Definition und Begriffsbestimmung von Abwasser
Abwasser ist ein zentraler Rechtsbegriff innerhalb des deutschen Wasser-, Umwelt- und Baurechts. Nach § 54 Absatz 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) wird Abwasser rechtlich definiert als das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende Wasser. Die Definition umfasst somit sowohl Schmutzwasser als auch Niederschlagswasser.
Abgrenzung verschiedener Abwasserarten
Gemäß WHG und ergänzenden Landeswassergesetzen wird Abwasser in zwei zentrale Arten untergliedert:
- Schmutzwasser: Das durch Gebrauch veränderte Wasser, z.B. aus privaten Haushalten, Industrie und Gewerbe (Küchen-, Bad-, oder Prozessabwässer).
- Niederschlagswasser: Das von bebauten oder befestigten Oberflächen abfließende Regenwasser, welches durch Ableitung in Entwässerungssysteme gelangt.
Zusätzlich existiert der Begriff des Fremdwassers, welcher in technischen und rechtlichen Zusammenhängen das in Abwasseranlagen eintretende, nicht gezielt eingeleitete Wasser (z.B. Grundwasser, Quellwasser) bezeichnet. Dieses ist für spezifische Pflichten im Zusammenhang mit Abwasser von Belang.
Rechtliche Grundlagen zur Behandlung und Einleitung von Abwasser
Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Das WHG bildet die zentrale bundesrechtliche Grundlage zum Umgang mit Abwasser. Hier werden insbesondere folgende Pflichten und Regelungen statuiert:
- Einleitungserlaubnis: Gemäß § 8 ff. WHG bedarf die Einleitung von Abwasser in oberirdische Gewässer und das Grundwasser grundsätzlich einer Erlaubnis oder Bewilligung.
- Schutzpflichten: Nach § 57 WHG ist jeder verpflichtet, Abwasser so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird, insbesondere um Verschmutzungen der Gewässer zu verhindern.
Landeswassergesetze
Die Landeswassergesetze regeln Einzelheiten zur Abwasserbeseitigung weiterführend. Sie konkretisieren insbesondere die Ausgestaltung der Kommunalen Abwasserbeseitigungspflichten und die technischen Anforderungen an Abwasseranlagen.
Selbstüberwachungspflichten
Betreiber von Abwasseranlagen unterliegen vielfach umfangreichen Selbstüberwachungspflichten. Nach § 60 WHG und den jeweiligen Landesvorschriften sind Eigenkontrollen durchzuführen und die Funktionsfähigkeit der Anlagen nachzuweisen. Hierzu können regelmäßige Wartungen und Inspektionen gesetzlich vorgeschrieben sein.
Kommunale Abwasserbeseitigungspflicht
Nach § 56 WHG sind Städte und Gemeinden verpflichtet, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen. Diese sogenannte Abwasserbeseitigungspflicht ist eine originäre kommunale Aufgabe der Daseinsvorsorge. Sie umfasst insbesondere:
- Die Sammlung, Ableitung und Behandlung des anfallenden Abwassers,
- Den Bau und Betrieb von öffentlichen Abwasseranlagen (Kanalisation, Kläranlagen),
- Die Entsorgung und Reinigung von Klärschlämmen.
Die Kosten hierfür werden über Gebühren und Beiträge auf die Nutzerinnen und Nutzer verteilt, wobei die Vorgaben für die Erhebung in den Kommunalabgabengesetzen des jeweiligen Bundeslandes geregelt sind.
Einleitung von Abwasser – Erlaubnis- und Erlaubnistatbestände
Voraussetzungen einer Abwasser-Einleitung
Die Einleitung von Abwasser in ein Gewässer unterliegt einem Bewilligungs- oder Erlaubnistatbestand (§ 8 ff. WHG). Hierbei muss der Einleiter nachweisen, dass das Abwasser so vorzubehandeln ist, wie es der Stand der Technik im jeweiligen Anwendungsbereich vorgibt. Grenzwerte richten sich häufig nach der Abwasserverordnung (AbwV) und weiteren technischen Regelwerken.
Indirekteinleitung
Indirekteinleiter führen ihr Abwasser zunächst in öffentliche Abwasseranlagen ein, bevor dieses – nach Reinigung – in Gewässer gelangt. Für Indirekteinleiter gilt analog der § 58 WHG sowie spezifische Vorgaben der jeweiligen kommunalen Entwässerungssatzungen.
Direkteinleitung
Bei Direkteinleitern handelt es sich um Betriebe, die ihr Abwasser unmittelbar in ein Gewässer einleiten und daher strengen Überwachungs- und Auflagenpflichten unterliegen. Die rechtliche Grundlage ergibt sich insbesondere aus den §§ 57, 58 WHG sowie der Abwasserverordnung.
Technische Regelwerke und Anforderungen an Abwasseranlagen
Abwasserverordnung (AbwV)
Die Abwasserverordnung konkretisiert die Anforderungen an die Einleitung von Abwasser aus bestimmten Herkunftsbereichen (z.B. aus Branchen wie Papier-, Textil-, oder Lebensmittelindustrie) mittels branchenspezifischer Anhänge und Grenzwertvorgaben für Schadstoffe und weitere Parameter.
DIN-Normen und DWA-Regelwerke
Für Bau, Betrieb und Überwachung von Abwasseranlagen gelten zahlreiche technische Normen, u.a. DIN EN 752 (Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden) sowie die DWA-Regelwerke (Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.). Diese legen Standards zum Schutz der Umwelt sowie zur Funktionsfähigkeit der Anlagen fest.
Haftung und Sanktionen bei Verstößen gegen Abwasservorschriften
Verstöße gegen die Anforderungen im Umgang mit Abwasser können diverse Rechtsfolgen nach sich ziehen:
- Ordnungswidrigkeiten: Bußgelder gemäß § 103 WHG bei unerlaubter Einleitung oder unsachgemäßer Behandlung von Abwasser.
- Strafbarkeit: In gravierenden Fällen kommt der Straftatbestand der Gewässerverunreinigung (§ 324 Strafgesetzbuch – StGB) in Betracht.
- Zivilrechtliche Ansprüche: Mögliche Schadensersatzforderungen bei Gewässerverunreinigung oder Beeinträchtigung Dritter.
Wasser- und abwasserrechtliche Überwachung sowie behördliche Maßnahmen
Überwachungszuständig sind in der Regel die unteren oder oberen Wasserbehörden, unterstützt durch Umweltämter und spezialisierte Behörden auf Landesebene. Zu deren Aufgaben gehören:
- Überwachung von Einleitstellen,
- Kontrolle von Entwässerungsanlagen,
- Durchsetzung von Anordnungen und Maßnahmen zur Einhaltung des Wasserrechts.
Europarechtliche Vorgaben zum Abwasser
Die Europäische Union gibt mit der Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser verbindliche Rahmenbedingungen für den Schutz der Gewässer vor Einleitungen aus Kommunalabwasser und bestimmten Industriebranchen vor. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, diese Vorgaben in nationales Recht zu überführen und regelmäßig die Einhaltung sicherzustellen.
Zusammenfassung:
Abwasser im rechtlichen Sinne umfasst eine Vielzahl wasserrechtlicher, umweltrechtlicher und kommunalrechtlicher Regelungsinhalte. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen finden sich im Wasserhaushaltsgesetz, den begleitenden Landesvorschriften, der Abwasserverordnung und einschlägigen technischen Regelwerken. Für die Abwasserbeseitigung, -behandlung und -einleitung bestehen detaillierte Pflichten, Kontroll- und Nachweisregelungen sowie Sanktionen bei Verstößen, die einen umfassenden Schutz des Wasserhaushaltes sowie der Allgemeinheit sicherstellen.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist nach deutschem Recht für die ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung verantwortlich?
In Deutschland regelt das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), ergänzt durch die jeweiligen Landeswassergesetze, die Verantwortlichkeit für die Abwasserbeseitigung. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Beseitigung von häuslichem und gewerblichem Abwasser obliegt grundsätzlich den Gemeinden (§ 56 WHG). Diese sogenannte Abwasserbeseitigungspflicht verpflichtet die Gemeinden, die Anlagen zu erstellen, zu betreiben und zu unterhalten, die für eine schadlose Abwasserableitung, ‑behandlung und ‑verwertung notwendig sind. Städte und Gemeinden organisieren dies in der Regel über kommunale Eigenbetriebe oder Zweckverbände. Die Betreiber privater Grundstücke wiederum sind verpflichtet, ihr Abwasser nach den Vorgaben der kommunalen Entwässerungssatzung an die öffentliche Kanalisation anzuschließen und das Abwasser dorthin einzuleiten (§ 57 WHG). Ausnahmen bestehen in Gebieten ohne Anschlussmöglichkeit (z.B. abgelegene Einzelanwesen), wo die Grundstückseigentümer Pflicht zur Eigenentsorgung haben und dafür spezielle Zulassungen benötigen. Die Kommunen sind weiterhin für die Kontrolle und regelmäßige Wartung des Kanalnetzes sowie dessen technische Instandhaltung gesetzlich verantwortlich. Verstöße gegen die Abwasserbeseitigungspflicht können als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftat geahndet werden.
Welche Genehmigungen sind für das Einleiten von Abwasser in öffentliche Gewässer erforderlich?
Das Einleiten von Abwasser in Oberflächengewässer oder das Grundwasser unterliegt in Deutschland dem wasserrechtlichen Erlaubnisvorbehalt gemäß §§ 8 ff. WHG. Für das direkte Einleiten von Schmutzwasser aus häuslichen, gewerblichen oder industriellen Quellen in Gewässer ist eine behördliche wasserrechtliche Erlaubnis zwingend erforderlich. Dies gilt auch für sogenannte sogenannte Indirekteinleiter, deren Abwasser zunächst in die öffentliche Kanalisation gelangt, sofern Sonderstoffe anfallen. Die Erlaubnis wird durch die zuständige Wasserbehörde (meist Landratsämter oder Umweltämter) erteilt. Die betreffende Behörde prüft im Genehmigungsverfahren insbesondere die Einhaltung der Anforderungen an die Abwasserbehandlung gemäß Abwasserverordnung (AbwV) und weiteren Regelwerken sowie die Einhaltung zulässiger Emissionsgrenzwerte. Betriebe, die besonders schadstoffhaltiges Abwasser erzeugen, müssen dabei zusätzlich ein Überwachungskonzept und Nachweise zur technischen Ausstattung der Abwasseranlagen vorlegen. Die Erlaubnis ist regelmäßig befristet und kann mit Nebenbestimmungen, wie etwa regelmäßiger Berichts- und Selbstüberwachungspflicht, versehen werden.
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Einleitung von gewerblichem oder industriellem Abwasser?
Für die Einleitung von gewerblichem oder industriellem Abwasser gelten strengere Auflagen als für häusliches Abwasser. Rechtliche Grundlage dafür ist das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in Verbindung mit der Abwasserverordnung (AbwV). Unternehmen müssen sicherstellen, dass das Abwasser vor Einleitung in die öffentliche Kanalisation oder in ein Gewässer so vorbehandelt wird, dass keine Schadstoffe eingetragen werden, die die Funktionsfähigkeit der kommunalen Kläranlagen oder die Gewässerqualität gefährden. Je nach Herkunftsbereich gelten spezifische Indirekteinleiterverordnungen (z.B. für die Metallbearbeitung, Papierherstellung u.a.), in denen Grenzwerte für bestimmte schadstoffhaltige Parameter (zum Beispiel Schwermetalle, organische Verbindungen) genau festgelegt sind. Gewerbliche Betriebe müssen in der Regel eine wasserrechtliche Genehmigung oder eine Indirekteinleitergenehmigung vorweisen und sind verpflichtet, die Einleitbedingungen sowie die Eigenkontrolle des Abwassers zu dokumentieren. Die Aufsicht über die Einhaltung dieser Anforderungen erfolgt durch regelmäßige Überwachungen und Probenahmen von Seiten der Wasserbehörden.
Welche Regelungen gelten für die Abwassergebühren und Beitragszahlungen?
Die Finanzierung der öffentlichen Abwasserbeseitigung erfolgt im Regelfall über Gebühren- und Beitragserhebungen, die die Gemeinden auf Grundlage kommunaler Abgabensatzungen gemäß Kommunalabgabengesetz (KAG) erheben. Die Beitragszahlungen beziehen sich auf die erstmalige Herstellung, Erweiterung oder Verbesserung der öffentlichen Abwasseranlage und stellen eine einmalige Abgabe dar, die typischerweise bei Neubau oder Anschluss eines Grundstücks fällig wird. Die laufenden Abwassergebühren werden pro Verbrauchseinheit (meist in Kubikmetern) bemessen und sind in der Entwässerungssatzung geregelt. Sie umfassen Schmutzwasser- und – soweit getrennt erfasst – Niederschlagswassergebühren, die oft nach versiegelter Fläche berechnet werden. Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, die Gebührensätze an den tatsächlichen Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung und Abschreibung der Entwässerungsanlagen und Klärwerke auszurichten. Zu hohe oder zu niedrige Gebührenerhebungen sind anfechtbar und können im Rahmen von Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren überprüft werden.
Wann und wie ist der Anschluss an die öffentliche Kanalisation vorgeschrieben?
Dem Grundsatz des Anschluss- und Benutzungszwangs gemäß §§ 56, 57 WHG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften zufolge müssen alle Grundstückseigentümer in Anschlussgebieten ihr Abwasser über einen sachgerechten Anschluss der öffentlichen Kanalisation zuführen. Diese Pflicht wird in der kommunalen Entwässerungssatzung fixiert und ist grundsätzlich zwingend, sofern ein Anschluss technisch möglich und zumutbar ist. Der Grundstückseigentümer trägt die Kosten für den Anschluss bis zum Übergabepunkt der öffentlichen Leitung. Auf Antrag können Ausnahmen zugelassen werden, etwa wenn der Kanalanschluss eine unbillige Härte darstellen würde oder technische Alternativen (z.B. vollbiologische Kleinkläranlage) genehmigt sind. Eine eigenständige Abwasserentsorgung bedarf der ausdrücklichen wasserrechtlichen Erlaubnis der Behörde, die restriktiv erteilt wird und strengen Überwachungsauflagen unterliegt. Verstöße gegen die Anschlusspflicht können mit Bußgeldern und notwendigen Ersatzvornahmen durch die Gemeinde geahndet werden.
Welche rechtlichen Pflichten bestehen hinsichtlich der Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen?
Private Grundstückseigentümer sind nach § 60 WHG und den jeweils geltenden Landeswassergesetzen verpflichtet, ihre privaten Abwasserleitungen regelmäßig auf Dichtheit prüfen zu lassen. Das Ziel ist, das Einleiten von undichten Leitungen in das Erdreich und das Grundwasser zu verhindern. Die spezifischen Prüffristen, Prüfungsarten (z.B. TV-Inspektion, Druckprüfung) und Nachweispflichten variieren je nach Bundesland und werden in der Regel durch die Gemeinden in einer Abwassersatzung konkretisiert. Der Eigentümer muss auf eigene Kosten die Prüfung durch zertifizierte Fachbetriebe veranlassen und das Prüfergebnis dokumentieren. Werden Undichtigkeiten festgestellt, besteht eine unverzügliche Sanierungspflicht. Bei Nichteinhaltung drohen sowohl ordnungsrechtliche Maßnahmen als auch die Haftung für Umweltschäden.
Welche rechtlichen Grundlagen existieren für den Umgang mit Regenwasser auf privaten Grundstücken?
Der Umgang mit Niederschlagswasser ist im deutschen Wasserhaushaltsgesetz (§ 54 Abs. 1 WHG) sowie in Landeswassergesetzen und kommunalen Satzungen geregelt. Es gilt der Grundsatz, dass Niederschlagswasser nach Möglichkeit ortsnah versickert oder auf dem Grundstück genutzt werden soll („versickerungsfreundliche Bewirtschaftung“). Die direkte Einleitung von Oberflächenwasser in öffentliche Kanäle ist genehmigungspflichtig. Viele Kommunen erheben differenzierte Gebühren für die Ableitung von Regenwasser, um Anreize zur dezentralen Versickerung zu schaffen. Wer auf dem eigenen Grundstück Niederschlagswasser versickert, kann in einigen Bundesländern von gesplitteten Abwassergebühren befreit oder reduziert werden. Für die technische Ausführung der Versickerungsanlagen gelten DIN- bzw. DWA-Regelwerke sowie spezifische Baugenehmigungsverfahren, die mit der Kommune abzustimmen sind. Auch für das Sammeln und Nutzen von Regenwasser bestehen Vorschriften, insbesondere wenn eine Verbindung zum Trinkwassernetz besteht, um eine Rückverkeimung zu verhindern.