Zerrissenes Testament im Schließfach verliert rechtliche Gültigkeit

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Wirksamkeit eines Testaments bei nachträglicher Vernichtung: Auswirkungen einer Zerreißung im Schließfach

Die Fortgeltung eines Testaments kann durch unterschiedliche Umstände beeinträchtigt werden. In der notariellen und privaten Nachfolgeplanung kommt es nicht selten vor, dass Testamente zu unterschiedlichen Zeitpunkten geändert, widerrufen oder sogar vernichtet werden. Die Frage, wann ein Testament als widerrufen anzusehen ist, beschäftigt regelmäßig die Rechtsprechung – zuletzt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Beschluss vom 25.04.2024 (Az. 21 W 26/25).

Zentrale Fragestellung: Gültigkeit eines zerrissenen Testaments trotz Verwahrung

Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung war ein Testament, das von der Erblasserin eigenhändig verfasst und in einem Bankschließfach aufbewahrt worden war. Nach ihrem Tod wurde das Schriftstück im Schließfach aufgefunden – jedoch von der Erblasserin selbst in mehrere Teile zerrissen.

Die zentrale Frage bestand darin, ob ein derart zerstörtes Testament seine Wirksamkeit behält, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es – trotz Zerstörung – weiterhin im Schließfach verwahrt wurde.

Rechtlicher Rahmen und gesetzliche Grundlagen

Formen und Widerrufsmöglichkeiten eines privatschriftlichen Testaments

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht verschiedene Wege vor, wie ein Testament errichtet und auch wieder widerrufen werden kann. Neben der Errichtung eines neuen Testaments besteht insbesondere die Möglichkeit des Widerrufs durch Vernichtung oder absichtliche Unbrauchbarmachung (§ 2255 BGB).

Als Vernichtung im Sinne des § 2255 BGB gilt jede Handlung, die darauf abzielt, das Testament physisch zu zerstören oder es derart zu verändern, dass es als letzte Willenserklärung nicht mehr genutzt werden kann. Wesentlich ist dabei die Absicht des Testierenden, seine bisher getroffene Anordnung nicht mehr gelten zu lassen.

Bedeutung der Aufbewahrung – ist der Ort entscheidend?

Die konkrete Verwahrung eines Testaments – etwa zu Hause, im Bankschließfach oder bei einer amtlichen Verwahrstelle – beeinflusst grundsätzlich nicht dessen materielle Wirksamkeit. Maßgeblich kommt es auf die Willensrichtung des Erblassers an. Daher kann auch ein Testament, das nach seiner Vernichtung weiterhin formell „aufbewahrt” wird, unwirksam sein, sofern die Zerstörung auf einen eindeutigen Widerrufswillen schließen lässt.

Entscheidung des OLG Frankfurt am Main: Kernaussagen und rechtliche Wertung

Das OLG Frankfurt hat klargestellt, dass durch die bewusste physische Zerstörung eines eigenhändigen Testaments regelmäßig von einem Widerruf nach § 2255 BGB auszugehen ist. Das Gericht hob hervor, dass das weitere Aufbewahren im Schließfach für die Beurteilung der Unwirksamkeit unerheblich ist, sofern die Vernichtungshandlung Ausdruck des getestetlichen Willens ist.

Selbst in Fällen, in denen das Testament nicht vollständig vernichtet, sondern lediglich zerrissen oder unbrauchbar gemacht wurde, kann bereits die teilweise Zerstörung genügen – vorausgesetzt, die Zerstörungsabsicht ist erkennbar und lässt keine Zweifel am Widerrufswillen offen.

Klarstellungen zum Nachweis des Widerrufswillens

Für den Nachlass und diejenigen, die ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Erbfolge haben, ist die Klärung des Widerrufswillen von entscheidender Bedeutung. Nachlassgerichte leiten den tatsächlichen Widerruf nicht allein aus einer formalen Handlung ab, sondern prüfen anhand objektiver Umstände, ob eine ernsthafte Absicht zur Ungültigmachung des Testaments vorlag.

Konflikte können insbesondere dann entstehen, wenn mehrere Versionen eines Testaments existieren oder wenn Dritte in die Vernichtung eingebunden waren. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen potenziellen Erben, bleibt regelmäßig ein Gerichtsverfahren erforderlich, um die Rechtslage verbindlich zu klären.

Auswirkungen auf die Nachlassabwicklung und die Bedeutung für Erben

Die nachträgliche Vernichtung eines Testaments kann erhebliche Auswirkungen auf die Nachlassverteilung haben, insbesondere wenn mehrere Personen Ansprüche geltend machen oder frühere Testamente erneut Bedeutung erlangen. Im vorliegenden Fall war das zerrissene Testament trotz seiner verwahrten Form nicht mehr maßgeblich, sodass eine gesetzliche Erbfolge oder eine ältere testamentarische Verfügung zum Zuge kommen kann.

Die Rechtsprechung betont dabei die Wichtigkeit, klare und eindeutige Nachlassregelungen zu treffen und diese bei Änderungen oder Widerrufen sorgfältig zu dokumentieren, um spätere Streitigkeiten und Unsicherheiten zu vermeiden.

Praktische Relevanz und rechtliches Risiko

Fehler, Unklarheiten oder widersprüchliche Handlungen im Zusammenhang mit Testamentswiderruf oder Testamentsvernichtung bergen ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotenzial für Erbengemeinschaften und potenzielle Nachlassberechtigte. Gerade bei vermögenden Privatpersonen, Unternehmen und Investoren ist die Einhaltung rechtlicher Standards in der Nachlassgestaltung von zentraler Bedeutung, um eine geordnete Nachfolge sicherzustellen und Streitigkeiten vorzubeugen.

Insbesondere bei komplexen familiären oder gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen empfiehlt sich vielfach eingehende Rechtsberatung und – sofern erforderlich – eine regelmäßige Überprüfung bestehender Nachfolgeplanungen. Dies gilt ebenso für Unternehmen, deren Gesellschaftsvermögen testamentarisch geregelt werden soll.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main zeigt, dass auch die im Nachlassschließfach aufbewahrte, aber durch die Erblasserin zerrissene Testamentsurkunde ihre Wirksamkeit verloren hat. Zentrale Voraussetzung für die Unwirksamkeit ist die nachweisbare Widerrufsabsicht des Erblassers bei der Vernichtung. Die Aufbewahrung in einem Schließfach ändert daran nichts.

Im Falle fortbestehender Unsicherheiten rund um Testamentswiderruf oder Nachlassabwicklung kann es ratsam sein, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Rechtsanwälte bei MTR Legal stehen in sämtlichen Fragen rund um Erbrecht, Nachfolgegestaltung und Unternehmensnachfolge zur Verfügung. Eine frühzeitige rechtliche Klärung kann dazu beitragen, langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und klare rechtliche Verhältnisse zu schaffen.

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