Begriff und rechtliche Stellung der Abgeordneten
Definition
Abgeordnete sind gewählte Mitglieder eines parlamentarischen Vertretungsorgans, beispielsweise des Deutschen Bundestages, der Landtage oder kommunaler Parlamente. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Ausübung der Gesetzgebung, Kontrolle der Exekutive sowie in der Repräsentation der Bevölkerung. Der Begriff „Abgeordneter“ ist rechtlich eindeutig in verschiedenen Gesetzen und Verfassungen, insbesondere im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), verankert.
Rechtsgrundlagen
Verfassungsrechtliche Regelungen
Die Rechtsstellung der Bundestagsabgeordneten ist in den Artikeln 38 bis 48 des Grundgesetzes geregelt. Artikel 38 GG normiert, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages Vertreter des ganzen Volkes sind, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen („Freies Mandat“). Vergleichbare Regelungen finden sich für Landtagsabgeordnete in den jeweiligen Landesverfassungen.
Weitere relevante Rechtsvorschriften
Ergänzend greifen das Abgeordnetengesetz (AbgG), das Abgeordnetengesetz der Länder sowie Verordnungen und Geschäftsordnungen der jeweiligen parlamentarischen Vertretungen. Diese Vorschriften konkretisieren unter anderem Rechte, Pflichten, Mandatsausübung, Entschädigung und weitere Statusfragen.
Rechte und Pflichten der Abgeordneten
Unabhängigkeit des Mandats
Abgeordnete üben ihr Mandat unabhängig aus. Nach dem Prinzip des freien Mandats (§ 1 AbgG, Art. 38 GG) sind sie keiner Partei, Wählergruppe oder Interessensgemeinschaft rechtlich verpflichtet. Das freie Mandat dient als Grundpfeiler der parlamentarischen Demokratie.
Rechte der Abgeordneten
Mitwirkungsrechte
Abgeordnete besitzen umfassende Mitwirkungsrechte in den parlamentarischen Organen:
- Initiativrecht: Recht auf Einbringung parlamentarischer Initiativen, insbesondere von Gesetzesvorlagen (§ 76 GO-BT).
- Rederecht: Recht zur Teilnahme an Beratungen, zur Stellung von Anträgen und zur Abstimmung.
- Akteneinsichtsrecht und Auskunftsanspruch: Das Recht, Auskünfte von der Regierung oder Verwaltung zu verlangen, um die Kontrollfunktion wahrnehmen zu können.
Immunität und Indemnität
Zum Schutz vor politisch motivierten Strafverfahren und Repressionen genießen Abgeordnete besondere Schutzrechte:
- Indemnität (Art. 46 Abs. 1 GG): Schutz vor Strafverfolgung und zivilrechtlicher Inanspruchnahme für Abstimmungen und Äußerungen innerhalb des Parlaments.
- Immunität (Art. 46 Abs. 2 GG): Schutz vor Strafverfolgung während der Mandatsausübung, es sei denn, das Parlament hebt die Immunität auf. Die Immunität soll die Arbeitsfähigkeit und Unabhängigkeit des Parlaments sichern.
Pflichten der Abgeordneten
Abgeordnete unterliegen rechtlichen und sittlichen Pflichten:
- Wahrung der Verschwiegenheit (§ 17 AbgG): Über geheime oder als vertraulich bezeichnete Vorgänge ist Stillschweigen zu bewahren.
- Anzeigepflichten und Offenlegung (§§ 44a, 44b AbgG): Nebeneinkünfte und Interessenkonflikte sind anzuzeigen, um Transparenz und Integrität des Mandats sicherzustellen.
- Teilnahmepflicht: Abgeordnete sind verpflichtet, an Sitzungen teilzunehmen, sofern sie nicht entschuldigt sind (vgl. § 14 GO-BT).
Status und Rechtsverhältnis der Abgeordneten
Mandatsbeginn, -ausübung und -ende
Der Status als Abgeordneter beginnt mit dem Zusammentritt des neugewählten Parlaments beziehungsweise mit Annahme der Wahl und endet in der Regel mit dem Ablauf der Wahlperiode, der Mandatsniederlegung, der Aberkennung oder dem Tod (§ 16 AbgG).
Rechte im Zusammenhang mit der Mandatsausübung
Abgeordnete haben Anspruch auf:
- Angemessene Entschädigung (Diäten): Zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit erhalten Abgeordnete eine gesetzlich festgelegte Entschädigung (§ 11 AbgG).
- Anspruch auf sächliche und personelle Unterstützung: Hierzu zählen Büro- und Personalmittel sowie Aufwendungen zur Mandatswahrnehmung (§ 12 AbgG).
- Anspruch auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung: Nach einer bestimmten Mandatsdauer besteht Anspruch auf Versorgungsleistungen (§ 20 AbgG).
Besonderheiten bei Landtags- und Kommunalabgeordneten
Die rechtlichen Regelungen für Landtags- und Kommunalabgeordnete sind in den jeweiligen Landesverfassungen, Landtagsgesetzen oder Kommunalverfassungen normiert. Im Grundsatz gelten vergleichbare Rechtspositionen wie auf Bundesebene; Unterschiede bestehen vor allem in Detailregelungen zu Entschädigung, Versorgung und Transparenzpflichten.
Verlust und Aberkennung des Mandats
Das Mandat kann durch freiwilligen Verzicht, Verlust der Wählbarkeit, Aberkennung durch richterliche Entscheidung oder in Ausnahmefällen durch Parlamentsbeschluss enden (§ 16 Abs. 1 AbgG). Die rechtliche Grundlage hierfür bilden insbesondere das Wahlrecht, das Abgeordnetengesetz sowie die Geschäftsordnung des jeweiligen Parlaments.
Fazit
Abgeordnete nehmen eine zentrale Rolle im parlamentarischen System ein und sind durch ein umfangreiches System von Rechten und Pflichten rechtlich abgesichert. Das Rechtsschutzsystem umfasst die Sicherung ihrer Unabhängigkeit und Integrität, sieht aber zugleich weitreichende Transparenz- und Verhaltensvorschriften vor, um das öffentliche Vertrauen in das Parlament zu gewährleisten. Ihre Rechtsstellung wird insbesondere durch das Grundgesetz, das Abgeordnetengesetz und die jeweiligen Landesgesetze umfassend geregelt.
Häufig gestellte Fragen
Welche besonderen rechtlichen Pflichten haben Abgeordnete während ihrer Amtszeit?
Abgeordnete unterliegen während ihrer Amtszeit einer Reihe besonderer rechtlicher Pflichten, die im Grundgesetz, in der Geschäftsordnung des jeweiligen Parlamentes sowie in spezialgesetzlichen Regelungen – etwa im Abgeordnetengesetz – umfassend geregelt sind. Zu den zentralen rechtlichen Pflichten gehört die Pflicht zur Ausübung ihres Mandats in persönlicher Unabhängigkeit und nach eigenem Gewissen (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG), wobei sie nur dem Wohl des Volkes verpflichtet sind und Weisungen oder Aufträge Dritter nicht zu befolgen haben (sogenanntes freie Mandat). Weiterhin besteht die Verpflichtung zur Teilnahme an den Sitzungen des Parlaments und seiner Ausschüsse, es sei denn, es liegen triftige Gründe für die Abwesenheit vor. Abgeordnete sind zudem verpflichtet, bestimmte Nebentätigkeiten und Einkünfte offenzulegen, um Interessenkonflikte transparent zu machen und das Vertrauen in das Parlament zu wahren. Dies ist etwa im Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (§ 44a AbgG) sowie in entsprechenden Verhaltensregeln geregelt. Die Verletzung dieser Pflichten kann zu rechtlichen Konsequenzen führen, etwa Geldbußen, der Aberkennung von Stimmrechten oder in schwerwiegenden Fällen zur Einleitung von Straf- oder Disziplinarverfahren.
Welche rechtlichen Regelungen betreffen die Immunität von Abgeordneten?
Die rechtlichen Regelungen zur Immunität von Abgeordneten sind primär im Grundgesetz (Art. 46 GG) sowie in den jeweiligen Geschäftsordnungen des Bundestages und der Länderparlamente festgelegt. Die Immunität schützt Abgeordnete vor Strafverfolgung und vor bestimmten hoheitlichen Maßnahmen während ihrer Amtszeit, soweit nicht die Erlaubnis des Parlaments vorliegt. Diese Regelung soll gewährleisten, dass Abgeordnete ihr Mandat frei von Druck und unberechtigten Eingriffen der Exekutive ausüben können. Die Immunität gilt nicht bei Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder für bereits vor Mandatsantritt begangene Straftaten. Das Parlament kann die Immunität in einem förmlichen Verfahren aufheben. Zudem besteht Indemnität: Aussagen oder Abstimmungsverhalten im Parlament dürfen rechtlich nicht verfolgt werden, etwa durch Straf- oder Zivilklagen. Diese Schutzmaßnahmen sollen der Funktionsfähigkeit und Unabhängigkeit des Parlaments dienen.
Unterliegen Abgeordnete rechtlichen Beschränkungen in Bezug auf Nebentätigkeiten?
Abgeordnete unterliegen hinsichtlich Nebentätigkeiten verschiedenen rechtlichen Beschränkungen, die hauptsächlich Transparenz und die Verhinderung von Interessenkonflikten sicherstellen sollen. Nach § 44a Abgeordnetengesetz (AbgG) sowie den Verhaltensregeln des Bundestags sind nebentätige Einkünfte und bestimmte Tätigkeiten offenlegungspflichtig, sofern sie bestimmte Schwellen überschreiten. Besonders restriktiv ist der Umgang mit Lobbytätigkeiten und Mandate, die potenziell die parlamentarische Arbeit beeinflussen könnten. Im Zweifel prüft die Verwaltung des Bundestages, ob eine Tätigkeit zulässig ist oder mit dem Mandat unvereinbar scheint. Die Veröffentlichungspflicht soll es der Öffentlichkeit und der Presse ermöglichen, mögliche Einflüsse oder Abhängigkeiten zu erkennen. Es gibt zudem Tätigkeiten, die von vornherein nicht mit dem Mandat vereinbar sind, insbesondere solche in der Exekutive (Vollzugsbeamte, Regierungsmitgliedern) bei gleichzeitiger Parlamentszugehörigkeit, was in den jeweiligen Landesverfassungen und im Bundesrecht geregelt ist.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einem Verstoß gegen das Abgeordnetengesetz?
Ein Verstoß gegen das Abgeordnetengesetz (AbgG), insbesondere bei Missachtung von Offenlegungs-, Anzeigepflichten, Annahme von unzulässigen Vorteilen oder Verstößen gegen das Parteiengesetz, hat verschiedene rechtliche Konsequenzen. Diese reichen von Ordnungsmaßnahmen – etwa Verwarnungen oder Geldbußen, die vom Parlamentspräsidium verhängt werden können – bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung, insbesondere in Fällen von Bestechlichkeit oder Vorteilsannahme (§ 108e StGB). Bei schwerwiegenden Verstößen kann auch das Parlament weitergehende Maßnahmen ergreifen, etwa den Entzug von Mandatsrechten, Ausschluss aus Ausschüssen oder gar aberkennung des Mandats nach speziellen Verfahren. Darüber hinaus sind Verstöße gegen Offenlegungspflichten oft mit dem Verlust der entsprechenden Vergütung oder anderer parlamentarischer Privilegien verbunden.
Gibt es gesetzliche Regelungen zum Schutz vor Interessenkonflikten für Abgeordnete?
Um die Integrität und Unabhängigkeit des parlamentarischen Mandats zu schützen, gibt es weitreichende gesetzliche Regelungen zur Vermeidung und zum Umgang mit Interessenkonflikten. Nach § 44a AbgG sowie den Verhaltensregeln des Deutschen Bundestages sind Abgeordnete verpflichtet, Tätigkeiten, Einkünfte und Unternehmensbeteiligungen zu melden und im Zweifel die Vereinbarkeit mit dem Mandat überprüfen zu lassen. Ein Interessenkonflikt liegt insbesondere dann vor, wenn Entscheidungen im Parlament mit eigenen wirtschaftlichen oder beruflichen Vorteilen des Abgeordneten kollidieren können. In solchen Fällen besteht eine Mitteilungspflicht an das Parlament, und es können Befangenheitsregeln greifen, die die Mitwirkung oder sogar das Stimmrecht bei bestimmten Beschlussfassungen ausschließen. Diese Vorschriften dienen der Sicherung der Unabhängigkeit und dem Schutz des Parlaments vor unzulässigen Fremdeinflüssen.
Welche gesetzlichen Regelungen betreffen die Vergütung und die Altersvorsorge von Abgeordneten?
Die Vergütung der Abgeordneten ist gesetzlich geregelt, hauptsächlich im Abgeordnetengesetz (AbgG) und den entsprechenden Landesgesetzen. Die sogenannte Abgeordnetenentschädigung ist eine Geldleistung für die unabhängige Ausübung des Mandats und darf nicht mit privatrechtlichen Gehältern verwechselt werden. Sie ist steuerpflichtig und wird regelmäßig angepasst. Zusätzlich erhalten Abgeordnete eine Kostenpauschale zur Deckung mandatsbezogener Aufwendungen. In Bezug auf die Altersvorsorge sind Abgeordnete durch besondere Altersversorgungssysteme abgesichert, die ebenfalls im AbgG geregelt werden. Dieses System unterscheidet sich von der gesetzlichen Rentenversicherung und sieht vor, dass Abgeordnete nach einer Mindestamtszeit Versorgungsleistungen beziehen können, deren Höhe nach der Dauer der Parlamentszugehörigkeit gestaffelt ist. Dabei müssen verfassungsrechtliche Vorgaben zur Angemessenheit und Begrenzung der Versorgung beachtet werden.