Unpfändbarkeit der Corona-Sonderzahlung laut BAG-Urteil erklärt

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Ausgangspunkt: Corona-Sonderzahlungen und deren persönliche Relevanz

Im Zuge der COVID-19-Pandemie wurden zahlreiche finanzielle Unterstützungsmaßnahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt. Dazu zählten insbesondere sogenannte Corona-Sonderzahlungen, welche im Rahmen einer steuerfreien Beihilfe gezahlt wurden. Ziel dieser Zahlungen war es, die mit der Pandemie verbundenen besonderen Belastungen abzufedern. Besonderes Augenmerk wurde bei diesen Zahlungen jedoch daraufgelegt, ob und inwieweit sie pfändbar sind, insbesondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gegen die Vollstreckungsmaßnahmen ausgebracht worden sind. Im Zentrum der rechtlichen Auseinandersetzung stand dabei die Frage, ob die Corona-Prämie unter das Pfändungsschutzregime fällt.

BAG-Entscheidung vom 25.08.2022 – Leitsätze und Begründung

Wesentliche Erwägungen des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte mit Urteil vom 25. August 2022 (Az.: 8 AZR 14/22, veröffentlicht am 26. August 2022) darüber zu befinden, ob eine Corona-Sonderzahlung Teil des „unpfändbaren Arbeitseinkommens“ im Sinne der Zivilprozessordnung (ZPO) ist oder ob sie einer Pfändung grundsätzlich zugänglich ist. Konkret ging es um eine Sonderzahlung, die der Arbeitgeber unter Bezugnahme auf die pandemiebedingten Zusatzleistungen auskehrte. Der Weisungszweck dieser Zahlung, sowie deren Charakter als Sozialleistung, stand in direkter Relation zur Prüfung der Pfändbarkeit.

Das Gericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass eine solche Sonderzahlung grundsätzlich unpfändbar ist, sofern sie dazu dient, Mehraufwendungen abzugelten, die durch die besondere pandemische Lage entstanden sind. Dies ergibt sich aus § 850a Nr. 3 ZPO, wonach Beihilfen, die wegen besonderer Leistungen gezahlt werden, regelmäßig dem Pfändungsschutz unterliegen. Die Intention des Arbeitgebers sowie der Charakter der Zahlung – als Reaktion auf außergewöhnliche Belastungen während der Pandemie – waren dabei maßgeblich.

Abgrenzung zu anderen Zahlungen

Das BAG führt aus, dass es entscheidend auf die Zweckbestimmung der Zahlung ankommt. Liegt eine ausschließlich soziale Motivlage vor, die über den reinen Arbeitslohn hinausgehen soll, streitet dies für die Unpfändbarkeit. Anders liegt der Fall, wenn eine Zahlung unabhängig von pandemiebedingten Herausforderungen und ohne erkennbaren Bezug zur Corona-Krise erfolgt.

Die einmalige steuerfreie Corona-Beihilfe zählt nach den Ausführungen der Richter nicht zum allgemeinen Arbeitseinkommen, das grundsätzlich der Zwangsvollstreckung eröffnet ist. Vielmehr handelt es sich um eine beihilfenähnliche Sonderzahlung, deren Zweck im Sinne des Arbeitsrechts und der ZPO den Schutz des Arbeitnehmers vor einer Zwangsvollstreckung begründet.

Systematische Einordnung und Praxisauswirkungen

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung des BAG hat weitreichende Bedeutung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich in einer wirtschaftlichen Notlage befinden und gegen deren Gehaltsansprüche vollstreckt wird. Für Arbeitgeber ist hervorzuheben, dass die intendierte Zweckbindung und deren dokumentierte Ausgestaltung entscheidend für die spätere Unpfändbarkeit ist. Für Gläubiger wiederum wird durch die gefestigte Rechtsprechung des BAG eine Grenze für den Zugriff auf bestimmte Vermögenswerte der Schuldnerinnen und Schuldner gezogen.

Grenzen der Unpfändbarkeit

Gleichwohl ist zu beachten, dass die Unpfändbarkeit stets eine Einzelfallbetrachtung voraussetzt. Wesentlich ist die eindeutige Zweckbindung der Zahlung und deren Zuordnung zu pandemiebezogenen Mehrbelastungen. Missbräuchliche Gestaltungen, etwa eine Umdeklarierung regulären Arbeitslohns als „Sonderzahlung“, werden hiervon nicht erfasst und bleiben pfändbar. Die Rechtsprechung differenziert damit klar zwischen echten Beihilfen und anderweitigen Lohnbestandteilen.

Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Einordnung

Mit Blick auf die steuerliche Behandlung sind diese Zahlungen gemäß § 3 Nr. 11a Einkommensteuergesetz (EStG) innerhalb des Freibetrages steuerfrei gestellt. Sozialversicherungsrechtlich sind die Prämien entsprechend privilegiert, was die Attraktivität aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter erhöht. Diese Aspekte hatten indes keinen unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidung zur Pfändbarkeit, sind für die Bewertung in der arbeitsrechtlichen Praxis und für die Dokumentation der Zahlungen durch Arbeitgeber jedoch von erheblicher Bedeutung.

Rechtlicher Ausblick und Handlungsspielräume

Das Urteil stärkt den Schutzmechanismus für pandemiebezogene Sonderzahlungen und reduziert das Risiko, dass existenzsichernde Hilfen durch gepfändete Ansprüche abgeschöpft werden. Die klare Differenzierung zwischen Sonderleistungen und regulären Einkommensbestandteilen ermöglicht es Unternehmen, zielgerichtet Unterstützung zu gewähren, ohne dass Gläubigerinteressen dabei jeweils im Vordergrund stehen müssen. Gleichwohl bleibt die sorgfältige Dokumentation der Anlassbezogenheit sowie die Erfüllung der Voraussetzungen gemäß ZPO und EStG maßgeblich, um diese Vergünstigungen im Einzelfall realisieren zu können.

Fazit

Das Bundesarbeitsgericht hat eine wichtige Klarstellung zur Unpfändbarkeit von Corona-Sonderzahlungen erbracht und die arbeits- sowie zivilrechtlichen Maßstäbe für solche Beihilfen deutlich aufgezeigt. Diese Rechtsprechung hat sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer und Vollstreckungsgläubiger praxisrelevante Auswirkungen und sollte – insbesondere bei der Ausgestaltung und Auszahlung von vergleichbaren Sonderzahlungen – sorgfältig berücksichtigt werden.

Sollten sich in der betrieblichen Praxis Fragen im Zusammenhang mit der Behandlung von Sonderzahlungen, Pfändungsschutz und Gestaltungsoptionen im Rahmen von arbeitsvertraglichen Zusatzleistungen ergeben, stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal Rechtsanwälte für eine individuelle und sachgerechte Beratung zur Verfügung.

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