Sozialversicherungspflicht bei Gesellschafter-Geschäftsführern mit Arbeitnehmerrechten

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Status des Gesellschafter-Geschäftsführers im Lichte des Sozialversicherungsrechts

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gesellschafter-Geschäftsführer als sozialversicherungspflichtig beschäftigte Person anzusehen ist, stellt ein zentrales und fortlaufend dynamisches Thema im Unternehmens- und Sozialrecht dar. Maßgeblich ist hierbei insbesondere die Abgrenzung zwischen unternehmerischer Selbstständigkeit und arbeitnehmerähnlicher Beschäftigung. Das Sozialgericht Dortmund hat diese Problematik im Urteil vom 14. April 2014 (Az. S 34 R 580/13) im Zusammenhang mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer, der über Arbeitnehmerrechte eines leitenden Angestellten verfügte, vertieft behandelt.

Im Folgenden wird die Thematik umfassend beleuchtet, unter Einbeziehung der maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben, gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen sowie aktuell relevanter Entwicklungen in Rechtsprechung und Praxis.

Strukturelle Einordnung: Sozialversicherungsrechtliche Subsumtion

Grundsatz der Weisungsfreiheit und persönliche Abhängigkeit

Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ist vorrangig, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer in die betriebliche Organisation in einer Weise eingegliedert ist, die mit einer abhängigen Beschäftigung vergleichbar ist, oder ob er tatsächlich wie ein Unternehmer agiert. Obgleich die Position des Geschäftsführers regelmäßig mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen verbunden ist, kann bei fehlender gesellschaftsrechtlicher Kontroll- und Einflussmöglichkeit eine arbeitnehmerähnliche Stellung vorliegen.

Ein entscheidender Faktor ist die Weisungsgebundenheit. Verfügt der Geschäftsführer über eine Sperrminorität oder eine Kapitalmehrheit, spricht dies regelmäßig gegen eine Sozialversicherungspflicht. Im Ausgangsfall fehlte es jedoch an entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Sicherungen, sodass der betroffene Geschäftsführer trotz seiner organisatorischen Funktion in einer zumindest teilweisen Abhängigkeit vom Mehrheitsgesellschafter stand.

Arbeitsrechtliche Stellung versus Gesellschaftsrechtliche Beteiligung

Nicht selten sind Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Dienstvertrag ausgestattet, der ihnen arbeitsvertragliche Rechte vergleichbar denjenigen leitender Angestellter einräumt. Entscheidend bleibt jedoch die tatsächliche Möglichkeit, auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens maßgeblich Einfluss zu nehmen. Eine Beteiligung, die keine nennenswerten Sperrrechte oder Vetomöglichkeiten beinhaltet, vermag an der grundsätzlichen Weisungsgebundenheit nichts zu ändern. Sozialversicherungsrechtlich kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeitsverhältnisse an.

Sozialgericht Dortmund: Ausgewählte Erwägungen und Begründung

Leitsatz und Kernaussagen der Entscheidung

Das Sozialgericht Dortmund stellte fest, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der keine gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmacht besitzt und nach Weisungen agiert, wie ein angestellter Geschäftsführer zu behandeln ist und damit der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Maßgeblich war im verhandelten Fall, dass sich der Geschäftsführer weitgehend in die Unternehmensorganisation einfügen musste und über keine Sperrminorität verfügte.

Die arbeitsvertragliche Ausgestaltung mit den Rechten eines leitenden Angestellten erwies sich lediglich als Indiz für eine weitreichende Verantwortung im Innenverhältnis, nicht jedoch für eine gesellschaftsrechtliche Einflussnahme, wie sie für eine Ausgrenzung aus der Sozialversicherungspflicht erforderlich wäre.

Folgen für die Unternehmenspraxis

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die gesellschaftsrechtliche Minderheitenstellung einen entscheidenden Unterschied hinsichtlich der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht macht. Die Zuerkennung von arbeitnehmerähnlichen Rechten im Dienstvertrag genügt für sich genommen nicht, den Status als unternehmerisch tätiger Geschäftsführer zu begründen, wenn das tatsächliche Machtverhältnis eine andere Sprache spricht.

Abgrenzung zu sonstigen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen

Bedeutung von Sperrminorität und Vetorechten

Entscheidend für die Verneinung der Sozialversicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers ist üblicherweise das Vorliegen einer Sperrminorität, die verhindert, dass gegen den Willen des Geschäftsführers Beschlüsse zu seiner Abberufung oder zu wesentlichen Angelegenheiten gefasst werden. Fehlt eine solche gesellschaftsrechtliche Absicherung, wird regelmäßig von sozialversicherungsrechtlicher Beschäftigung auszugehen sein.

Impact der Gestaltungspraxis auf die Sozialversicherungspflicht

Unternehmen stehen häufig vor der Herausforderung einer rechtskonformen und praxistauglichen Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben. Selbst bei einer Gestaltung mit arbeitsvertraglichen Leitungsrechten kann das Fehlen einer ausreichenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zur Sozialversicherungspflicht führen. Für die Beurteilung sind stets sämtliche Umstände des Einzelfalls heranzuziehen, wobei insbesondere aktuelle Rechtsprechung und die konkrete Ausgestaltung der Gesellschaftsverhältnisse zu würdigen sind.

Aktuelle Entwicklung und gesetzliche Rahmenbedingungen

Dynamik der Rechtsprechung

Die Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund steht im Einklang mit der Tendenz der Rechtsprechung, die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten des Geschäftsführers zu gewichten und die sozialversicherungsrechtliche Bewertung nicht allein an formellen arbeitsvertraglichen Gestaltungen zu orientieren. Der Bundesgerichtshof wie auch das Bundessozialgericht haben die Orientierung an faktischer Unternehmensbestimmung mehrfach betont.

Steuer- und gesellschaftsrechtliche Implikationen

Die Frage der Sozialversicherungspflicht berührt regelmäßig auch steuerrechtliche Aspekte, insbesondere mit Blick auf die Lohnsteuer und die betriebliche Kostenstruktur. Darüber hinaus kann die Statusbeurteilung mittelbare Implikationen hinsichtlich Haftung und Compliance-Anforderungen für die Gesellschaft nach sich ziehen.

Zusammenfassung und weiterführende Hinweise

Die Abgrenzung, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als sozialversicherungspflichtig gilt, stellt nach wie vor eine anspruchsvolle Schnittstelle zwischen Gesellschafts- und Sozialversicherungsrecht dar. Wie die Entscheidung des Sozialgerichts Dortmund herausstellt, genügen alleinige arbeitsvertragliche Leitungsrechte ohne gesellschaftsrechtliche Durchsetzungskraft nicht, um die Sozialversicherungspflicht auszuschließen. Unternehmen sind daher gehalten, die gesellschaftsrechtliche Stellung und tatsächlichen Befugnisse präzise zu strukturieren und regelmäßig an aktuelle Entwicklungen anzupassen.

Bei komplexen Fragestellungen rund um die gesellschaftsrechtliche Stellung von Geschäftsführern, Mitbestimmungsrechte und die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen ergibt sich vielfach ein erheblicher Klärungsbedarf. Für eine detaillierte rechtliche Würdigung empfiehlt sich der Besuch unserer Leistungsübersicht unter Rechtsberatung im Gesellschaftsrecht.

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