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Alliierte Mächte


Begriff und Definition: Alliierte Mächte

Die Bezeichnung Alliierte Mächte, auch als „Alliierte“ oder „Verbündete“ bekannt, beschreibt im völkerrechtlichen Kontext Staatenkoalitionen, die sich zur gemeinsamen Durchführung militärischer und politischer Operationen gegen einen oder mehrere gemeinsame Gegner in Kriegszeiten zusammenschließen. Besonders prägnant manifestiert sich dieser Begriff im Zusammenhang mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, wobei die rechtlichen Grundlagen und Folgen ihres Handelns in zahlreichen internationalen Abkommen, Verträgen und Resolutionen verankert sind.

Rechtsgeschichtlicher Hintergrund

Die Ursprünge der alliierten Mächte als rechtlicher Begriff lassen sich bereits im 19. Jahrhundert erkennen, konkretisiert und formalisiert wurde er jedoch insbesondere im 20. Jahrhundert im Zuge der Weltkriege. Die rechtliche Anerkennung und Einordnung der alliierten Mächte erfolgte durch internationale Gremien, zwischenstaatliche Verträge sowie Resolutionen des Völkerbundes und später der Vereinten Nationen. Die Bedeutung und Befugnisse der Alliierten wurden dabei maßgeblich durch internationale Abkommen geregelt.

Rechtliche Grundlagen und Völkerrechtliche Aspekte

Rechtsstatus der Alliierten

Alliierte Mächte erhielten ihren Rechtsstatus durch Koalitionsverträge, Kooperationsabkommen und formelle Bündnisse. Im Rahmen des Völkerrechts ist das Zusammentreten mehrerer Staaten zur Verteidigung gemeinsamer Interessen rechtlich zulässig, sofern deren Handeln im Einklang mit bestehenden internationalen Normen und Verträgen steht.

Beispiele bedeutender Verträge und Vereinbarungen:

  • Atlantik-Charta (1941)
  • Londoner Protokoll (1944)
  • Jalta- und Potsdamer Abkommen (1945)

Diese Dokumente regelten u. a. das Zusammenwirken, ihre Zuständigkeiten, Entscheidungsmechanismen und das Vorgehen gegenüber besiegten Staaten.

Rechte und Pflichten der Alliierten

Rechtlich bedeutend waren die sich aus dem Bündnis ergebenden Rechte und Pflichten. Diese umfassten:

  • Kriegshandlungen im Rahmen der Haager Landkriegsordnung
  • Wahrung der Menschenrechte gemäß den Genfer Konventionen
  • Wahrnehmung der Besatzungsrechte in besiegten Staaten
  • Aufsicht über Abrüstung, Entnazifizierung und Demokratisierung

Solche Verpflichtungen und Kompetenzen ergaben sich unmittelbar aus völkerrechtlichen Verträgen oder wurden nachträglich durch internationale Gerichtshöfe legitimiert.

Die Alliierten im Kontext des Zweiten Weltkriegs

Bildung und Zusammensetzung

Die Alliierten im Zweiten Weltkrieg bestanden vorrangig aus den „Vier Mächten“: Frankreich, Großbritannien, den USA und der Sowjetunion sowie weiteren Staaten. Die rechtlichen Beziehungen untereinander wurden insbesondere durch das „Vereinte Nationen Abkommen“ von 1942 reglementiert.

Besatzungsrecht und Kontrollrat

Nach Kriegsende übernahmen die alliierten Hauptmächte die Verwaltungs- und Kontrollgewalt über Deutschland und andere besiegte Staaten. Die rechtliche Grundlage dieses „Besatzungsrechts“ wurde im „Londoner Abkommen“ und in den Statuten des Alliierten Kontrollrats geregelt. Die Alliierten erließen dabei Gesetze und Verordnungen mit unmittelbarer Gesetzeskraft und administrative Hoheit, etwa im Bereich der Entmilitarisierung, Reparationen oder politischen Neuordnung.

Rechtswirkung der alliierten Hoheit:

  • Vorrang alliierter Anordnungen vor nationalem Recht der besetzten Gebiete
  • Übernahme der vollen exekutiven, legislativen und judikativen Gewalt durch alliierte Kommandanturen und Verwaltungsstellen
  • Schaffung von Grundlagen für nachfolgende, selbstständige Verfassungen und Staatseinrichtungen nach dem Willen der Alliierten

Nürnberger Prozesse und völkerrechtliche Folgeinstrumente

Ein wesentliches rechtliches Instrumentarium der alliierten Mächte bestand in der Schaffung und Durchführung der Nürnberger Prozesse, in denen erstmals individuelle strafrechtliche Verantwortung für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere internationale Rechtsverstöße geschaffen und umgesetzt wurden.

Nachkriegsordnung und Fortbestehen alliierter Rechte

Fortgeltung alliierter Vorbehaltsrechte

Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bestanden bestimmte alliierte Rechte und Vorbehalte fort, bis diese durch völkerrechtliche Verträge, insbesondere den Zwei-plus-Vier-Vertrag (Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland, 1990), aufgehoben oder eingeschränkt wurden. Beispielhaft zu nennen sind:

  • Stationierungsrechte
  • Residuale Kontrollrechte im Zuge der deutschen Wiedervereinigung
  • Eingriffe in das Hoheitsrecht zur Wahrung alliierter Interessen

Auswirkungen auf das heutige Recht

Obwohl alliierte spezifische Rechte nach Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrags und im Rahmen der deutschen Souveränität weitgehend aufgehoben wurden, haben zahlreiche Regelungen und Präzedenzfälle das internationale und nationale Recht nachhaltig geprägt. Sie bilden noch heute Grundlagen für die Durchsetzung internationalen humanitären Rechts oder das Procedere bei militärischen Konflikten und internationalen Koalitionen.

Zusammenfassung

Der Begriff „Alliierte Mächte“ bezeichnet im völkerrechtlichen Verständnis Staatenkoalitionen, die sich insbesondere in Kriegszeiten zur gemeinsamen Wahrnehmung militärischer, politischer und administrativer Interessen zusammenschlossen. Ihre Rechte, Pflichten und Kompetenzen waren umfassend durch internationale Verträge, Vereinbarungen und Konventionen geregelt. Die rechtlichen Folgen ihrer Handlungen wirken bis in die Gegenwart nach und haben Bedeutung für Besatzungsrecht, Nachkriegsordnungen und die Entwicklung des Völkerrechts.

Häufig gestellte Fragen

Wie manifestierte sich die alliierte Hoheitsgewalt nach 1945 juristisch auf deutschem Territorium?

Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 übernahmen die vier alliierten Mächte – die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion – formal und organisierend die oberste Regierungsgewalt über das Gebiet Deutschlands. Diese sogenannte „oberste Gewalt“ („Supreme Authority“) wurde rechtlich durch die Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 manifestiert. Jegliche staatliche deutsche Autorität wurde für beendet erklärt, sämtliche legislativen, exekutiven und judikativen Befugnisse gingen auf die alliierten Militärregierungen über. Dies bedeutete, dass die Alliierten nicht nur de facto, sondern völkerrechtlich als einzige Souveräne für das deutsche Staatsgebiet galten. Rechtsakte wurden durch die Kontrollratsgesetze, Befehle und Direktiven geregelt, die einen unmittelbaren und übergeordneten Gesetzescharakter genossen. Die rechtlichen Grundlagen der Besatzungsgewalt umfassten die Aufhebung nationalsozialistischer Gesetze, Grundentscheidungen zur Demokratisierung und Reorganisation politischer Strukturen, sowie Maßnahmen zur Kontrolle und Enteignung wirtschaftlicher Schlüsselindustrien. Vor allem der Kontrollrat in Berlin agierte als legislatives Gremium für ganz Deutschland, bis seine Arbeit 1948 faktisch und 1955 formal eingestellt wurde.

Inwiefern beeinflussten die Alliierten die deutsche Gesetzgebung nach 1945 rechtlich bindend?

Die alliierten Mächte griffen unmittelbar und rechtsverbindlich in das deutsche Rechtssystem ein, indem sie die bestehende Gesetzgebung teilweise außer Kraft setzten, modifizierten oder neue Regelungen einführten. Nach der Kapitulation Deutschlands galt jeder von den Alliierten beschlossene Rechtsakt entweder unmittelbar (in Form von Befehlen oder Direktiven) oder über das Kontrollratsgesetz als geltendes Recht. Die Militärregierungen der einzelnen Besatzungszonen erließen eigenständige Verordnungen und Gesetze, teils auf gemeinsamer Kontrollratsebene, teils in eigener Zuständigkeit. Das deutsche Recht blieb grundsätzlich in Kraft, soweit es nicht durch alliierte Anweisungen ausdrücklich aufgehoben oder geändert wurde, insbesondere hinsichtlich der Entnazifizierung, Auflösung nazistischer Organisationen, Neuorganisation des Polizeiwesens, Bildung föderaler Strukturen und Abwicklung der NS-Kriegswirtschaft. Die Alliierten besaßen das Recht, deutsche Gerichte zu übergehen und eigene Militärtribunale zu errichten, etwa für Kriegsverbrecherprozesse.

Welche rechtliche Stellung hatten die Beschlüsse des Alliierten Kontrollrats im Vergleich zu deutschem Recht?

Die Beschlüsse und Gesetze des Alliierten Kontrollrats standen im Rang über allen deutschen Rechtsnormen und waren zwingend bindend für die gesamte deutsche Verwaltung sowie für die Rechtsprechung. Die rechtliche Grundlage hierfür lag in der völkerrechtlich begründeten Besatzungsmacht der Alliierten, die sich aus der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands und der Berliner Deklaration ergab. Die Kontrollratsgesetze wirkten mit Gesetzeskraft und waren entweder unmittelbar anwendbar oder in deutsches Recht zu übertragen. Selbst nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR hatten viele dieser Gesetze bis zur jeweiligen Revision oder Aufhebung weiterhin Bestand, etwa Kontrollratsgesetz Nr. 10 betreffend die Verfolgung von Kriegsverbrechen.

In welchem Umfang konnten die Alliierten gerichtliche Entscheidungen in Deutschland revidieren oder an sich ziehen?

Die alliierten Besatzungsmächte reservierten sich das Recht, in allen gerichtlichen Angelegenheiten einzugreifen, insbesondere dort, wo Fragen der Sicherheit, Entnazifizierung oder Reparationen betroffen waren. Militärgerichte der Alliierten urteilten unabhängig vom deutschen Gerichtssystem über schwerwiegende nationalsozialistische Verbrechensdelikte, Kriegsverbrecher und Kollaborateure. Darüber hinaus konnten sie deutsche Gerichtsurteile aufheben, ändern oder neue Verfahren anordnen. Die Zuständigkeit deutscher Gerichte war in vielen Bereichen eingeschränkt oder ausgesetzt, insbesondere für politische und militärische Straftaten. Erst schrittweise und nach Erlass von Besatzungsstatuten sowie Inkrafttreten des Grundgesetzes gewannen deutsche Gerichte wieder mehr Zuständigkeit.

Welche Rolle spielte das Besatzungsstatut aus rechtlicher Sicht für die deutsche Souveränität?

Das Besatzungsstatut, das 1949 mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland in Kraft trat, markierte eine erste Teilübertragung staatlicher Befugnisse an deutsche Stellen, gewährte jedoch keine volle Souveränität. Rechtlich blieben die Alliierten die höchsten Gewaltträger, mit umfassenden Vorbehalts- und Interventionsrechten. Der Geltungsbereich deutscher Gesetze stand jederzeit unter dem Vorbehalt der alliierten Zustimmung bzw. Kontrollrechte. Fragen der Außenpolitik, des militärischen Potentials, der Rüstungskontrolle und der Besatzungskostenverwaltung lagen exklusiv in alliierter Hand. Erst mit den Pariser Verträgen (1955) und dem Inkrafttreten des Deutschlandvertrags erhielten die Bundesrepublik und wenig später die DDR umfassendere Souveränitätsrechte.

Im welchem rechtlichen Rahmen wirkten alliiert initiierte Entnazifizierungsmaßnahmen auf deutsche Institutionen?

Die juristische Grundlage für Entnazifizierung bildeten Kontrollratsgesetz Nr. 1 (Aufhebung des Rechts der NSDAP) und zahlreiche Direktiven, welche die Entfernung belasteter Personen aus allen öffentlichen Diensten, Wirtschaftsunternehmen, der Justiz und dem Bildungswesen forderten. Dazu wurden Sondergerichte und Spruchkammern geschaffen, deren Entscheidungen auf alliierten Vorgaben basierten. Die Umsetzung und Kontrolle der Urteile oblag zunächst vollständig den Alliierten, bevor sie in den westlichen Zonen allmählich auf deutsche Instanzen übertragen wurde. Die rechtliche Bindung an diese Maßnahmen war durch die alliierten Kontrollmechanismen jederzeit sichergestellt, bis zur weitgehenden Einstellung des Entnazifizierungsverfahrens in den frühen 1950er Jahren.

Wie endete aus juristischer Sicht die alliierte Besatzungshoheit in Deutschland?

Die juristische Beendigung der alliierten Besatzungshoheit erfolgte schrittweise. Mit Inkrafttreten der Pariser Verträge im Mai 1955 erlangte die Bundesrepublik formell die weitgehende Souveränität, allerdings unter dem Vorbehalt der Deutschlandfrage und bestimmter alliierter Rechte in Bezug auf Berlin und die Sicherheit Deutschlands. Der sogenannte Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 markierte schließlich das völkerrechtliche Ende aller verbliebenen alliierten Vorrechte in Bezug auf Gesamtdeutschland. Mit der Ratifizierung dieses Vertrags entfielen sämtliche alliierten Hoheitsrechte, wodurch Deutschland auch formal wieder zu einem vollständig souveränen Staat wurde.