Haftung des Betriebserwerbers bei Insolvenz und Betriebsrente

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Einführung: Rechtliche Herausforderungen beim Erwerb insolventer Betriebe und die betriebliche Altersversorgung

Der Unternehmenskauf aus der Insolvenz stellt Erwerber nicht nur vor wirtschaftliche, sondern auch vor vielschichtige rechtliche Herausforderungen. Insbesondere die Haftung für betriebliche Altersversorgungsverpflichtungen (bAV) ist regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen und steht im Fokus aktueller Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Die Übernahme eines Betriebs bedeutet unter bestimmten Voraussetzungen auch die Übernahme von Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten – darunter Fallen regelmäßig auch Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung. Doch wie verhält es sich, wenn der Veräußerer insolvent wird und der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) Leistungen übernimmt? Das BAG hat sich mit dieser Frage zuletzt erneut in seinem Urteil vom 26. Januar 2021 (3 AZR 139/17) befasst.

Betriebsübergang und Haftung für Betriebsrenten: Grundlagen und aktuelle Rechtsprechung

Anwendungsbereich von § 613a BGB beim Betriebsübergang

Wird ein Betrieb oder Betriebsteil im Sinne von § 613a Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf einen neuen Inhaber übertragen, tritt dieser kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Dies gilt grundsätzlich auch für Versorgungszusagen gegenüber Arbeitnehmern. Deren Ansprüche werden Teil des übertragenen Arbeitsverhältnisses, was bei aufgeschobenen oder laufenden Rentenzahlungen häufig zu Schwierigkeiten im Rahmen der Insolvenzsituation führt.

Insolvenz des Veräußerers: Eintritt des PSV und Auswirkungen

Kommt es zur Insolvenz des bisherigen Arbeitgebers, greift das Sicherungssystem des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG), das die Verpflichtungen aus Direktzusagen und Unterstützungskassen über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) abwickelt. Der PSV ersetzt in solchen Fällen die Ansprüche des Versorgungsempfängers, soweit diese nicht auf den neuen Betriebsinhaber übergegangen sind. Gerade an dieser Schnittstelle ermöglichen aktuelle Urteile eine genauere Austarierung von Haftungsrisiken.

Kernaussagen des BAG: Kein unmittelbarer Anspruch gegen Betriebserwerber nach Eintritt des PSV

Nach der Entscheidung des BAG vom 26. Januar 2021 bleibt der Erwerber eines Betriebs grundsätzlich nicht für die Betriebsrentenansprüche haftbar, die aus einer Zeit vor dem insolvenzbedingten Betriebsübergang resultieren, wenn der PSV bereits mit seiner Leistungspflicht eingetreten ist. Der Zweck dieser Regelung ist es, die Haftung des Erwerbers zeitlich auf den Erwerbszeitpunkt zu begrenzen und zugleich die Funktionsfähigkeit der Insolvenzsicherung im BetrAVG zu gewährleisten. Der Erwerber haftet demnach nur für die nach dem Betriebsübergang erdienten und nicht durch den PSV gesicherten Versorgungsansprüche.

Vertiefende Betrachtung der Haftung und der Abgrenzung einzelner Anspruchsgrundlagen

Haftungsumfang und Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung

Die Haftung des Betriebserwerbers bezieht sich gemäß § 613a BGB auf sämtliche arbeitsvertragliche Verpflichtungen, umfasst jedoch nach herrschender Meinung nicht solche Ansprüche, die bereits ausgelöst und im Rahmen des Insolvenzschutzes an den PSV übergegangen sind. Damit wird der Zeitraum vor dem Betriebsübergang von der Sicherungspflicht des PSV abgedeckt. Für die Zeit nach dem Übergang verbleibt das Versorgungsrisiko grundsätzlich beim neuen Inhaber, der für weitere Anwartschaften und Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis einzustehen hat.

Ausschlussfristen, Einwendungen und Verjährung

Bemerkenswert ist, dass das BAG die Geltendmachung von betrieblichen Versorgungsansprüchen gegenüber dem Erwerber Einschränkungen unterliegt, die sich etwa aus arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen oder der gesetzlichen Verjährung ergeben. Soweit der PSV bereits Leistungen erbringt, ist der Anspruch des Versorgungsempfängers gegen den Betriebserwerber nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich ausgeschlossen.

Praxisrelevanz: Gestaltung und Risikoanalyse bei Unternehmensakquisitionen

Für Unternehmen, Investoren und Übernehmer ist die Kenntnis der haftungsbeschränkenden Wirkung aktueller BAG-Rechtsprechung essenziell. Die Unterscheidung zwischen bereits in der Insolvenz bestehenden und durch den PSV gedeckten Versorgungsansprüchen einerseits und nachträglich erdienten (künftigen) Anwartschaften andererseits ermöglicht eine präzisere Risikoanalyse beim Unternehmenskauf. Auch für die Gestaltung der Transaktionsdokumentation, insbesondere im Rahmen von Garantien und Freistellungsklauseln, bieten diese Entscheidungen wichtige Anhaltspunkte.

Zusammenfassung und Ausblick

Das BAG hat durch seine gefestigte Rechtsprechung klargestellt, dass Betriebserwerber nicht für Altverbindlichkeiten aus betrieblicher Altersversorgung haften, wenn und soweit der Pensions-Sicherungs-Verein infolge der Insolvenz des früheren Arbeitgebers bereits eintrittspflichtig geworden ist. Dies eröffnet für Unternehmen und Erwerber insolventer Betriebe einen gewissen Schutz vor unüberschaubaren nachträglichen Forderungen, stellt aber auch erhöhte Anforderungen an die sorgfältige Prüfung und Dokumentation im Rahmen von M&A-Transaktionen.

Die materielle Rechtslage bleibt dabei von Einzelfallumständen geprägt, sodass die Beurteilung des Haftungsumfangs stets an der Schnittstelle zwischen Arbeits- und Insolvenzrecht erfolgen muss. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten oder Konzernstrukturen können sich zusätzliche Herausforderungen ergeben.

Sollten konkrete Fragestellungen zur Übernahme von Betrieben aus der Insolvenz oder zur Haftung für betriebliche Altersversorgungen bestehen, stehen die Rechtsanwälte bei MTR Legal mit ihrer umfassenden Erfahrung im Wirtschaftsrecht zur Verfügung.

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