Begriff und rechtliche Einordnung des Alleinrennens
Ein Alleinrennen ist ein Begriff aus dem Verkehrsrecht, der im Zusammenhang mit dem unerlaubten Veranstalten oder Durchführen von Fahrzeugrennen im öffentlichen Straßenverkehr steht. Rechtlich relevant ist das Alleinrennen insbesondere seit der Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) im Jahr 2017, durch die das sogenannte „illegale Kraftfahrzeugrennen“ nach § 315d StGB als Straftatbestand kodifiziert wurde. Anders als bei klassischen Wettrennen nimmt beim Alleinrennen der Fahrzeugführer ohne Mitfahrer oder Mitwettbewerb bewusst an einem Wettbewerb gegen sich selbst teil, typischerweise mit dem Ziel, Höchstgeschwindigkeiten zu erreichen oder seine Fahrfähigkeiten unter Beweis zu stellen.
Das Alleinrennen wird als eigenständige Begehungsform des verbotenen Kraftfahrzeugrennens betrachtet und unterliegt strengen straf- und ordnungsrechtlichen Regelungen.
Strafrechtliche Bewertung des Alleinrennens
§ 315d StGB: Verbotene Kraftfahrzeugrennen
Mit § 315d StGB wurde 2017 ein eigener Straftatbestand geschaffen, der das Veranstalten, Durchführen und Teilnehmen an verbotenen Kraftfahrzeugrennen erfasst. Wesentlich für das Verständnis ist, dass nicht nur Rennen mehrerer Kraftfahrzeuge, sondern auch das sogenannte „Alleinrennen“ strafbar sein kann.
Gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen
Gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Hierunter fällt ausdrücklich das Alleinrennen, bei dem kein anderer Teilnehmer beteiligt sein muss.
Die objektiven Voraussetzungen umfassen:
- Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr,
- Nicht angepasste Geschwindigkeit,
- Grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten,
- Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Diese Tatbestandsmerkmale sind kumulativ erforderlich.
Unterschiede zum herkömmlichen Rennen
Während bei einem klassischen Rennen mindestens zwei Fahrzeuge beteiligt sind, ist für das Alleinrennen das Moment des Wettbewerbs ausgeklammert. Entscheidend ist allein die Absicht des Täters, das eigene Fahrzeug auszureizen, insbesondere durch bewusstes Überschreiten der zulässigen Geschwindigkeit in Rücksichtslosigkeit auf andere Verkehrsteilnehmer.
Strafmaß und Rechtsfolgen bei Alleinrennen
Im Falle eines Alleinrennens drohen gemäß § 315d Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Kommt es infolge des Alleinrennens zu einer konkreten Gefährdung von Menschen oder fremden Sachen von bedeutendem Wert, erhöht sich das Strafmaß gemäß § 315d Abs. 2 bis auf fünf Jahre Freiheitsstrafe. Wird dadurch sogar ein Mensch schwer verletzt oder getötet, sieht das Gesetz noch höhere Strafen bis zu zehn Jahren vor (§ 315d Abs. 4 StGB).
Begleitend zur strafrechtlichen Ahndung werden regelmäßig fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen nach § 69 StGB ergriffen, darunter die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Anordnung einer Sperrfrist.
Abgrenzung zu verwandten Tatbeständen
Gesetzgeberische Intention
Mit der Einführung des Straftatbestands für Alleinrennen wurde eine Lücke im bisherigen Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht geschlossen. Zuvor war das Rennen gegen sich selbst meist nur als Ordnungswidrigkeit nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) oder § 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) greifbar, was den spezifischen Gefahren des Alleinrennens nicht ausreichend Rechnung trug.
Vergleich zu Ordnungswidrigkeiten nach StVO
Während Verkehrsverstöße wie Geschwindigkeitsüberschreitungen und gefährliche Fahrmanöver nach der StVO als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, unterscheidet sich das strafbare Alleinrennen durch die subjektive Komponente: Es bedarf der zielgerichteten Absicht, die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Voraussetzungen und Beweisproblematik
Subjektive Komponente: Absicht
Die zentrale Voraussetzung für das Vorliegen eines Alleinrennens ist die nachweisbare Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dies hebt das strafbare Alleinrennen von bloßen Verkehrsverstößen ab.
In der Praxis kann sich der Nachweis u. a. aus Fahrverhalten, Tachoangaben, Zeugenaussagen oder Auswertung von Dashcam-Aufnahmen ergeben. Allein das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit reicht nicht aus.
Grob verkehrswidrig und rücksichtslos
Das Verhalten des Fahrers muss grob verkehrswidrig und rücksichtlos gewesen sein, d. h. besonders schwerwiegend und in erheblichem Maße von den im Verkehr geforderten Sorgfaltspflichten abweichend. Auch wechselnde Fahrstreifen in gefährlicher Weise oder Begehen von Rotlichtverstößen im Zusammenhang mit extrem hohen Geschwindigkeiten können als Indizien herangezogen werden.
Rechtsprechung und Auslegung
Entscheidungen deutscher Gerichte
Die Rechtsprechung hat sich bereits mehrfach mit den Anforderungen an den Nachweis eines Alleinrennens befasst. Die Gerichte legen hierbei strenge Maßstäbe an die Erfüllung der subjektiven Tatbestandselemente. Das bloße Fahren mit hoher Geschwindigkeit genügt nicht; es muss ein zielgerichtetes Verhalten auf eine Höchstgeschwindigkeit nachweisbar sein.
Beachtenswert ist, dass es nicht auf die individuelle Fähigkeit des Fahrers, sondern auf das Ausreizen der technischen Möglichkeiten des Fahrzeugs ankommt. In der Rechtsprechung sind zudem verschiedene Fallkonstellationen entschieden worden, beispielsweise zügiges, wiederholtes Beschleunigen an mehreren Ampeln oder auf bestimmten Streckenabschnitten.
Fahrerlaubnisrechtliche und verwaltungsrechtliche Folgen
Entziehung der Fahrerlaubnis
Bei Verurteilung wegen eines Alleinrennens wird nach § 69 StGB in aller Regel die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung festgesetzt. Maßgeblich ist hierbei die Annahme einer charakterlichen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Eintragung im Fahreignungsregister
Einträge im Fahreignungsregister (vormals Verkehrszentralregister) führen im Falle eines Alleinrennens regelmäßig zum Erreichen oder Überschreiten der Entziehungsschwelle.
Versicherungsrechtliche Konsequenzen
Ausschluss des Versicherungsschutzes
Da ein strafbares Alleinrennen einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Versicherungsbedingungen gleichkommt, kann die Kfz-Haftpflichtversicherung von der Regulierungspflicht soweit freigestellt sein, wie der Schaden auf der Teilnahme an einem verbotenen Straßenrennen beruht (§ 81 VVG). In der Kaskoversicherung ist eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers aufgrund der vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles möglich.
Relevanz im Jugendstrafrecht
Insbesondere jüngere Fahrer stehen im Fokus der Behörden, da die Bereitschaft zu riskantem Fahrverhalten und zur Teilnahme an illegalen Straßenrennen überproportional ausgeprägt ist. Hier greifen regelmäßig spezielle Sanktionen und erzieherische Maßnahmen des Jugendgerichtsgesetzes.
Prävention und Verkehrserziehung
Für die Prävention des Alleinrennens wird besonderer Wert auf Verkehrserziehung, Kontrollen sowie technische und bauliche Maßnahmen zur Unfallvermeidung gelegt. Die Strafandrohung des § 315d StGB soll abschreckend wirken und das Bewusstsein für die Gefahren des öffentlichen Straßenverkehrs schärfen.
Zusammenfassung und Bedeutung des Alleinrennens im Verkehrsrecht
Das Alleinrennen stellt eine eigenständige und schwerwiegende Form der Gefährdung im Straßenverkehr dar, die in ihrer rechtlichen Bedeutung seit der Strafrechtsreform von 2017 erheblich an Gewicht gewonnen hat. Die konsequente Ahndung durch Strafgerichte, flankiert durch verwaltungs- und versicherungsrechtliche Folgen, trägt der besonderen Gefahrensituation, die von solchen Verhaltensweisen ausgeht, Rechnung und hat das Bewusstsein für „Rasen ohne Gegner“ im öffentlichen Raum nachhaltig geschärft.
Weiterführende Literatur und Weblinks
- § 315d StGB – Verbotene Kraftfahrzeugrennen
- Straßenverkehrsgesetz (StVG)
- Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
- Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum verbotenen Kraftfahrzeugrennen
(Dieser Artikel bietet eine umfassende rechtliche Darstellung des Begriffs Alleinrennen für ein Rechtslexikon und berücksichtigt alle relevanten Aspekte des deutschen Verkehrs- und Strafrechts.)
Häufig gestellte Fragen
Welche Strafen drohen bei der Teilnahme an einem Alleinrennen nach deutschem Recht?
Die Teilnahme an einem Alleinrennen – also einem Kraftfahrzeugrennen mit sich selbst im öffentlichen Straßenverkehr – wird in Deutschland nach § 315d Absatz 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) strafrechtlich verfolgt. Hierbei droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. In besonders schweren Fällen, etwa wenn durch das Alleinrennen Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden, kann die Strafe auf eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren ansteigen (§ 315d Abs. 5 StGB). Neben diesen strafrechtlichen Konsequenzen kommen regelmäßig auch fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen in Betracht, wie die vorläufige oder endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB sowie die Anordnung einer Sperrfrist für die Neuerteilung. Außerdem wird das Fahrzeug, sofern es dem Täter gehört oder zur Verfügung steht, häufig zur Einziehung (§ 74 StGB) vorgeschlagen. Nebenstrafen wie Punkte im Fahreignungsregister (FAER) sowie die Verpflichtung zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) gehören ebenso zu den möglichen rechtlichen Folgen eines Alleinrennens.
Wird bei jedem festgestellten Alleinrennen automatisch der Führerschein entzogen?
Nein, die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt nicht automatisch bei jedem nachgewiesenen Alleinrennen, aber sie ist in vielen Fällen sehr wahrscheinlich. Gemäß § 69 Abs. 1 StGB „ist in der Regel“ von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen, wenn jemand durch eine rechtswidrige Tat, wie das Fahren eines Rennen gemäß § 315d StGB, ein Fahrzeug geführt hat. Das Gericht kann jedoch im Einzelfall abwägen, es gibt aber eine starke rechtliche Vermutung für die Entziehung. Darüber hinaus wird meist eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 69a StGB verhängt. In besonders gravierenden Fällen, beispielsweise mit konkreter Gefährdung von Personen, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nahezu zwingend.
Welche Beweise sind erforderlich, um ein Alleinrennen rechtlich nachzuweisen?
Um ein Alleinrennen gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nachzuweisen, müssen objektive Beweise vorliegen, die belegen, dass der Fahrer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig sowie rücksichtslos gefahren ist, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Hierzu zählen insbesondere Videoaufnahmen, Zeugenaussagen, polizeiliche Messverfahren (z. B. Radar- oder Lasermessungen), sowie gegebenenfalls Aussagen des Täters selbst. Zum Nachweis der subjektiven Tatseite – also des Vorsatzes und der Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen – können Umstände wie abrupte Beschleunigung, das bewusste Missachten von Verkehrsregeln, riskantes Überholen und ähnliche Verhaltensweisen herangezogen werden. Die Beweisführung muss insgesamt sowohl objektiv (Fahrweise und Umstände) als auch subjektiv (Motivation des Fahrers) ein vollständiges Bild ergeben, um eine Verurteilung zu ermöglichen.
Gibt es Unterschiede in der strafrechtlichen Bewertung zwischen Alleinrennen und klassischen Straßenrennen?
Ja, es gibt Unterschiede: Während das klassische Straßenrennen (gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB) typischerweise eine Wettbewerbssituation mit mehreren Beteiligten voraussetzt, reicht beim Alleinrennen (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB) bereits das zielgerichtete, rücksichtlose und grob verkehrswidrige Fahren mit höchstmöglicher Geschwindigkeit im öffentlichen Straßenraum aus – unabhängig von weiteren Rennteilnehmern. Allerdings sind die Strafrahmen für beide Delikte identisch, sodass in beiden Fällen Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren (bzw. bis zu fünf Jahren im besonders schweren Fall) und die oben genannten Nebenfolgen drohen. Die Anforderungen an den Nachweis des subjektiven Tatbestandes – also Absicht, eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen – sind beim Alleinrennen im Zweifel jedoch besonders hoch.
Wie wird die Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, rechtlich beurteilt?
Die Rechtsprechung legt besonderen Wert auf das subjektive Tatmerkmal der Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erzielen. Das bedeutet, dass dem Fahrer nachgewiesen werden muss, dass er nicht lediglich zu schnell gefahren ist, sondern bewusst und zielgerichtet, in der Absicht, die Grenzen seines Fahrzeugs und/oder seiner Fahrkünste auszutesten. Indizien können etwa plötzliche Beschleunigungen aus dem Stand, das Fahren mit durchdrehenden Rädern, mehrfaches Wechseln der Fahrstreifen ohne zwingende Gründe oder das Ignorieren von Tempolimits und anderen Verkehrsvorschriften sein. Die bloße Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit reicht allein nicht aus; es muss ein spezifisches Rennverhalten festgestellt werden, das auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit gerichtet ist.
Können auch Beifahrer oder Halter eines Fahrzeugs beim Alleinrennen belangt werden?
Im Regelfall richtet sich die strafrechtliche Verantwortung beim Alleinrennen gegen den oder die Fahrerin. Beifahrer können in Ausnahmefällen belangt werden, wenn sie das Rennen etwa durch Anstiftung (§ 26 StGB) oder Beihilfe (§ 27 StGB) unterstützt oder gefördert haben. Dies setzt jedoch ein konkretes, strafrechtlich relevantes Tatverhalten voraus, beispielsweise das Animieren zum Rennen oder das Bereitstellen besonderer Hilfsmittel. Fahrzeughalter haften strafrechtlich nur, wenn sie das Alleinrennen wissentlich ermöglichen oder fördern (z.B. durch Überlassen des Fahrzeugs), ansonsten greift u. U. eine Ordnungswidrigkeiten- oder zivilrechtliche Haftung, insbesondere wenn das Fahrzeug beispielsweise zur Tatbegehung eingesetzt oder im Nachhinein eingezogen wird (§ 74 StGB).
Welche Auswirkungen hat ein Alleinrennen auf den Versicherungsschutz?
Ein nachgewiesenes Alleinrennen führt regelmäßig zum Verlust des Versicherungsschutzes. Sowohl die Kfz-Haftpflichtversicherung als auch eventuelle Voll- oder Teilkaskoversicherungen verweigern oft die Leistung, da Rennfahrten auf öffentlichen Straßen als grob fahrlässig und damit als Obliegenheitsverletzung (§ 81 VVG) bzw. als Ausschlussgrund in den Versicherungsbedingungen gelten. Bei einem Alleinrennen mit Schadenseintritt kann die Versicherung daher leistungsfrei sein oder gezahlte Summen ggf. regressieren. Im Falle von Personenschäden bleibt die Haftpflichtversicherung zwar leistungspflichtig, der Verursacher muss jedoch mit Rückgriffsforderungen rechnen, die bis zu 5.000 Euro reichen können.