfahrensrechtlichen Konsequenzen der Anhängigkeit können je nach Verfahrensart (z.B. Zivil-, Straf-, Verwaltungs- oder Sozialverfahren) unterschiedlich ausgestaltet sein. In der jeweiligen Prozessordnung sind Regelungen dazu getroffen, ab wann ein Verfahren als anhängig gilt und welche Rechtsfolgen daran geknüpft sind.

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