Begriff und rechtliche Grundlagen der Aktiengesellschaft (AG)
Die Aktiengesellschaft (AG) ist eine Kapitalgesellschaft, deren Grundkapital in Aktien zerlegt ist. Sie gehört zu den bedeutendsten Gesellschaftsformen im Gesellschaftsrecht und ist in Deutschland im Aktiengesetz (AktG) detailliert geregelt. Die AG dient der Durchführung von größeren unternehmerischen Vorhaben und ist insbesondere für Unternehmen von Bedeutung, die eine breite Kapitalbasis durch die Beteiligung einer Vielzahl von Aktionären aufbauen möchten.
Merkmale der Aktiengesellschaft
Eine Aktiengesellschaft ist eine eigenständige juristische Person. Die Anteilseigner – die sogenannten Aktionäre – beteiligen sich durch den Erwerb von Aktien am Grundkapital der Gesellschaft. Ihr persönliches Haftungsrisiko ist hierbei grundsätzlich auf die Höhe ihrer Einlage beschränkt.
Wesentliche Merkmale:
- Juristische Person gemäß § 1 AktG
- Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen
- Grundkapital zerlegt in Aktien
- Mitbestimmung der Aktionäre auf Hauptversammlungen
- Veröffentlichungspflichten und streng regulierte Finanzen
Gründung einer Aktiengesellschaft
Voraussetzungen und Mindestkapital
Die Gründung einer AG setzt ein Mindestgrundkapital von 50.000 Euro gemäß § 7 AktG voraus. Die Gründung erfolgt durch eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen.
Gründungsvorgang
Der Gründungsprozess ist in mehreren Schritten geregelt:
- Errichtung der Satzung: Die Gründungsaktionäre errichten die Satzung in notarieller Form.
- Übernahme der Aktien: Gründungsaktionäre übernehmen sämtliche Aktien.
- Bestellung der Organe: Bestellung von Aufsichtsrat und Vorstand.
- Gründungsprüfung: Prüfung durch einen externen Prüfer, insbesondere bei Sachgründungen.
- Eintragung in das Handelsregister: Erst mit Eintragung erlangt die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit.
Sach- und Bargründung
Es wird zwischen Bargründung (Einlage in Geld) und Sachgründung (Einlage von Vermögensgegenständen) unterschieden. Die gesetzlichen Anforderungen sind bei der Sachgründung besonders streng.
Organe der Aktiengesellschaft
Vorstand
Der Vorstand leitet die Geschäfte und vertritt die AG gerichtlich und außergerichtlich. Die Mitglieder werden vom Aufsichtsrat bestellt und abberufen (§ 84 AktG). Der Vorstand hat eine eigenständige Geschäftsführungsverantwortung und unterliegt strengeren Sorgfalts- und Berichtspflichten.
Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat überwacht und berät den Vorstand (§ 95 ff. AktG). Er besteht aus mindestens drei Mitgliedern, kann aber je nach Größe der Gesellschaft deutlich umfangreicher sein. Seine Aufgaben sind unter anderem die Bestellung und Abberufung des Vorstands sowie die Prüfung des Jahresabschlusses.
Hauptversammlung
In der Hauptversammlung üben die Aktionäre ihre Rechte aus. Diese Versammlung entscheidet über Grundsatzfragen, wie Satzungsänderungen, Kapitalmaßnahmen und die Verwendung des Bilanzgewinns. Sie bestellt auch die Abschlussprüfer und entscheidet über Entlastungen von Vorstand und Aufsichtsrat.
Aktien und Aktionärsrechte
Arten von Aktien
Es gibt verschiedene Aktienarten:
- Inhaberaktien und Namensaktien
- Stammaktien und Vorzugsaktien
- Nennwertaktien und Stückaktien
Rechte und Pflichten der Aktionäre
Aktionäre sind am Gewinn beteiligt, haben Stimmrechte und diverse Informationsrechte. Ihre Pflichten sind im Wesentlichen auf die Einzahlung des Aktiennennbetrags begrenzt.
Wesentliche Aktionärsrechte:
- Teilnahme- und Stimmrecht an der Hauptversammlung
- Dividendenanspruch
- Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen
- Informationsrechte (§§ 131, 137 AktG)
Kapital und Finanzierung
Grundkapital und Kapitalmaßnahmen
Das Grundkapital muss mindestens 50.000 Euro betragen und ist in Aktien zerlegt (§ 7 AktG). Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen sind streng geregelt und bedürfen meist der Zustimmung der Hauptversammlung (§§ 182 ff. AktG).
Emission und Börsengang
Eine AG kann Aktien an der Börse platzieren, um das Grundkapital zu erhöhen (Going Public). Dies erfordert zusätzliche rechtliche und wirtschaftliche Prüfungen sowie die Erfüllung komplexer Publizitäts- und Transparenzpflichten.
Rechnungslegung und Publizität
Die Aktiengesellschaft unterliegt umfangreichen Pflichten:
- jährlicher Jahresabschluss und Lagebericht
- Prüfung des Abschlusses durch Abschlussprüfer
- Offenlegung der Abschlüsse und Berichte im Unternehmensregister
- besondere Publizitätspflichten bei börsennotierten Gesellschaften
Haftung und Verantwortlichkeit
Außenverhältnis
Für Verbindlichkeiten haftet ausschließlich das Gesellschaftsvermögen. Gläubiger können nicht auf das Privatvermögen der Aktionäre zugreifen.
Innenverhältnis
Vorstandsmitglieder haften bei Pflichtverletzungen mit ihrem Privatvermögen (§ 93 AktG). Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann die Gesellschaft Schadenersatzansprüche geltend machen.
Beendigung der Aktiengesellschaft
Die Auflösung kann durch Beschluss der Hauptversammlung, Insolvenz oder gesetzliche Gründe erfolgen. Das Verfahren ist im Gesetz (§§ 262 ff. AktG) umfassend geregelt und unterliegt strengen Vorschriften hinsichtlich Gläubigerschutz, Liquidation und Vermögensverteilung.
Besonderheiten: Börsennotierte Aktiengesellschaft
Börsennotierte AGs unterliegen zusätzlichen Vorschriften, beispielsweise zur Markttransparenz, zum Insiderhandel und zum Anlegerschutz. Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und europäische Regelungen wie die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) finden ergänzend Anwendung.
Literatur und weiterführende Regelwerke
- Aktiengesetz (AktG)
- Handelsgesetzbuch (HGB)
- Wertpapierhandelsgesetz (WpHG)
- EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR)
Zur fortlaufenden Aktualität empfiehlt sich die Einsicht aktueller Gesetzestexte sowie einschlägiger Kommentare und Fachzeitschriften aus dem Gesellschaftsrecht.
Mit dieser umfassenden Darstellung bietet der Artikel einen detaillierten Überblick über die rechtlichen Grundlagen, Strukturen und Pflichten der Aktiengesellschaft (AG) und ist somit eine fundierte Informationsquelle für das Rechtslexikon.
Häufig gestellte Fragen
Wie läuft die Gründung einer Aktiengesellschaft (AG) rechtlich ab?
Die Gründung einer Aktiengesellschaft (AG) unterliegt strengen gesetzlichen Vorschriften, welche sich im Wesentlichen aus dem Aktiengesetz (AktG) ergeben. Zunächst muss ein Gesellschaftsvertrag, auch Satzung genannt, von den Gründern erstellt werden, der zwingende Angaben wie Firma, Sitz, Gegenstand des Unternehmens, Höhe des Grundkapitals sowie die Aufteilung in Aktien enthält. Die Gründer übernehmen sämtliche Aktien gegen Bareinlage oder Sacheinlage und bestimmen die ersten Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. Die Kapitalaufbringung sieht ein Mindestgrundkapital von 50.000 Euro vor, welches vor Eintragung der AG in das Handelsregister erbracht werden muss. Die Gründung wird zudem beurkundungspflichtig durch einen Notar begleitet. Nach erfolgter Eintragung im Handelsregister durch das zuständige Amtsgericht erlangt die AG ihre Rechtsfähigkeit. Besondere Sorgfalt ist bei der Prüfung und Werthaltigkeit eventueller Sacheinlagen erforderlich, für die der Vorstand haftet. Innerhalb des Gründungsverfahrens besteht zudem eine Pflicht zur Anfertigung eines Gründungsberichts und -prüfungsberichts, letzterer wird durch den Aufsichtsrat bzw. externe Prüfer geprüft. Erst nach Abschluss all dieser formellen Schritte ist die AG als juristische Person rechtlich existent.
Welche Rechte und Pflichten haben die Aktionäre einer AG aus rechtlicher Sicht?
Aktionäre sind die Anteilseigner der AG und verfügen nach gesetzlichen Regelungen über bestimmte Rechte und Pflichten. Zu den zentralen Rechten gehören das Stimmrecht in der Hauptversammlung, das Recht auf Gewinnbeteiligung (Dividende), Auskunftsrechte sowie das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen. Das Stimmrecht ist grundsätzlich an den Besitz von Aktien geknüpft und kann nach Art der Aktien (z.B. Stamm- oder Vorzugsaktie) variieren. Zu den Pflichten zählt insbesondere die Einlageverpflichtung, d.h. die vollständige Leistung des vereinbarten Betrages zur Übernahme der Aktie. Darüber hinaus besteht in Deutschland keine Nachschusspflicht der Aktionäre; sie haften grundsätzlich nur mit ihrer Einlage. Weitere Pflichten betreffen die Anmeldung und Offenlegung von bedeutenden Beteiligungen gemäß Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), sobald bestimmte Schwellenwerte (z.B. 3%, 5%, 10% etc.) der Stimmrechte überschritten werden. Bei Missbrauch ihrer Rechte oder Verstößen gegen Insider- oder Marktmissbrauchsregeln können Aktionäre sanktioniert werden.
Welche Organe einer AG sind gesetzlich vorgeschrieben und welche rechtlichen Befugnisse haben sie?
Die Aktiengesellschaft verfügt laut Gesetz zwingend über drei Organe: den Vorstand, den Aufsichtsrat und die Hauptversammlung. Der Vorstand leitet die Gesellschaft eigenverantwortlich und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich. Diese Organstellung ist unübertragbar. Der Vorstand trifft unternehmerische Entscheidungen und ist für die laufende Geschäftsführung zuständig. Der Aufsichtsrat überwacht und kontrolliert den Vorstand und bestellt bzw. entlässt dessen Mitglieder; zudem obliegt ihm die Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Hauptversammlung dies nicht anders regelt. Die Hauptversammlung ist das Organ der Aktionäre und fasst Beschlüsse über Angelegenheiten, die gesetzlich vorgesehen oder in der Satzung bestimmt sind, z.B. Gewinnverwendung oder Satzungsänderungen. Während der Vorstand und Aufsichtsrat Organe der operativen und strategischen Leitung sind, ist die Hauptversammlung primär ein willensbildendes Kontrollorgan. Die genaue Kompetenzverteilung und Einzelbefugnisse ergeben sich aus dem Aktiengesetz und der jeweiligen Satzung der Gesellschaft.
In welcher Form haften die Organe einer AG für Pflichtverletzungen aus rechtlicher Sicht?
Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates haften grundsätzlich persönlich für Schäden, die sie der Gesellschaft durch Pflichtverletzungen zufügen. Maßstab ist hierbei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (§ 93 AktG). Bei schuldhafter Verletzung ihrer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Pflichten besteht eine Ersatzpflicht gegenüber der AG. Im Falle von unerlaubten Handlungen können Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, bei grobem Verschulden auch gegenüber Dritten. Das Haftungsregime gilt sowohl für vorsätzliche als auch für fahrlässige Pflichtverletzungen. Aktionäre haften dagegen grundsätzlich nicht über ihre Einlage hinaus, es sei denn, sie üben einen beherrschenden Einfluss auf die Geschäftsführung aus und verursachen der Gesellschaft durch sittenwidriges Verhalten einen Schaden.
Welche rechtlichen Bestimmungen gelten für die Ausgabe und Übertragung von Aktien?
Bei der Ausgabe von Aktien ist durch das AktG ausdrücklich geregelt, dass Aktien als Wertpapiere verbrieft werden können, es jedoch nicht zwingend ist (Stückaktien oder Nennwertaktien). Die Übertragung von Namensaktien bedarf grundsätzlich der Indossierung und Eintragung in das Aktienregister. Inhaberaktien hingegen werden durch einfache Übergabe übertragen. Jede Übertragung unterliegt, insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften, den einschlägigen Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und der Marktordnung, wie etwa der Pflicht zur Veröffentlichung bei Erreichen signifikanter Beteiligungsschwellen. Die Satzung kann ferner Übertragungsbeschränkungen vorsehen (z.B. Zustimmungserfordernis des Vorstands). Bei Kapitalerhöhungen sind die Einhaltung des gesetzlichen Bezugsrechts der Altaktionäre und die notarielle Beurkundung zwingend. Zudem müssen neue Aktien im Handelsregister eingetragen werden, bevor sie rechtswirksam ausgegeben werden können.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine AG aufgelöst werden und welche rechtlichen Folgen hat dies?
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Auflösung einer AG ergeben sich aus dem Aktiengesetz. Gründe für eine Auflösung sind insbesondere: Ablauf der in der Satzung bestimmten Dauer, Beschluss der Hauptversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit (insbesondere Dreiviertelmehrheit des vertretenen Kapitals), Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gerichtliche Entscheidung. Nach Einleitung der Liquidation tritt die AG in das sog. Abwicklungsstadium, bei dem die bisherigen Organe durch Liquidatoren ersetzt werden, die das Gesellschaftsvermögen veräußern, Gläubiger befriedigen und einen etwaigen Rest an die Aktionäre verteilen. Die Gesellschaft bleibt im Handelsregister in Liquidation eingetragen, bis sämtliche Verpflichtungen erfüllt sind. Damit endet die Rechtsfähigkeit der AG erst mit ihrer Löschung aus dem Handelsregister. Während des Abwicklungsverfahrens besteht erhöhtes Haftungsrisiko für die Liquidatoren.
Welche rechtlichen Vorschriften regeln die Rechnungslegung und Veröffentlichungspflichten einer AG?
Die AG ist nach den §§ 238 ff. HGB und den spezialgesetzlichen Vorschriften des AktG verpflichtet, über den Geschäftsverlauf Buch zu führen und einen Jahresabschluss samt Lagebericht aufzustellen. Bei kapitalmarktorientierten AGs sind darüber hinaus die International Financial Reporting Standards (IFRS) anwendbar. Der Jahresabschluss ist durch den Aufsichtsrat zu prüfen und anschließend unverzüglich offenzulegen, bei börsennotierten Gesellschaften binnen bestimmter Fristen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Die Veröffentlichungspflicht dient dem Schutz der Aktionäre und der Öffentlichkeit und umfasst die Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang sowie gegebenenfalls einen Konzernabschluss. Für die Verletzung dieser Pflichten sind Bußgelder und Schadensersatzansprüche vorgesehen; die Verantwortlichen (Vorstand und Aufsichtsrat) können persönlich haftbar gemacht werden.