Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung bei echtem Wechselmodell geprüft

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Vereinfachtes Unterhaltsfestsetzungsverfahren und das Wechselmodell: Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen

Das Verfahren zur vereinfachten Festsetzung von Kindesunterhalt bietet grundsätzlich die Möglichkeit, Unterhaltsansprüche effizient und ohne langwieriges Klageverfahren titulieren zu lassen. Allerdings werfen Veränderungen im Familienalltag, insbesondere die Etablierung eines echten Wechselmodells, divergierende unterhaltsrechtliche Fragestellungen auf, die das Anwendungsspektrum des vereinfachten Verfahrens erheblich einschränken können. Die Entscheidung des OLG Brandenburg (Az.: 9 WF 160/17) illustriert die maßgeblichen Kriterien und praktischen Auswirkungen im Spannungsfeld zwischen Verfahrensrecht und materiellen Kindeswohlinteressen.

Voraussetzungen für das vereinfachte Unterhaltsfestsetzungsverfahren

Das vereinfachte Verfahren nach §§ 249 ff. FamFG dient in erster Linie der raschen und verbindlichen Festsetzung von Kindesunterhalt für minderjährige Kinder sowie für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, soweit sie im Haushalt eines Elternteils leben und sich in allgemeiner Schulausbildung befinden. Voraussetzung ist die fehlende Einigung zwischen Antragsteller und Antragsgegner sowie das Nichtvorliegen anderweitig titulierter oder geregelter Unterhaltsansprüche. Die pauschale Festsetzung orientiert sich dabei an den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle.

Auffällig ist jedoch, dass das gesetzgeberische Leitbild des § 249 Abs. 1 FamFG von einem Betreuungskonzept ausgeht, bei dem eine klare Zuordnung von Betreuung und Barunterhalt vorliegt („Residenzmodell”). Nur der nichtbetreuende Elternteil wird hier regelmäßig zur Unterhaltszahlung herangezogen.

Wechselmodell: Definition und rechtliche Ausgestaltung

Beim sogenannten „echten Wechselmodell” erfolgt die Betreuung des Kindes durch beide Elternteile annähernd gleichgewichtig. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass erst ab einer annähernden Parität der Betreuungsleistungen von einem echten Wechselmodell gesprochen werden kann. Im Unterschied zum klassischen Residenzmodell ist die barunterhaltsrechtliche Position beider Elternteile neu zu bewerten. Beide Eltern übernehmen Betreuungspflichten, aber auch Barunterhalt kann – je nach Einkommensverhältnissen – jeweils anteilig geschuldet sein. Die Berechnungslogik des Unterhalts wie auch die Bestimmung der Bedürftigkeit nach Maßgabe des Bedarfs, der sich aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile ergibt, entspricht damit nicht mehr dem vereinfachten Festsetzungssystem.

Ausschluss des vereinfachten Verfahrens im Wechselmodell

Das OLG Brandenburg hat sich explizit mit dieser Konstellation auseinandergesetzt. Im zugrundeliegenden Sachverhalt wurde trotz Vorliegens eines echten Wechselmodells ein Antrag auf Festsetzung von Kindesunterhalt gemäß §§ 249 ff. FamFG gestellt. Das Gericht stellte klar, dass das vereinfachte Verfahren dem Residenzmodell vorbehalten ist und im Falle eines echten Wechselmodells bereits dem Grunde nach keine Anwendung finden kann.

Begründet wird dies unter anderem mit der Komplexität der unterhaltsrechtlichen Berechnung, die eine individuelle Bedarfsermittlung, die Berücksichtigung der jeweiligen Betreuungsleistungen beider Elternteile sowie die gegenseitige Anrechnung eigener Unterhaltsverpflichtungen erfordert. Diese differenzierte Betrachtung lässt sich im Rahmen des schematischen, pauschalisierten vereinfachten Verfahrens nicht umsetzen. Hinzu kommt, dass das Verfahren keine abschließende Klärung der anspruchsbegründenden Voraussetzungen und der wechselseitigen Unterhaltspositionen herbeiführen kann. Der Antragssteller läuft Gefahr, dass ein im vereinfachten Verfahren ergehender Unterhaltstitel nicht der materiell-rechtlichen Lage entspricht und im Nachhinein anfechtbar ist.

Auswirkungen der OLG-Entscheidung auf Praxis und Rechtssicherheit

Die Konsequenz der Entscheidung besteht darin, dass bei tatsächlichem Vorliegen eines echten Wechselmodells die Festsetzung von Kindesunterhalt zwingend im streitigen Verfahren nach allgemeinen Regeln des FamFG zu erfolgen hat. Für die Praxis bedeutet dies, dass auch Unternehmen, Investoren oder vermögende Privatpersonen, die in familienrechtliche Auseinandersetzungen involviert sind, mit einer erhöhten Komplexität und der Erforderlichkeit umfassender unterhaltsrechtlicher Berechnungen rechnen müssen. Eine pauschale, schnell erreichbare Titulierung von Unterhaltsansprüchen ist im Wechselmodell rechtsverbindlich ausgeschlossen; vielmehr bedarf es hier einer detaillierten Prüfung und Aufarbeitung der individuellen Familien- und Einkommenssituation.

Zu betonen ist weiterhin, dass unterschiedlich strukturierte Betreuungsmodelle im Rahmen von Trennung oder Scheidung regelmäßig erhebliche Konsequenzen nicht nur für die Unterhaltsfestsetzung, sondern auch für steuerliche und gesellschaftsrechtliche Fragestellungen nach sich ziehen können, etwa wenn Versorgungsstrukturen oder gesellschaftsrechtliche Beteiligungen zu berücksichtigen sind.


Die dargestellte Rechtslage verdeutlicht, wie maßgeblich die Ausgestaltung der Betreuung das unterhaltsrechtliche Verfahren beeinflusst und welche Bedeutung eine sachgerechte Differenzierung für die gerichtliche Titulierung von Unterhaltsansprüchen erlangt. Für Unternehmen, Investoren und vermögende Privatpersonen, die von familienrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit Unterhalt und Betreuung betroffen sind, kann die umfassende rechtliche Analyse erheblichen Einfluss auf die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen haben. Für weiterführende Fragestellungen zum Thema oder spezifische Anliegen finden Sie individuelle Unterstützung bei MTR Legal im Bereich Rechtsberatung im Familienrecht.

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