Wirecard AG Jahresabschlüsse für 2017 und 2018 als nichtig erklärt

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Urteil des Landgerichts München I: Jahresabschlüsse der Wirecard AG für die Jahre 2017 und 2018 für nichtig erklärt

Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 10. Mai 2022 – Az.: 5 HK O 15710/20 – die Jahresabschlüsse der Wirecard AG für die Geschäftsjahre 2017 und 2018 sowie die dazugehörigen Konzernabschlüsse und Lageberichte als nichtig festgestellt. Die Sachentscheidung des Gerichts markiert einen weiteren wesentlichen Schritt im juristischen und wirtschaftlichen Aufarbeitungsprozess eines der größten Bilanzskandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

Rechtliche Einordnung der Nichtigkeit von Jahresabschlüssen

Die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit von Jahresabschlüssen nach § 256 Satz 1 AktG ist ein gravierender Vorgang im Kapitalgesellschaftsrecht. Sie hat zur Folge, dass die entsprechenden Abschlüsse und Berichte als von Anfang an unwirksam betrachtet werden. Beweggrund für eine solche Maßnahme sind grundlegende Verstöße gegen die Vorschriften der Rechnungslegung, die den Zweck verfolgen, ein zutreffendes Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu vermitteln.

Im Fall der Wirecard AG ergab sich aus den Ermittlungen und Tatsachenfeststellungen, dass erhebliche falsche Angaben über Vermögenswerte in den Abschlüssen enthalten waren. Insbesondere waren wesentliche Positionen zu den sogenannten „Treuhandkonten“ bilanziert und entsprechende Umsatzerlöse verbucht worden, welche tatsächlich vermutlich nicht existierten. Dies wurde sowohl durch das Insolvenzverfahren als auch durch strafrechtliche Ermittlungen untermauert, wobei auch weiterhin die Unschuldsvermutung zugunsten aller betroffenen natürlichen Personen gilt.

Konsequenzen für Aktionäre, Gläubiger und Kapitalmarktteilnehmer

Die Nichtigerklärung der Jahresabschlüsse ist nicht nur eine formale Rechtsfolge, sondern hat weitreichende praktische Auswirkungen. Für Aktionäre der ehemaligen Wirecard AG entfällt rückwirkend die Basis für sämtliche in diesem Zeitraum getroffenen Beschlüsse, die an die Testierung und Richtigkeit der Jahresabschlüsse anknüpfen. Gleiches gilt für die Berechnungsgrundlagen von Dividenden oder anderen Gewinnausschüttungen. Darüber hinaus sind Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen im Zusammenhang mit weiteren Hauptversammlungsbeschlüssen möglich.

Gläubiger, Investoren und sonstige Kapitalmarktteilnehmer müssen bei der Bewertung von Forderungen, Ansprüchen und Schadensersatzklagen berücksichtigen, dass die Abschlüsse der Gesellschaft für die betreffenden Jahre keinerlei rechtliche Gültigkeit besitzen. Auch Fragen der Haftung gegenüber Organmitgliedern und Wirtschaftsprüfern stehen nach wie vor im Zentrum weiterer Zivil- und Strafverfahren, die zum Teil noch nicht abgeschlossen sind.

Rolle und Verantwortung der Wirtschaftsprüfer

Im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzungen steht nicht zuletzt die Rolle der Abschlussprüfer, die für die testierten Bilanzen der Wirecard AG in Rede stehen. Die Kontrollfunktion der Abschlussprüfung nach § 317 HGB ist elementarer Bestandteil der Corporate Governance börsennotierter Aktiengesellschaften. Wenn diese über Jahre hinweg schwerwiegende Fehler nicht entdecken – oder gar fehlende Existenz von Vermögenswerten bestätigen -, wirft dies erhebliche rechtliche und aufsichtsrechtliche Fragen für den Berufsstand und die betroffenen Prüfunternehmen auf. Entsprechende Klageverfahren gegen Wirtschaftsprüfer und deren Haftpflichtversicherer sind bereits anhängig.

Aktueller Verfahrensstand und Ausblick

Mit seinem Urteil schafft das Landgericht München I eine klare Festlegung im Umgang mit den angefochtenen Jahresabschlüssen und sendet zugleich ein Signal an die Rechnungslegungspraxis kapitalmarktorientierter Gesellschaften. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass gegen die Entscheidung Rechtsmittel eingelegt werden können und noch nicht sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Fragen abschließend geklärt sind. Ebenso laufen weiterhin verschiedene straf- und zivilrechtliche Verfahren, in denen die Verantwortung und mögliche Ansprüche gegenüber ehemaligen Organmitgliedern sowie weiteren Beteiligten zu überprüfen sind. Die strafrechtlichen Ermittlungen und Prozesse finden unter Beachtung der geltenden Unschuldsvermutung statt.


Frauen und Männer aus Unternehmen, dem Gesellschafterkreis sowie interessierte Investorinnen und Investoren, die sich im Zusammenhang mit Handels- und Bilanzrecht, Organhaftung oder Fragen aus dem Bereich Corporate Governance mit den aufgeworfenen Themen befasst sehen, können bei tiefergehenden rechtlichen Fragestellungen Unterstützung bei einer auf wirtschaftsrechtliche Fragestellungen ausgerichteten Kanzlei finden. Die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von MTR Legal stehen mit ihrer Erfahrung aus dem nationalen und internationalen Wirtschaftsumfeld gerne für weiterführende Gespräche bereit.

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