Voraussetzungen für die Anerkennung einer Kopie eines Testaments als wirksame letztwillige Verfügung
Erbrechtliche Streitigkeiten entstehen häufig dann, wenn das Original eines handschriftlichen Testaments unauffindbar ist, aber eine Kopie vorgelegt werden kann. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken vom 13. August 2024 (Az.: 8 W 66/24, Quelle: urteile.news) verdeutlicht, dass bei der Anerkennung einer Testamentskopie als letztem Willen des Erblassers besonders strenge Anforderungen gelten.
Der Hintergrund der gerichtlichen Entscheidung
Im zugrundeliegenden Verfahren stand die erbfolgerelevante Fragestellung im Fokus, ob eine eingescannt und ausgedruckte Kopie eines eigenhändigen Testaments ausreicht, um eine Erbenstellung zu belegen, wenn das handschriftliche Original verschollen bleibt. Die Antragstellerin, die sich auf die Testamentskopie als Alleinerbin berief, beantragte einen Erbschein. Die zuständigen Instanzen mussten im Wege der Amtsermittlung klären, ob das vorgelegte Duplikat mit dem Willen des Erblassers, zum Zeitpunkt des Versterbens wirksam zu sein, im Einklang stand.
Maßgebliche erbrechtliche Grundsätze
Das Erbrecht sieht in § 2247 BGB ausdrücklich vor, dass ein Testament grundsätzlich nur dann Gültigkeit entfaltet, wenn es eigenhändig geschrieben und von dem Erblasser unterschrieben wurde. Eine Abweichung hiervon, etwa durch die Vorlage einer bloßen Kopie, kann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommen. Der Gesetzgeber trägt damit dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit sowie der Gefahr von Manipulationen im Nachlassverfahren Rechnung.
Beweislastverteilung
Kernpunkt der gerichtlichen Prüfung bildet die Beweislast: Wer aus einer Kopie Rechte ableiten will, hat substantiiert darzulegen und nachzuweisen, dass das Original vom Erblasser eigenhändig errichtet und zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vernichtet wurde. Dies erfordert regelmäßig eine lückenlose Indizienkette, aus der sich eindeutig ergibt, dass ein Widerruf des Testaments ausgeschlossen werden kann.
Hohe Anforderungen an den Nachweis
Die Rechtsprechung verlangt, dass das Gericht nach freier Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO zur Überzeugung gelangt, dass das Originaltestament im Einklang mit der überlieferten Kopie bestanden hat und eben jenes Original durchgängig den Willen des Erblassers bis zu dessen Tod dokumentierte. Selbst wenn der Text der Kopie identisch mit dem mutmaßlichen Testament ist, genügt dies allein nicht. Vielmehr müssen weitere Umstände – etwa fehlender Zugriff Dritter, sichere Verwahrung oder Überzeugung über einen irrtümlichen Verlust – hinzutreten.
Entscheidung des OLG Zweibrücken
In konsequenter Anwendung dieser Maßstäbe verneinte das OLG Zweibrücken im aktuellen Fall das Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme eines wirksamen Testaments auf Basis eines Duplikats. Es blieb bei der gesetzlichen Erbfolge, nachdem die Antragstellerin nicht überzeugend dartun konnte, dass das Originaltestament nach wie vor dem mutmaßlich geäußerten Willen entsprach und ein beabsichtigter Widerruf ausgeschlossen war. Entscheidungsleitend waren die fehlenden tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser die Testamentsurkunde nicht eigenhändig vernichtet hatte.
Auswirkungen auf die Nachlassplanung und den Erbfall
Die Entscheidung unterstreicht die zentrale Bedeutung, die einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung von Testamenten zukommt. Gerade im Erbfall kommt es häufig zu Unsicherheiten, wenn das Original nicht auffindbar ist und nur eine Kopie existiert. Die Rechtsprechung schützt die Authentizität und Unverfälschtheit des letzten Willens durch strenge Anforderungen, die Manipulationen und Missbrauch vorbeugen sollen. Gleichzeitig zeigt sie auf, welchen hohen Stellenwert die Formvorschriften im deutschen Erbrecht genießen.
Ausblick
Die Anerkennung von Testamentskopien als wirksame letztwillige Verfügung bleibt die Ausnahme und ist mit erheblichen Nachweishürden verbunden. Für Angehörige und potenzielle Erben bedeutet dies eine oft erhebliche Unsicherheit und die Notwendigkeit, sämtliche verfügbaren Indizien und Zeugenaussagen sorgsam zu sichern, sofern das Original nicht mehr auffindbar ist.
Rechtlicher Hinweis
Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kopie eines Testaments ausnahmsweise als gültige letztwillige Verfügung anerkannt werden kann, hängt stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und lässt sich anhand der aktuellen Rechtsprechung im Detail beurteilen.
Die Rechtsanwälte bei MTR Legal begleiten Unternehmen, Investoren und Privatpersonen im Erbrecht – etwa bei der Auslegung von Testamenten und Nachlassregelungen. Bei Fragen zum Umgang mit Testamentskopien oder zur rechtssicheren Nachlassplanung können Sie gerne Kontakt aufnehmen.
Hinweis: Die Informationen in diesem Beitrag dienen der allgemeinen Darstellung der erbrechtlichen Sach- und Rechtslage und ersetzen keine individuelle rechtliche Beratung.