Legal Lexikon

Aktionär


Definition und rechtliche Stellung des Aktionärs

Ein Aktionär ist eine natürliche oder juristische Person, die Inhaber mindestens einer Aktie einer Aktiengesellschaft (AG) oder Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ist. Durch den Erwerb dieser Beteiligung erhält der Aktionär spezifische mitgliedschafts- und vermögensbezogene Rechte, die durch das Aktiengesetz (AktG) sowie durch die jeweilige Satzung der Gesellschaft festgelegt sind. Die Rechte und Pflichten eines Aktionärs unterscheiden sich grundlegend von denen anderer Gesellschafterformen, insbesondere im Hinblick auf die Mitwirkung, Kontrollkompetenzen und das Haftungsregime.


Arten von Aktionären

Minderheits- und Mehrheitsaktionäre

Die Rechte und der Einfluss eines Aktionärs hängen maßgeblich von seinem Anteil am Grundkapital ab. Minderheitsaktionäre halten weniger als 50 % der Aktien, während Mehrheitsaktionäre 50 % oder mehr besitzen. In manchen Fällen kann ein Aktionär durch Abstimmungsvereinbarungen oder Mehrstimmrechte auch mit weniger als der Hälfte der Anteile die Kontrolle über die Gesellschaft ausüben.

Inhaber- und Namensaktionäre

Je nach Aktienart unterscheidet man Inhaberaktionäre, deren Aktien über Inhaberurkunden verbrieft sind, von Namensaktionären, deren Namen im Aktienregister der Gesellschaft eingetragen sind. Letztere verfügen über weitergehende Mitwirkungsrechte und werden von der Gesellschaft regelmäßig über ihre Rechte verständigt.


Rechtsgrundlagen und Erwerb der Aktionärseigenschaft

Erwerbstitel

Die Eigenschaft als Aktionär resultiert aus dem Erwerb von Aktien, etwa durch Kauf, Tausch, Schenkung oder Erbschaft. Die Ausgabe der Aktien und deren Erwerb sind im Aktiengesetz geregelt. Die Rechtsposition eines Aktionärs entsteht mit der sachenrechtlichen Übergabe und Eintragung ins Aktienregister bei Namensaktien oder mit dem Besitz der effektiven Aktie bei Inhaberaktien.

Aktienregister

Bei Namensaktien erfolgt die Legitimation des Aktionärs und die Wahrnehmung seiner Rechte ausschließlich durch Eintragung im Aktienregister (§ 67 Abs. 2 AktG). Eine Übertragung ist somit erst mit Umschreibung im Register vollzogen.


Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs

Die Aktionärseigenschaft statuiert verschiedene Mitgliedschaftsrechte, die sich in Verwaltungs- und Vermögensrechte gliedern lassen.

Verwaltungsrechte

Teilnahme- und Stimmrecht

Ein zentrales Recht ist das Teilnahmerecht an der Hauptversammlung der Gesellschaft (§ 118 AktG). Mit diesem ist in aller Regel das Stimmrecht verbunden, das es ermöglicht, auf Unternehmensentscheidungen Einfluss zu nehmen (§ 134 AktG).

Antrags-, Auskunfts- und Rederecht

Aktionäre dürfen auf der Hauptversammlung Anträge stellen, sich äußern und Auskünfte zu Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen (§§ 131, 131a AktG).

Minderheitenrechte

Das Aktiengesetz schützt Minderheitsaktionäre, etwa durch das Recht, eine Hauptversammlung einzuberufen (§ 122 AktG), die Bestellung eines Sonderprüfers zu verlangen (§ 142 AktG) oder eine Ergänzung der Tagesordnung zu beantragen.

Vermögensrechte

Anspruch auf Dividende

Aktionäre haben das Recht auf eine Dividende, sofern die Hauptversammlung deren Ausschüttung beschließt (§ 58 Abs. 4 AktG).

Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen

Im Fall von Kapitalerhöhungen besteht ein Bezugsrecht, das Aktionären erlaubt, neue Aktien anteilig zu ihren bestehenden Beteiligungen zu erwerben (§ 186 AktG).

Anspruch auf Liquidationserlös

Im Fall einer Auflösung der Gesellschaft haben Aktionäre Anspruch auf einen Anteil am Liquidationserlös (§ 271 AktG).


Pflichten der Aktionäre

Einzahlungspflicht

Aktionäre sind verpflichtet, auf die von ihnen übernommenen Aktien den Zeichnungsbetrag zu leisten (§ 54 AktG). Eine darüber hinausgehende Nachschusspflicht besteht in der Regel nicht.

Geheimhaltungspflichten

In bestimmten Situationen können Aktionäre zur Verschwiegenheit verpflichtet sein, beispielsweise bei vertraulichen Informationen aus der Hauptversammlung.


Haftung der Aktionäre

Aktionäre haften grundsätzlich nur bis zur Höhe ihrer Einlage. Eine persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist ausgeschlossen (§ 1 Abs. 1 AktG). In Ausnahmen, etwa bei Missbrauch der Rechtsform (sog. „Durchgriffshaftung“), kann eine persönliche Haftung – etwa im Fall existenzieller Gesellschaftsmissbräuche – denkbar sein.


Übertragung und Veräußerung von Aktien (Aktiengeschäfte)

Form und Zugangsbeschränkungen

Die Übertragbarkeit von Aktien hängt von deren Ausgestaltung ab. Inhaberaktien sind durch Einigung und Übergabe frei übertragbar, während bei vinkulierten Namensaktien die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich sein kann (§ 68 Abs. 2 AktG).

Meldepflichten und informelle Bestimmungen

Mit dem Erwerb oder der Veräußerung bedeutender Beteiligungen sind insbesondere börsennotierte Gesellschaften meldepflichtig (§ 33 WpHG).


Steuerliche Behandlung und Beteiligungsrechte

Besteuerung von Dividendenerträgen

Dividenden unterliegen der Kapitalertragssteuer. Bei natürlichen Personen erfolgt die Besteuerung regelmäßig mittels der Abgeltungssteuer (§ 20 EStG).

Beteiligungsrechte im Konzernrecht

Im Rahmen von Unternehmensverbindungen erlangen Aktionäre zusätzliche Schutzrechte, etwa in Konzernstrukturen nach §§ 291 ff. AktG.


Einflussmöglichkeiten und Squeeze-out

Einfluss auf die Unternehmensführung

Die Einflussnahme auf das Unternehmen erfolgt überwiegend indirekt. Direkte Kontrollrechte, wie die Bestellung des Aufsichtsrats, übt der Aktionär im Rahmen der Hauptversammlung aus. In bestimmten Fällen können qualifizierte Mehrheiten zur Durchsetzung zentraler Unternehmensentscheidungen erforderlich sein.

Squeeze-out und Herausdrängung

Die Zwangsabfindung von Minderheitsaktionären („Squeeze-out“) ist unter gesetzlich normierten Voraussetzungen möglich, insbesondere wenn ein Hauptaktionär mindestens 95 % des Grundkapitals hält (§§ 327a ff. AktG).


Ende der Aktionärseigenschaft

Die Zugehörigkeit als Aktionär endet mit Übertragung bzw. Verkauf der Aktien oder dem Untergang der Gesellschaft. Infolge des Ausscheidens bestehen keine Rechte oder Pflichten mehr gegenüber der Gesellschaft fort.


Fazit

Die rechtliche Stellung des Aktionärs ist durch ein umfangreiches Geflecht gesetzlicher Regelungen geprägt. Wesentliche Rechte und Schutzmechanismen sorgen für ein Gleichgewicht zwischen Anteilseignern mit unterschiedlichen Beteiligungsquoten. Die Haftung ist auf das eingebrachte Kapital beschränkt, sodass das Risiko der Anteilseigner grundsätzlich limitiert bleibt. Durch die differenzierte Ausgestaltung der Aktienarten und der jeweiligen Gesellschaftssatzungen ergeben sich im Einzelfall spezifische Ergänzungen und Modifikationen der allgemeinen Aktionärsrechte und -pflichten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte stehen einem Aktionär nach deutschem Aktienrecht zu?

Aktionäre, also Anteilseigner einer Aktiengesellschaft (AG), verfügen nach dem deutschen Aktiengesetz (AktG) über eine Vielzahl von Rechten. Diese gliedern sich insbesondere in Vermögensrechte (z. B. Recht auf Dividende und Bezugsrechte bei Kapitalerhöhungen) sowie Verwaltungsrechte (z. B. Stimmrecht in der Hauptversammlung). Zu den wichtigsten gehören das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung (§ 118 AktG), Auskunftsrechte gegenüber dem Vorstand (§ 131 AktG), das Anfechtungsrecht bei rechtswidrigen Beschlüssen (§ 245 AktG), das Recht auf Gewinnbeteiligung (§ 60 AktG), Bezugsrechte bei neuen Aktien (§ 186 AktG) sowie das Recht auf Einberufung und Ergänzung der Tagesordnung unter den Voraussetzungen der gesetzlichen Minderheitenquoren (§§ 122 und 122 Abs. 2 AktG). Ferner besteht ein Anspruch auf den anteiligen Liquidationserlös bei Auflösung der Gesellschaft (§ 271 AktG). Diese Rechte sind mit der Aktie untrennbar verbunden und können unter bestimmten Umständen individuell oder kollektiv (insbesondere durch Aktionärsgruppen) ausgeübt werden.

Wie erfolgt eine Übertragung von Aktien aus rechtlicher Sicht?

Die Übertragung von Aktien richtet sich grundsätzlich nach der Art der Aktien. Namensaktien werden durch Einigung (Abtretung nach §§ 398 ff. BGB) und Umschreibung im Aktienregister (§ 67 AktG) übertragen. Bei Inhaberaktien genügt im Regelfall die Übergabe und tatsächliche Inbesitznahme des effektiven Aktienpapiers oder bei Girosammelverwahrung die Depotumbuchung (§§ 929 ff. BGB i.V.m. Depotgesetz). Die Zustimmung der Gesellschaft ist bei Inhaberaktien nicht erforderlich, während vinkulierte Namensaktien eine zustimmungspflichtige Übertragung vorsehen (§ 68 Abs. 2 AktG). Rechtliche Wirksamkeit tritt erst mit Abschluss dieser formellen Übertragungsakte ein. Weitere Beschränkungen können sich aus Satzungen (z. B. Vinkulierungsklauseln) oder gesetzlichen Normen (z. B. Wertpapierhandelsgesetz, Geldwäschegesetz) ergeben.

Welche Pflichten treffen einen Aktionär gegenüber der Aktiengesellschaft?

Der Aktionär hat nur begrenzte Pflichten gegenüber der Aktiengesellschaft. Die Hauptpflicht besteht in der vollständigen Leistung der übernommenen Einlage (Kapitalaufbringung, § 54 AktG). Eine Nachschusspflicht besteht grundsätzlich nicht (§ 54 Abs. 3 AktG). Aktionäre sind – sofern nicht ausdrücklich in der Satzung geregelt – zu keiner weiteren finanziellen Beteiligung verpflichtet. Darüber hinaus besteht die Pflicht zur Beachtung gesetzlicher und satzungsmäßiger Treuepflichten. Diese können insbesondere bei Behinderung der Organtätigkeit, Missbrauch von Minderheitenrechten oder bei der Mitwirkung an sittenwidrigen Unternehmensschädigungen relevant werden. Informationspflichten gegenüber der Gesellschaft selbst bestehen in der Regel nicht, abgesehen von der Offenlegungspflicht bei bedeutenden Beteiligungen gemäß Wertpapierhandelsgesetz (§§ 33 ff. WpHG).

In welchem Umfang haftet ein Aktionär für Verbindlichkeiten der Gesellschaft?

Aktionäre haften grundsätzlich nicht persönlich für die Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AktG), da das Gesellschaftsvermögen strikt vom Privatvermögen der Anteilseigner getrennt ist (Trennungsprinzip). Die Haftung eines Aktionärs ist nach vollständiger Einzahlung des Ausgabebetrages der Aktie ausgeschlossen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind gesetzlich ausdrücklich geregelt, z. B. bei schuldhafter Verletzung von Insiderhandelsvorschriften, aktienrechtlichen Nebenleistungen, unzulässiger Einflussnahme (Durchgriffshaftung) oder vorsätzlichem Gesetzes- oder Satzungsverstoß. In solchen Fällen kann eine persönliche Haftung eintreten.

Welche Mitwirkungsrechte haben Minderheitsaktionäre nach dem AktG?

Minderheitsaktionäre (Aktionäre, die weniger als die Mehrheit der Aktien halten), haben nach dem deutschen Aktienrecht besondere Mitwirkungsrechte, um ihre Interessen wahren zu können. Ab einer bestimmten Schwelle können sie gemäß § 122 AktG die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung verlangen (10 % oder 1 Mio. Euro des Grundkapitals). Schon ab 5 % können sie die Ergänzung der Tagesordnung (§ 122 Abs. 2 AktG) beantragen. Daneben steht ihnen das Auskunftsrecht (§ 131 AktG), das Anfechtungsrecht (§ 245 AktG) und das Sonderprüfungsverlangen (§ 142 AktG, ab 1 % des Grundkapitals) zu. Diese Rechte schützen die Minderheiten vor Mehrheitsmissbrauch und sichern eine Kontrolle der Organbeschlüsse.

Wie kann ein Aktionär gegen Beschlüsse der Hauptversammlung vorgehen?

Ein Aktionär kann gemäß § 245 AktG gegen Beschlüsse der Hauptversammlung, die gegen Gesetz oder Satzung verstoßen, Klage auf Anfechtung erheben. Die Klage ist beim zuständigen Landgericht (Sitz der AG) innerhalb einer Monatsfrist ab Bekanntmachung zu erheben. Voraussetzung ist in der Regel die Teilnahme an der Versammlung oder deren rechtzeitige Anmeldung. Die Entscheidung wird im Urteilsspruch auf die Klägerwirkung beschränkt, führt aber zur Unwirksamkeit des Beschlusses für alle Aktionäre. Bei besonders schweren, offensichtlichen Verstößen (sog. Nichtigkeitsgründe, z. B. bei fehlender Einberufung) können Beschlüsse auch unabhängig von einer Klage als nichtig behandelt werden (§ 241 AktG).

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Aktionär Informationen vom Vorstand verlangen?

Das Auskunftsrecht eines Aktionärs gegenüber dem Vorstand ergibt sich aus § 131 AktG. Danach muss der Vorstand jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung über Angelegenheiten der Gesellschaft Auskunft geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist. Der Vorstand kann die Auskunft verweigern, wenn dies nach gesellschaftsrechtlichen, wirtschaftlichen oder unternehmensstrategischen Gesichtspunkten geboten ist, insbesondere wenn die Preisgabe geschäftliche Geheimnisse oder sonstige erhebliche Nachteile für die Gesellschaft befürchten lässt. Die Ablehnung und deren Gründe sind zu protokollieren. Kommt der Vorstand dem Auskunftsverlangen nicht nach, kann der Aktionär auf gerichtliche Auskunftserzwingung klagen (§ 132 AktG).

Wann kann ein Aktionär seine Aktien zwangsweise abgeben müssen (Ausschluss von Minderheitsaktionären)?

Ein zwangsweiser Ausschluss (Squeeze-out) von Minderheitsaktionären ist nach §§ 327a ff. AktG möglich, wenn ein Hauptaktionär mindestens 95 % des Grundkapitals hält. Dieser kann die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre gegen eine angemessene Barabfindung verlangen. Der Übertragungsbeschluss muss durch die Hauptversammlung gefasst werden. Der Rechtsschutz der Minderheitsaktionäre wird dabei durch die gerichtliche Überprüfung der Barabfindung im Spruchverfahren (§ 327f AktG) gewährleistet. Daneben existiert der aktienrechtliche Ausschlussverfahren nach Umwandlungsgesetz (§§ 62 ff. UmwG) oder bei Verschmelzungen, die ebenfalls einen Zwangsausschluss ermöglichen.