Mitführen von Mobiltelefonen und Notebooks bei Hauptversammlungen erlaubt

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Entscheidung des Kammergerichts Berlin zur Zulässigkeit eines Mitnahmeverbots von Mobiltelefonen und Notebooks bei Hauptversammlungen

Das Kammergericht Berlin hat in einer Entscheidung vom 5. November 2024 (Az.: 14 U 122/22) klargestellt, dass das pauschale Verbot, Mobiltelefone oder Notebooks während einer Hauptversammlung mitzuführen, unzulässig ist. Diese Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen für die Praxis der Versammlungsleitung sowie die Rechte der Aktionäre haben. Im Folgenden werden die Hintergründe, die wesentlichen rechtlichen Erwägungen sowie die möglichen praktischen Konsequenzen dieser Entscheidung eingehend analysiert.


Hintergrund: Ordnung und Rechte bei Hauptversammlungen

Bedeutung der Hauptversammlung und Aktionärsrechte

Die Hauptversammlung stellt das zentrale Organ der Willensbildung innerhalb einer Aktiengesellschaft dar. Hier üben Aktionäre ihre grundlegenden Mitverwaltungsrechte aus, insbesondere das Stimmrecht sowie das Fragerecht. Ein effektives Teilnahmerecht ist für die Ausübung dieser Rechte von maßgeblicher Bedeutung. Restriktionen, die ohne hinreichende rechtliche oder tatsächliche Grundlage die Teilnahme oder Willensbildung beeinträchtigen, stehen regelmäßig in der Diskussion hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Schutzvorschriften des Aktiengesetzes.

Praktische Handhabung technischer Geräte bei Versammlungen

Nicht selten wurde Unternehmen in der Vergangenheit gestattet, durch die sogenannten Versammlungsordnungen weitreichende Regeln zum Umgang mit technischen Geräten wie Mobiltelefonen oder Notebooks festzulegen. Primär wurde dies mit der Wahrung der Versammlungsordnung und der Abwehr von Störungen begründet. Im digitalen Zeitalter kommt elektronischen Geräten allerdings eine zunehmende Relevanz für die Informationsgewinnung und Dokumentation zu, wodurch eine differenzierte Beurteilung der Zulässigkeit genereller Verbote geboten scheint.


Entscheidung des Gerichts: Unzulässigkeit des pauschalen Mitnahmeverbots

Sachverhalt und Anfechtungsklage

Im entschiedenen Fall hatte die Gesellschaft durch ihre Versammlungsleitung das Mitführen von Smartphones und Notebooks während der Hauptversammlung generell untersagt. Das Verbot erstreckte sich auf sämtliche Versammlungsteilnehmer, sodass es keine – inhaltlich oder sachlich gerechtfertigten – Ausnahmen gab. Hiergegen wandte sich ein Aktionär im Rahmen einer Anfechtungsklage und verwies auf eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Teilhaberechte sowie der Entscheidungsfindung.

Rechtliche Erwägungen des Kammergerichts

Das Gericht stellte klar, dass ein undifferenziertes Verbot des Mitführens von Mobiltelefonen und Notebooks nicht mit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Versammlungsleitung und insbesondere nicht mit der Ausübung der Aktionärsrechte vereinbar sei. Die Versammlungsleitung sei zwar befugt, Maßnahmen zur Wahrung der Ordnung und zur Verhinderung von Beeinträchtigungen zu treffen. Dies rechtfertige jedoch kein pauschales Verbot, sondern lediglich gezielte Maßnahmen im Falle konkreter Störungen.

Zur Begründung verweist das Gericht unter anderem auf die Entwicklungen in der Rechtsprechung zum Versammlungsrecht sowie die erhöhte praktische Relevanz technischer Hilfsmittel für die Ausübung von Informations- und Dokumentationsinteressen. Zudem biete das Aktiengesetz ausreichend Mittel, etwa in § 131 Abs. 2 oder § 129 Abs. 3 AktG, um einzelnen konkreten Missbrauchsfällen entgegenzuwirken. Ein allgemeines Komplettverbot sei insofern unverhältnismäßig und stehe nicht im Einklang mit dem Schutzzweck der gesetzlichen Bestimmungen.

Bedeutung für die Ausübung von Aktionärsrechten

Aus der Entscheidung ergibt sich, dass die Wahrnehmung von Aktionärsrechten nicht in unzumutbarer Weise durch innerorganisatorische Regelungen der Gesellschaft oder durch präventive Ordnererlasse beschnitten werden darf. Maßstab bleibt stets die Verhältnismäßigkeit. Das Gericht betont folglich, dass technische Einschränkungen nur unter engen Voraussetzungen zulässig sind und stets eine Interessenabwägung zu erfolgen habe.


Auswirkungen für die Praxis und künftige Versammlungen

Gestaltungsmöglichkeiten der Versammlungsleitung

Mitglieder der Versammlungsleitung müssen künftig sehr sorgfältig abwägen, ob und inwieweit Regelungen zum Umgang mit technischen Geräten erforderlich und verhältnismäßig sind. Zulässig bleiben wohl spezifische Maßnahmen im Einzelfall – insbesondere bei konkreten Anhaltspunkten für eine Störung des Ablaufs oder den Missbrauch technischer Hilfsmittel für verbotene Ton- oder Bildaufnahmen. Jedoch sind generelle Mitnahmeverbote künftig mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden.

Erhöhte Rechtssicherheit für Aktionäre

Aktionären wird durch die Gerichtsentscheidung die Möglichkeit eröffnet, technische Hilfsmittel zur Informationssammlung und zur Stärkung der eigenen Mitwirkungsmöglichkeiten einzusetzen. Dies gilt jedenfalls, solange keine konkreten widerstreitenden Interessen der Gesellschaft oder der übrigen Teilnehmer erkennbar sind. Offen bleibt indes, wie die praktische Handhabung im Einzelfall bei sich überschneidenden Interessen ablaufen wird.


Relevanz der Entscheidung für Unternehmen und Investoren

Unternehmen und Anteilseigner sollten sich der weitreichenden Konsequenzen dieser Entscheidung bewusst sein. Sie schafft Klarheit hinsichtlich der Grenzen unternehmensinterner Ordnungsmaßnahmen und bietet Orientierung bei der Ausgestaltung der Versammlungsordnung. Die Würdigung der Entscheidung im Gesamtzusammenhang des Aktiengesetzes unterstreicht die Bedeutung der Wahrung von Minderheitsrechten und betont die notwendige Balance zwischen Ordnungsinteressen der Gesellschaft einerseits und Teilhaberechten der Aktionäre andererseits.

Die weitere rechtliche Entwicklung in diesem Bereich bleibt vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung im Versammlungswesen und verstärkter regulatorischer Anforderungen abzuwarten.


Sollten sich im Zusammenhang mit der Durchführung von Hauptversammlungen oder der Gestaltung von Versammlungsordnungen weitergehende rechtliche Fragestellungen ergeben, stehen die Rechtsanwälte bei MTR Legal gerne mit profundem Know-how zur Verfügung.

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