Anforderungen an Kreditinstitute bei der Kontoeröffnung – Aktuelle Entwicklungen anhand einer Entscheidung des VG Düsseldorf
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte im Herbst 2023 über die Verpflichtung einer Sparkasse zur Eröffnung eines Geschäftskontos für einen Telekommunikationsanbieter zu entscheiden, gegen den erhebliche Verdachtsmomente wegen betrügerischer Tätigkeit bestanden. Der Beschluss (Az.: 20 L 3439/25) beleuchtet die komplexen Abwägungen, denen Banken und Sparkassen bei der Entscheidung über die Anbahnung und Fortführung von Geschäftsbeziehungen unterliegen, insbesondere im Spannungsfeld zwischen dem Kontrahierungszwang aus dem Sparkassengesetz und den bankaufsichtsrechtlichen Regeln zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Kontrahierungszwang von Sparkassen: Gesetzliche Grundlagen und Grenzen
Öffentlicher Auftrag und Diskriminierungsverbot
Sparkassen sind als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute nach landesrechtlichen Vorschriften mit einem Auftrag zur Grundversorgung der Bevölkerung und der lokalen Wirtschaft ausgestattet. Daraus folgt grundsätzlich eine Pflicht, jedermann im Rahmen des Kontrahierungszwangs Zugang zu ihren Dienstleistungen, insbesondere zur Führung von Girokonten, zu gewähren. Dieses Diskriminierungsverbot bezweckt insbesondere, willkürliche oder sachwidrige Ablehnungen auszuschließen. Gleichwohl kennt auch das öffentliche Recht gewichtige Ausnahmen von dieser Grundregel.
Verweigerungsgründe und gesetzlich gerechtfertigte Ablehnungen
Die Verpflichtung zur Kontoeröffnung besteht nicht ausnahmslos. Nach den einschlägigen Sparkassengesetzen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann ein Kreditinstitut die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung verweigern, wenn triftige Gründe vorliegen. Insbesondere im Bereich der Prävention von Finanzkriminalität erhalten Ablehnungen besonderes Gewicht, wenn konkret zu befürchten ist, dass das Konto zu strafbaren oder unlauteren Zwecken eingesetzt werden könnte. Erwähnenswert ist darüber hinaus die Verpflichtung der Institute zur Beachtung aufsichtsrechtlicher Vorschriften, etwa aus dem Geldwäschegesetz (GwG).
Entscheidungsgründe des VG Düsseldorf: Abwägung zwischen Kontrahierungszwang und Risikoverantwortung
Verdachtsmomente und Bewertung der Sachlage
Im verhandelten Fall war der betroffene Telekommunikationsanbieter bereits Gegenstand polizeilicher Ermittlungen wegen des Verdachts erheblicher Vermögensdelikte. Zusätzlich warnte das Bundesamt für Justiz öffentlich vor Geschäften mit dem Antragsteller, was die Sparkasse zum Anlass nahm, die Kontoeröffnung zu verweigern. Das Gericht würdigte die vorgetragene Sachlage dahingehend, dass bei Vorliegen substantiierter Verdachtsmomente und absehbarer strafrechtlicher oder aufsichtsrechtlicher Risiken die Verweigerung der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung durch die Sparkasse gerechtfertigt sei.
Schutzpflichten des Kreditinstituts
Die Entscheidung stellte maßgeblich darauf ab, dass Sparkassen nicht verpflichtet sind, Gefahrensituationen oder erheblichen Verdachtslagen tatenlos entgegenzutreten. Im Gegenteil: Die Aufsichtspflichten nach dem GwG und die daraus resultierenden geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten gebieten gegebenenfalls sogar eine Verweigerung der Kontoeröffnung. Besteht das Risiko der Zweckentfremdung eines Kontos zur Begehung strafbarer Handlungen, geht der Schutz vor Finanzkriminalität dem allgemeinen Kontrahierungszwang vor.
Implikationen für Unternehmen und Banken: Rechtlicher Rahmen und Unsicherheiten
Bedeutung für die Wirtschaft und Vertragsfreiheit
Für unternehmerisch tätige Marktteilnehmer ergibt sich aus dem Beschluss, dass Kreditinstitute keinesfalls uneingeschränkt zur Führung von Geschäftskonten verpflichtet sind. Insbesondere dann, wenn zugrunde gelegte behördliche Warnungen oder strafrechtliche Ermittlungen Anlass zur erhöhten Wachsamkeit bieten, kann das Institut berechtigt sein, die Geschäftsbeziehung zu verweigern. Dem Grundsatz der Vertragsfreiheit kommt hier besondere Bedeutung zu, wenn mit der Kontoeröffnung unvertretbare Risiken verbunden wären.
Schutz der Reputation und Verhinderung von Missbrauch
Der effektive Schutz der Reputation und Integrität des Finanzplatzes sowie die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gewinnen in der regulatorischen Praxis weiter an Bedeutung. Die Entscheidung des VG Düsseldorf unterstreicht die Verantwortung der Kreditinstitute, geeignete Prüfmechanismen einzusetzen und im Zweifel zu Gunsten der Sicherheit und Rechtmäßigkeit ihrer Dienstleistungen zu entscheiden.
Ausblick: Zunehmende Anforderungen und Handlungsspielräume im Bankrecht
Die Entscheidung des VG Düsseldorf verweist auf die anspruchsvolle Abwägung zwischen dem Sicherungsinteresse der Allgemeinheit, individuellen Rechten der Antragsteller und den regulatorischen Pflichten von Finanzinstituten. Unternehmen, Investoren und institutionelle Marktteilnehmer sehen sich zunehmend einem komplexen Regelwerk ausgesetzt, das nicht selten frühzeitige Risikoermittlung und rechtssichere Bewertung der eigenen Geschäftsmodelle erforderlich macht. Angesichts der aktuellen Entwicklungen im Bankrecht können vertiefte Fragestellungen zu Kontoeröffnung, Geschäftsbeziehungen und regulatorischen Pflichten sowohl präventiv als auch im Konfliktfall von entscheidender Bedeutung sein.
Für vertiefende rechtliche Fragestellungen rund um das Bankrecht und die Beziehungen zu Kreditinstituten stehen Ihnen die Ansprechpartner von MTR Legal gerne zur Verfügung. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten finden Sie unter Rechtsberatung im Bankrecht.