Rechtliche Möglichkeiten der Steuerpflichtigen
Eine Betriebsprüfung oder Außenprüfung ist für Unternehmen und Selbstständige nicht nur zeitintensiv. Bei unklaren oder lückenhaften Buchführungsunterlagen kann es zu Hinzuschätzungen durch das Finanzamt und Steuernachzahlungen kommen. Für die Steuerpflichtigen ist es wichtig zu wissen, dass nicht jede Hinzuschätzung zulässig ist.
Eine Betriebsprüfung wird in der Regel zuvor angekündigt. Unternehmen und Selbstständige sollten sich auf die Prüfung gut vorbereiten und die erforderlichen Buchführungsunterlagen sorgfältig zusammenstellen und auf ihre Vollständigkeit prüfen. Kommt es am Ende dennoch zu einer Hinzuschätzung, kann geprüft werden, ob die Steuerschätzung gerechtfertigt ist, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Steuerrecht berät.
Mitwirkungspflicht bei Betriebsprüfung
Die Steuerpflichtigen trifft bei einer Betriebsprüfung grundsätzlich eine Mitwirkungspflicht, d. h. sie müssen dem Prüfer Einsicht in die Unterlagen gewähren und Auskünfte erteilen. Allerdings gibt es keine Verpflichtung zur Selbstbelastung.
Auch bei kritischen Fragen des Prüfers sollten die Steuerpflichtigen kooperativ, ruhig und sachlich bleiben. Bei Unklarheiten kann um eine schriftliche Erläuterung gebeten werden. Empfehlenswert ist es, alle Gespräche und Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung zu protokollieren, um sie im Streitfall vorlegen zu können. Ratsam kann es auch sein, einen Steuerberater bei der Prüfung von Anfang an hinzuzuziehen.
Steuerschätzung nach Prüfung
Kommt der Betriebsprüfer zu dem Schluss, dass Buchführung oder Aufzeichnungen mangelhaft, unvollständig oder nicht plausibel sind, kann er die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abgabenordnung (AO) schätzen. Das bedeutet, dass das Finanzamt auf Grundlage eigener Berechnungen oder Erfahrungswerte die Besteuerungsgrundlagen festlegt – meist zu Ungunsten des Steuerpflichtigen.
Typische Gründe für eine Steuerschätzung sind eine nicht ordnungsgemäße Buchführung, fehlende oder unvollständige Belege, erhebliche Abweichungen zwischen erklärten und geschätzten Werten oder Bargeschäfte ohne ausreichende Dokumentation, wie sie z.B. in Gastronomie oder Einzelhandel vorkommen.
Rechtliche Möglichkeiten bei Steuerschätzung
Wird im Anschluss an die Betriebsprüfung eine Steuerschätzung vorgenommen, hat der Steuerpflichtige mehrere rechtliche Möglichkeiten: So kann er zunächst Stellung zu dem Prüfungsbericht beziehen. In der Regel erhält er den Prüfungsbericht vor dem Erlass des geänderten Steuerbescheids. Der Bericht sollte gründlich geprüft werden. Es besteht die Möglichkeit, sich schriftlich zu einzelnen Feststellungen zu äußern und Einwände zu erheben. Ein fundierter Gegenvortrag, eventuell gestützt durch nachgereichte Unterlagen oder sachverständige Stellungnahmen, kann das Finanzamt veranlassen, von der Schätzung abzuweichen oder diese abzumildern.
Zudem kann Einspruch gegen den Steuerbescheid eingelegt werden. Die Einspruchsfrist beträgt einen Monat ab Bekanntgabe des Bescheids. Im Einspruchsverfahren wird der Sachverhalt erneut geprüft. Neue Unterlagen können eingereicht und Argumente vorgetragen werden. Das Finanzamt muss sich mit allen Einwendungen auseinandersetzen.
Führt der Einspruch nicht zum gewünschten Ergebnis, bleibt der Gang zum Finanzgericht. Die Klage muss innerhalb eines Monats nach Zurückweisung des Einspruchs erhoben werden. Vor Gericht kann eine unabhängige Überprüfung der Schätzung und der Verfahrensweise des Finanzamts erfolgen.
Unangemessene Hinzuschätzungen
Ist die Steuerschätzung unangemessen, methodisch fehlerhaft oder unverhältnismäßig, bestehen gute Aussichten dagegen vorzugehen. Der Bundesfinanzhof hat bereits mit Urteil vom 26. Februar 2018 entschieden, dass die Ergebnisse einer Steuerschätzung schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein müssen (Az. X B 53/17). Die Schätzung muss sich demnach an tatsächlichen Anhaltspunkten orientieren, um die Besteuerungsgrundlagen festzulegen. In einem Verfahren muss das Finanzamt nachweisen, dass die Steuerschätzung nachvollziehbar ist.
Wie auch eine Reihe weiterer Urteile zeigt, darf eine Steuerschätzung keine beliebige Maßnahme des Finanzamts sein, sondern ist an strenge rechtliche Vorgaben gebunden. So ist bspw. eine Schätzung ohne einen konkreten Buchführungsmangel unzulässig. Das Finanzamt muss auch die Wahl der Schätzungsmethode begründen können, zudem muss es dem Steuerpflichtigen rechtliches Gehör gewähren.
Möglichkeiten der Steuerpflichtigen
Steuerpflichtige, die mit einer Schätzung konfrontiert sind, sollten prüfen, ob die Voraussetzungen überhaupt vorlagen und ob die angewandte Schätzungsmethode angemessen ist. Ihm stehen rechtliche Wege von der Stellungnahme zum Prüfungsbericht über den Einspruch bis hin zur Klage offen. Wichtig ist, möglichst frühzeitig steuerlichen Rat einzuholen. Nur so lässt sich vermeiden, dass eine überhöhte Schätzung bestandskräftig wird und zu einer erheblichen steuerlichen Mehrbelastung führt.
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