Beschluss des OLG Frankfurt vom 16. Januar 2025 – Az. 7 W 20/24
Zu den Pflichten eines Geschäftsführers gehört die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrags. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann er auch den Schutz seiner D&O-Versicherung verlieren. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt mit Beschluss vom 16. Januar 2025 deutlich gemacht (Az. 7 W 20/24).
Bei Vorliegen eines Insolvenzgrunds, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, gehört es zu den Pflichten des Geschäftsführers unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen. Bei Insolvenzverschleppung drohen ernsthafte Konsequenzen, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die auch im Insolvenzrecht berät. Zu diesen Konsequenzen kann auch der Verlust des Schutzes der D&O-Versicherung gehören, wie der Beschluss des OLG Frankfurt zeigt.
Insolvenzantrag nicht rechtzeitig gestellt
In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Geschäftsführer nicht rechtzeitig Insolvenzantrag gestellt. Trotz schwieriger Liquiditätslage, insbesondere durch hohe Steuerrückstände, und der drohenden Zahlungsunfähigkeit ließ der Geschäftsführer das Unternehmen weiterlaufen. Nachdem die Insolvenz eingetreten war, wollte der Insolvenzverwalter die D&O-Versicherung des Geschäftsführers in Anspruch nehmen. Diese verweigerte jedoch die Zahlung und begründete dies mit dem Pflichtverstoß des Geschäftsführers.
Das OLG Frankfurt bestätigte diese Einschätzung und verneinte den Versicherungsschutz. Zur Begründung führte es aus, dass der Geschäftsführer in erheblichem Maße gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen habe. Die Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung sei eine Kardinalpflicht des Geschäftsführers. Ein Pflichtverstoß führe regelmäßig zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers. Die Insolvenzreife habe sich in dem vorliegenden Fall schon deshalb aufgedrängt, weil den Steuerschulden im beinahe sechsstelligen Bereich lediglich ein Guthaben in Höhe von 12.000 Euro gegenüberstand. Dass der eingetragene Geschäftsführer lediglich als Strohmann fungiert haben soll, ändere nichts an der Pflichtverletzung, machte das Gericht weiter deutlich.
Pflichten des Geschäftsführers bei drohender Insolvenz
Sobald sich abzeichnet, dass ein Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, sind Geschäftsführer verpflichtet, die finanzielle Lage des Unternehmens genau zu beobachten. Dabei ist es unerheblich, ob sie operativ tätig sind oder wie im Fall vor dem OLG Frankfurt lediglich formell bestellt wurden. Auch sog. „Strohmann-Geschäftsführer“ tragen die volle rechtliche Verantwortung und müssen sich regelmäßig über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens informieren.
Prüfung der Insolvenzreife
In wirtschaftlich angespannten Zeiten gehört es zu den Pflichten des Geschäftsführers zu prüfen, ob Insolvenzreife eingetreten ist. Insolvenzreife liegt bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens vor. Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Unternehmens die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und keine positive Fortbestehensprognose besteht. Bei Auftreten solcher Anzeichen müssen Geschäftsführer unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Wochen, einen Insolvenzantrag stellen (§ 15a InsO).
Ein verspäteter Insolvenzantrag verschärft nicht nur die Situation für die Gläubiger, sondern kann auch massive persönliche Konsequenzen für den Geschäftsführer nach sich ziehen. Bei einer Verletzung der Insolvenzantragspflicht können z.B. Freiheitsstrafen und Bußgelder drohen. Zudem kann, wie der Beschluss des OLG Frankfurt zeigt, auch der Versicherungsschutz durch die D&O-Versicherung bei solchen Pflichtverletzungen verloren gehen.
Ausschlussklauseln in D&O-Versicherung
D&O-Versicherungen sollen Geschäftsführer und andere leitende Organe zwar vor finanziellen Folgen aus Pflichtverletzungen schützen. Allerdings enthalten viele dieser Policen Ausschlussklauseln, wenn eine Pflichtverletzung vorsätzlich oder wissentlich begangen wurde. Das OLG Frankfurt bestätigte, dass im Fall einer verspäteten Insolvenzantragstellung ein solcher Vorsatz angenommen werden kann – insbesondere dann, wenn eindeutige Anzeichen für die Insolvenz bestanden haben, die der Geschäftsführer entweder erkannt hat oder erkennen musste. In solchen Fällen kann die Versicherung die Leistung verweigern. Für Geschäftsführer bedeutet das: Wer seine Pflichten missachtet, kann nicht auf eine Entlastung durch die Versicherung hoffen.
Die Pflicht zur rechtzeitige Stellung eines Insolvenzantrags sollte von Geschäftsführern nicht unterschätzt werden. Eine Missachtung dieser Pflicht, kann zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers führen. Bei vorsätzlichen Pflichtverletzungen bietet auch eine D&O-Versicherung häufig keinen Schutz. Zudem können auch strafrechtliche Konsequenzen drohen.
MTR Legal Rechtsanwälte berät wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen und ihre Leitungsorgane zur Insolvenzantragspflicht und weiteren Themen des Insolvenzrechts.
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