Keine Schadenersatzzahlung gegen Porsche Automobil Holding S.E

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Hintergrund des Verfahrens vor dem Landgericht Braunschweig

Am Landgericht Braunschweig wurde im Jahr 2014 eine Klage gegen die Porsche Automobil Holding S. E. verhandelt, in der ein Aktionär Schadensersatzansprüche begehrte. Im Kern ging es um den Vorwurf, die Beklagte habe gegen ihre kapitalmarktrechtlichen Pflichten verstoßen, indem sie im Rahmen öffentlich gemachter Übernahmespekulationen im Jahr 2008 nicht rechtzeitig adäquat über strategische Absichten bezüglich weiterer Aktienkäufe an der Volkswagen AG informiert habe. Der Kläger machte geltend, ihm sei infolge vermeintlich verspäteter Veröffentlichung kapitalmarktrechtlich relevanter Informationen ein erheblicher Vermögensschaden entstanden.

Rechtslage und maßgebliche Erwägungen des Gerichts

Anforderungen an die Ad-hoc-Publizität

Das Gericht hatte zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 37b WpHG a.F. (heute: § 97 WpHG) vorlagen. Nach dieser Vorschrift können Aktionäre gegen Emittenten oder Muttergesellschaften Schadensersatz verlangen, sofern eine Unterlassung oder verspätete Veröffentlichung von Insiderinformation vorliegt und ein kausaler Schaden entstanden ist. Maßgeblich war, ob die Porsche Automobil Holding S. E. durch eine unterlassene oder untimely Ad-hoc-Mitteilung eine Pflichtverletzung begangen und somit das Marktvertrauen beeinträchtigt hatte.

Das Landgericht Braunschweig stellte detailliert dar, dass zum fraglichen Zeitpunkt keine Verpflichtung zur Ad-hoc-Mitteilung über eine etwaige Erhöhung der Beteiligung an der Volkswagen AG bestand. Insbesondere stellte das Gericht darauf ab, dass es sich bei etwaigen Übernahmeabsichten lediglich um interne, noch nicht abgeschlossene Überlegungen handelte, die nicht als konkrete, kursrelevante Insiderinformationen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes anzusehen waren.

Kausalität und Zurechnungszusammenhang

Zentral für die Entscheidung war ferner die Prüfung des Zurechnungszusammenhangs. Selbst wenn eine fehlerhafte oder verspätete Ad-hoc-Mitteilung zu unterstellen wäre, müsse ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dieser Pflichtverletzung und dem behaupteten Vermögensnachteil dargelegt und bewiesen werden. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen hatte, dass die behaupteten Kursbewegungen tatsächlich auf eine vermeintliche Mitteilungspflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen seien.

Ergebnis der Klage

Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Schadensersatzpflicht aus einer vermeintlichen Verletzung der Ad-hoc-Publizität nicht gegeben seien. Weder war das Vorliegen einer Insiderinformation während des maßgeblichen Zeitraums feststellbar, noch seien die spezifischen Kausalitätsanforderungen für einen Schadensersatzanspruch erfüllt worden. Das Urteil verdeutlicht, dass an die Durchsetzung von Schadensersatzforderungen aufgrund vermeintlich unterlassener Kapitalmarktinformation hohe Anforderungen gestellt werden.

Bedeutung für die Praxis der Kapitalmarktkommunikation

Verantwortung der Emittenten

Für Emittenten börsennotierter Unternehmen stellt das Urteil einen wichtigen Beitrag zur Auslegung und Handhabung der Ad-hoc-Publizität dar. Eine Informationspflicht entsteht erst dann, wenn konkrete, kursrelevante Tatsachen vorliegen, deren Veröffentlichung geeignet ist, einen erheblichen Einfluss auf den Börsenkurs auszuüben. Solange lediglich interne Entscheidungsvorbereitungen oder noch nicht gefestigte Absichtserklärungen existieren, besteht keine unmittelbare Ad-hoc-Mitteilungspflicht.

Anforderungen an die Anspruchstellung durch Aktionäre

Für Investoren ergibt sich aus der Entscheidung, dass Schadensersatzklagen wegen vermeintlicher Verletzungen von Kapitalmarktinformationspflichten einer sorgfältigen Analyse bedürfen. Es ist unerlässlich, substantiiert darzulegen, welches konkrete Informationsverhalten der Gesellschaft zu welchem kausal nachweisbaren Vermögensnachteil geführt haben soll. Dies unterstreicht die Bedeutung präziser Darlegungs- und Beweisführungsmöglichkeiten im Rahmen der Anspruchsdurchsetzung.

Entwicklungen im Kapitalmarktrecht und Ausblick

Mit Blick auf die zwischenzeitlichen Entwicklungen im europäischen und deutschen Kapitalmarktrecht, etwa durch die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) und die Novellierung des WpHG, ist die Thematik der Insiderinformationen und Publizitätspflichten in den Fokus regulatorischer Anpassungen gerückt. Die Rechtsprechung zeigt, dass Gerichte bei der Auslegung der Veröffentlichungspflichten eine differenzierte Betrachtungsweise pflegen und zwischen vagen Plänen und tatsächlichen Sachverhalten differenzieren.

Hinweis auf rechtliche Unterstützung

Das Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig veranschaulicht die komplexen Zusammenhänge im Bereich der kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten und deren haftungsrechtliche Implikationen. Bei rechtlichen Fragestellungen zu diesem Themenkreis steht das Team von MTR Legal Rechtsanwälte gerne für eine vertrauliche Klärung der individuellen Gegebenheiten zur Verfügung.

Quelle: Urteil LG Braunschweig, 5 O 4013/13, abrufbar unter urteile.news.

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