BGH befasst sich mit der Verjährung von Einlageforderungen bei der GmbH im Kontext des Übergangsrechts
Mit Beschluss vom 11. Februar 2008 (II ZR 171/06) hat der Bundesgerichtshof (BGH) zur komplexen Thematik der Verjährungsfristen bei Einlageforderungen aus GmbH-Gesellschaftsverträgen Stellung bezogen, die sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verjährungsrechts im Jahr 2002 entstanden sind. Die Entscheidung beleuchtet, wie Einlageverpflichtungen, die vor der Reform entstanden, nach neuem Recht zu behandeln sind, insbesondere im Hinblick auf das Zusammenspiel von „altem“ und „neuem“ Verjährungsrecht.
Gesetzliche Einordnung: GmbH-Einlageverpflichtung und Verjährung
Einlageverpflichtungen gehören zu den zentralen Pflichten eines Gesellschafters einer GmbH. Sie bilden das Kapital der Gesellschaft und sichern damit deren Gläubiger. Das GmbH-Gesetz (§ 19 GmbHG) regelt, dass Gesellschafter zur Leistung ihrer Einlage auf das Stammkapital verpflichtet sind; kommt der Gesellschafter dieser Pflicht nicht nach, kann die Gesellschaft die Einlageforderung geltend machen.
Mit der Schuldrechtsreform 2002 wurde das Verjährungsrecht umfassend neu gefasst. Bis zu diesem Zeitpunkt galt für vertragliche Forderungen eine Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß § 195 BGB a.F. Mit Einstand der Reform wurde die regelmäßige Verjährungsfrist auf drei Jahre verkürzt, wobei für Altfälle Übergangsregelungen in Artikel 229 § 6 EGBGB geschaffen wurden. Diese Übergangsregelung hat erhebliche Bedeutung für die Verjährung von Altansprüchen – auch im Bereich der Einlageforderungen einer GmbH.
Sachverhalt und Fragestellung
Im Streitfall hatte die GmbH eine Einlageforderung gegen einen Gesellschafter aus dem Jahr 1997 geltend gemacht, nachdem die Reform des Verjährungsrechts bereits in Kraft getreten war. Die zentrale Rechtsfrage lag darin, nach welchem Recht sich die Verjährung dieser vor dem 1. Januar 2002 entstandenen Forderung richtete. Der Gesellschafter berief sich auf Verjährung nach dem neuen Recht, während die GmbH die Anwendbarkeit der langen Fristen des alten Rechts für sich beanspruchte.
Rechtliche Beurteilung durch den BGH
Historische Auslegungsgrundsätze
Der BGH stellte in seinem Beschluss heraus, dass nach Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB die Verjährung von vor dem Stichtag bestehenden und noch unverjährten Forderungen ab dem 1. Januar 2002 grundsätzlich nach dem neuen Recht zu berechnen sei. Dabei gelte die neue, dreijährige Regelverjährung. Jedoch beginnt für diese Altfälle die Verjährung erst mit Inkrafttreten des neuen Rechts zu laufen, auch wenn sie nach altem Recht noch längeren Fristen unterlegen hätten.
Spezialproblem: Beginn der Verjährungsfrist
Im vorliegenden Fall konkretisierte der BGH, dass die Einlageforderung am 1. Januar 2002 nach dem neuen Recht (drei Jahre ab dem Stichtag) zu laufen begann, sofern sie bis dahin nach dem alten Recht noch nicht verjährt war. Damit konnte eine solche Forderung erstmals mit Ablauf des 31. Dezember 2004 verjähren, es sei denn, die Voraussetzungen für eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung lagen vor.
Besondere Anforderungen bei Einlageforderungen
Hinsichtlich der Einlageverpflichtungen ergibt sich eine Besonderheit, weil diese Forderungen nicht stets sofort fällig gestellt werden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Fälligkeit – bestimmt durch Satzung oder Leistungsaufforderung. Klargestellt hat der BGH, dass erst ab Fälligkeit die Verjährung laufen kann, sodass die geltend gemachte Forderung zu prüfen ist, wann tatsächlich Fälligkeit eintrat.
Praxisrelevanz für Gesellschafter und Gesellschaften
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass Gesellschafter einer GmbH sich nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform in vielen Fällen nicht mehr auf eine Verjährung ihrer Einlagepflicht nach den alten, großzügigen Fristen zurückziehen können. Es besteht vielmehr ein einheitlicher Startpunkt der Verjährung nach neuem Recht – mit erheblich verkürzter Laufzeit. Auf Seiten der Gesellschaft empfiehlt sich daher eine zeitnahe Geltendmachung von Einlageforderungen, sobald diese fällig sind, um Rechtsverluste zu vermeiden. Dem gegenüber sollten Gesellschafter genau prüfen, wann ihnen gegenüber die Einlagepflicht entstanden und eventuell verjährt ist.
Übergangsrecht als dynamisches Spannungsfeld
Die Übergangsregelungen des EGBGB stellen einen Schlüsselfaktor für die Behandlung von Altforderungen dar. Sie sollen einerseits Rechtssicherheit schaffen, andererseits aber keine nachteiligen Rückwirkungen für Anspruchsinhaber und Verpflichtete bewirken. Im Gesellschaftsrecht, insbesondere bei der GmbH, ist die sorgfältige Einordnung jedes Einzelfalls erforderlich, da gesellschaftsvertragliche Sonderregelungen und die Bestimmung der Fälligkeit die Anwendung der Verjährung beeinflussen können.
Ausblick
Die Entscheidung des BGH bietet wichtige Klarstellungen für die Praxis und unterstreicht die Bedeutung einer genauen Analyse der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen und verjährungsrechtlichen Rahmenbedingungen im Kontext von Einlageforderungen. Streitigkeiten zu Einlagepflichten weisen zudem oftmals Berührungspunkte mit insolvenzrechtlichen und steuerrechtlichen Fragestellungen auf und verlangen eine umfassende rechtliche Prüfung.
Für individuelle Fragen zur Verjährung von Einlageforderungen bei der GmbH und zu angrenzenden gesellschaftsrechtlichen Themen können erfahrene Ansprechpartner bei MTR Legal Rechtsanwälte zur Verfügung stehen, um im jeweiligen Fall die rechtlichen Rahmenbedingungen und Handlungsoptionen auszuloten.