Ex-Geschäftsführer genießt Kündigungsschutz

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Einführung in den Kündigungsschutz

Der Kündigungsschutz für einen GmbH-Geschäftsführer ist ein vielschichtiges Thema, das sowohl für die Gesellschaft als auch für den Geschäftsführer einer GmbH erhebliche Bedeutung hat. Grundsätzlich gilt: Geschäftsführer einer GmbH sind als Organ der Gesellschaft tätig und fallen damit nicht automatisch unter den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), insbesondere nicht unter § 1 KSchG. Das bedeutet, dass die Regelungen, die für Arbeitnehmer im Sinne des KSchG gelten, auf Geschäftsführer in der Regel keine Anwendung finden. Dennoch gibt es Konstellationen, in denen ein GmbH-Geschäftsführer Kündigungsschutz beanspruchen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Geschäftsführer im Sinne des europäischen Arbeitnehmerbegriffs als Arbeitnehmer einzustufen ist oder wenn individualvertragliche Vereinbarungen einen entsprechenden Anspruch begründen. Die genaue Einordnung hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab und erfordert eine sorgfältige Prüfung der jeweiligen Rechtsstellung und der vertraglichen Grundlagen. Für Gesellschaften und Geschäftsführer ist es daher unerlässlich, die relevanten Regelungen des KSchG und die Besonderheiten der Organstellung zu kennen, um im Falle einer Kündigung rechtssicher agieren zu können.

Rechtsstellung des GmbH-Geschäftsführers

Die Rechtsstellung des GmbH-Geschäftsführers ist durch eine besondere Doppelfunktion geprägt: Einerseits ist der Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft für die Vertretung der GmbH nach außen und die Leitung der Geschäfte verantwortlich. Andererseits kann er – abhängig von den tatsächlichen Umständen – auch als Arbeitnehmer angesehen werden, etwa wenn er weisungsgebunden ist und in persönlicher Abhängigkeit zur Gesellschaft steht. Diese Abgrenzung zwischen der Organstellung und einer möglichen Arbeitnehmereigenschaft ist für die Frage des Kündigungsschutzes von zentraler Bedeutung. Nur wenn der Geschäftsführer im konkreten Fall als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist, kann er sich auf die Schutzvorschriften des Kündigungsschutzgesetzes berufen. Die genaue Beurteilung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa dem Grad der Weisungsgebundenheit, der Integration in die betriebliche Organisation und der Ausgestaltung des Anstellungsvertrags. Für die Gesellschaft und den Geschäftsführer ist es daher wichtig, die jeweilige Rechtsstellung klar zu definieren, um spätere Streitigkeiten über den Umfang des Kündigungsschutzes zu vermeiden.

Urteil des LAG Hessen vom 28.02.2025 – Az. 14 SLa 578/24

Auch ein abberufener Geschäftsführer kann Kündigungsschutz genießen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen mit Urteil vom 28. Februar 2025 entschieden (Az. 14 SLa 578/24). Demnach besteht Kündigungsschutz, wenn die Organstellung des Geschäftsführers bereits beendet war.

Da ein bestellter Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft kein Arbeitnehmer im rechtlichen Sinn ist, fällt er grundsätzlich nicht unter das Kündigungsschutzgesetz. Nur in Ausnahmefällen kann ein Geschäftsführer Kündigungsschutz genießen, z.B. wenn faktisch ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder der Gesellschafter als Organ der Gesellschaft bereits abberufen wurde, der Dienstvertrag aber noch nicht gekündigt ist, so die Wirtschaftskanzlei MTR Legal Rechtsanwälte , die u.a. im Gesellschaftsrecht berät.

Organstellung beendet

In dem Verfahren vor dem LAG Hessen war der Kläger seit April 2021 bei der beklagten Gesellschaft auf Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrags beschäftigt und wurde im Zuge dessen zum Geschäftsführer (bzw. „Vice President“) bestellt. Diese Organstellung wurde im Handelsregister eingetragen.

Am 1. Februar 2023 wurde der Kläger durch Gesellschafterbeschluss als Geschäftsführer abberufen; die Eintragung seines Nachfolgers im Handelsregister erfolgte am 13. Februar 2023. Fortan wurde der Kläger im Organigramm des Unternehmens zwar noch als „Special Project Manager“ geführt, tatsächlich erhielt er aber keine neue Aufgabenstellung. Im Juni 2023 sprach die Gesellschaft die ordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags zum 31. Dezember 2023 aus. Dagegen wehrte sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage.

Das Arbeitsgericht Darmstadt wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Kläger aufgrund seiner früheren Geschäftsführerstellung nicht  unter den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes falle.

LAG Hessen: Kündigungsschutzgesetz anwendbar

Das LAG Hessen hob diese Entscheidung jedoch auf. Es stellte fest, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt und daher unwirksam sei. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Status des Klägers zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) entscheidend sei. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits als Geschäftsführer abberufen war und somit keine Organstellung mehr innehatte, könne er sich auf den Schutz des KSchG berufen. Die Organstellung des Klägers habe spätestens mit der Eintragung seines Nachfolgers ins Handelsregister geendet, so das LAG. Die Kündigung erfolgte jedoch erst Monate später.

Weiter führte das Gericht aus, dass der gesetzliche Ausschluss des Kündigungsschutzes in § 14 Abs. 1 KSchG ausschließlich auf Personen Anwendung finde, die in ihrer Funktion tatsächlich die Arbeitgeberrolle gegenüber der Belegschaft ausüben. Dieser Zweck sei bei einem abberufenen Geschäftsführer nicht mehr erfüllt. Es komme also nicht allein auf die frühere Funktion, sondern auf die tatsächliche Rechtsstellung im Zeitpunkt der Kündigung an.

Kündigungsschutz nach Abberufung als Geschäftsführer

Hinzu kam noch eine spezielle Regelung im Arbeitsvertrag des Klägers. Diese sah vor, dass nach der Abberufung als Geschäftsführer eine Weiterbeschäftigung in einer anderen Funktion möglich ist. Das unterstreiche, dass es sich nicht um ein reines Organverhältnis gehandelt, sondern ein Arbeitsverhältnis vorgelegen habe, das über die Dauer der Organbestellung hinaus Bestand haben konnte, so das Gericht. Damit habe ein reguläres Arbeitsverhältnis vorgelegen, für das nach Abberufung der volle Kündigungsschutz wiederauflebte.

Da auch keine soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG für die Kündigung erkennbar sei, sei die Kündigung unwirksam, entschied das LAG Hessen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ es die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.

Gesellschafter-Geschäftsführer und Kündigung

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern, also Geschäftsführern, die zugleich Anteile an der GmbH halten, gestaltet sich die Frage des Kündigungsschutzes noch komplexer. In der Regel unterliegen Gesellschafter-Geschäftsführer nicht dem allgemeinen Kündigungsschutz, da ihre Stellung maßgeblich durch das Gesellschaftsverhältnis geprägt ist. Die Kündigung ihres Anstellungsvertrags als Geschäftsführer ist daher meist nicht an die strengen Voraussetzungen des KSchG gebunden. Dennoch gibt es auch hier Ausnahmen: So kann ein Gesellschafter-Geschäftsführer unter bestimmten Voraussetzungen als Arbeitnehmer im Sinne des europäischen Rechts gelten und damit Anspruch auf Kündigungsschutz haben. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere die tatsächliche Ausgestaltung des Anstellungsvertrags und die persönliche Abhängigkeit von der Gesellschaft. In solchen Fällen können die allgemeinen Regeln des KSchG zur Anwendung kommen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Es empfiehlt sich daher, die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Bestellung und Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern sowie bei der Beendigung des Anstellungsvertrags sorgfältig zu prüfen.

Sorgfalt bei Abberufung und Kündigung

Das Urteil macht deutlich, dass eine vorzeitige Abberufung aus einer Organstellung dazu führen kann, dass betroffene Führungskräfte wieder in den Schutzbereich des KSchG fallen. Unternehmen sollten daher bei der Gestaltung von Geschäftsführerverträgen sowie bei Abberufungen und Kündigungen äußerste Sorgfalt walten lassen, insbesondere wenn die Trennung von der Führungskraft ohne soziale Rechtfertigung erfolgen soll. Die Rechte ehemaliger Geschäftsführer sind durch das Urteil gestärkt worden. Bei der Frage, ob Kündigungsschutz besteht, ist insbesondere der Zeitpunkt der Kündigung wichtig.

MTR Legal Rechtsanwälte berät Unternehmen und leitende Organe im Gesellschaftsrecht.

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Kündigung und Abfindung

Die Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers kann sowohl als ordentliche Kündigung unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen als auch als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund erfolgen. Während bei einer ordentlichen Kündigung die im Anstellungsvertrag oder nach den gesetzlichen Vorschriften geltenden Kündigungsfristen zu beachten sind, setzt eine außerordentliche Kündigung das Vorliegen eines gravierenden Fehlverhaltens oder eines sonstigen wichtigen Grundes voraus. In der Praxis werden Kündigungen von Geschäftsführern häufig durch einen Aufhebungsvertrag begleitet, in dem eine Abfindung vereinbart wird. Die Höhe der Abfindung richtet sich nach den individuellen Umständen des Einzelfalls, der Dauer des Anstellungsverhältnisses und den vertraglichen Regelungen. Für beide Seiten – sowohl für die GmbH als auch für den Geschäftsführer – ist es ratsam, die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Kündigung sorgfältig abzuwägen und gegebenenfalls eine einvernehmliche Lösung anzustreben, um langwierige und kostenintensive Auseinandersetzungen vor den Arbeitsgerichten zu vermeiden.

Fazit und Ausblick

Der Kündigungsschutz für GmbH-Geschäftsführer ist ein komplexes und vielschichtiges Rechtsgebiet, das maßgeblich von der individuellen Rechtsstellung des Geschäftsführers und den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt. Während der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG für Geschäftsführer in der Regel nicht gilt, können individualvertragliche Vereinbarungen, die Anwendung des europäischen Arbeitnehmerbegriffs oder besondere Schutzvorschriften wie der Mutterschutz dennoch einen Anspruch auf Kündigungsschutz begründen. Für Gesellschaften und Geschäftsführer ist es daher unerlässlich, bei der Gestaltung von Anstellungsverträgen und bei Kündigungen die rechtlichen Rahmenbedingungen sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Nur so lassen sich rechtliche Risiken minimieren und die Interessen beider Seiten wahren. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichte zunehmend differenziert auf die jeweiligen Konstellationen eingehen und den Schutz von Geschäftsführern in bestimmten Fällen stärken. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in Zukunft weiterentwickelt und welche neuen Regelungen im Bereich des Kündigungsschutzes für Geschäftsführer zu erwarten sind.

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