Legal Lexikon

Absolutismus


Definition und Wesensmerkmale des Absolutismus

Der Begriff Absolutismus bezeichnet eine Herrschaftsform, bei der die uneingeschränkte Staatsgewalt in den Händen einer einzigen Person – des Monarchen – liegt. Der Absolutismus stellt eine spezifische Ausprägung monarchischer Regierung dar, in der sämtliche Staatsgewalt zentralisiert ist und sich sowohl exekutive, legislative als auch judikative Kompetenzen auf den Herrscher konzentrieren. Der Begriff wird vor allem mit der europäischen Geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts assoziiert, hat jedoch auch grundlegende rechtsgeschichtliche und staatstheoretische Bedeutung.

Im rechtlichen Kontext ist der Absolutismus durch die ausschließliche und unbeschränkte Ausübung hoheitlicher Rechte durch den Souverän geprägt. Rechtsquellen, Rechtsprechung und Verwaltungshandeln entspringen unmittelbar dem Willen des Herrschers.


Rechtsdogmatische Grundlagen des Absolutismus

Souveränität und Staatsgewalt

Ein zentrales Merkmal des Absolutismus ist das Prinzip der Souveränität. Der Monarch gilt als höchster Inhaber der Staatsgewalt, frei von jeder irdischen Instanz und einzig Gott verantwortlich (Gottesgnadentum). Die Ausübung der Staatsgewalt erfolgt nach dem Prinzip der Personalunion aller Gewalten beim Herrscher.

Gewaltenteilung versus Einheitsgewalt

Im Gegensatz zur modernen Gewaltenteilung nach Montesquieu wird im Absolutismus keine institutionelle Trennung von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung vorgenommen. Der Monarch kann Gesetze erlassen (Gesetzgebungsgewalt), sie vollziehen (Verwaltungsgewalt) sowie Recht sprechen oder dies nach eigenem Ermessen beauftragen (Rechtsprechungsgewalt).


Verfassungsrechtliche Aspekte des Absolutismus

Fehlen verfassungsrechtlicher Bindungen

Im absoluten Staat fehlen staatliche Rechtsschranken, die die Macht des Herrschers wirksam begrenzen. Historische Erscheinungsformen des Absolutismus orientierten sich oftmals am Grundsatz „l’état c’est moi“ („Der Staat bin ich“), wie ihn Ludwig XIV. von Frankreich prägte. Die Legitimation des Herrschers wird nicht durch eine Verfassung, einen Gesellschaftsvertrag oder parlamentarische Kontrolle gestützt, sondern durch göttliches Recht oder dynastische Legitimation.

Monarch als Gesetzgeber

Das Rechtssystems im absolutistischen Staat ist durch das Fehlen kodifizierter Verfassungen und Parlamentarismus gekennzeichnet. Die Schriftlichkeit des Rechts stand im Ermessen des Monarchen. Gesetzeserlass, Rechtsfortbildung und Verwaltungspraxis waren ausschließlich von dessen Willen abhängig.


Verwaltungs- und Privatrecht im Absolutismus

Verwaltungsstruktur und zentralisierte Entscheidungsfindung

Die öffentliche Verwaltung ist hierarchisch aufgebaut und dem Monarchen unterstellt. Staatsämter und Behörden erhalten Weisungen direkt vom Monarchen oder seinem engsten Umfeld. Eine eigenständige, von Gesetz und Recht gebundene Verwaltung existiert nicht.

Privatrechtliche Auswirkungen

Auch privatrechtliche Beziehungen können von Regierungsinteressen beeinflusst werden. Die Durchsetzung individueller Rechte und Rechtspositionen steht im Ermessen des Herrschers, dessen Gnade und Willkür entscheidend für Rechtsschutz und Rechtsverwirklichung sind.


Rechtsquellen und Rechtsstaatlichkeit im Absolutismus

Rechtsquellen im absolutistischen System

Im absolutistischen Staatsverständnis stellt der Wille des Monarchen die zentrale Rechtsquelle dar. Ältere Gewohnheitsrechte und Rechtsgewohnheiten blieben teils formal bestehen, unterstanden jedoch jederzeitiger Abänderbarkeit durch herrscherlichen Erlass, Patente oder Edikte.

Fehlende Rechtssicherheit und fehlender Rechtsschutz

Eine unabhängige Justiz und ein systematischer Rechtsschutz sind nicht gewährleistet. Die Geltung von Recht und Gerichtsbarkeit hängen oftmals von der Gunst des Monarchen ab. Prozessrechtliche Garantien, wie sie aus der späteren Entwicklung der Verfassungsstaatlichkeit bekannt sind (z. B. Anspruch auf rechtliches Gehör, Unabhängigkeit der Gerichte), existieren im Rechtsrahmen des Absolutismus nicht oder nur rudimentär.


Historische Entwicklung und Ablösung des Absolutismus im Recht

Übergang zum Rechtsstaat und zur konstitutionellen Monarchie

Der Absolutismus war mit dem Aufkommen neuer rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien zunehmend Kritik unterworfen. Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert setzten sich Forderungen nach Gewaltenteilung, Rechtssicherheit, Legalitätsprinzip und parlamentarischer Kontrolle durch. Die Entstehung verfassungsmäßig gebundener Monarchien markierte den Beginn der Ablösung absolutistischer Strukturen zugunsten moderner Staatlichkeit und Rechtsstaatlichkeit.


Bedeutung des Absolutismus im rechtswissenschaftlichen Diskurs

Absolutismus als Gegenbegriff zur Verfassungsstaatlichkeit

Im heutigen Sprachgebrauch dient der Begriff Absolutismus zur Abgrenzung moderner Staats- und Rechtsformen, insbesondere des Rechtsstaats und der konstitutionellen Monarchie, gegenüber dem historischen Modell unbeschränkter Fürstenmacht. Er bleibt somit sowohl historisch-analytisch als auch in der Staatstheorie von Bedeutung, insbesondere zur Einordnung und Bewertung von Entwicklungen im Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und im Schutz subjektiver Rechte.


Zusammenfassung

Der Absolutismus stellt eine staatsrechtlich bedeutsame Herrschaftsform dar, in der die volle Staatsgewalt bei einer Person gebündelt ist und keinerlei rechtlicher Kontrolle unterliegt. Ihre spezifischen Kennzeichen sind das Fehlen verfassungsrechtlicher Limitationen, die Konzentration aller Staatsgewalten beim Herrscher, eine zentrale Verwaltungsstruktur und eine eingeschränkte bis fehlende Rechtssicherheit. Die historische Entwicklung des Absolutismus und seine Ablösung durch rechtsstaatliche Modelle bildet ein zentrales Thema der europäischen Rechtsgeschichte und Staatslehre.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rolle spielten rechtliche Grundlagen bei der Legitimation absolutistischer Herrschaft?

Im Absolutismus wurde die Herrschaft des Monarchen oftmals als gottgegeben begründet, beispielsweise durch die Vorstellung des „Gottesgnadentums,“ nach der der Souverän nicht durch menschliches Recht, sondern durch das göttliche Recht legitimiert sei. Im rechtlichen Kontext manifestierte sich diese Legitimation durch eine mangelhafte oder gänzlich fehlende Gewaltenteilung. Die Gesetze des Landes gingen nicht mehr von repräsentativen Körperschaften oder dem Adel aus, sondern unmittelbar vom Monarchen selbst. Rechtserlasse, Edikte und Verordnungen wurden zentralisiert und waren im Wesentlichen Ausdruck des königlichen Willens, was zu einer starken Personalisierung des Rechts führte. Diese Praxis führte zu einer Einschränkung parlamentarischer oder ständischer Mitbestimmungsrechte und schuf ein System, in dem die Legitimität der Gesetzgebung auf der Autorität des Herrschers selbst beruhte.

Welche rechtlichen Instrumente nutzten absolutistische Herrscher zur Durchsetzung ihrer Macht?

Absolutistische Herrscher bedienten sich einer Vielzahl an rechtlichen Instrumenten, um ihre uneingeschränkte Macht zu sichern und durchzusetzen. An erster Stelle standen Verordnungen und königliche Dekrete, die ohne Mitwirkung ständischer oder regionaler Parlamente erlassen werden konnten. Zudem wurden Einrichtungen wie königliche Räte und Spezialgerichte geschaffen, die direkt dem Willen des Monarchen unterstanden. Polizeiliche und gerichtliche Institutionen wurden zunehmend zentralisiert und unter königliche Kontrolle gestellt. Ein weiteres wichtiges Instrument war das Begnadigungs- und Gnadenrecht, mit dem der König justizielle Entscheidungen aufheben oder abändern konnte, was seine Stellung als höchste richterliche Instanz festigte.

Wie unterscheidet sich das Rechtssystem im Absolutismus von dem früherer Ständeordnungen?

Im Gegensatz zu den ständischen Gesellschaftsordnungen, bei denen Recht auf Gewohnheiten, Privilegien und Konsens basierte und oft zwischen Adel, Klerus und Bürgern sowie regional verschieden angewandt wurde, war das absolutistische Recht von der Tendenz zur Vereinheitlichung und Zentralisierung geprägt. Standesspezifische Privilegien und regionale Eigenrechte wurden entweder eingeschränkt oder gänzlich aufgehoben und durch königliches Recht ersetzt, das im gesamten Territorium Geltung hatte. Damit wurde das Recht mehr und mehr zum Instrument monarchischer Herrschaft und verlor seinen Charakter als Ergebnis von Aushandlungsprozessen zwischen sozialen Gruppen.

Welche Bedeutung hatte das Verhältnis zwischen geschriebenem und ungeschriebenem Recht im Absolutismus?

Im Absolutismus nahm das geschriebene Recht deutlich an Bedeutung zu, da Monarchen bestrebt waren, ihr Herrschaftsgebiet durch einheitliche Erlasse und Kodifikationen zu regeln. Althergebrachtes, ungeschriebenes Gewohnheitsrecht wurde zunehmend durch kodifiziertes Recht verdrängt. Der Erlass von umfassenden Gesetzeswerken, wie zum Beispiel dem sogenannten „Code Louis“ in Frankreich, diente nicht nur der Rechtssicherung, sondern vor allem der Demonstration und Ausübung der royalen Machtfülle. Dennoch blieben in manchen Bereichen – etwa im Privatrecht oder in der lokalen Verwaltung – ungeschriebene Rechtspraktiken weiterhin von Bedeutung, allerdings immer unter Vorbehalt der königlichen Entscheidungsgewalt.

Wie wurde das Verhältnis zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung im Absolutismus gestaltet?

Im absolutistischen System verschmolzen die Funktionen des Gesetzgebers, des obersten Richters und der Exekutive in der Person des Monarchen. Während in ständischen Ordnungen oder später in konstitutionellen Monarchien und Republiken eine Trennung der Gewalten existiert, übernahm im Absolutismus der Herrscher alle diese Rollen. Gerichtshöfe und Richter waren ihm direkt unterstellt und hatten seine Erlasse und Anweisungen umzusetzen. Berufung und Absetzung von Richtern lag ausschließlich beim Monarchen, und auch Rechtsprechung konnte durch königliche Eingriffe in laufende Verfahren jederzeit beeinflusst oder aufgehoben werden.

Auf welche Weise beeinflussten absolute Herrscher das Privatrecht und die Eigentumsordnung?

Absolute Monarchen griffen auch massiv in das Privatrecht und die Eigentumsordnung ein. Sie nutzten ihre Gesetzgebungskompetenz, um bestehende Eigentumsrechte anzugreifen oder umzuwandeln – etwa durch Enteignungen zur Finanzierung des Staates oder durch Vergabe von Lehen und Privilegien an loyale Untertanen. Die freie Verfügung über Eigentum war stets an die Zustimmung, den Schutz oder den Eingriff durch den Monarchen gebunden. Gleichzeitig konnten Monarchen durch die Schaffung neuer Rechtsinstitute oder durch die Verleihung von Gnadenrechten das soziale Gefüge nach ihren Vorstellungen gestalten.

Gab es unter absolutistischen Regimes rechtliche Möglichkeiten zum Widerstand gegen monarchische Entscheidungen?

Das absolutistische System bot de jure kaum bis keine rechtlichen Möglichkeiten zum Widerstand gegen königliche Entscheidungen. Die Untertanen waren dem königlichen Recht unterworfen und hatten allenfalls die Möglichkeit, Bittschriften oder Gnadengesuche einzureichen. Die Justiz war dem Monarchen untergeordnet, und es existierten keine institutionalisierten Formen der Rechtskontrolle über königliche Akte. De facto kam es jedoch in einzelnen Fällen zu Widerstand, insbesondere durch Vertreter privilegierter Stände oder regionaler Eliten, die vormodernes Gewohnheitsrecht oder alte Sonderrechte reklamierten, um Eingriffe des Königs abzuwehren. Diese hatten jedoch selten Aussicht auf dauerhaften Erfolg und waren stets von der Machtbalance und dem Wohlwollen des Monarchen abhängig.