Begriff und rechtliche Stellung von Abgeordneten
Abgeordnete sind gewählte Mitglieder eines Parlaments oder einer vergleichbaren Volksvertretung. In parlamentarisch verfassten Demokratien, wie bspw. der Bundesrepublik Deutschland, Österreich oder der Schweiz, nehmen sie eine zentrale Stellung in der Gesetzgebung und der Kontrolle der Regierung ein. Die Rechte, Pflichten und die rechtliche Stellung der Abgeordneten sind in den jeweiligen Verfassungen und den Parlamentsgesetzen im Detail geregelt.
Wahl und Mandat
Wahlgrundsätze und Wahlverfahren
Abgeordnete werden in einem demokratischen Verfahren gewählt. Die Grundlagen hierfür bilden die allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen. In Deutschland findet die Wahl der Bundestagsabgeordneten auf Grundlage des Bundeswahlgesetzes und der Verfassung (Art. 38 GG) statt. In anderen Staaten gelten entsprechende nationale Regelungen.
Beginn und Dauer des Mandats
Das Mandat eines Abgeordneten beginnt in der Regel mit dem Zusammentritt des neugewählten Parlaments und endet mit Ablauf der Wahlperiode oder durch vorzeitiges Ausscheiden, etwa durch Verlust der Wählbarkeit, Rücktritt oder Tod (§ 46 BWahlG; Art. 102 B-VG Österreich).
Rechte der Abgeordneten
Status- und Beteiligungsrechte
Abgeordnete genießen im Rahmen ihres Mandats besondere Rechte. Hierzu gehören das Antrags-, Rederecht, Stimmrecht und das Recht zur Beteiligung an Ausschüssen. Sie haben das Recht, Anfragen an die Regierung zu stellen, Entschließungsanträge zu initiieren und Gesetzesvorschläge einzubringen.
Indemnität und Immunität
Indemnität
Abgeordnete sind bezüglich ihrer Abstimmungen und Äußerungen im Parlament rechtlich nicht verantwortlich zu machen (Art. 46 GG; Art. 57 B-VG Österreich). Die Indemnität dient dem Schutz der freien parlamentarischen Arbeit und Meinungsäußerung.
Immunität
Die Immunität schützt Abgeordnete vor strafrechtlicher Verfolgung während ihrer Mandatsausübung, soweit nicht das Parlament selbst die Aufhebung dieser Immunität beschließt (Art. 46 GG; Art. 57 Abs. 2 B-VG Österreich). Verwaltungshandlungen oder gerichtliche Maßnahmen gegen Abgeordnete sind somit grundsätzlich nur mit Zustimmung des Parlaments zulässig.
Recht auf Auskunft und Information
Abgeordnete haben das Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen und Akten, sofern dies zur Ausübung ihrer parlamentarischen Arbeit notwendig ist. Das Informationsrecht ist ein wesentliches Instrument parlamentarischer Kontrolle der Regierung und Verwaltung.
Pflichten der Abgeordneten
Unabhängigkeit und freie Mandatsausübung
Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes und nur ihrem Gewissen unterworfen (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG). Sie sind keinen Weisungen unterworfen und unabhängig in ihren Entscheidungen.
Offenlegungspflicht
Abgeordnete sind in vielen Staaten verpflichtet, ihre Nebeneinkünfte und sonstigen finanziellen Zuwendungen öffentlich zu machen, um Transparenz zu gewährleisten und Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Einzelheiten regeln das Abgeordnetengesetz oder entsprechende Vorschriften des jeweiligen Landes.
Teilnahme- und Anwesenheitspflichten
Die Geschäftsordnungen der Parlamente schreiben vor, dass Abgeordnete an den Sitzungen und Abstimmungen teilnehmen müssen. Unentschuldigtes Fehlen kann zu Ordnungsmaßnahmen führen.
Rechtliche Grenzen der Tätigkeit
Unvereinbarkeiten
Bestimmte Ämter oder Tätigkeiten sind mit dem Mandat eines Abgeordneten unvereinbar. So etwa die gleichzeitige Ausübung einer Tätigkeit als Regierungsmitglied, Richter oder Beamter. Die Regeln hierzu sind gesetzlich in den jeweiligen Abgeordnetengesetzen oder Verfassungen geregelt.
Verbot der Schädigung des Ansehens des Parlaments
Abgeordnete haben sich so zu verhalten, dass das Ansehen des Parlaments nicht beeinträchtigt wird. Verstöße gegen die parlamentarische Ordnung können zu Ordnungsmaßnahmen wie Verwarnungen, Ordnungsgeldern oder sogar Ausschluss aus Sitzungen führen.
Beendigung des Mandats
Ablauf, Verlust und Niederlegung
Das Mandat endet regelmäßig mit Ablauf der Wahlperiode des Parlaments. Ein vorzeitiges Ende tritt durch Rücktritt, Tod, Verlust der Wählbarkeit oder in Ausnahmefällen durch die Aberkennung des Mandats ein. Die Einzelheiten hierzu sind im jeweiligen Wahlrecht und den Parlamentsgesetzen festgelegt.
Abgeordnete und Parteien
Fraktionen und Gruppenbildung
Abgeordnete organisieren sich im Parlament in Fraktionen oder Gruppen. Die Mitgliedschaft in einer Fraktion ist frei, jedoch Voraussetzung für bestimmte parlamentarische Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten, insbesondere bei der Besetzung von Ausschüssen und der Geschäftsordnung des Parlaments.
Verhältnis von Partei und Mandat
Obwohl Abgeordnete meist über Parteilisten oder als Parteimitglieder gewählt werden, sind sie rechtlich nicht an Beschlüsse oder Weisungen ihrer Partei gebunden (Freies Mandat).
Besondere Regelungen für Abgeordnete in verschiedenen Parlamenten
Die gesetzlichen Regelungen über Rechte, Pflichten und Status von Abgeordneten unterscheiden sich auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene, richten sich aber nach ähnlichen verfassungsrechtlichen Grundsätzen.
Bundestagsabgeordnete (Deutschland)
Das Abgeordnetengesetz und das Grundgesetz regeln die besonderen Rechte und Pflichten der Bundestagsmitglieder, einschließlich der Vergütung, Versorgung und Transparenzvorschriften.
Landtagsabgeordnete (Deutschland)
Landesverfassungen und eigene Abgeordnetengesetze legen die rechtlichen Rahmenbedingungen der Landtagsabgeordneten fest. Die Grundprinzipien lehnen sich meist an die Regelungen auf Bundesebene an.
Europaabgeordnete
Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) unterliegen den Bestimmungen des EU-Rechts sowie ergänzenden nationalen Vorschriften.
Quellen und weiterführende Hinweise
Die rechtliche Stellung der Abgeordneten ist ein zentraler Bestandteil demokratischer Verfassungssysteme und unterliegt ständiger Weiterentwicklung durch Gesetzgebung und Rechtsprechung. Eine vertiefte Beschäftigung mit Landesgesetzen, Geschäftsordnungen und parlamentarischen Praxisanweisungen bietet ergänzende Einblicke.
Hinweis: Für weiterführende Informationen empfiehlt sich die Einsichtnahme in das jeweilige Grundgesetz, die Geschäftsordnung des Parlaments, das Abgeordnetengesetz sowie in die einschlägigen landesrechtlichen und europäischen Vorschriften.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechte stehen Abgeordneten im Deutschen Bundestag laut Grundgesetz zu?
Abgeordnete des Deutschen Bundestages genießen weitreichende Rechte, die im Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland verankert sind. Insbesondere Artikel 38 GG sichert die Freiheit des Mandats: Abgeordnete sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Hinzu kommen spezielle Schutzrechte wie die Indemnität (Art. 46 Abs. 1 GG), welche sie vor gerichtlicher oder dienstlicher Verfolgung wegen einer im Bundestag getanen Äußerung oder Abstimmung schützt, ausgenommen verleumderischer Beleidigung. Die Immunität (Art. 46 Abs. 2 GG) bewahrt sie davor, ohne Genehmigung des Bundestages wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen oder verhaftet zu werden, sofern die Tat nicht während oder vor Beginn der Mitgliedschaft begangen und unabhängig von der Mitgliedschaft verfolgt wurde. Weitere elementare Rechte sind das Antragsrecht, das Rederecht sowie umfassende Mitwirkungsrechte in den Ausschüssen und Fraktionen.
Welche Pflichten ergeben sich für Abgeordnete aus ihrer Stellung?
Abgeordnete sind im rechtlichen Sinne verpflichtet, die verfassungsrechtliche Ordnung zu wahren und das Wohl des Volkes zu vertreten. Trotz der Mandatsfreiheit stehen sie in einem Treueverhältnis zur Verfassung und sind verpflichtet, bei der Mandatsausübung die Prinzipien von Unabhängigkeit, Parlamentsöffentlichkeit und Transparenz zu beachten. Sie müssen Interessenkonflikte offenlegen und erhalten Verhaltenspflichten gemäß den verbindlichen Verhaltensregeln des Bundestages (GO-BT und Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages), welche u.a. auch die Annahme von Spenden, Nebentätigkeiten und die Offenlegung von Einkünften regeln. Darüber hinaus unterliegen sie der Schweigepflicht über vertrauliche Beratungen und sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen beziehungsweise rechtzeitig abzumelden.
Wie ist die Haftung der Abgeordneten im Rahmen ihrer Tätigkeit geregelt?
Im Rahmen ihrer parlamentarischen Tätigkeit genießen Abgeordnete grundsätzlich Immunität und Indemnität, wodurch sie vor straf- oder zivilrechtlicher Verfolgung für ihre Parlamentsäußerungen geschützt sind. Außerhalb dieses Bereiches oder bei Verletzung von Verfassungs- und Verhaltensvorschriften können sie jedoch persönlich haftbar gemacht werden. Dies betrifft insbesondere das Bereich der Annahme unzulässiger Vorteile (§ 108e StGB – Abgeordnetenbestechung), Verstöße gegen die Verhaltensregeln sowie mögliche Amtspflichtenverletzungen, die straf- oder zivilrechtlich relevant sind. Bei schuldhafter Pflichtverletzung im nicht-öffentlichen Bereich kann ein Abgeordneter, wie jeder Bürger, haftbar gemacht werden.
Können Abgeordnete während ihrer Mandatszeit einer Nebentätigkeit nachgehen?
Abgeordnete dürfen grundsätzlich einer Nebentätigkeit nachgehen, sofern dies weder die Unabhängigkeit des Mandats noch die Ausübung der parlamentarischen Aufgaben beeinträchtigt. Die Grenzen setzen das Abgeordnetengesetz (AbgG) sowie die Geschäftsordnung des Bundestages mit den Verhaltensregeln: U.a. sind sie verpflichtet, Art und Umfang sowie die erhaltenen Einkünfte der Nebentätigkeiten gegenüber dem Bundestagspräsidenten anzuzeigen und veröffentlichen zu lassen. Nebentätigkeiten dürfen nicht geeignet sein, die Unabhängigkeit des Mandats zu gefährden oder einen Interessenkonflikt zu verursachen. Bestimmte Tätigkeiten, insbesondere in Unternehmen mit unmittelbaren wirtschaftlichen Interessen an Bundestagsentscheidungen, sind besonders streng zu prüfen und gegebenenfalls unzulässig.
Wie erfolgt der Verlust des Mandats bei Abgeordneten?
Das Mandat eines Abgeordneten im Deutschen Bundestag kann aus verschiedenen rechtlichen Gründen enden. Es endet mit Ablauf der Wahlperiode, durch Niederlegung (Verzicht), durch einen rechtskräftigen Mandatsverlust gemäß Bundeswahlgesetz (z.B. Verlust der Wählbarkeit), durch Tod oder durch Aberkennung des Mandats auf Grund einer gerichtlichen Verurteilung im Sinne des Art. 45 GG (Entziehung des Wahlrechts oder Unvereinbarkeit mit einer bestimmten Funktion). Im Falle gravierender Verstöße gegen die grundgesetzliche Ordnung kann auch ein Parteiausschluss nachfolgen, dieser bewirkt jedoch nicht automatisch den Verlust des Mandats, da das Mandat als freies Mandat dem Gewissen, nicht der Partei verpflichtet ist.
Welche Transparenzpflichten haben Abgeordnete bezüglich ihrer Einkünfte und Vorteile?
Abgeordnete sind nach den Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages verpflichtet, alle Tätigkeiten neben dem Mandat, die beruflich oder entgeltlich ausgeübt werden, anzuzeigen und gestaffelt offenzulegen. Zu den anzeigepflichtigen Angaben gehören insbesondere berufliche Tätigkeiten, Unternehmensbeteiligungen sowie die Annahme geldwerter Vorteile und Spenden. Ein Verstoß gegen diese Anzeigepflichten kann mit Ordnungsgeldern und öffentlicher Rüge durch den Bundestagspräsidenten geahndet werden. Die Offenlegungspflichten dienen der Transparenz und sollen Interessenkonflikte frühzeitig erkennbar machen. Die Öffentlichkeit kann die Angaben in einem eigenen Register einsehen.