Einführung in die Vertragsgestaltung
Die Vertragsgestaltung bildet die Grundlage für erfolgreiche Projekte in der Softwareentwicklung und ist entscheidend für eine stabile und vertrauensvolle Beziehung zwischen den beteiligten Parteien. Ein klar strukturierter Vertrag sorgt dafür, dass die Anforderungen, Ziele und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten von Anfang an transparent geregelt sind. Damit wird nicht nur die Umsetzung eines Softwareprojekts erleichtert, sondern auch das Risiko von Missverständnissen und kostspieligen Streitigkeiten minimiert.
Die Erstellung eines Vertrags ist in der Praxis ein vielschichtiger Prozess, der die enge Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen eines Unternehmens erfordert. Neben der Rechtsabteilung sind häufig auch Vertrieb, Projektmanagement und die Finanzabteilung in die Gestaltung eingebunden. So wird sichergestellt, dass der Vertrag sowohl den rechtlichen Rahmenbedingungen als auch den wirtschaftlichen und technischen Anforderungen des Projekts gerecht wird.
Wichtige Inhalte und Bestandteile eines Softwareentwicklungsvertrags
Bei der Gestaltung des Vertragsinhalts ist es wichtig, alle wesentlichen Bedingungen und Konditionen präzise zu definieren. Dazu gehören unter anderem die Beschreibung der zu entwickelnden Software, die Anforderungen an die Softwarequalität, die Kostenstruktur, der Zeitplan für die Umsetzung sowie Regelungen zur Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Parteien. Viele Unternehmen greifen dabei auf bewährte Standardklauseln zurück, die an die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Projekts angepasst werden.
Traditionelle vs. agile Vertragsgestaltung in der Softwareentwicklung
In der Softwareentwicklung haben sich zwei grundlegende Methoden der Vertragsgestaltung etabliert: Die traditionelle Methode, die auf klar definierten Phasen und festen Vorgaben basiert, und die agile Methode, die mehr Flexibilität und Anpassungsfähigkeit während des Entwicklungsprozesses ermöglicht. Die Wahl der passenden Methode hängt von der Komplexität des Projekts, den Anforderungen des Unternehmens und der gewünschten Zusammenarbeit ab. Moderne Tools und Vertragsmanagement-Software können den Prozess der Vertragserstellung zusätzlich unterstützen und für mehr Effizienz sorgen.
Ein gut gestalteter Vertrag ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Softwareentwicklung. Er trägt dazu bei, die Softwarequalität zu sichern, die Kosten im Griff zu behalten und die Zusammenarbeit zwischen den Parteien zu stärken. Für Softwareentwickler und Unternehmen ist es daher unerlässlich, die Grundlagen der Vertragsgestaltung zu kennen und in der Praxis anzuwenden, um die Basis für eine reibungslose und erfolgreiche Umsetzung von Softwareprojekten zu schaffen.
OLG Frankfurt zur Einordnung als Werkvertrag oder Dienstvertrag
Ob ein Vertrag über die Entwicklung einer Software als Werkvertrag oder als Dienstvertrag eingeordnet wird, ist rechtlich von großer Bedeutung. Denn nur beim Werkvertrag schuldet der Entwickler auch den Erfolg. Die Einhaltung einschlägiger Rechtsvorschriften spielt bei der Vertragsgestaltung eine zentrale Rolle, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen und eine rechtssichere Grundlage für die Zusammenarbeit zu schaffen. Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 19. Dezember 2024 für mehr Klarheit bei der rechtlichen Einordnung von Software-Verträgen gesorgt (Az. 10 U 201/22).
Bei der Software-Entwicklung wird in der Regel ein Werkvertrag oder ein Dienstvertag zwischen den Parteien geschlossen. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass der Auftragnehmer beim Werkvertrag den Erfolg schuldet, bspw. ein funktionsfähiges Programm oder eine bestimmte Schnittstelle, die fest definierte Anforderungen erfüllt. Daher wird dieses Modell häufig von den Auftraggebern bevorzugt, denn bei Mängeln kann die Vergütung ganz oder teilweise zurückverlangt werden. Beim Dienstvertrag schuldet der Auftragnehmer hingegen nur die Arbeitsleistung und er wird unabhängig vom Ergebnis bezahlt, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die auch im IT-Recht berät.
Rechtsstreit landet vor dem OLG Frankfurt
Das OLG Frankfurt hat nun ein vielbeachtetes Urteil zur rechtlichen Einordnung von Softwareverträgen gefällt. Im Mittelpunkt des Verfahrens stand ein Vertrag zwischen einer freiberuflichen IT-Projektleiterin und einem Personalberatungsunternehmen. Die Projektleiterin sollte zwei Software-Schnittstellen entwickeln. Die Abrechnung sollte nach Arbeitsstunden bei fest vereinbarter Laufzeit erfolgen. Ein konkreter Erfolg oder eine Funktionsgarantie waren vertraglich nicht ausdrücklich geregelt.
Nach Beendigung der Zusammenarbeit verlangte die Projektleiterin Vergütung für die geleisteten Stunden. Das Personalberatungsunternehmen verweigerte die Zahlung mit der Begründung, die versprochene Software sei entweder gar nicht oder nur unbrauchbar geliefert worden. Es forderte darüber hinaus bereits geleistete Zahlungen zurück.
Gerade bei der Umsetzung und Auslegung von Softwareverträgen treten häufig Probleme auf, etwa bei der Beurteilung, ob die vereinbarten Leistungen ordnungsgemäß erbracht wurden oder welche Anforderungen an die Software zu stellen sind.
Der Rechtsstreit landete schließlich vor dem OLG Frankfurt. Das Oberlandesgericht entschied, dass ein Dienstvertrag vorliege und die IT-Projektleiterin Anspruch auf die vereinbarte Vergütung habe.
Vereinbarungen sprechen für Dienstvertrag
Anders als bei vielen IT-Projekten ging das OLG davon aus, dass hier kein Erfolg geschuldet war, sondern lediglich ein Tätigwerden nach bestem Wissen und Gewissen. Die Aufgabe der Vertragsparteien besteht dabei insbesondere darin, im Rahmen der Vertragsgestaltung die Vertragsart sowie die jeweiligen Verantwortlichkeiten und Aufgaben klar zu definieren. Dies sei typisch für einen Dienstvertrag. Dafür spreche eine Vielzahl vertraglicher Indizien: So sei die Vergütung rein auf Stundenbasis erfolgt, ein fester Preis für das fertige Produkt sei nicht vereinbart worden. Auch fanden sich mehrfach die Begriffe „Dienstleistungen“ und „Beratungsleistungen“ im Vertrag. Eine für einen Werkvertrag typische Abnahme sei nicht vorgesehen gewesen. Zudem sah der Vertrag beidseitige Kündigungsfristen vor, was für einen Werkvertrag eher untypisch ist, da dort dem Besteller ein jederzeitiges Kündigungsrecht zusteht.
Das Gericht hob außerdem hervor, dass die Entwicklung von Schnittstellen typischerweise mit vielen technischen Unwägbarkeiten verbunden sei, z.B. durch die Abhängigkeit von Fremdsoftware, unbekannten Datenstrukturen oder sich ändernden technischen Standards. In solchen Fällen sei es wirtschaftlich und rechtlich sinnvoller, lediglich ein Tätigwerden und nicht einen konkreten Erfolg zu vereinbaren.
Kein Anspruch auf Rückzahlung
Das OLG machte deutlich, dass bei einem Dienstvertrag kein Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung allein deshalb besteht, weil das Ergebnis nicht den Erwartungen des Auftraggebers entspricht. Ein solcher Anspruch komme nur bei konkreten Pflichtverletzungen in Betracht, etwa wenn der Dienstleister grob unsorgfältig gearbeitet oder gegen vertragliche Vorgaben verstoßen habe. Ein „Nicht-Gelingen“ als solches sei hingegen nicht haftungsbegründend.
Das Urteil zeigt, dass Auftraggeber bei Softwareprojekten sehr genau definieren sollten, welches Ziel sie verfolgen und welches Ergebnis sie erwarten. Im Vorfeld tauchen dabei häufig Fragen zur passenden Vertragsart sowie zu den jeweiligen Rechten und Pflichten auf, die vor Beginn des Projekts geklärt werden sollten. Wer ein fertiges Produkt möchte, sollte daher einen Werkvertrag mit klarer Leistungsbeschreibung, Abnahmebedingungen und Regelungen für Mängel schließen. Wer dagegen lediglich Expertise, Beratung oder Unterstützung im Prozess sucht, kann mit einem Dienstvertrag besser beraten sein. Auf Seiten der Auftragnehmer bringt die Einordnung als Dienstvertrag größere Sicherheit, da sie nicht für den Projekterfolg haften, sondern nur für die ordnungsgemäße Ausführung ihrer Tätigkeit in der Verantwortung stehen.
Präzise Vertragsgestaltung bei Software-Verträgen
Das OLG Frankfurt schafft mit seiner Entscheidung mehr Klarheit für die Praxis und macht zugleich deutlich, wie wichtig eine präzise Vertragsgestaltung im IT-Bereich ist. Wer missverständliche Formulierungen oder unklare Leistungsbeschreibungen verwendet, riskiert kostspielige rechtliche Auseinandersetzungen. Besonders in agilen oder unsicheren Projektumfeldern wie der Schnittstellenentwicklung kann ein Dienstvertrag oft die sachgerechtere und risikoärmere Lösung sein. Ebenso entscheidend für den Projekterfolg ist die sorgfältige Auswahl der passenden Vertragsart und Vertragslösung, um den Vertragsprozess effizient und rechtssicher zu gestalten.
MTR Legal Rechtsanwälte berät bei Software-Verträgen und anderen Themen des IT-Rechts.
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