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Abschreibungsgesellschaft


Abschreibungsgesellschaft: Definition, rechtliche Grundlagen und steuerrechtliche Bedeutung

Begriff und allgemeine Definition

Die Abschreibungsgesellschaft ist im deutschen Steuerrecht und Gesellschaftsrecht ein Begriff für eine Gesellschaftsform, deren Zweck oder hauptsächlicher Geschäftszweck in der Erzielung steuerlicher Vorteile durch die Nutzung von Abschreibungsmöglichkeiten besteht. Typischerweise handelt es sich dabei um Zusammenschlüsse von Investoren, die gemeinsam in abnutzbare Wirtschaftsgüter (z. B. Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Filmproduktionen oder andere bewegliche Anlagegüter) investieren, um von den damit verbundenen Abschreibungen und Verlustzuweisungen Gebrauch zu machen.

Abschreibungsgesellschaften finden sich überwiegend in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft (KG) oder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), seltener als GmbH und Co. KG.

Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung

Wahl der Rechtsform

Die Ausgestaltung als Personengesellschaft bietet verschiedene Vorteile:

  • Transparenz im Hinblick auf Gewinn- und Verlustzurechnung.
  • Direkte steuerliche Zurechnung von Ergebnissen auf die Gesellschafter.
  • Möglichkeit der Verlustzuweisung.

Gesellschaftsvertrag und Geschäftsführung

Der Gesellschaftsvertrag einer Abschreibungsgesellschaft regelt die Einbringung des Eigenkapitals, den Umfang und Ablauf der Investitionen sowie das interne und externe Haftungsverhältnis. Zumeist erfolgt die Geschäftsführung durch einen oder mehrere Gesellschafter oder durch eine geschäftsführende Komplementär-GmbH bei der GmbH & Co. KG.

Steuerrechtliche Grundlagen

Prinzip der Abschreibung

Abschreibung im Sinne des Einkommensteuerrechts (§§ 7 ff. EStG) bezeichnet die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines abnutzbaren Wirtschaftsguts auf dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Im Rahmen einer Abschreibungsgesellschaft werden diese Abschreibungen als Betriebsausgaben behandelt und mindern den steuerpflichtigen Gewinn der Gesellschaft.

Verlustzuweisungen

In den ersten Gesellschaftsjahren entstehen durch hohe Abschreibungen oft steuerliche Verluste, die anteilig den einzelnen Gesellschaftern zugewiesen werden. Diese können mit anderweitigen Einkünften verrechnet werden (§ 15a EStG – beschränkte Verlustverrechnung bei Kommanditisten).

Beschränkung der Verlustnutzung (§ 15a EStG)

Der Gesetzgeber begegnet Konstruktionen der Abschreibungsgesellschaft mit Einschränkungen:

  • Nur in Höhe der geleisteten Einlagen des Kommanditisten sind Verluste anrechenbar.
  • Verluste, die den Haftungsbetrag überschreiten, werden als sogenannte „verlustrücktragfähige Verlustanteile“ in die Zukunft vorgetragen und können erst nach Einzahlung weiterer Eigenmittel oder bei späteren Gewinnen verrechnet werden.

Prüfschemata bei atypischer Beteiligung

Das Finanzamt prüft regelmäßig, ob ein steuerrechtlich anzuerkennender Mitunternehmerstatus vorliegt und ob die Gesellschaft ausschließlich oder überwiegend auf Steuerersparnis ausgerichtet ist. Bei reinen Steuersparmodellen kann der Betriebsausgabenabzug verweigert werden.

Missbrauchs- und Gestaltungsbeschränkungen

Missbrauchstatbestände (§ 42 AO)

Abschreibungsgesellschaften müssen sich grundsätzlich an die allgemeinen Regeln zur Steuervermeidung halten. Konstruktionen, deren einziges Ziel die Steuerersparnis ist, ohne eigenwirtschaftliche Tätigkeit, können nach § 42 AO (Abgabenordnung, Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten) nicht anerkannt werden.

Typisierung durch Rechtsprechung

Die Rechtsprechung entwickelt immer wieder neue Kriterien zur Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen Abschreibungsmodellen. Wesentliche Merkmale zur Anerkennung sind:

  • Vorhandensein eines tatsächlichen, wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.
  • Eigenverantwortliche unternehmerische Mitwirkung der Gesellschafter.
  • Kein ausschließlich steuerlicher Zweck.

Besonderheiten bei bestimmten Anlageobjekten

Immobilienfonds

Insbesondere geschlossene Immobilienfonds waren klassische Abschreibungsgesellschaften. Die Möglichkeit, hohe anfängliche Verluste durch degressive Abschreibungen steuerlich geltend zu machen, wurde mehrfach durch Gesetzesänderungen eingeschränkt.

Medienfonds, Schiffsbeteiligungen & Flugzeuggesellschaften

Bereiche wie Medienfonds, Schiffsbeteiligungen oder Flugzeugleasing erfreuten sich vorübergehend großer Nachfrage. Diese Modelle gerieten zunehmend in regulatorischen Fokus, sodass steuerliche Vorteile deutlich limitiert wurden.

Bilanzrechtliche Aspekte

Abschreibungsgesellschaften sind zur Erstellung einer Bilanz verpflichtet. Die Abschreibungsbeträge mindern den Wert des Wirtschaftsguts und beeinflussen das handelsrechtliche Jahresergebnis. Bilanzierungspflichten richten sich nach der Größe und Rechtsform der Gesellschaft.

Zivilrechtliche Haftung

Die Haftung innerhalb der Abschreibungsgesellschaft richtet sich nach der Gesellschaftsform. Bei der KG haftet der Komplementär unbeschränkt, die Kommanditisten lediglich bis zur Höhe ihrer Einlage. Irrtümer über wirtschaftlichen Erfolg und steuerliche Anerkennung können sowohl für Gesellschafter als auch für die Geschäftsführung zu Haftungsrisiken führen.

Besteuerung bei Auflösung und Veräußerung

Die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen oder die Auflösung der Abschreibungsgesellschaft lösen steuerliche Folgewirkungen aus (insbesondere Nachversteuerung stiller Reserven, Reinvestitionsmöglichkeiten, § 6b EStG).

Abschaffung und heutige Bedeutung

Mit der Verschärfung der gesetzlichen Regelungen und dem verstärkten Einsatz der Verlustverrechnungsbeschränkungen spielt die klassische Abschreibungsgesellschaft heute eine geringere Rolle als in den 1980er und 1990er Jahren.

Literaturhinweise

  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Abgabenordnung (AO)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) zur steuerlichen Anerkennung von Mitunternehmerschaften

Fazit: Die Abschreibungsgesellschaft ist eine bedeutende gesellschafts- und steuerrechtliche Konstruktion, die gezielt Abschreibungen als steuerlichen Vorteil nutzbar macht. Die Entwicklung des gesetzlichen Rahmens, zahlreiche Rechtsprechungsgrundlagen und restriktive Maßnahmen im Steuerrecht definieren heute den zulässigen Rahmen solcher Modelle. Steuerlicher Vorteil und tatsächlicher wirtschaftlicher Gehalt müssen bei der Ausgestaltung und dem Betrieb dieser Gesellschaftsform stets in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet bei fehlerhafter Abschreibung in einer Abschreibungsgesellschaft?

Für Fehler bei der Abschreibung innerhalb einer Abschreibungsgesellschaft haftet in erster Linie die Gesellschaft selbst mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Handelt es sich um eine Personengesellschaft (z.B. eine GbR oder OHG), haften zusätzlich die Gesellschafter persönlich, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart und gesetzlich zulässig ist. Bei einer Kapitalgesellschaft (z.B. einer GmbH) beschränkt sich die Haftung grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen, es sei denn, ein Organmitglied (Geschäftsführer) handelt grob fahrlässig oder vorsätzlich – dann kann auch eine persönliche Haftung in Betracht kommen. Bei fehlerhaften Abschreibungen können zudem steuerliche Nachforderungen und eventuell Strafzahlungen von den Finanzbehörden folgen, für die grundsätzlich die Gesellschaft aufkommen muss. Kommt es aufgrund fehlerhafter Angaben zu Schadensersatzansprüchen Dritter, können auch diese gegen die handelnden Personen oder die Gesellschaft geltend gemacht werden, abhängig von Art und Ausmaß des Fehlers sowie vertraglichen Regelungen.

Welche rechtlichen Pflichten bestehen hinsichtlich der Dokumentation der Abschreibungen?

Abschreibungsgesellschaften sind gesetzlich verpflichtet, sämtliche Abschreibungsvorgänge ordnungsgemäß zu dokumentieren. Dies ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 238 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) und der Abgabenordnung (AO). Die Bücher müssen so geführt werden, dass sie Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsverläufe und die Vermögenslage vermitteln. Alle Abschreibungsvorgänge, Berechnungsgrundlagen, Nachweise über die Wirtschaftsgüter und deren Nutzung müssen nachvollziehbar, richtig und vollständig festgehalten werden. Verstöße gegen diese Dokumentationspflichten können steuerliche Sanktionen nach sich ziehen und unter Umständen eine Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat (z.B. Steuerhinterziehung) darstellen.

Welche steuerrechtlichen Konsequenzen können bei nicht ordnungsgemäßer Abschreibung entstehen?

Werden Abschreibungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt, drohen steuerrechtliche Konsequenzen. Das Finanzamt kann im Rahmen einer Betriebsprüfung fehlerhafte oder unzulässige Abschreibungen rückgängig machen und Nachzahlungen, Zinsen sowie gegebenenfalls Säumniszuschläge fordern. Zudem kann bei groben Verstößen oder Vorsatz ein Steuerstrafverfahren eingeleitet werden. Die steuerliche Gewinnermittlung wird bei beanstandeten Abschreibungen entsprechend korrigiert und zu Unrecht erlangte Steuervorteile zurückgefordert. Der betroffenen Gesellschaft können daraus erhebliche finanzielle Belastungen und auch Imageschäden entstehen.

Ist eine externe Prüfung der Abschreibungen gesetzlich vorgeschrieben?

Eine externe Prüfung, insbesondere durch den Abschlussprüfer, ist für viele Abschreibungsgesellschaften gesetzlich vorgeschrieben, insbesondere wenn sie in der Form einer prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaft organisiert sind (z.B. GmbH, AG nach §§ 316 ff. HGB). Im Rahmen dieser Jahresabschlussprüfungen werden die Richtigkeit der bilanziellen Abschreibungen, deren Berechnungsgrundlagen sowie die Einhaltung der handelsrechtlichen und steuerlichen Vorschriften kontrolliert. Für kleinere Personengesellschaften oder nicht prüfungspflichtige Unternehmen besteht grundsätzlich keine externe Prüfungspflicht, es sei denn, diese ist gesellschaftsvertraglich oder aufgrund besonderer branchenspezifischer Vorgaben vereinbart.

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Abschreibungen in Abschreibungsgesellschaften?

Die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften für Abschreibungen finden sich im Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere in den §§ 252, 253 und 255. Steuerrechtliche Grundlagen bieten insbesondere das Einkommensteuergesetz (EStG), dort vor allem § 7 EStG (Absetzung für Abnutzung/AfA), sowie ergänzende Regelungen in der Abgabenordnung (AO) und gegebenenfalls weitere spezialgesetzliche Normen, etwa im Investmentsteuergesetz (InvStG), falls dies auf die Gesellschaft Anwendung findet. Diese Normen regeln, welche Wirtschaftsgüter abgeschrieben werden dürfen, in welcher Höhe und nach welchem Verfahren, sowie die diesbezüglichen Fristen und Bewertungsmaßstäbe.

Welche rechtlichen Vorgaben bestehen zur Aufbewahrung von Unterlagen bezüglich der Abschreibungen?

Die rechtlichen Vorgaben zur Aufbewahrung von Unterlagen ergeben sich aus § 257 HGB und § 147 AO. Danach sind Handelsbücher, Inventare, Bilanzen, Buchungsbelege, Jahresabschlüsse und sämtliche Unterlagen, die die Abschreibung betreffen und deren Nachvollziehbarkeit gewährleisten, mindestens zehn Jahre lang aufzubewahren. Eine vorzeitige Vernichtung kann als Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten gewertet werden und zu steuerrechtlichen Sanktionen sowie strafrechtlicher Verfolgung, insbesondere bei Verdacht auf Steuerhinterziehung, führen.

Welche rechtlichen Schnittstellen bestehen zwischen Abschreibungsgesellschaft und Gesellschaftern hinsichtlich der Abschreibungen?

Zwischen der Abschreibungsgesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehen rechtliche Schnittstellen insbesondere im Bereich der Gewinnermittlung und der steuerlichen Transparenz. Die korrekte Verbuchung und Verteilung von Abschreibungen wirkt sich direkt auf die steuerliche Zuordnung von Gewinnen und Verlusten der Gesellschafter aus. Bei Personengesellschaften fließen Abschreibungen direkt in die Einkünfteermittlung der einzelnen Gesellschafter ein (Transparenzprinzip nach § 15 EStG). Falsche oder unterlassene Abschreibungen können demzufolge zu falschen Steuerfestsetzungen bei den Gesellschaftern führen, für die die Gesellschaft rechtlich in der Verantwortung steht und gegebenenfalls Haftungsansprüche der Gesellschafter nach sich ziehen kann.