Aktuelle Entwicklungen bei der Klageerhebung durch Steuerberater: Elektronische Übermittlung zwingend
Der Übergang zur Digitalisierung hat im deutschen Steuerverfahrensrecht zu tiefgreifenden Veränderungen geführt. Insbesondere für die Vertretung vor den Finanzgerichten gilt seit dem Jahr 2023 eine verschärfte Formstrenge bei der Einreichung von Klagen. Steuerberater und andere zur Vertretung befugte Personen sind nun verpflichtet, Schriftsätze elektronisch zu übermitteln. Das Finanzgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 9. Januar 2025 (Az.: 6 K 148/23) klargestellt, dass seit dem Inkrafttreten der neuen Regelungen keine wirksame Klageeinreichung per E-Mail oder im Postweg mehr möglich ist, wenn diese von einem Steuerberater vorgenommen wird.
Hintergrund zur Einführung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt)
Die Grundlage für diese Entwicklung bildet die Verpflichtung zur Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) gemäß § 52d FGO i. V. m. § 52a FGO. Bereits mit Wirkung ab dem 01.01.2023 wurde das beSt als zentrales Kommunikationsmittel für Steuerberater im finanzgerichtlichen Verfahren eingeführt. Damit verbunden ist die Verpflichtung, dass sämtliche Schriftsätze – einschließlich der Klageeinreichung – ausschließlich auf elektronischem Wege an das jeweilige Gericht übermittelt werden müssen. Ziel des Gesetzgebers war eine effizientere, transparente und nachvollziehbare Kommunikation zwischen steuerlicher Vertretung und Justiz.
Gerichtliche Klarstellung: Konsequenzen formwidriger Einreichungen
Im konkret entschiedenen Fall hatte ein Steuerberater die Klage im Namen seiner Mandantschaft sowohl per E-Mail als auch auf dem Postweg eingereicht. Das Finanzgericht Hamburg wies darauf hin, dass diese Art der Übermittlung seit 2023 nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Insbesondere ist eine Übermittlung per E-Mail nicht als elektronische Übermittlung im Sinne der Verfahrensvorschriften ausreichend, da sie nicht die Sicherheits- und Authentizitätsstandards erfüllt, die für die Nutzung des beSt vorgesehen sind. Auch ein klassisch postalisch übermittelter Schriftsatz, selbst wenn er formell unterschrieben ist, genügt den Anforderungen nicht mehr.
Diese Verschärfung gilt ausschließlich für vertretungsbefugte Personen wie Steuerberater. Für unvertretene Beteiligte, die auch weiterhin ihre Klageschriften handschriftlich auf Papier einreichen können, bleibt der Zugang zu den Gerichten unberührt.
Rechtliche Folgen einer nicht ordnungsgemäß eingereichten Klage
Eine nicht formgerecht eingereichte Klageschrift gilt als unwirksam. Dies hat schwerwiegende Konsequenzen für den Fristbeginn zur Klageerhebung und kann zum Verlust von Rechtspositionen führen. Das Gericht ist grundsätzlich gehalten, eine nicht ordnungsgemäß eingereichte Klage als unzulässig abzulehnen, sofern nicht innerhalb einer gesetzten Nachfrist Abhilfe geschaffen wird. Im Einzelfall können zwar Wiedereinsetzungsanträge gestellt werden, wenn der Steuerberater die neuen Anforderungen ohne eigenes Verschulden nicht erfüllen konnte. Allerdings ist die Darlegungslast und die Hürde für eine solche Wiedereinsetzung hoch, insbesondere weil die Rechtslage seit 2023 eindeutig ist und der Zugang zum beSt dem Adressatenkreis zumutbar und möglich ist.
Praxishinweise für Steuerberater und Mandantschaft
Steuerberater sind gehalten, die technischen Voraussetzungen für die Nutzung des beSt zu schaffen und sicherzustellen, dass sie bei jedem Schriftverkehr mit dem Finanzgericht das passende Übermittlungsverfahren einsetzen. Verlorene Fristen aufgrund formwidrig übermittelter Klagen können nur in Ausnahmefällen wiederhergestellt werden, etwa bei nachgewiesenen, nicht selbst verschuldeten technischen Störungen.
Für die davon betroffenen Mandanten können formale Fehler erhebliche Rechtsnachteile nach sich ziehen. Es empfiehlt sich daher, bereits im Vorfeld abzuklären, ob die beauftragte Vertretung über die notwendige technische Infrastruktur verfügt und die aktuellen Verfahrensregeln beachtet.
Internationales Umfeld und Ausblick
Mit der verpflichtenden Nutzung des elektronischen Postfachs für Steuerberater orientiert sich Deutschland an der europäischen Entwicklung zur Digitalisierung gerichtlicher Verfahren. Die Annäherung technischer Standards und der Ausbau sicherer Kommunikationswege soll nicht zuletzt auch die Nachvollziehbarkeit und Effizienz des Rechtsschutzes stärken.
Inwieweit künftig weitere digitale Hürden oder Erleichterungen Einzug halten, bleibt zu beobachten. Steuerberater, Unternehmen und Privatpersonen sollten die aktuellen Entwicklungen fortlaufend begleiten und gegebenenfalls zeitnah rechtliche Unterstützung in Anspruch nehmen, um den eigenen Rechtsschutz nicht zu gefährden.
Fazit
Die Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg verdeutlicht die zentrale Bedeutung der formellen Anforderungen bei der Klageerhebung im steuerlichen Verfahrensrecht. Steuerberater sind seit 2023 verpflichtet, Klagen elektronisch und ausschließlich über das besondere elektronische Postfach einzureichen. Versäumnisse in diesem Bereich können zu irreparablen Rechtsverlusten führen.
Bei konkreten Fragestellungen rund um die korrekte Klageerhebung, Formvorschriften oder den Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel im Finanzgerichtsverfahren stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal als rechtssichere Ansprechpartner zur Verfügung.