BGH entscheidet über Verwendungsersatzansprüche bei Sanierung der Gorch Fock

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BGH bestätigt Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde im Kontext der „Gorch Fock“-Sanierung

In einer vielbeachteten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 8. Februar 2023 (Az. V ZR 78/22) die Nichtzulassungsbeschwerde in einem Rechtsstreit über Verwendungsersatzansprüche im Zusammenhang mit der umfassenden Sanierung des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ abgelehnt. Die Entscheidung erstreckt sich auf einen langjährigen Rechtskonflikt, in dem es um komplexe schuldrechtliche Fragestellungen zur Rückabwicklung unternehmerischer Auftragsverhältnisse sowie konkurrierende Ausgleichsansprüche aus öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Vorschriften ging.

Hintergrund der Sanierungsmaßnahmen und Entstehung des Rechtsstreits

Das Segelschulschiff „Gorch Fock“ ist als Flaggschiff der deutschen Marine von erheblichem historischen und öffentlichen Interesse. Die in den vergangenen Jahren durchgeführten Sanierungsmaßnahmen waren durch mehrere Auftragsvergaben, Subunternehmerleistungen und finanzielle Nachforderungen gekennzeichnet. Die zugrunde liegende Streitigkeit befasst sich im Kern mit der Frage, inwieweit ein Unternehmen, das im Zuge der Sanierungsarbeiten Aufwendungen erbracht hat, einen Anspruch auf Verwendungsersatz gegenüber dem Eigentümer des Schiffs geltend machen kann.

Ausgangspunkt des Verfahrens war das Begehren des klagenden Unternehmens, Ersatz von Aufwendungen zu verlangen, die über das ursprünglich vereinbarte Auftragsvolumen hinausgingen. Dabei wurden sowohl Ansprüche aus §§ 539, 683 S. 1, 670 BGB als auch mögliche vertragliche Anpassungsmechanismen geprüft. Die beklagte Partei, als Eigentümerin der „Gorch Fock“, wandte ein, dass ein derartiger Anspruch insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Vertragsbindung und der vertraglich vereinbarten Vergütungshöhe nicht in Betracht komme.

Prozessverlauf vor den Instanzgerichten

Bereits in den Vorinstanzen hatte das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Entscheidung stützte sich maßgeblich darauf, dass nach Abschluss des zugrunde liegenden Werkvertrags keine über die Vergütungsregelungen hinausgehenden Ersatzansprüche geltend gemacht werden könnten. Das Oberlandesgericht (OLG) bestätigte diese Einschätzung und verwies darauf, dass die Voraussetzungen des § 670 BGB – insbesondere eine Geschäftsbesorgung im Interesse und mit dem Willen des Geschäftsherrn – nicht gegeben seien. Eine abweichende vertragliche Regelung lasse den Rückgriff auf die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Regel nicht zu.

Die Klägerin legte daraufhin – nach Ausschöpfung der ordentlichen Rechtsmittel – Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ein. Ziel war die Zulassung der Revision, um eine höchstrichterliche Klärung der offenen Rechtsfragen zu erzielen.

Begründung des BGH für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde

Der BGH bewertete die Sache dahingehend, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO habe. Die maßgeblichen Rechtsfragen, insbesondere zur Abgrenzung vertraglicher sowie quasi-vertraglicher Ansprüche im Sonderkontext öffentlicher Großprojekte, seien in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Damit bestünden keine Gründe für die Zulassung der Revision. Die Vorinstanzen hätten die Ansprüche der Klägerin nach den anerkannten Dogmen des Schuldrechts und des öffentlichen Auftragswesens zutreffend beurteilt.

Ausdrücklich verweist der BGH darauf, dass die vertraglichen Vergütungsregelungen den Rahmen für etwaige Aufwendungsersatzansprüche abstecken. Nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen, beispielsweise bei einer Planänderung oder einem erkennbaren Einverständnis des Auftraggebers zu weitergehenden Leistungen, könnten ergänzende Ansprüche erwogen werden. Im zu entscheidenden Fall fehle es an einem solchen Einverständnis, weshalb kein Anspruch auf zusätzlichen Ersatz über das vertraglich Geschuldete hinaus bestehe.

Zivilrechtliche und wirtschaftsrechtliche Implikationen der Entscheidung

Vertragsbindung und Subsidiarität des Verwendungsersatzes

Die Entscheidung des BGH hat erhebliche Bedeutung für die Vertragsgestaltung im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe und für die Abwicklung komplexer Sanierungsprojekte. Sie betont das Primat der vertraglichen Regelungen und die restriktive Handhabung subsidiärer Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB). Unternehmen, die im Rahmen von Großprojekten tätig werden, müssen sich grundsätzlich an dem vereinbarten Auftragsvolumen und den darin definierten Vergütungsmechanismen orientieren.

Praktische Bedeutung für künftige Sanierungs- und Bauprojekte

Das Urteil unterstreicht zudem die Bedeutung präziser vertraglicher Regelungen, um spätere Streitigkeiten über Vergütungsanpassungen oder vermeintliche Zusatzleistungen zu vermeiden. Gerade bei umfangreichen Sanierungen mit hoher Komplexität ist die Vertragstreue die entscheidende Leitlinie. Ohne ausdrückliche vertragliche Öffnungsklauseln oder dokumentierte Planänderungen stehen Ersatzansprüche häufig auf unsicheren Gründen.

Auswirkungen auf das öffentliche Auftragswesen und Projektmanagement

Auch für das öffentliche Auftragswesen setzt der BGH mit seiner Entscheidung klare Grenzen für nachträgliche Vergütungsforderungen. Auftragnehmer im öffentlichen Bereich können sich – anders als gelegentlich vermutet – nicht ohne Weiteres auf einen gesetzlichen Aufwendungsersatz berufen, wenn über das ursprüngliche Vertragsziel hinaus geleistet wird. Dies festigt die Rechtssicherheit für Auftraggeberseite, schärft aber auch die Anforderungen an Projektsteuerung und Risikomanagement.

Quellenhinweis und Verfahrensstand

Der dargestellte Beschluss bezieht sich auf das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof, Az. V ZR 78/22, veröffentlicht durch urteile.news. Weitere Rechtsmittel gegen diese Entscheidung sind nicht mehr statthaft. Die Sach- und Rechtslage ist dementsprechend abschließend beurteilt.

Fazit und Hinweis

Die Rechtsprechung um die Verwendungsersatzansprüche im Zusammenhang mit der „Gorch Fock“-Sanierung verdeutlicht einmal mehr die zentrale Rolle klarer Vertragsgestaltungen und die Grenzen gesetzlicher Ersatzansprüche bei komplexen Vorhaben. Aufgrund der Vielschichtigkeit solcher Fälle und der Wechselwirkungen zwischen Zivil-, Handels- sowie öffentlichem Wirtschaftsrecht kann es ratsam sein, rechtliche Zusammenhänge bezüglich der Abwicklung von Sanierungsprojekten oder spezifischen Vertragsgestaltungen sorgfältig im Blick zu behalten. Für weitergehende Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen in diesem Bereich stehen die Rechtsanwälte von MTR Legal als Ansprechpartner zur Verfügung.

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