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Allgemeine Unfallversicherung

Begriff und Einordnung der Allgemeinen Unfallversicherung

Die Allgemeine Unfallversicherung bezeichnet im Sprachgebrauch regelmäßig die private Unfallversicherung als Versicherungsart. Sie dient der finanziellen Absicherung von gesundheitlichen Dauerschäden oder des Todes infolge eines Unfalls. Im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallversicherung, die insbesondere Arbeits- und Wegeunfälle sowie anerkannte Berufskrankheiten abdeckt, erfasst die private Unfallversicherung grundsätzlich Unfälle in der Freizeit wie auch im Berufsleben, abhängig vom vertraglich vereinbarten Umfang.

Der Begriff wird teils auch in Verbindung mit den Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB) verwendet, die die vertraglichen Grundlagen vieler privater Unfallversicherungen prägen. Es handelt sich dabei um standardisierte Klauselwerke, die von Versicherern verwendet und vertraglich einbezogen werden.

Rechtsnatur und Vertragsparteien

Die Allgemeine Unfallversicherung ist ein privatrechtlicher Versicherungsvertrag zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Versicherungsnehmer ist die Person, die den Vertrag abschließt und die Prämie zahlt; versicherte Person ist diejenige, deren Unfallfolgen versichert sind. Beide Rollen können zusammenfallen, müssen es jedoch nicht (beispielsweise bei Kinder- oder Gruppenverträgen). Bei Kollektivverträgen (etwa über Arbeitgeber oder Vereine) tritt ein Dritter als Versicherungsnehmer auf, während die versicherten Personen eigenständige Leistungsrechte erhalten können, soweit dies vertraglich vorgesehen ist.

Versicherungsumfang und typische Leistungen

Unfallbegriff

Der maßgebliche Unfallbegriff ergibt sich aus den vereinbarten Bedingungen. Üblicherweise wird ein Unfall als ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis beschrieben, das eine Gesundheitsschädigung verursacht. Vertraglich werden häufig Ergänzungen und Klarstellungen getroffen, etwa zu Verrenkungen, Zerrungen, Vergiftungen, Infektionen oder Unfällen unter Bewusstseinsstörungen. Der genaue Zuschnitt und etwaige Erweiterungen oder Einschränkungen sind dem jeweiligen Bedingungswerk zu entnehmen.

Leistungsarten

  • Invaliditätsleistung: Einmalzahlung bei dauerhafter körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung aufgrund eines Unfalls. Die Höhe richtet sich nach dem Invaliditätsgrad und der vereinbarten Versicherungssumme, ggf. unter Anwendung einer Progression.
  • Unfallrente: Laufende Rentenzahlung ab einem vertraglich vereinbarten Invaliditätsgrad.
  • Todesfallleistung: Kapitalzahlung an die bezugsberechtigten Personen bei unfallbedingtem Tod.
  • Übergangsleistung und Krankenhaustagegeld: Pauschale oder tägliche Leistungen bei vorübergehender Beeinträchtigung, je nach Vertragsinhalt.
  • Bergungs-, Rettungs- und Transportkosten sowie Kosten kosmetischer Operationen: Erstattung im vertraglich festgelegten Rahmen.

Ausschlüsse und Einschränkungen

Typischerweise schließen Bedingungen bestimmte Risiken aus oder regeln Leistungskürzungen, zum Beispiel bei vorsätzlicher Selbstschädigung, bei Unfällen infolge erheblicher Pflichtverletzungen, bei Teilnahme an Straftaten, im Zusammenhang mit bestimmten Motorsport- oder Luftfahrtrisiken, bei Kriegsereignissen oder bei Unfällen aufgrund von Krankheiten und Gebrechen. Häufig wird zudem vereinbart, inwieweit mitwirkende Krankheiten den Invaliditätsgrad mindern können. Der konkrete Umfang dieser Ausschlüsse ergibt sich aus dem Vertrag.

Vertragsgestaltung und Bedingungen

Allgemeine Bedingungen (AUB) und Transparenz

Die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen bilden das Grundgerüst des Vertrags. Sie regeln unter anderem den Unfallbegriff, die versicherten Leistungen, Ausschlüsse, Fristen, Mitwirkungspflichten sowie die Anspruchsabwicklung. Ergänzt werden sie durch individuelle Vereinbarungen, beispielsweise abweichende Gliedertaxen, Progressionsmodelle oder Zusatzbausteine. Die AUB unterliegen allgemeinen Vorgaben zur Klarheit und Transparenz von Vertragsklauseln.

Gliedertaxe und Progression

Die Gliedertaxe ordnet typischen Funktionsbeeinträchtigungen bestimmter Körperteile feste Invaliditätsgrade zu. Sie dient als Berechnungsgrundlage für die Invaliditätsleistung. Progressionsmodelle erhöhen die Leistung bei höheren Invaliditätsgraden nach einem vertraglich festgelegten Schema. Beide Elemente sind zentrale Berechnungsfaktoren und werden als Vertragsbestandteile vereinbart.

Obliegenheiten vor und nach dem Versicherungsfall

Versicherungsnehmer und versicherte Person treffen vertraglich festgelegte Anzeigepflichten und Mitwirkungspflichten. Dazu zählen insbesondere wahrheitsgemäße Angaben bei Antragstellung, die unverzügliche Anzeige des Unfalls, die Einreichung geforderter Nachweise und die Teilnahme an angeordneten ärztlichen Untersuchungen. Vertragsklauseln regeln die Folgen von Pflichtverletzungen, die bis zur Leistungsfreiheit oder Leistungskürzung reichen können, wenn die Verletzung relevant für den Leistungsfall ist.

Anspruchsablauf und Nachweise

Anzeige und Fristen

Die Geltendmachung von Ansprüchen setzt die fristgerechte Unfallanzeige voraus. Verträge enthalten hierfür konkrete Fristen ebenso wie Vorgaben, bis wann eine ärztliche Feststellung und Geltendmachung einer Invalidität zu erfolgen hat. Fristversäumnisse können den Anspruch beeinträchtigen, sofern sie sich auf die Feststellung des Versicherungsfalls auswirken.

Begutachtung und Invaliditätsfeststellung

Zur Bestimmung des Invaliditätsgrads kann der Versicherer ärztliche Unterlagen und unabhängige Gutachten verlangen. Die versicherte Person ist zur Mitwirkung verpflichtet. Maßgeblich ist der Gesundheitszustand nach unfallbedingter Stabilisierung innerhalb der vertraglich vorgesehenen Bemessungszeiträume. Abweichungen zwischen behandelnden Ärzten und Gutachten werden im Rahmen der vertraglichen Verfahren geklärt.

Nachprüfungen und Neubemessung

Viele Verträge sehen vor, dass der Invaliditätsgrad innerhalb eines bestimmten Zeitraums nachbemessen werden kann. Ergibt sich eine Veränderung, kann die Leistung angepasst werden. Die Voraussetzungen, Fristen und Modalitäten der Neubemessung ergeben sich aus den Bedingungen.

Beweislast und Mitwirkung

Grundsätzlich müssen Unfallereignis, gesundheitliche Folgen und deren Ursächlichkeit dargelegt und nachgewiesen werden. Für den Eintritt von Ausschlusstatbeständen und für Anteile mitwirkender Krankheiten können den Versicherer Nachweis- und Darlegungspflichten treffen. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Vertrag und den allgemein geltenden Beweisgrundsätzen.

Abgrenzung zu anderen Absicherungen

Die private Unfallversicherung unterscheidet sich von der gesetzlichen Unfallversicherung hinsichtlich Anlass und Umfang des Schutzes. Sie ist zudem von anderen privaten Personenversicherungen abzugrenzen: Die Berufsunfähigkeitsversicherung knüpft an die längerfristige Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit, die Krankentagegeldversicherung an vorübergehende Arbeitsunfähigkeit und die Lebensversicherung an biometrische Risiken wie Tod oder Erleben. Überschneidungen können bestehen, ohne dass eine Leistung gegenseitig ersetzt wird, sofern die Verträge dies nicht anders regeln.

Kollektivmodelle und internationale Aspekte

Kollektiv- oder Gruppenunfallversicherungen werden häufig über Arbeitgeber, Verbände oder Vereine geschlossen. Der konkrete Leistungsanspruch der versicherten Personen, Informationsrechte und Bezugsrechte ergeben sich aus dem Kollektivvertrag. Territorial und zeitlich kann der Schutz erweitert oder beschränkt sein; häufig finden sich weltweite Deckungen mit bestimmten Einschränkungen und länderspezifischen Risiken, die gesondert geregelt werden.

Prämien, Laufzeit und Beendigung

Prämienhöhe und Zahlweise richten sich nach dem vereinbarten Leistungsumfang, dem Risiko und den tariflichen Vorgaben. Für Vertragsbeginn, vorläufigen Schutz, Widerruf, ordentliche Kündigung und besondere Beendigungsrechte (z. B. nach einem Versicherungsfall) gelten die vereinbarten Bedingungen und die allgemeinen Vorgaben des Vertragsrechts. Bei vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzungen kommen je nach Schweregrad vertragliche Gestaltungsrechte des Versicherers in Betracht, die bis zur Vertragsanpassung oder Beendigung reichen können.

Streitbeilegung und Datenschutz

Bei Meinungsverschiedenheiten über Anspruch und Höhe der Leistung bestehen vertragliche und außergerichtliche Klärungsmöglichkeiten, darunter Beschwerde- und Schlichtungsverfahren. Gesundheitsdaten unterliegen besonderen Schutzanforderungen. Für deren Erhebung, Nutzung und Weitergabe sind datenschutzrechtliche Grundlagen und die vertraglich erteilten Einwilligungen maßgeblich, etwa im Rahmen der Leistungsprüfung und Begutachtung.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Allgemeinen Unfallversicherung

Was gilt als Unfall im Sinne der Allgemeinen Unfallversicherung?

Maßgeblich ist der vertraglich vereinbarte Unfallbegriff. Üblicherweise liegt ein Unfall vor, wenn ein plötzliches, von außen auf den Körper wirkendes Ereignis eine Gesundheitsschädigung verursacht. Vertragliche Ergänzungen können einzelne Geschehensabläufe ausdrücklich einbeziehen oder ausschließen.

Welche Leistungen sind typischerweise gedeckt?

Typische Leistungen sind eine Invaliditätskapitalleistung, eine Unfallrente ab einem bestimmten Invaliditätsgrad, eine Todesfallleistung sowie ergänzende Leistungen wie Übergangsleistungen, Krankenhaustagegeld, Bergungs- und Rettungskosten und Kosten kosmetischer Operationen, jeweils nach Maßgabe des Vertrags.

Worin liegt der Unterschied zur gesetzlichen Unfallversicherung?

Die gesetzliche Unfallversicherung deckt insbesondere Arbeits- und Wegeunfälle sowie anerkannte Berufskrankheiten im Rahmen der Sozialversicherung. Die private Unfallversicherung erfasst demgegenüber Unfälle im vertraglich vereinbarten Umfang, häufig weltweit und auch in der Freizeit. Beide Systeme bestehen nebeneinander.

Wie wird der Invaliditätsgrad festgestellt?

Der Invaliditätsgrad wird anhand medizinischer Befunde und gegebenenfalls unabhängiger Gutachten festgestellt. Vertragsbestandteile wie Gliedertaxe und Progression bestimmen, wie die dauerhafte Beeinträchtigung in eine Leistungshöhe umgerechnet wird. Es gelten die im Vertrag geregelten Fristen und Verfahren.

Welche Bedeutung haben mitwirkende Krankheiten oder Gebrechen?

Ist an der Gesundheitsschädigung oder am Umfang der Invalidität eine Krankheit oder ein Gebrechen beteiligt, sehen Verträge häufig eine anteilige Minderung des Invaliditätsgrads vor. Die Zurechnung und der Abzug erfolgen nach den vertraglichen Regeln.

Welche Fristen sind bei der Anspruchsgeltendmachung wichtig?

Wesentlich sind die Frist zur Unfallanzeige, die Frist zur ärztlichen Feststellung einer Invalidität und die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen. Fristen und Formvorgaben ergeben sich aus dem Vertrag. Verspätungen können den Anspruch beeinträchtigen, sofern sie die Feststellung des Versicherungsfalls erschweren.

Welche Rolle spielen AUB, Gliedertaxe und Progression rechtlich?

AUB, Gliedertaxe und Progression sind zentrale Vertragsbestandteile. Sie regeln die Voraussetzungen des Versicherungsfalls, die Bemessung des Invaliditätsgrads und die Höhe der Leistung. Ihre Auslegung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen für vorformulierte Vertragsbedingungen und individuellen Vereinbarungen.