Haftung des fakultativen Aufsichtsrats bei Pflichtverletzungen

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Grundzüge der Haftung des fakultativen Aufsichtsrats: Relevanz bei Pflichtverstößen

Im Gesellschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland sind die Aufgaben und Pflichten von Organen einer Aktiengesellschaft (AG) umfassend geregelt und reichen weit über bloße Kontrolltätigkeiten hinaus. Von besonderem Interesse ist dabei die Verantwortlichkeit sogenannter fakultativer Aufsichtsräte. Diese werden nicht aufgrund gesetzlicher Pflicht – wie etwa bei der Überschreitung bestimmter Mitarbeiterzahlen – errichtet, sondern auf freiwilliger Grundlage eingerichtet, meist mit Blick auf eine strukturierte Unternehmensführung oder auf Wunsch der Gesellschafterstruktur. Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg vom 18. März 2009, Az. 6 U 10/07, bestätigt die Sorgfaltspflichten und mögliche Haftung konkreter Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrates, und klärt damit zentrale dogmatische und risikoorientierte Fragen für betroffene Akteure.

Die Rechtsstellung fakultativer Aufsichtsräte im Gefüge der Aktiengesellschaft

Gesellschaftsrechtliche Einordnung und Bedeutung

Ein fakultativer Aufsichtsrat wird gemäß § 30 Abs. 1 S. 2 MitbestG beziehungsweise auf Grundlage von § 95 AktG errichtet, sobald dies in der jeweiligen Satzung vorgesehen und somit rechtswirksam konstituiert wird. Die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrates sind in ihren Pflichten und Rechten grundsätzlich denjenigen gesetzlich vorgeschriebener Organe gleichgestellt. Dies erstreckt sich auch auf ihre Verschwiegenheits-, Überwachungs- und Sorgfaltspflichten. Die freiwillige Bildung des Gremiums nimmt diesem daher nicht die rechtliche Relevanz; vielmehr erlangt der fakultative Aufsichtsrat nach seiner Bildung sämtliche gesellschaftsrechtlichen Funktionen und Verantwortlichkeiten.

Pflichten und Kontrollbefugnisse

Die zentrale Aufgabe des fakultativen Aufsichtsrates liegt – wie bei obligatorischen Aufsichtsgremien – in der Überwachung der Geschäftsführung und der Prüfung grundlegender Unternehmensentscheidungen. Hierbei ist eine eigenständige und pflichtbewusste Prüfung der Vorstandsaktivitäten unerlässlich. Mitglieder sind verpflichtet, die ihnen durch Gesetz und Satzung zugewiesenen Kontroll-, Prüfungs- und Berichtspflichten sorgfältig auszuführen.

Haftungsmaßstab und Ersatzpflicht bei Pflichtverstößen

Grundsätze der Organhaftung im Gesellschaftsrecht

Die Haftung von Aufsichtsräten, gleichgültig ob obligatorisch oder fakultativ, richtet sich nach § 116 Satz 1 AktG in Verbindung mit § 93 AktG. Sie sind zu einer gewissenhaften und treuen Wahrnehmung der Überwachungsaufgaben verpflichtet. Kommt es zu einer Pflichtverletzung, die kausal zu einem Schaden der Gesellschaft führt, kann eine persönliche Haftung auf Schadensersatz eintreten. Gleiches gilt für Unterlassungen, die für die Vermögenssphäre der Gesellschaft nachteilig sind.

Wesentliche Aspekte des OLG Brandenburg – Urteil vom 18. März 2009

Im Falle des OLG Brandenburg lag der maßgebliche Sachverhalt darin, dass der fakultative Aufsichtsrat einen Jahresabschluss billigte, obwohl er einen offenkundigen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung hätte erkennen und beanstanden müssen. Nach Einschätzung des Gerichts besteht die Überwachungspflicht auch für fakultative Aufsichtsräte uneingeschränkt. Ein Sorgfaltsverstoß – etwa in Form inhaltlich mangelhafter Prüfung von Unternehmensabschlüssen – begründet sodann eine Ersatzpflicht, sofern die schadenstiftende Pflichtverletzung durch die Organtätigkeit verursacht wurde.

Das Urteil betont, dass an die persönliche Befähigung und Fortbildung der Aufsichtsratsmitglieder angemessene Erwartungen anzulegen sind, und die Überprüfung von Bilanzunterlagen nicht bloß formeller Natur sein darf. Dieser prüfungsintensive Maßstab ist auch für fakultative Organe einschlägig.

Grenzen und Umfang der Verantwortung für fakultative Aufsichtsräte

Beweislast und Sorgfaltsmaßstab

Die Darlegungs- und Beweislast für das fehlende Verschulden einer Pflichtverletzung liegt bei den jeweiligen Aufsichtsratsmitgliedern. Das bedeutet, dass im Fall eines Schadenseintritts innerhalb des Aufgabenbereichs des Gremiums eine nachvollziehbare und beweisbare Entlastung vorzubringen ist. Das Gesetz verlangt insofern eine kontinuierliche Informationsbeschaffung und Plausibilitätsprüfung, um die Einhaltung gesellschaftsrechtlicher und bilanzrechtlicher Mindestanforderungen zu gewährleisten.

Auswirkungen für Unternehmen und Unternehmensorgane

Das Urteil hat erhebliche Implikationen – nicht nur für die individuelle Organhaftung, sondern auch für die Gestaltung der internen Governance-Strukturen in Aktiengesellschaften. Mit der freiwilligen Konstituierung eines Aufsichtsrates verpflichtet sich die Gesellschaft zu einer risikobewussten Auswahl fähiger Kontrolleure und zur Einhaltung der Vertrauensgrundlagen ihrer Organmitglieder. Für Aufsichtsratsmitglieder ergibt sich daraus die Pflicht zur sorgfältigen Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion über alle relevanten Entscheidungsprozesse und Rechenschaftsberichte hinweg.

Abschlussbemerkung

Die Klarstellung der Haftungsvoraussetzungen und des Pflichtenumfangs für fakultative Aufsichtsräte hat eine praxisrelevante Leitfunktion für das gesamte Gesellschaftsrecht. Unternehmen, Investoren und Organmitglieder sollten die differenzierte Rechtslage fortlaufend im Blick behalten und sich bei komplexen Fragestellungen rechtskonform begleiten lassen. Weitere vertiefte Informationen bietet Ihnen unser Team unter dem Stichwort Rechtsberatung im Gesellschaftsrecht.

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