Hintergrund der Entscheidung zur Abwicklungsbesteuerung und Verlustabzugsbeschränkung
Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 17. Oktober 2018 unter dem Aktenzeichen 6 K 4541/5 K wichtige Aspekte zur steuerlichen Behandlung im Rahmen der endgültigen Besteuerung bei der Abwicklung von Vermögensbeteiligungen klargestellt. Im Zentrum der Entscheidung stand die Frage, inwiefern bestehende Verlustabzugsbeschränkungen nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG bei der sogenannten finalen Abwicklungsbesteuerung noch relevant sind. Das Urteil berührt wesentliche Fragestellungen zur Gleichbehandlung von Anlegern und zur Systematik des steuerlichen Verlustausgleichs.
Der steuerrechtliche Kontext der Verlustverrechnung
Verlustabzugsbeschränkungen im Kapitalvermögen
Die steuerliche Verrechnung von Verlusten, insbesondere im Bereich der Kapitaleinkünfte, unterliegt spezifischen gesetzlichen Restriktionen. Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 Einkommensteuergesetz (EStG) dürfen Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich nur mit gleichartigen Gewinnen bestritten werden. Diese Beschränkung ist als Maßnahme zur Sicherung des Steueraufkommens und zur Vermeidung von Verlustverrechnungen über verschiedene Einkunftsarten hinweg konzipiert.
Abwicklung als steuerlich relevanter Veräußerungstatbestand
Die Abwicklung einer Gesellschaft stellt aus steuerlicher Sicht einen eigenständigen Veräußerungstatbestand dar. Hierbei wird im Regelfall ein sogenannter Abwicklungs- oder Liquidationsgewinn ermittelt, der sich aus der Differenz zwischen der Erlösquote und dem ursprünglichen Erwerbsaufwand des behaltenden Gesellschafters ergibt. In der Praxis resultieren gerade bei endgültigem Vermögensverlust nicht selten Abwicklungsverluste. Die steuerliche Anerkennung dieser Verluste steht jedoch vielfach im Spannungsfeld zu den gesetzlichen Verlustverrechnungsbeschränkungen.
Wesentliche Erwägungen des Finanzgerichts Düsseldorf
Entscheidungsinhalt und Begründung
Das Finanzgericht Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob bei einer endgültigen Abwicklung einer Kapitalgesellschaft noch eine Verlustbeschränkung nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG greift. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass in Fällen einer finalen Vermögensvernichtung durch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft diese Verlustabzugsbeschränkung nicht mehr anwendbar ist. Hintergrund ist die Systematik des § 20 Abs. 6 EStG, die sich auf laufende Veräußerungsvorgänge bezieht, während die Abwicklung einen definitiven und abschließenden Verlustfall markiert.
Systematische Einordnung und Folgen
Mit ihrer Entscheidung stellen die Richter eine strikte Differenzierung zwischen typisierten Veräußerungsvorgängen und der endgültigen Abwicklung einer Gesellschaft heraus. Nach Auffassung des Gerichts ist der Sinn und Zweck der Verlustverrechnungsbeschränkung nicht darauf gerichtet, echte und nicht mehr kompensierbare Substanzverluste am Ende der Abwicklung von Kapitalgesellschaften unberücksichtigt zu lassen. Folglich sei der Verlust bei der Vielzahl der in Abwicklung befindlichen Gesellschaften ungeachtet der Beschränkung zu erfassen und der steuerlichen Berücksichtigung zugänglich zu machen.
Gegen diese Auslegung kann eingewandt werden, dass hierdurch eine Ausnahme zu den ansonsten restriktiven Regeln der Verlustverrechnungsbeschränkung geschaffen wird. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass das Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig ist und daher die endgültige Beurteilung derzeit noch aussteht.
Ausblick für Unternehmer und Anleger
Praktische Relevanz für Unternehmensabwicklungen
Die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf hat für Anteilseigner von Kapitalgesellschaften weitreichende Folgen. Insbesondere dort, wo es bei laufenden Geschäftsbetrieben aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu einer Abwicklung kommt, können Verluste, die bislang möglicherweise an der Verlustabzugsbeschränkung gescheitert wären, nunmehr steuerlich berücksichtigt werden. Dies betrifft vor allem unternehmerisch tätige Gesellschafter und institutionelle Investoren, deren Engagements mit einem substantiellen Risiko verbunden sind.
Steuerliche Unsicherheiten und laufende Rechtsprechung
Es ist hervorzuheben, dass gegen das Urteil Revision eingelegt wurde und der Bundesfinanzhof (BFH) bislang keine abschließende Entscheidung getroffen hat. Unter dem Aspekt der Rechtsfortbildung und Rechtssicherheit ist deshalb zu beachten, dass die aktuelle Rechtslage weiterhin der Klärung durch das höchstrichterliche Gericht bedarf. Vorläufige Steuerbescheide und mögliche Korrekturmöglichkeiten bleiben hiervon unberührt.
Quellenhinweis und rechtliche Einschätzung
Die vorstehenden Ausführungen beruhen auf den in der Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf (Az.: 6 K 4541/5 K, Urteil vom 17.10.2018) dargelegten Sachverhalten und der dazugehörigen Würdigung. Da das Verfahren vor dem BFH anhängig ist, gilt im Rahmen der Berichterstattung die Unschuldsvermutung beziehungsweise sind Änderungen der Rechtslage möglich.
Kontaktaufnahme bei steuerlichen Fragestellungen
Die steuerliche Behandlung von Verlusten im Zusammenhang mit der Abwicklung von Kapitalgesellschaften ist von erheblicher Komplexität geprägt und unterliegt derzeit einer sich fortentwickelnden Rechtsprechung. Unternehmen, Investoren sowie vermögende Privatpersonen, die vom Themenkreis der Verlustabzugsbeschränkung oder der endgültigen Abwicklungsbesteuerung betroffen sind, haben die Möglichkeit, sich mit ihren spezifischen Fragestellungen an die Rechtsanwälte bei MTR Legal wenden zu können.