Keine vorläufige Zwangslizenz für Cholesterinsenker genehmigt

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Rechtlicher Rahmen der Zwangslizenz im Patentrecht

Der Antrag auf Erteilung einer Zwangslizenz im Patentrecht dient als außergewöhnliches Instrument, um in bestimmten Fällen den Zugang zu patentgeschützten Erfindungen sicherzustellen – insbesondere dann, wenn überragende öffentliche Interessen im Raum stehen und Verhandlungen über eine Lizenz am Verhalten des Patentinhabers scheitern. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 24 Patentgesetz (PatG), der die Voraussetzungen und den Ablauf des Zwangslizenzverfahrens detailliert regelt. Eine zentrale Rolle spielt dabei die gerichtliche Möglichkeit, im Wege der einstweiligen Verfügung eine vorläufige Lizenz zur Nutzung eines Patents zu erwirken.

Im Zentrum der vorliegenden Entscheidungsfindung stand die Frage, ob ein pharmazeutisches Unternehmen eine solche vorläufige Zwangslizenz für ein Arzneimittel, das als Cholesterinsenker eingesetzt wird, beanspruchen kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich dabei mit der Auslegung des Begriffs des öffentlichen Interesses und dessen Gewichtung im Rahmen der Erteilungsvoraussetzungen auseinandersetzen müssen (BGH, Beschluss vom 4. Juni 2019, Az.: X ZB 2/19).

Hintergrund des Rechtsstreits: Cholesterinsenker und Patentschutz

Die Verfahrensbeteiligten und Streitinhalte

Ausgangspunkt des Verfahrens war die Patentierung eines Wirkstoffs, der zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte eingesetzt wird. Ein pharmazeutisches Unternehmen begehrte eine Zwangslizenz zur Herstellung und Vermarktung eines entsprechenden Arzneimittels, nachdem Verhandlungen mit dem Patentinhaber zu keiner Einigung geführt hatten. Im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzung wurde beim Bundespatentgericht zunächst ein Antrag auf eine einstweilige Erlaubnis zur Nutzung des Patents gestellt. Ziel war es, während der Dauer der Hauptverfahren vorläufig die Vermarktung des Präparats legal fortzusetzen.

Antrag auf einstweilige Zwangslizenz im Eilverfahren

Das Begehren um eine einstweilige Lizenz bedeutet, dass das Gericht bereits während des laufenden Hauptsacheverfahrens eine vorläufige Regelung treffen kann. Voraussetzung ist unter anderem ein glaubhaft gemachtes dringendes öffentliches Interesse an der Sicherstellung des Zugangs zu dem betreffenden Arzneimittel. Angesichts der Bedeutung für die Gesundheitsversorgung kommt diesem Kriterium eine erhebliche praktische Relevanz zu, insbesondere wenn das Medikament für bestimmte Patientengruppen unentbehrlich erscheinen könnte.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Anforderungen an den Nachweis des öffentlichen Interesses

Maßgebliche Prüfungsmaßstäbe und Bewertung durch den BGH

Der BGH hat im vorliegenden Verfahren klargestellt, dass an die Darlegung eines überwiegenden öffentlichen Interesses besonders hohe Anforderungen zu stellen sind – vor allem dann, wenn es sich um eine vorläufige Nutzungserlaubnis handelt, die vor Abschluss der Hauptsache gewährt werden soll. Dabei ist nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend, dass das Arzneimittel im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit eine von mehreren verfügbaren Behandlungsoptionen darstellt. Vielmehr sei zu prüfen, ob eine Versorgungslücke im Gesundheitssystem besteht, die ohne die Erteilung der Zwangslizenz nicht geschlossen werden kann. Das bedeutet: Es muss konkret dargelegt werden, dass kein anderes zugelassenes Medikament mit vergleichbarer Wirksamkeit und Sicherheit für die betroffenen Patienten zur Verfügung steht.

Bewertung der Alternativen und Rolle der Therapiefreiheit

Das Vorliegen von Alternativen beeinflusst die Beurteilung zentral. Die bloße Möglichkeit, dass Ärzte das Arzneimittel bevorzugen könnten, reicht laut BGH nicht aus, um das Vorliegen eines überragenden öffentlichen Interesses zu bejahen. Entscheidend ist, ob tatsächlich eine medizinische Notlage besteht und ob andere, gleich geeignete Präparate zur Verfügung stehen. Im konkreten Fall sah der BGH diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sodass der Antrag auf einstweilige Erteilung einer Zwangslizenz am Nachweis des hinreichenden öffentlichen Interesses scheiterte.

Zurückweisung des Antrags und Folgerungen für die Praxis

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs unterstreicht die Hürden, die Antragsteller im Rahmen der Zwangslizenzierung zu überwinden haben. Die bloße Existenz therapeutischer Vorteile oder die Berücksichtigung individueller Therapieentscheidungen reicht nicht aus, um den Ausnahmecharakter einer Zwangslizenz zu rechtfertigen. Damit wird deutlich, dass das Patentrecht in Deutschland ein schwer zu durchbrechendes Schutzrecht bleibt – auch angesichts gewichtiger gesundheitspolitischer Erwägungen.

Relevanz der Entscheidung und Bedeutung für Unternehmen und den Patentsektor

Prävention missbräuchlicher Anträge und Planungssicherheit für Patentinhaber

Die aktuelle Rechtsprechung stärkt die Position der Patentinhaber, indem sie die Möglichkeit, durch einstweilige Zwangslizenzen in den Bestand des Patents einzugreifen, eng begrenzt. Unternehmen, die im Bereich der pharmazeutischen Entwicklung tätig sind, erhalten dadurch eine verbesserte Planungssicherheit in Bezug auf ihre Investitionen und Forschungsanstrengungen. Die Entscheidung wirkt gleichzeitig einer inflationären Nutzung von Zwangslizenzverfahren entgegen.

Auswirkungen auf zukünftige Verfahren und strategische Empfehlungen

Die Anforderungen an die Antragsbegründung und den Nachweis eines überragenden öffentlichen Interesses sind durch das Urteil des BGH deutlich konturiert worden. Für Unternehmen, die sich mit Fragen der Patentlizenzierung oder der Entwicklung von Generika konfrontiert sehen, empfiehlt es sich, die aktuelle Rechtsprechung genau im Blick zu behalten und die Entwicklung alternativer Präparate sorgfältig zu dokumentieren.

Fazit

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs verdeutlicht den engen Ausnahmecharakter von Zwangslizenzen im Pharmabereich. Antragssteller in Zwangslizenzverfahren sind verpflichtet, das Bestehen eines vorrangigen öffentlichen Interesses und das Fehlen gleichwertiger Alternativen klar und überzeugend darzulegen. Für die Arzneimittelbranche, aber auch für Investoren und Lizenznehmer, schafft dieses Urteil entscheidende Leitplanken im Umgang mit patentrechtlichen Schutzpositionen in Deutschland.

Sollten sich im Zusammenhang mit Patentlizenzierungen, Zwangslizenzen oder sonstigen Themen im gewerblichen Rechtsschutz weitere Fragestellungen ergeben, stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal gerne beratend zur Verfügung.

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