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Angeschuldigter

Begriff und Einordnung

Der Begriff „Angeschuldigter“ bezeichnet eine Person, gegen die eine öffentliche Anklage bei Gericht erhoben wurde und über deren Zulassung zur Hauptverhandlung das Gericht noch nicht entschieden hat. Diese Verfahrensstellung liegt zwischen dem Ermittlungsstadium und der eigentlichen Gerichtsverhandlung. Sie kennzeichnet die Phase, in der das Gericht prüft, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird.

Definition

Als Angeschuldigter gilt, wer nach Abschluss der Ermittlungen durch die Strafverfolgungsbehörde mit einer Anklageschrift an ein Gericht bezeichnet wurde. Das Gericht hat die Anklage zu prüfen, jedoch die Hauptverhandlung noch nicht eröffnet. Der Status ist vorläufig und endet mit der Entscheidung des Gerichts, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

  • Verdächtiger: Person, zu der erste Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen, ohne förmliche Beteiligung am Verfahren.
  • Beschuldigter: Person, gegen die sich ein Ermittlungsverfahren richtet; dieser Status besteht während der Ermittlungen.
  • Angeschuldigter: Person nach Erhebung der Anklage, solange das Gericht die Eröffnung der Hauptverhandlung noch prüft.
  • Angeklagter: Person nach der Zulassung der Anklage und Eröffnung der Hauptverhandlung.
  • Verurteilter: Person, gegen die ein Schuldspruch ergangen ist; nach Rechtskraft ist die Bezeichnung endgültig.
  • Betroffener (Ordnungswidrigkeiten): Person in einem Bußgeldverfahren; hier gelten eigene Regeln und Bezeichnungen.

Verfahrensphase des Angeschuldigten

Beginn des Status

Der Status als Angeschuldigter beginnt mit der Einreichung der Anklageschrift bei Gericht. In Fällen des schriftlichen Verfahrens kann er auch mit dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls einsetzen.

Zwischenverfahren

Zwischen Einreichung der Anklage und Eröffnung der Hauptverhandlung prüft das Gericht, ob die Anklage genügend Grundlage für eine Verurteilung in der Hauptverhandlung bietet. Mögliche Schritte in dieser Phase sind:

  • Übersendung der Anklageschrift an die angeschuldigte Person mit Gelegenheit zur Stellungnahme.
  • Einholung weiterer Unterlagen oder Beweise, falls zur Beurteilung erforderlich.
  • Entscheidung über die Eröffnung der Hauptverhandlung, eine Einstellung oder die Ablehnung der Eröffnung.
  • In geeigneten Fällen Entscheidung im Strafbefehlsverfahren ohne Hauptverhandlung.

Ende des Status

Der Status endet mit dem gerichtlichen Beschluss: Entweder wird die Hauptverhandlung eröffnet (die Person wird Angeklagter) oder die Eröffnung wird abgelehnt bzw. das Verfahren eingestellt.

Rechte des Angeschuldigten

Grundlegende Verfahrensrechte

  • Recht, sich zur Anklage zu äußern oder zu schweigen.
  • Recht auf Beistand durch eine Verteidigungsperson und auf Kommunikation mit dieser.
  • Recht auf faires Verfahren und unparteiisches Gericht.
  • Recht auf Übersetzung und Dolmetschen, wenn erforderlich.

Information und Akteneinsicht

Die angeschuldigte Person erhält Kenntnis von der Anklage und deren Inhalt. Über die Verteidigung kann Einblick in die Ermittlungsakte genommen werden. Das Gericht setzt regelmäßig Fristen, innerhalb derer Stellungnahmen oder Anträge möglich sind.

Anträge und Einwendungen

  • Vorbringen zur Frage, ob die Hauptverhandlung eröffnet werden soll.
  • Hinweise auf Verfahrenshindernisse (z. B. Zuständigkeit, Verjährung) und entsprechende Einwendungen.
  • Beweisanregungen und Beweisanträge, soweit für die Eröffnungsentscheidung bedeutsam.
  • Ablehnung von Gerichtspersonen wegen Besorgnis der Befangenheit.

Teilnahme und Anwesenheit

Im Zwischenverfahren finden in der Regel keine öffentlichen Verhandlungen statt. Erscheinenstermine können dennoch angeordnet werden. Wird zur Hauptverhandlung eröffnet, besteht für die Angeklagte oder den Angeklagten grundsätzlich Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung.

Pflichten und Mitwirkung

Identitätsfeststellung und Ladungen

Die angeschuldigte Person ist zur Angabe von Personalien verpflichtet. Anordnungen zu Erreichbarkeit und Ladungen sind zu beachten. Bei Nichterscheinen kann das Gericht Zwangsmittel anordnen.

Duldung bestimmter Maßnahmen

Unter Voraussetzungen sind Eingriffe möglich, etwa Durchsuchungen, Sicherstellungen, erkennungsdienstliche Maßnahmen oder Maßnahmen zur Telekommunikationsüberwachung. Der Umfang richtet sich nach dem Grad des Tatverdachts und der Erforderlichkeit zur Sicherung des Verfahrens.

Kostenaspekte

Im Falle einer Verurteilung können Verfahrenskosten auferlegt werden. Bei einer Einstellung oder einem Freispruch kommt eine Kostenerstattung in Betracht. Der konkrete Umfang richtet sich nach der Entscheidung und den gesetzlichen Vorgaben.

Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen

Vorläufige Festnahme und Untersuchungshaft

Bei dringendem Verdacht und besonderen Voraussetzungen kann Untersuchungshaft angeordnet werden. Auch Meldeauflagen oder andere Auflagen zur Sicherung des Verfahrens sind möglich.

Auflagen und Weisungen

Anstelle oder neben Haft können Auflagen angeordnet werden, etwa Meldepflichten oder Kontaktbeschränkungen. Ziel ist die Sicherung der Verfahrensdurchführung.

Vermögenssicherung

Zur Sicherung einer möglichen Einziehung oder Verfallsanordnung kann Vermögen vorläufig gesichert werden. Diese Maßnahmen dienen der Absicherung von Ansprüchen und der Sicherstellung der Vermögensabschöpfung.

Besondere Konstellationen

Jugendstrafverfahren

Auch im Jugendstrafverfahren existiert die Stellung des Angeschuldigten. Dort stehen erzieherische Gesichtspunkte im Vordergrund; Verfahrensabläufe und Rechtsfolgen sind auf das Alter und die Entwicklung zugeschnitten.

Nebenklage und Privatklage

Verletzte können unter Voraussetzungen als Nebenkläger auftreten. Dies beeinflusst die Verfahrensgestaltung, etwa durch Beteiligungsrechte in der Beweisaufnahme. In Privatklageverfahren nimmt die angeschuldigte Person eine vergleichbare Stellung gegenüber dem privaten Anklagevorwurf ein.

Strafbefehl

Bei bestimmten Delikten kann das Gericht auf Antrag über einen Strafbefehl entscheiden. In dieser Konstellation wird die angeschuldigte Person regelmäßig schriftlich mit dem Vorwurf und der beabsichtigten Rechtsfolge konfrontiert.

Dokumente und Kommunikation

Anklageschrift

Die Anklageschrift bezeichnet die beschuldigte Tat, benennt Beweismittel und richtet sich an ein konkret zuständiges Gericht. Mit ihrer Zustellung wird die angeschuldigte Person in die Lage versetzt, zum Vorwurf Stellung zu nehmen.

Gerichtliche Entscheidungen im Zwischenverfahren

Das Gericht trifft Entscheidungen zur Zulassung der Anklage, zu Beweiserhebungen, zu Zwangsmaßnahmen und zur Frage, ob das Verfahren eingestellt oder eröffnet wird. Diese Entscheidungen werden förmlich mitgeteilt und können teils mit Rechtsmitteln angegriffen werden.

Übergang in den Status des Angeklagten

Eröffnungsbeschluss und Hauptverhandlung

Wird die Anklage zugelassen, eröffnet das Gericht die Hauptverhandlung. Ab diesem Zeitpunkt ist die Person Angeklagter. Es schließen sich Beweisaufnahme, Plädoyers und die Entscheidung des Gerichts an. Bleibt es bei der Ablehnung der Eröffnung oder einer Einstellung, endet die Stellung als Angeschuldigter ohne Hauptverhandlung.

Häufig gestellte Fragen

Ab wann gilt eine Person als Angeschuldigter?

Ab dem Zeitpunkt, in dem die Strafverfolgungsbehörde eine Anklageschrift bei Gericht einreicht und das Gericht noch nicht über die Eröffnung der Hauptverhandlung entschieden hat.

Wodurch unterscheidet sich der Angeschuldigte vom Beschuldigten?

Der Beschuldigte befindet sich im Ermittlungsverfahren. Der Angeschuldigte ist die Person nach Erhebung der Anklage, während das Gericht im Zwischenverfahren die Zulassung zur Hauptverhandlung prüft.

Welche Rechte hat der Angeschuldigte in der Prüfungsphase des Gerichts?

Er hat das Recht, zur Anklage zu schweigen oder sich zu äußern, Anträge und Einwendungen vorzubringen, über seine Verteidigung Akteneinsicht zu erhalten und eine unparteiische Entscheidung zu erwarten.

Kann das Gericht ohne Hauptverhandlung entscheiden?

In bestimmten Fällen ist eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren mittels Strafbefehl möglich. Ob dies in Betracht kommt, hängt von Art und Schwere des Vorwurfs sowie den Verfahrensvoraussetzungen ab.

Welche Folgen hat die Eröffnung der Hauptverhandlung?

Mit der Eröffnung wird die Person Angeklagter. Es folgt die mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme, die in ein Urteil oder eine andere abschließende Entscheidung münden kann.

Welche Zwangsmaßnahmen kommen gegenüber Angeschuldigten in Betracht?

Unter Voraussetzungen sind Maßnahmen wie Durchsuchung, Sicherstellung, Vermögenssicherung, Auflagen oder Untersuchungshaft möglich, wenn sie zur Sicherung des Verfahrens oder zur Abwehr von Flucht- oder Verdunkelungsgefahren erforderlich erscheinen.

Endet der Status als Angeschuldigter auch bei einer Einstellung?

Ja. Wird die Eröffnung der Hauptverhandlung abgelehnt oder das Verfahren eingestellt, endet die Stellung als Angeschuldigter ohne Übergang in den Status des Angeklagten.