Begriff und Bedeutung des Abgasverhaltens
Das Abgasverhalten ist ein zentraler Begriff im deutschen und europäischen Umwelt- und Verkehrsrecht und beschreibt die durch einen Verbrennungsvorgang in Kraftfahrzeugen, Industrieanlagen oder sonstigen emittierenden Einrichtungen entstehenden Emissionen sowie deren qualitative und quantitative Zusammensetzung. Dabei steht insbesondere das Verhalten-also die Art, Menge und der zeitliche Verlauf der Freisetzung bestimmter Schadstoffe-im Fokus der gesetzlichen Regelungen. Das Abgasverhalten ist insbesondere für die Bewertung und Zulassung von Kraftfahrzeugen relevant und unterliegt vielfältigen rechtlichen Vorgaben, deren Einhaltung regelmäßig überprüft und sanktioniert wird.
Rechtliche Rahmenbedingungen für das Abgasverhalten
Europarechtliche Vorgaben
Die europäischen Vorgaben für das Abgasverhalten werden vor allem durch verschiedene Verordnungen und Richtlinien festgelegt, die unmittelbar oder nach nationaler Umsetzung verbindlich sind. Zu den Kernregelungen zählen die sogenannten EU-Emissionsvorschriften für Fahrzeuge (Euro-Normen), die erstmals 1992 eingeführt und mehrfach verschärft wurden (z.B. EURO 1 bis EURO 6). Sie legen Grenzwerte für verschiedene Schadstoffe wie Kohlenmonoxid (CO), Stickoxide (NOx), Partikel und weitere fest. Maßgeblich ist hierbei insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich Emissionen.
Darüber hinaus enthält die Verordnung (EU) 2018/858 Vorschriften über die Zulassung und Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen, deren Emissionen im Rahmen von Typgenehmigungsverfahren geprüft werden. Die Missachtung dieser Vorgaben kann zum Entzug der Zulassung und zum Verkaufsverbot für Fahrzeuge führen.
Nationales Recht (Deutschland)
Im deutschen Recht ist das Abgasverhalten insbesondere im Straßenverkehrsgesetz (StVG), der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) sowie in der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) geregelt.
Straßenverkehrsgesetz und Typgenehmigung
Nach § 6 StVG sind die Anforderungen an die Zulassung und den Betrieb von Kraftfahrzeugen festgelegt. Eine entscheidende Rolle spielt die sogenannte Typgenehmigung, bei der das Abgasverhalten eines Fahrzeugs standardisiert und geprüft werden muss. Das Abgasverhalten bildet einen entscheidenden Parameter für die Erteilung sowie den Fortbestand der Betriebserlaubnis.
Überwachung und Kontrolle
Die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte und damit des vorgeschriebenen Abgasverhaltens wird durch periodische Abgasuntersuchungen (AU) nach § 47a StVZO und entsprechende Kontrollmechanismen überwacht. Bei Überschreitung der zulässigen Werte drohen Maßnahmen wie die Stilllegung von Fahrzeugen, Bußgelder oder der Entzug der Betriebserlaubnis.
Sanktionen und Rechtsfolgen
Bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte des Abgasverhaltens kommen insbesondere bußgeldrechtliche Konsequenzen in Betracht (§ 69a StVZO, Bußgeldkatalogverordnung). Überdies sind auch zivilrechtliche Folgen möglich, etwa im Rahmen von Sachmängelhaftung, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das Fahrzeug nicht den jeweiligen Emissionsvorgaben entspricht.
Spezielle Regelungen und Entwicklungen
Manipulationen und Abgasskandale
Das sogenannte „Abschalteinrichtungen-Verbot“ nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) 715/2007 untersagt den Einsatz von Vorrichtungen, welche die Wirkung der Abgasreinigungssysteme unter bestimmten Bedingungen gezielt reduzieren. Die Verwendung derartiger Abschalteinrichtungen führte in der Vergangenheit zu weitreichenden Rechtsfolgen, unter anderem im Zusammenhang mit dem „Diesel-Skandal“. Diese Fälle verdeutlichen die massive Bedeutung des Abgasverhaltens auch im Rahmen von Produkthaftung und Rückabwicklungsansprüchen.
Umweltzonen und Fahrverbote
Das Abgasverhalten ist maßgebliches Kriterium für die Einordnung von Fahrzeugen bei der Vergabe von Umweltplaketten und bei der Einfahrt in Umweltzonen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und der entsprechenden Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung (35. BImSchV). Fahrzeuge mit nicht ausreichendem oder nachgewiesenem schlechtem Abgasverhalten können durch kommunale Fahrverbote beschränkt oder ausgeschlossen werden.
Prüfverfahren und Nachweispflichten
Emissionsmessungen und Testzyklen
Für die Feststellung des Abgasverhaltens kommen vorgeschriebene Prüfzyklen (z.B. NEFZ, WLTP) zum Einsatz, die im gesetzlich geregelten Verfahren durchgeführt und dokumentiert werden müssen. Die Ergebnisse sind die Grundlage für die Zulassung von Fahrzeugen und müssen auch im laufenden Betrieb eingehalten werden.
Nachweisführung und Dokumentationspflichten
Hersteller sind gesetzlich verpflichtet, den Nachweis über das Abgasverhalten ihrer Produkte zu führen und entsprechende Unterlagen vorzuhalten. Diese Unterlagen müssen auf Verlangen der Behörden vorgelegt werden und sind ein wesentlicher Bestandteil der Marktüberwachung.
Bedeutung im Klimaschutz- und Umweltschutzrecht
Das Abgasverhalten hat zudem erhebliche Relevanz für weitergehende umwelt- und klimaschutzrechtliche Vorgaben, beispielsweise im Rahmen der Treibhausgas-Minderungsziele, der CO₂-Flottengrenzwerte (Verordnung (EU) 2019/631) und der nationalen Klimaschutzgesetze. Insbesondere werden steuerrechtliche Privilegierungen (z.B. Kfz-Steuer nach CO₂-Ausstoß) und Förderprogramme für Fahrzeuge mit besonders günstigem Abgasverhalten (z.B. Elektrofahrzeuge) maßgeblich vom Abgasverhalten bestimmt.
Zusammenfassung
Das Abgasverhalten ist ein vielschichtiger, gesetzlich streng geregelter Begriff, der in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen des europäischen und deutschen Rechts verankert ist. Es ist maßgeblich für die Zulassung, den Betrieb und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen, aber auch für zahlreiche Rechtsfolgen bis hin zur Produkt- und Produzentenhaftung. Die Einhaltung der Grenzwerte und Vorgaben zum Abgasverhalten ist nicht nur eine technische, sondern vor allem eine rechtliche Verpflichtung, deren Missachtung weitreichende öffentliche und private Sanktionen nach sich ziehen kann. In Anbetracht regelmäßiger technischer Fortentwicklungen sowie zunehmender Sensibilisierung für Klimaschutz ist das Abgasverhalten ein dynamischer Begriff, dessen rechtliche Bedeutung weiter wächst.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird das Abgasverhalten von Kraftfahrzeugen rechtlich geregelt?
Das Abgasverhalten von Kraftfahrzeugen ist in Deutschland und der Europäischen Union durch eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen geregelt. Zentrale rechtliche Grundlage bildet hierbei insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro-5- und Euro-6-Norm) sowie deren Durchführungsbestimmungen. Daneben gelten spezifische Vorschriften des deutschen Straßenverkehrsrechts, wie beispielsweise die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Diese Regelungen legen fest, welche Emissionsgrenzwerte Kraftfahrzeuge beim Typgenehmigungsverfahren und in der Nutzung einhalten müssen. Darüber hinaus regeln sie die Überwachung und Ahndung bei Verstößen, etwa durch Rückrufaktionen, Bußgelder oder Zulassungsentzug.
Welche Konsequenzen drohen bei Überschreitung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte?
Kommt es zu einer Überschreitung der zulässigen Grenzwerte für Schadstoffemissionen, sieht das deutsche und europäische Recht verschiedene Sanktionen vor. Diese reichen von ordnungswidrigkeitsrechtlichen Maßnahmen wie Bußgeldern und Verwarnungen über die Verpflichtung zur Nachrüstung oder Nachbesserung des betreffenden Fahrzeugs bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis. Im Fall von systematischen oder vorsätzlichen Verstößen, beispielsweise durch den Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen, können auch strafrechtliche Ermittlungen wegen Betrugs oder unerlaubten Inverkehrbringens von Fahrzeugen eingeleitet werden. Hersteller sind verpflichtet, betroffene Fahrzeuge zurückzurufen und nachzubessern. Auch für Fahrzeughalter können Fahrverbote sowie Einschränkungen in Umweltzonen die Folge sein.
Wie erfolgt die rechtliche Überwachung des Abgasverhaltens im Betrieb?
Die Überwachung des Abgasverhaltens im Betrieb erfolgt durch regelmäßige technische Untersuchungen, insbesondere die Abgasuntersuchung (AU) als Teil der Hauptuntersuchung (HU), gemäß § 29 StVZO. Die zuständigen Prüfstellen kontrollieren dabei, ob die Fahrzeuge die vorgeschriebenen Emissionswerte weiterhin einhalten. Ergänzend finden durch die zuständigen Behörden und Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) stichprobenartige Überwachungen im Feld sowie Nachprüfungen bei Verdacht auf Manipulationen oder unzulässige Veränderungen statt. Bei Nichteinhaltung der Grenzwerte drohen sofortige Maßnahmen von Nachprüfungspflicht bis vorübergehendem Entzug der Zulassung.
Welche rechtlichen Anforderungen gelten für Nachrüstungen zur Emissionsminderung?
Nach geltendem Recht dürfen Nachrüstungen zur Emissionsminderung, wie der Einbau von Partikelfiltern oder SCR-Katalysatoren, nur mit genehmigten Bauteilen erfolgen. Diese Nachrüstsysteme benötigen eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) oder eine Genehmigung nach § 22 StVZO für den Verbau in bestimmten Fahrzeugtypen. Ohne diese Genehmigung erlischt unter Umständen die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs. Fördermöglichkeiten, technische Anforderungen und die Nachweispflicht gegenüber Behörden sind durch bundes- und landesrechtliche Regelungen, insbesondere das BImSchG und einschlägige Förderrichtlinien, geregelt. Nachgelagerte Abnahme und Eintragung sind verpflichtend.
Welche Rolle spielt der Emissionstest im rechtlichen Genehmigungsverfahren?
Emissionstests sind im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens gesetzlich vorgeschrieben und dienen dem Nachweis der Einhaltung aller maßgeblichen Abgasnormen. Die rechtlichen Anforderungen an Prüfverfahren sind in internationalen und europäischen Normen, wie der Euro-6-Norm und dem Messverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure), detailliert geregelt. Für die Zulassung neuer Fahrzeugtypen sind erfolgreiche Emissionstests zwingende Voraussetzung. Die Durchführung muss unter behördlicher Aufsicht, meist durch das Kraftfahrt-Bundesamt oder benannte technische Dienste, erfolgen. Manipulationen an Emissionstests stellen schwere Rechtsverstöße dar und führen zur Nichtigkeit erteilter Typgenehmigungen.
Welche Rechtsfolgen hat der Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen?
Der Einsatz sog. Abschalteinrichtungen, die das Abgasverhalten auf dem Prüfstand gegenüber dem regulären Betrieb verbessern, ist nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 grundsätzlich verboten. Entsprechende Manipulationen sind rechtlich als Ordnungswidrigkeit beziehungsweise zum Teil auch als Straftat zu qualifizieren. Sie können den Entzug der Typ- und Betriebserlaubnis, Rückrufanordnungen durch das KBA sowie erhebliche Bußgelder für Hersteller und Importeure nach sich ziehen. Betroffene Kunden haben unter Umständen zivilrechtliche Ansprüche auf Mangelbeseitigung, Rücktritt vom Kauf oder Schadensersatz.
Inwiefern sind Fahrzeughalter für das Abgasverhalten ihrer Fahrzeuge rechtlich verantwortlich?
Fahrzeughalter sind nach der StVZO grundsätzlich verpflichtet, den ordnungsgemäßen Zustand ihres Fahrzeugs, einschließlich der Emissionseinrichtungen, fortlaufend sicherzustellen. Sie müssen regelmäßige Kontrollen und Wartungen veranlassen sowie Veränderungen oder Mängel umgehend beheben lassen. Illegale Veränderungen am Abgassystem, etwa das Entfernen eines Katalysators, führen zum Erlöschen der Betriebserlaubnis und können Bußgelder und Fahrverbote zur Folge haben. Auch bei Gesetzesverstößen durch unzulässige Nachrüstungen oder Manipulationen am Abgassystem haftet in erster Linie der Halter.
Welche Bedeutung hat das Bundes-Immissionsschutzgesetz für das Abgasverhalten?
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ist das zentrale nationale Regelwerk zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen. Es bildet die rechtliche Grundlage für Verkehrs- und Emissionsbeschränkungen, Umweltzonen sowie die Typgenehmigungsvoraussetzungen von Fahrzeugen. Das BImSchG regelt zudem die Zulassung und Nachrüstung besonders schadstoffarmer Fahrzeuge, ahndet Verstöße und gibt den Behörden weitreichende Eingriffsbefugnisse zum Schutz der Allgemeinheit, etwa durch Fahrverbote und Nachrüstpflichten.