Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und gesetzliche Unfallversicherung

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Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz auch für arbeitnehmerähnliche Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

Das Sozialgericht Karlsruhe hat mit seiner Entscheidung vom 30.06.2008 (Az.: S 4 U 4767/06) bedeutsame Klarstellungen zur Frage des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH getroffen. Diese Entscheidung ist nicht nur für die unmittelbaren Beteiligten von Interesse, sondern für sämtliche Unternehmensstrukturen relevant, in denen Gesellschafter leitende Positionen einnehmen, ohne dabei alleinige Entscheidungsbefugnisse zu besitzen.

Hintergrund: Unfallversicherung und Unternehmerrisiko

Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz in Deutschland soll Arbeitnehmer und „arbeitnehmerähnlich Beschäftigte“ vor den finanziellen Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten bewahren. Grundlegende Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist eine Weisungsabhängigkeit – das Betroffene nicht selbstbestimmt, sondern fremdbestimmt tätig sind. Bei Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH stellt sich regelmäßig die Frage, ob diese aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Sonderstellung als Unternehmer oder doch als versicherungspflichtig Arbeitende einzustufen sind.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe

Im Ausgangsfall war ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer nicht dominanten Beteiligungsquote infolge eines Arbeitsunfalls verletzt worden. Die Berufsgenossenschaft versagte die Anerkennung als Arbeitsunfall nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII mit der Begründung, dass dieser als Unternehmer nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliege. Das Gericht hatte zu klären, ob tatsächlich ein Unternehmerrisiko bestand oder eine arbeitnehmerähnliche Struktur vorlag.

Maßgebliche Kriterien der Abgrenzung

Das Sozialgericht Karlsruhe hat zur Differenzierung auf folgende Aspekte abgestellt:

  • Ausübung unternehmerischer Entscheidungsbefugnisse: Entscheidend war, ob der betreffende Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Beteiligungsverhältnisse und der tatsächlichen Abläufe im Unternehmen weitreichende, unabhängige Leitungsbefugnisse innehat.
  • Weisungsunterworfenheit im betrieblichen Alltag: Je nach Ausgestaltung der Tätigkeit, insbesondere der Einbindung in die Willensbildung der Gesellschaft und der konkreten Arbeitsteilung, kann die arbeitsrechtliche Weisungsgebundenheit selbst bei erheblichen Gesellschaftsanteilen noch bestehen.
  • Art und Umfang des Einflusses auf die Gesellschaftsbeschlüsse: Ausschlaggebend ist, ob die Geschäftsführung im operativen Tagesgeschäft eigenständig oder nach Weisungen und Abstimmungen handelt.

Im konkreten Fall führte die Beschränkung des Einflusses des Gesellschafter-Geschäftsführers angesichts vieler Miteigentümer und interner Regelungen dazu, dass dieser trotz gesellschaftsrechtlicher Stellung in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer tätig war.

Folgen für den Versicherungsschutz

Das Sozialgericht Karlsruhe stellte klar: Wer als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH keine syndizierende Entscheidungsbefugnis besitzt und im betrieblichen Geschehen weisungsabhängig tätig wird, ist nach dem Maßstab eines „arbeitnehmerähnlich Beschäftigten“ anzusehen und damit von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfasst. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz besteht demnach grundsätzlich auch für Führungspersonen, soweit sie nicht maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können und sich in das betriebliche Weisungssystem eingliedern.

Abgrenzung zur unternehmerischen Eigenverantwortung

Die Grenze verläuft dort, wo der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung und der gesellschaftsrechtlichen Struktur in der Lage ist, sämtliche Beschlüsse zu dominieren und eigenverantwortlich zu agieren. Dieser nimmt das Unternehmerwagnis wahr und ist regelmäßig nicht gesetzlich unfallversichert.

Rechtssicherheit für Gesellschafter-Geschäftsführer und Unternehmen

Die Rechtsprechung des Sozialgerichts legt dar, dass die bloße gesellschaftsrechtliche Beteiligung nicht zwangsläufig die Arbeitnehmereigenschaft ausschließt. Es ist stattdessen stets eine einzelfallbezogene Bewertung über die rein formelle Position hinaus erforderlich. Unternehmen und Geschäftsführer sind daher gut beraten, die tatsächlichen Arbeitsverhältnisse und Entscheidungsbefugnisse regelmäßig zu reflektieren – insbesondere im Hinblick auf Haftungsrisiken, Leistungspflichten und den sozialen Schutz der Organmitglieder.

Bedeutung für die Unternehmenspraxis und gesellschaftliche Leitungsebene

Die Einordnung als „arbeitnehmerähnlich Beschäftigter“ kann weitreichende Konsequenzen für die Sozialversicherungspflichten und den Schutz bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten haben. Insbesondere für Gesellschaften, in denen mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer die Geschäftsleitung gemeinsam ausüben oder einzelne Organmitglieder keinen beherrschenden Einfluss besitzen, empfiehlt sich eine Analyse individueller Verhältnisse.

Weiterführende Überlegungen

Gerade bei Wachstumsunternehmen, Start-ups oder Gesellschaften mit mehreren Gründern sollte besondere Aufmerksamkeit auf die vertraglichen Gestaltungsspielräume sowie die gesellschaftsrechtlichen Regelungen gelegt werden. Eine klare Dokumentation der Weisungsstrukturen kann zusätzliche Absicherung für alle Beteiligten geben.

Fazit

Die Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe verdeutlicht, dass die versicherungsrechtliche Zuordnung von Gesellschafter-Geschäftsführern differenziert nach tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten zu treffen ist. Nur dort, wo die Stellung einem Arbeitnehmer vergleichbar ist, eröffnet sich der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Hinweis

Für eine rechtssichere Einschätzung der Versicherungspflicht empfehlen sich detaillierte Analysen des Einzelfalls. Angesichts der Komplexität dieses Themenfelds und der erheblichen Bedeutung für die Haftung und Absicherung von Geschäftsführern kann eine individuelle rechtliche Beratung sinnvoll sein. Die Rechtsanwälte von MTR Legal stehen bundesweit für Unternehmen, Organmitglieder und Investoren zur Verfügung, um die spezifischen Fragestellungen zu beantworten und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.

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