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Androhung von Straftaten


Begriff und rechtliche Einordnung der Androhung von Straftaten

Die Androhung von Straftaten ist ein rechtlich relevanter Begriff, der die Ankündigung oder das In-Aussicht-Stellen einer zukünftigen rechtswidrigen Handlung gegenüber einer anderen Person umfasst. Diese Verhaltensweise ist insbesondere im deutschen Strafrecht geregelt und wird je nach Kontext und Schwere der angedrohten Straftat unterschiedlich sanktioniert. Die Androhung dient häufig dazu, bei der bedrohten Person Furcht oder Druck auszuüben, um diese zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen oder zu beeinflussen.

Abgrenzung zur Drohung und Bedrohung

Die Androhung von Straftaten unterscheidet sich begrifflich von der allgemeinen Drohung, wobei letztere jede Ankündigung eines Übels umfasst. Die Androhung einer Straftat ist eine spezielle Form der Drohung, die sich explizit auf zukünftige, gesetzlich normierte rechtswidrige Handlungen bezieht. Im Unterschied dazu muss bei der Bedrohung (§ 241 StGB [Strafgesetzbuch]) ausdrücklich mit einer erheblichen Straftat gedroht werden, damit der Tatbestand erfüllt ist.


Strafrechtliche Regelungen

Bedrohung gem. § 241 StGB

Der zentrale Straftatbestand im deutschen Recht ist die Bedrohung nach § 241 StGB. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht:

§ 241 StGB – Bedrohung:

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Definition des Verbrechens

Ein Verbrechen ist nach § 12 Abs. 1 StGB eine rechtswidrige Tat, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr bedroht ist. Damit sind mittelschwere bis schwere Rechtsverletzungen abgedeckt, einfache Straftaten (Vergehen) sind ausgenommen.

Täter- und Tatobjekte

Täter kann jede natürliche, strafmündige Person sein. Tatobjekt ist eine andere natürliche Person oder eine ihr nahestehende Person. Die Androhung kann mündlich, schriftlich oder auf sonstige Weise erfolgen.


Weitere einschlägige Straftatbestände

Neben § 241 StGB bestehen weitere Tatbestände, bei denen die Androhung einer Straftat eine Rolle spielt:

  • Erpressung (§ 253 StGB): Die Drohung mit einem empfindlichen Übel zwecks Vermögensverschiebung, wobei auch die Androhung einer Straftat erfasst sein kann.
  • Nötigung (§ 240 StGB): Die Drohung mit einer rechtswidrigen Handlung, um zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen.
  • Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB): Das Androhen von bestimmten schweren Straftaten mit dem Ziel, die Öffentlichkeit zu beunruhigen.

Störung des öffentlichen Friedens (§ 126 StGB)

Nach § 126 StGB wird bestraft, wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften mit einer schweren Straftat, wie Mord, Totschlag oder Brandstiftung, droht:

  • Die Tat muss geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören.
  • Geschützt wird das Interesse der Allgemeinheit an einem ungestörten öffentlichen Zusammenleben.

Voraussetzungen und Merkmale der Androhung

Objektive Voraussetzungen

  • Ankündigung einer Straftat: Die Drohung muss die Begehung einer konkreten, im Strafgesetzbuch sanktionierten Handlung zum Inhalt haben.
  • Ernsthaftigkeit: Die Ankündigung muss geeignet erscheinen, bei einem durchschnittlichen Empfänger den Eindruck zu erwecken, dass die angekündigte Straftat tatsächlich begangen wird.
  • Empfang: Die Androhung muss einer bestimmten Person oder, im Fall der öffentlichen Bedrohung, einer unbestimmten Vielzahl von Personen zugehen.
  • Eignung zur Beunruhigung: Gerade bei § 126 StGB muss die Androhung geeignet sein, den öffentlichen Frieden zu stören.

Subjektive Voraussetzungen

  • Vorsatz: Der Täter muss in Kenntnis und mit Willen der Verwirklichung des objektiven Tatbestands handeln.
  • Beabsichtigte Einschüchterung: In Einzelfällen ist auch erforderlich, dass der Täter auf eine Einschüchterung des Opfers oder der Allgemeinheit abzielt.

Abgrenzungen und Sonderkonstellationen

Unterschied zur Ankündigung tatsächlicher Handlungen

Nicht jede undifferenzierte Überlegung über ein mögliches Verhalten stellt bereits eine Androhung dar. Erforderlich ist die verbindliche, ernsthafte In-Aussicht-Stellung einer konkreten Straftat.

Scherz und Unernstlichkeit

Droht eine Person erkennbar im Scherz mit einer Straftat, entfällt der Tatbestand. Hier ist entscheidend, wie die Androhung aus Sicht eines verständigen Empfängers erscheint (Empfängerhorizont).


Strafmaß und Sanktionen

Die Strafen für die Androhung von Straftaten richten sich nach dem jeweils verwirklichten Tatbestand:

  • Bedrohung (§ 241 StGB): Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
  • Störung des öffentlichen Friedens (§ 126 StGB): Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
  • Erpressung (§ 253 StGB): Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe; im besonders schweren Fall (z. B. mit Waffe) bis zu zehn Jahre.

Zusätzlich können bei Bedrohungen mit Tötungsdelikten (z. B. Mord) Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz beantragt werden.


Rechtsfolgen und präventive Maßnahmen

Schutzmöglichkeiten für Betroffene

Betroffene einer Androhung von Straftaten können neben der strafrechtlichen Anzeige oftmals zivilrechtliche Schutzmaßnahmen ergreifen. Häufig wird ein Kontakt- oder Näherungsverbot zur Gefahrenabwehr beantragt.

Bedeutung für die Öffentliche Sicherheit

Die Androhung von schweren Straftaten zählt zu den Delikten, bei denen Polizei und Behörden bei Gefahrenlage präventiv eingreifen, etwa durch Gefährderansprachen oder Platzverweise.


Zusammenfassung

Die Androhung von Straftaten ist ein vielschichtiger Rechtsbegriff, der im Strafrecht insbesondere bei Bedrohung (§ 241 StGB), Erpressung (§ 253 StGB), Nötigung (§ 240 StGB) und Störung des öffentlichen Friedens (§ 126 StGB) eine Rolle spielt. Entscheidend ist stets, dass die Ankündigung einer strafbaren Handlung geeignet ist, Angst oder Druck auszuüben. Je nach Kontext und Schwere werden unterschiedliche Sanktionen fällig. Im Einzelfall kommt auch der zivilrechtliche Schutz in Frage. Die genaue juristische Qualifikation hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere hinsichtlich der Art der angedrohten Straftat, der Ernsthaftigkeit und der intendierten Wirkung der Ankündigung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei der Androhung von Straftaten?

Die Strafen für die Androhung von Straftaten hängen im deutschen Recht maßgeblich von der konkret angedrohten Tat und den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich fällt die Androhung einer Straftat unter § 241 Strafgesetzbuch (StGB), der die Bedrohung regelt. Wird etwa mit der Begehung eines gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder einer schweren Sachbeschädigung gerichteten Delikts gedroht, kann dies mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Erfolgt die Drohung gegen eine Person des öffentlichen Lebens aufgrund ihres Amtes oder ihrer Tätigkeit, kann das Strafmaß steigen. Werden besonders schwere Straftaten, wie Mord oder besonders schwere Körperverletzungen, angedroht, kann dies als Qualifikation eine höhere Strafe nach sich ziehen. Neben der strafrechtlichen Ahndung können auch zivilrechtliche Ansprüche, etwa auf Unterlassung und Schadensersatz, entstehen.

Wann gilt eine Äußerung rechtlich als Androhung einer Straftat?

Für das Vorliegen einer rechtswidrigen Androhung einer Straftat ist maßgeblich, dass der Täter einer anderen Person die Begehung eines künftigen, gegen sie oder eine ihr nahestehende Person gerichteten, illegalen Aktes in Aussicht stellt. Es reicht aus, wenn das Opfer die Ankündigung ernst nimmt und begründete Furcht empfindet. Die Drohung muss konkret und bestimmt genug sein, sodass das Opfer klar erkennt, was ihm drohen könnte. Die Handlung muss nicht tatsächlich beabsichtigt sein, es genügt die glaubhafte Ankündigung. Auch das Motiv oder die Ernsthaftigkeit des Täters sind für die Strafbarkeit unerheblich, maßgeblich ist der Erfolg der Bedrohung beim Opfer. Die Mitteilung kann mündlich, schriftlich oder sogar durch schlüssige Gesten erfolgen.

Ist der Versuch einer Androhung einer Straftat bereits strafbar?

Im deutschen Strafrecht ist grundsätzlich der Versuch der Bedrohung nicht strafbar. Eine Strafbarkeit nach § 241 StGB setzt voraus, dass das Opfer die Drohung wahrnimmt und einen Bedrohungserfolg verspürt, also sich bedroht fühlt. Scheitert die Androhung, weil das Opfer etwa die Mitteilung nicht versteht oder den Täter nicht ernst nimmt, kommt keine Strafbarkeit wegen vollendeter Bedrohung in Betracht. Ein Versuch liegt etwa vor, wenn die Drohung zwar geäußert wird, das Opfer sie aber nicht realisiert. In solchen Fällen ist mangels Erfolgs kein Straftatbestand erfüllt.

Welche Rolle spielt das subjektive Empfinden des Opfers bei der rechtlichen Bewertung?

Beim Tatbestand der Androhung einer Straftat spielt das subjektive Empfinden des Opfers eine zentrale Rolle. Es muss nachweisbar sein, dass beim Opfer tatsächlich Angst oder Unruhe ausgelöst wurde, indem es die Drohung ernst genommen hat. Entscheidend ist nicht, wie der Täter seine Worte meint, sondern wie sie beim Opfer ankommen. Die Rechtsprechung beachtet dabei, ob aus Sicht eines objektiven Dritten die Drohung geeignet war, die angekündigte Angst hervorzurufen. Besonders schutzwürdige Personen wie Kinder oder Menschen mit Behinderung werden dabei besonders berücksichtigt.

Kann eine Androhung von Straftaten auch über digitale Medien strafbar sein?

Ja, die Androhung von Straftaten kann unabhängig vom Kommunikationsweg erfolgen, also auch über digitale Medien wie E-Mail, Messenger-Dienste (WhatsApp, Telegram), soziale Netzwerke oder Foren. Der Gesetzgeber stellt nicht darauf ab, wie die Drohung übermittelt wird. Entscheidend ist, dass die angekündigte Straftat glaubhaft gemacht wird und das Opfer sie zur Kenntnis nimmt. Gerade im digitalen Zeitalter ist es gängige Praxis, auch anonyme oder pseudonyme Bedrohungen zu verfolgen. Die Ermittlungsbehörden können, soweit notwendig, IP-Adressen und weitere digitale Spuren sichern, um die Täterschaft nachzuweisen.

Welche Bedeutung hat die Ernsthaftigkeit der Drohung für die Strafbarkeit?

Die Ernsthaftigkeit der Drohung ist nicht unmittelbar Tatbestandsmerkmal, dennoch kann sie im Rahmen der Ermittlungen und im Strafverfahren eine Rolle spielen. Für die Strafbarkeit nach § 241 StGB genügt die objektive Geeignetheit der Drohung zur Erzeugung von Angst, unabhängig davon, ob der Täter tatsächlich beabsichtigt, die angedrohte Tat auszuführen. Selbst sogenannte Spaßdrohungen oder Übertreibungen können strafbar sein, wenn sie beim Opfer den Eindruck einer ernsthaften Bedrohung erzeugen. Lediglich offensichtlich humorvolle oder nicht ernst gemeinte Aussagen („Scherze“) führten in der Regel nicht zur Strafbarkeit, wenn sie für einen objektiven Betrachter als solche erkennbar sind.

Gibt es besondere Schutzvorschriften für bestimmte Berufsgruppen?

Ja, insbesondere Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit besonderen Bedrohungen ausgesetzt sind – wie Politiker, Justizangehörige, Polizeibeamte oder Journalisten – stehen unter spezifischem Schutz. Der Gesetzgeber sieht in § 241 Abs. 2 StGB eine Qualifikation vor, wenn eine Bedrohung gegen eine solche Person in Ausübung ihres Amtes oder ihrer Tätigkeit erfolgt. In diesen Fällen fällt das Strafmaß regelmäßig höher aus und die Strafverfolgung erfährt ein gesteigertes öffentliches Interesse. Auch zusätzliche Maßnahmen wie Gefährderansprachen, Aufenthaltsverbote oder Personenschutz können angeordnet werden.

Welche Rolle spielt die Anzeigeerstattung für die Strafverfolgung?

Androhung einer Straftat stellt in der Mehrzahl der Fälle ein Offizialdelikt dar, das heißt, die Strafverfolgungsbehörden müssen aktiv werden, sobald sie Kenntnis von der Tat erhalten. Eine Anzeige durch das Opfer ist dennoch sinnvoll, da sie zu einer zeitnahen Ermittlungsaufnahme beiträgt und Schutzmaßnahmen eingeleitet werden können. Auch Dritte (z. B. Zeugen oder Arbeitgeber) können eine Anzeige erstatten. Die polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlung erfolgt automatisiert, unabhängig vom Willen des Opfers, kann aber durch einen Strafantrag in Gang gesetzt oder beschleunigt werden. Auf zivilrechtlicher Ebene kann das Opfer zudem einstweilige Verfügungen oder Unterlassungsklagen anstrengen.