BGH bestätigt Ansprüche von Prämiensparern gegenüber der Sparkasse Nürnberg auf weitere Zinszahlungen
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24. September 2025 (Az.: XI ZR 29/24) markiert einen bedeutenden Schritt für langjährige Prämiensparer der Sparkasse Nürnberg. Das Gericht stellte fest, dass viele der betroffenen Sparer einen Anspruch auf deutlich höhere Zinsnachzahlungen haben, als ihnen bislang von der Bank gewährt wurden. Die aktuelle Entscheidung trifft nicht nur die betroffene Sparkasse, sondern hat Strahlkraft auf zahlreiche vergleichbare Verträge im gesamten Bundesgebiet.
Hintergrund zu den streitigen Prämiensparverträgen
Bereits seit den 1990er-Jahren boten viele Sparkassen sogenannte langfristige Prämiensparverträge an. Diese Verträge sahen neben Basiszinsen eine variable Verzinsung sowie jährliche Prämienzahlungen für die Vertragslaufzeit vor. Die Zinssatzanpassung wurde vertraglich der jeweiligen Sparkasse vorbehalten, wobei auf einen vergleichbaren Geldmarktzinssatz Bezug genommen wurde. Über Jahre hinweg passten zahlreiche Sparkassen die Zinsen nach eigenem Ermessen und – wie die Gerichtsbarkeit vielfach feststellte – oftmals zum Nachteil der Sparer nach unten an.
Im Fokus der aktuellen BGH-Entscheidung stehen Fälle, in denen Anpassungsklauseln nicht klar oder angemessen ausgestaltet waren und die Sparkassen die variable Verzinsung einseitig neu berechneten.
Zentraler Aspekt: Unwirksame Zinsanpassungsklauseln
Das höchste Zivilgericht stellte klar heraus, dass die von der Sparkasse Nürnberg verwendeten Zinsanpassungsklauseln nicht den gesetzlichen Transparenzanforderungen entsprechen und folglich unwirksam sind. Insbesondere fehlte es an einer nachvollziehbaren Regelung, nach welchen Parametern und innerhalb welchen Zeitrahmens die jeweiligen Zinssatzänderungen erfolgen sollten. Damit wurde nach Auffassung des Gerichts den Verbrauchern die Möglichkeit genommen, das wirtschaftliche Risiko und die künftige Entwicklung des Vertrags einzuschätzen.
Darüber hinaus kritisierte der BGH, dass die Sparkasse bei der Festlegung der variablen Zinsen nicht auf einen objektiv nachvollziehbaren Referenzzinssatz zurückgriff, wie es das Gesetz und die Rechtsprechung verlangen.
Auswirkungen auf die Höhe der Zinsansprüche
Das Urteil bestätigt, dass Sparkassen ihren Prämiensparern die ursprünglich vertraglich vereinbarten Zinsvorteile nicht vorenthalten dürfen. Vielmehr sind sie verpflichtet, die tatsächlich geschuldeten Zinsen unter Berücksichtigung eines marktorientierten Referenzzinssatzes rückwirkend neu zu berechnen. Für die Praxis bedeutet dies, dass betroffene Prämiensparer unter Umständen erhebliche Nachzahlungen verlangen können. Diese Nachforderung basiert darauf, dass die tatsächlichen Zinserträge in vielen Fällen über viele Jahre hinweg zu niedrig berechnet wurden.
Der BGH betont die Notwendigkeit, marktübliche, öffentlich einsehbare Zinssätze, wie etwa die von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Referenzzinssätze, als Grundlage für die Berechnung heranzuziehen. Dabei ist eine Anpassung sowohl nach oben als auch nach unten möglich, entscheidend ist jedoch stets die tatsächliche Entwicklung am marktüblichen Zinsniveau.
Bedeutung des Urteils für Verbraucher und Kreditinstitute
Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Folgen – sie betrifft nicht nur Prämiensparer der Sparkasse Nürnberg, sondern auch Sparer anderer Institute, deren Verträge vergleichbare Klauseln enthalten. Für betroffene Kreditinstitute kann dies zu erheblichen Nachzahlungsverpflichtungen führen. Zugleich verdeutlicht das Urteil, dass bei der Gestaltung variabler Zinssätze eine transparente, nachvollziehbare und an objektive Maßstäbe gebundene Regelung unabdingbar ist.
Für Verbraucher bietet sich, gestützt auf das Urteil, eine Grundlage zur Überprüfung ihrer Ansprüche aus langfristigen Sparverträgen. Hierbei ist jedoch stets der Einzelfall entscheidend; zu berücksichtigen sind insbesondere die jeweilige Ausgestaltung der Vertragsunterlagen sowie der Verlauf der Zinsanpassungen während der Vertragslaufzeit.
Noch laufende Verfahren und Restitutionsmöglichkeiten
Es bleibt zu beachten, dass einzelne Aspekte der Berechnungsmethodik auch nach dem BGH-Urteil weiterhin Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sein können. Die Bestimmung des zutreffenden Referenzzinssatzes und die konkrete Umsetzung der Zinsnachzahlungen können von Sparkasse zu Sparkasse differieren und erfordern regelmäßig eine präzise Einzelprüfung.
Ferner muss betont werden, dass die Rückforderung etwaiger Nachzahlungsbeträge nicht automatisch erfolgt, sondern einer individuellen Geltendmachung seitens der betroffenen Sparer bedarf. Die Durchsetzung der Ansprüche ist zudem an die zivilrechtlichen Verjährungsregelungen gebunden.
Ausblick und rechtliche Einordnung
Die aktuelle Judikatur des Bundesgerichtshofs setzt einen eindeutigen Maßstab für die Praxis der Zinsanpassungen in langfristigen Sparverträgen und betont die Schutzbedürftigkeit von Kapitalanlegern im Privatkundensegment. Kreditinstitute sind angehalten, ihre Vertragsgestaltung an diese Vorgaben anzupassen und Transparenz herzustellen. Verbraucher wiederum erhalten durch das Urteil eine Grundlage zur sachlichen Prüfung möglicher Zinsnachforderungen.
Für die Geltendmachung entsprechender Zahlungsansprüche ist eine gründliche Prüfung und individuelle Bewertung jedes Einzelfalls zu empfehlen. Insbesondere sind dabei die Vertragsunterlagen – einschließlich aller Nachträge und Anpassungsschreiben – sorgfältig zu prüfen.
Sollten sich bei der Überprüfung oder Durchsetzung von Ansprüchen aus variablen Zinsvereinbarungen im Rahmen von Prämiensparverträgen rechtliche Fragen ergeben, können persönliche Rückfragen an die Anwälte bei MTR Legal Rechtsanwälte eine hilfreiche Orientierung bieten.